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EUROPÄISCHE KOMMISSION 2016 – SAUBERE ENERGIE FÜR ALLE EUROPÄER

Im November 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission unter dem Namen „Saubere Energie für alle Europäer“ ein umfangreiches Paket mit klima- und energiepolitischen Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen.67 Mit diesem Legislativpaket sollten einerseits europaweite rechtliche Rahmenbedingungen für die Einhaltung der europäischen Klimaziele definiert werden und andererseits die Europäische Union eine zentrale Rolle bei der Energiewende einnehmen. Darüber hinaus sollten neue Rahmenbedingungen für den europäischen Strommarkt unter Berücksichtigung der Verbraucherinteressen geschaffen werden.

Die Europäische Kommission stellte damit drei energiepolitische Hauptziele in den Mittelpunkt zukünftiger Anstrengungen:

• Vorrang für Energieeffizienz

• Erreichen einer globalen Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien

• Ein faires Angebot für die Verbraucher

Hinsichtlich der zu ergreifenden Einzelmaßnahmen nennt die Europäische Kommission unter anderem folgende „Initiativen zur Beschleunigung der Innovation im Bereich saubere Energie und zur Renovierung des Gebäudebestandes in Europa sowie Maßnahmen mit folgenden Zielen: Stimulierung öffentlicher und privater Investitionen und optimale Nutzung des verfügbaren EU-Budgets, Förderung von Initiativen, die von der Industrie geleitet werden, zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Abfederung der sozialen Auswirkung des Übergangs zu sauberer Energie, Einbeziehung verschiedener Akteure, z. B. Behörden der Mitgliedstaaten, lokale und städtische Behörden, und andererseits Unternehmen, Sozialpartner und Investoren, sowie Maximierung der Führungsposition Europas bei den Technologien und Dienstleistungen für saubere Energie zur Unterstützung von Drittländern bei der Erreichung ihrer politischen Ziele“68.

Zum strategischen Selbstverständnis will die Kommission, dass die Europäische Union „eine Führungsrolle auf dem Weg zu intelligenterer und sauberer Energie für alle übernimmt, um das Übereinkommen von Paris umzusetzen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, mehr Investitionen und technologische Führungsinitiativen zu gewährleisten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und das Wohlergehen der Bürger zu verbessern“69.

In Bezug auf die Erreichung der Klima- und Energieziele der EU für 2030 sind im Zeitraum von 2020–2030 jährliche Investitionen von ca. 379 Mrd. EUR notwendig. Diese enormen Investitionssummen sollen größtenteils in Energieeffizienz, erneuerbare Energiequellen und Infrastruktur fließen.70

Die Mitteilung der Kommission setzte den vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 22. Oktober 2014 beschlossenen Weg zur Umsetzung des Klima- und Energierahmens bis 2030 fort, der mit der Verabschiedung und Beschlussfassung des so genannten „Clean Energy Package“, oder auf Deutsch „Winterpakets“, in den Jahren 2018/19 seinen Abschluss finden sollte.71

Im Folgenden wird auf die in der Mitteilung der Kommission festgelegten drei strategischen Hauptziele kurz eingegangen.

Vorrang für Energieeffizienz

Die Kommission stellt fest, dass die billigste und sauberste Energie diejenige ist, die gar nicht erst erzeugt werden muss, weil kein Bedarf an ihrem Verbrauch besteht. Demnach soll die Reihenfolge moderner Energiepolitik grundsätzlich aus den Schritten Energievermeidung – Energieeffizienz – erneuerbare Energie72 bestehen. Energievermeidung und die Erhöhung der Energieeffizienz sind die am universellsten verfügbaren „Energiequellen“. Die Kommission trägt diesem Umstand Rechnung und bemerkt, dass Bemühungen zur Erhöhung der Energieeffizienz im gesamten Energiesystem Berücksichtigung finden müssen.73

Nach Einschätzung der Europäischen Kommission entfallen 40 % des Gesamtenergieverbrauchs auf Gebäude, wobei etwa 75 % der Gebäude nicht energieeffizient sind.74 Bei einer aktuelle Renovierungsquote von jährlich ca. 1 % der Gebäude würde es ein Jahrhundert dauern, alle Gebäude auf ein modernes Niedrigenergiestandardniveau zu bringen.75

So soll über eine langfristige Strategie für die Renovierung von Gebäuden eine Steigerung der Renovierungsrate erzielt werden, die durch die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden angestoßen wird. Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll demnach ein Gebäudestand mit geringen CO2-Emissionen angestrebt werden. Die Mitgliedstaaten werden dabei aufgefordert, ihre Investitionen auch auf die von Energiearmut76 betroffenen Gruppen zu konzentrieren, da Energieeffizienz eine der besten Möglichkeiten sei, den Ursachen von Energiearmut zu begegnen.77

Die Europäische Kommission lancierte in Zusammenarbeit mit der europäischen Investitionsbank (EIB) und den EU-Mitgliedstaaten auch eine Europäische Gebäudeinitiative unter dem Slogan „Intelligente Finanzierung für intelligente Gebäude“78 zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden und der Erhöhung des Einsatzes erneuerbarer Energien in Gebäuden.

Erreichen einer globalen Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien

Nach Angaben der Europäischen Kommission sind im Sektor der erneuerbaren Energien in Europa über 1,1 Millionen Personen beschäftigt, wobei Europa im Bereich der Windenergie weltweit führender Akteur ist. Rund 43 % der weltweit installierten Windturbinen stammen von einigen wenigen europäischen Herstellern.

Deutliche Kostenverringerungen bei Solar- und Windtechnologien bewirkten, dass diese Technologien weltweit günstiger zugänglich geworden sind, als dies in der Vergangenheit der Fall war, lediglich bei der Produktion von Solarzellenmodulen habe man die Weltspitze verlassen.79

Die Kommission verweist auf das vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs am 22. Oktober 2014 vorgegebene und verbindliche Ziel eines Mindestanteils an erneuerbaren Energien von mindestens 27 % an der Gesamtenergieerzeugung auf EU-Ebene. Es wird den Mitgliedstaaten freigestellt, sich im Rahmen nationaler Klima- und Energiepläne zu ihren Beiträgen zur Erreichung des Gesamtziels zu verpflichten. Gleichzeitig kündigt die Kommission an, dass es für den Fall von zu ambitionslosen Zielen und Mängeln in der Zielerreichung einzelner Staaten die Möglichkeit des Ergreifens entsprechender Maßnahmen geben muss. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Erfüllung diesbezüglicher internationaler Verpflichtungen durch die EU.

Die Kommission sieht im Ausbau der erneuerbaren Energien auch einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung langfristiger internationaler Ziele zur Senkung der CO2-Emmissionen. Darüber hinaus ergeben sich für europäische Unternehmen riesige Wachstumspotenziale am globalen Markt.80 Es gilt daher, einen einheitlichen Regulierungsrahmen zu schaffen, der faire Rahmenbedingungen für alle Technologien schafft.

Für diese Arbeit ist die Feststellung der Kommission, dass man angesichts der erhöhten Volatilität durch den Ausbau erneuerbarer Energien besonderes Augenmerk auf die Versorgungssicherheit legen muss, von besonderer Bedeutung. Für eine erfolgreiche Integration der erneuerbaren Energien sind eine robuste Übertragungs- und Verteilungsinfrastruktur und ein gut vernetztes europäisches Verbundsystem absolut erforderlich. Obwohl Europa über das sicherste Elektrizitätsnetz der Welt verfügt, erkennt die Kommission die Notwendigkeit diesbezüglicher Investitionen in erheblichem Ausmaß bis 2030.81

Ein faires Angebot für die Verbraucher

Aufgrund der Tatsache, dass Energie ein unerlässliches Gut für eine umfassende Teilhabe an der modernen Gesellschaft darstellt, misst die Kommission bei der Reform des Energiemarktes den Verbrauchern eine besondere Bedeutung bei. Es gilt, deren Position zu stärken, Wahlmöglichkeiten beim Bezug von Energie auszuweiten, bessere Information zur Verfügung zu stellen und vor allem den Bürgern mehr Steuerungsmöglichkeiten und Kontrolle über die Kosten der von ihnen verbrauchten Energie zu verschaffen.82

In Bezug auf bessere Information über Energieverbrauch und Kosten schlägt die Kommission daher einen Anspruch der Verbraucher auf intelligente Zähler, verständliche Rechnungen und einfachere Bedingungen für einen Anbieterwechsel vor. Ebenfalls sollten die Rahmenbedingungen für einen einfacheren Wechsel des Anbieters geschaffen werden.

Die Kommission sieht in der Bekämpfung der Energiearmut eine große Herausforderung für die gesamte Europäischen Union und erkennt deren Hauptursachen in nicht energieeffizienten Wohnungen und zu geringen Haushaltseinkommen. Daher sollten die Mitgliedstaaten etwa Teile der Förderung von Investitionen in die Steigerung von Energieeffizienz vorrangig in von Energiearmut betroffene Haushalte oder Sozialwohnungen allozieren.

Flankierende Maßnahmen

Die Europäische Kommission setzt bei der Umsetzung zur Erreichung der dargestellten Ziele auf das Tätigwerden von Interessensträgern aus der Zivilgesellschaft sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene. Städte, Regionen, Unternehmen, Sozialpartner und andere Interessensträger sollten sich aktiv in die Diskussion über die Energiewende einbringen, insbesondere im Prozess der Erstellung der integrierten nationalen Klima- und Energiepläne.83 Der Fokus beim Einsatz der Ressourcen liegt vor allem auf der Beschleunigung von Innovationen im Bereich erneuerbarer Energien. Diese stärkere Priorisierung soll dazu beitragen, einen erheblichen Anteil der Mittel neu auszurichten.

Die Europäische Kommission will auch von der Industrie geleitete Initiativen unterstützen, um die weltweite Führungsrolle der EU im Bereich der erneuerbaren Energien und CO2-emissionsarmen technischen Lösungen zu fördern, und damit Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Automobilindustrie, dem Meerestechnologiesektor und der Bauindustrie zu.

Darüber hinaus soll im Bereich der Außenbeziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit der Einfluss der Europäischen Union geltend gemacht werden, um die Umstellung auf erneuerbare Energien weltweit voranzutreiben. Afrika stellt hier einen privilegierten Partner der EU dar, die im Rahmen einer Energiepartnerschaft auch die afrikanische Initiative für erneuerbare Energien unterstützt.84

Energiepolitik und Elektrizitätswirtschaft in Österreich und Europa

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