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DIE GROSSEN HERAUSFORDERUNGEN VOR CORONA WIE NACH CORONA

Herausforderungen auf drei Ebenen

Ausgehend von der Selbstverständlichkeit, dass der Mensch im Mittelpunkt aller Politik stehen muss, ist es Aufgabe wirksamer Wirtschafts- und Standortpolitik, ihren Beitrag insoweit zu leisten, als dadurch die materiellen Grundlagen geschaffen werden müssen, die es den in unserer Solidargemeinschaft „Republik Österreich“ lebenden Menschen ermöglicht, ein Leben

•in sozialem Frieden und sozialer Sicherheit

•in Wohlstand

•in Freiheit und weitestmöglicher Selbstbestimmung

•in einer funktionierenden Demokratie mit einer funktionierenden Gewaltentrennung zwischen Legislative, Judikative und Exekutive

•in einer sauberen und gesunden Umwelt

zu führen.

Damit wird erst das nachhaltige Funktionieren einer Solidargemeinschaft mit Rechten und Pflichten ermöglicht.

Österreichische, nationalstaatliche Wirtschafts- und Standortpolitik sieht sich dabei mit großen Herausforderungen konfrontiert, die sich vielschichtig auf mindestens drei Ebenen ergeben.

Hier sind zum Ersten die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit zu nennen, die es durch internationale, aber vor allem auch nationalstaatliche Politik zu bewältigen gilt. Neben der derzeit alles überlagernden Herausforderung durch COVID-19 sind dies unsere Umwelt betreffende Fragen, der Klimawandel, der Umgang mit unseren Ressourcen. Das ist weiters die zunehmende Globalisierung aller Märkte, welche heute von Gütern und Kapital bis zu Dienstleistungen und Arbeit reicht. Das ist aber auch das weltweite Altern der Bevölkerung, und das sind vor allem die stark steigenden weltweiten Migrationsbewegungen. Der gegenwärtige internationale politische Rahmen erleichtert deren Bewältigung nicht und zeigt vielfach Signale einer völligen Überforderung.

Die Meisterung dieser Herausforderungen wird zum Zweiten erschwert durch eine Europäische Union, die in einem besorgniserregenden Zustand ist. Dies ist das Ergebnis einer viel zu überhasteten Integration und des Glaubens, durch Vorgabe von Integrationsschritten ökonomische Reformen in den neuen Mitgliedstaaten bewirken zu können. Wie der Euro gezeigt hat, ist das Gegenteil der Fall und die ausgelösten finanziellen, ökonomischen und politischen Spannungen dieses Versuches sind mitverantwortlich für wachsende Desintegrationserscheinungen.

Zum Dritten sind wir mit der Tatsache konfrontiert, dass durch verfehlte nationale Wirtschaftspolitik der letzten 15 Jahre Österreich, das zu Beginn dieses Jahrtausends noch als das „bessere Deutschland“ gefeiert wurde, bestenfalls zum Mittelmaß abgesunken ist. Trotz Rekordsteuern und Abgaben können die hohen Staatsausgaben nicht finanziert werden, was zu Rekordhöhen bei den Staatschulden führt. Dies ist das Ergebnis eines totalen Reformstaus und des fehlenden Muts zu echten strukturellen Verbesserungen auf allen Ebenen. Der unkontrollierte Zuzug von Wirtschaftsmigranten und deren rasche Integration, allerdings überproportional leider nur in das Sozialsystem, hat die Lage weiter verschlechtert.

Wirksame Wirtschafts- und Standortpolitik stellt sich diesen vielschichtigen Herausforderungen. Wirksame Wirtschafts- und Standortpolitik will Österreich im globalen und europäischen Umfeld besser positionieren und wieder zu einem Vorbild für andere Länder machen.

Nachfolgend werden im Sinne einer IST-Analyse die wirtschaftspolitischen Herausforderungen auf der globalen Ebene, auf der supranationalen europäischen Ebene und der „hausgemachten“ österreichischen Ebene eingehend dargestellt. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Darstellung des Abstiegs Österreichs in den letzten 15 Jahren gelegt. Diese Analyse zeigt, dass sich unser Land bereits vor dem Corona-Schock im März 2020 in einem Zustand befand, der als absolut unzufriedenstellend bis besorgniserregend zu bezeichnen ist.

Globale Herausforderungen

Hier sind die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit zu nennen, die es durch internationale, aber auch nationale Wirtschaftspolitik zu bewältigen gilt.

•Das sind alle unsere Umwelt betreffende Fragen, der Klimawandel, der Umgang mit unseren Ressourcen.

•Das ist das sehr starke Bevölkerungswachstum in bestimmten Regionen der Welt.

•Das ist die zunehmende Globalisierung aller Märkte.

•Das ist das weltweite Altern der Bevölkerung.

•Das sind die stark steigenden weltweiten Migrationsbewegungen, für uns von Interesse vornehmlich jene aus sehr armen, kulturfremden Ländern nach Europa.

•Das sind die enorm gewachsenen Möglichkeiten der Datenerhebung, Datenerfassung, Datenspeicherung und Datenverknüpfung, die rasanten Weiterentwicklungen im Bereich der Artificial Intelligence (AI), welche große Chancen bieten, jedoch in „falschen Händen“ gewaltige Werkzeuge zur Kontrolle, Freiheitsbeschränkung und Unterdrückung jedes Individuums sein können.

•Das ist der Riese China, der nach Jahrhunderten der Isolation seit rund 30 Jahren zu einem weltweit agierenden wirtschaftlichen und zunehmend auch militärischen Faktor wird.

•Das sind die USA als nach wie vor einziges weltweites Imperium.

•Das ist Russland als rohstoffreichstes, flächengrößtes und militärisch hochgerüstetes Land.

•Das ist die „Vernetzung“ der Welt durch eine sehr starke Zunahme von globalen Rohstoff-, Waren-, Dienstleistungs- und Menschenströmen.

•Das ist die „Verkleinerung“ der Welt und die dramatische Erhöhung von Geschwindigkeiten durch die Möglichkeiten der Kommunikation und Digitalisierung.

•Das ist die „Zentralisierung“ der Welt durch die Schaffung einer weltweiten virtuellen Vernetzung des Banken- und Finanzsektors.

•Das ist die fortschreitende „Konzentration“ der weltweiten Eigentümerstrukturen auf immer weniger und immer größere Strukturen und die damit einhergehende Zurückdrängung kleiner und mittelständischer Strukturen.

•Das ist der stetige Bedeutungsverlust der Realwirtschaft im Vergleich zur virtuellen Banken- und Finanzwirtschaft.

•Das ist die durch die fünf letztgenannten Entwicklungen bedingte dramatisch höhere Störanfälligkeit der gesamten Welt gegenüber weltweiten Krisen.

All diese globalen Faktoren und Herausforderungen sind für das kleine europäische Land Österreich als Wirtschaftsstandort von erheblicher Relevanz.

Welche Institutionen und Organisationen sollen diese globalen Herausforderungen lösen? Das vielfach von Befürwortern der Machtvergrößerung supranationaler Organisationen (wie etwa UNO, WHO, Weltbank, IWF, Europäische Union, EZB etc.) unter dem Schlagwort „Stärkung des Multilateralismus“ vorgebrachte Argument, globale Herausforderungen könnten nur von globalen Organisationen bewältigt werden, ist meines Erachtens nicht richtig.

Die Forderung nach „Stärkung des Multilateralismus“ bedingt natürlich automatisch die Forderung nach Übernahme von mehr Aufgabenbereichen durch supranationale Organisationen, die Forderung nach mehr Kompetenzen und Macht und die dafür notwendige Ausstattung mit mehr Ressourcen und Geldmitteln, am besten durch Einhebung eigener Steuern und Abgaben.

Das hieße selbstverständlich automatisch eine entsprechende Verringerung der Macht, der Aufgabenbereiche, der Ressourcen und Geldmittel bei den Nationalstaaten, deren Regierungen und deren Bevölkerung. Das hieße selbstverständlich auch eine noch weitere Entfernung der meist wenigen, demokratisch oft nicht legitimierten Entscheidungsträger von den Menschen. Die Demokratie bewegt sich immer weiter vom Bürger weg.

Das ist bereits aus demokratiepolitischen Gründen abzulehnen. Es bedarf einer differenzierten Betrachtungsweise und differenzierter Lösungsansätze, wobei grundsätzlich dem verantwortungsvollen, kooperativen Zusammenwirken selbstbestimmter Staaten der Vorzug gegenüber dem Machtausbau supranationaler Organisationen zu geben ist.

Die Corona-Krise 2020 hat in vielerlei Hinsicht gezeigt, dass supranationale und multilaterale Organisationen de facto noch weniger als nationalstaatliche Regierungen in der Lage sind, eine Politik zu machen, die nahe an den Bedürfnissen der Menschen ist und deren Probleme, Ängste und Sorgen nicht nur ernst nimmt, sondern auch abbaut. Das klingt nicht nur logisch, es ist es auch – New York und Brüssel sind weiter weg von St. Anna am Aigen als Graz und Wien.

Es stellt sich insbesondere die Frage, ob die Europäische Union in ihrer derzeitigen Form überhaupt in der Lage ist, im globalen Wettbewerb die Interessen des Kontinents Europa und seiner Staaten bestmöglich zu vertreten.

Herausforderungen auf europäischer Ebene – die EU

Meines Erachtens ist die Europäische Union des Jahres 2021 nicht einmal im Ansatz in der Lage, die drei größten europäischen Probleme und Herausforderungen zu lösen:

•die überbordende Migration nach Europa aus kulturfremden Regionen mit einer drohenden, vielfach bereits stattfindenden Verdrängung der „christlichabendländischen“ Kultur

•die Sicherstellung ausreichender Arbeitsplätze am europäischen Arbeitsmarkt und damit die Erhaltung eines gewissen Wohlstandes in Europa

•den Ausbau bzw. die Erhaltung europäischer Wettbewerbsfähigkeit und die Vertretung europäischer Interessen im globalen Umfeld.

Die EU verliert sich stattdessen in der Überregulierung von Details, dem Versagen im Umgang mit dem Corona-Virus, der massiven Ausweitung und Vergemeinschaftung enormer Schulden und der Beschäftigung mit wenig nutzenschaffenden Pseudothemenbereichen.

Die Briten waren jedenfalls nicht der Meinung, dass die Europäische Union in der Lage ist, diese großen europäischen Probleme zu lösen bzw. diese Herausforderungen zu meistern, und sind 2020 aus der EU ausgetreten. Diese Entscheidung legt genau genommen das völlige Scheitern der EU in der derzeitigen Form offen. Wer nun glaubt, dass die Verantwortlichen in den Regierungen der Länder Europas und die Verantwortlichen im EU-Apparat diese eindeutige Warnung erkennen und eine Kurskorrektur einleiten würden, der irrt. Nichts davon findet statt, der Irrweg wird mit gleicher Intensität weiterverfolgt. Dem Thema EU ist in diesem Buch unten ein eigenes Kapitel gewidmet.

Hausgemachte österreichische Herausforderungen

Zu Beginn dieses Jahrtausends wurde Österreich hinsichtlich der Attraktivität des Standortes und in Bezug auf seine allgemeine Wirtschaftspolitik, und dies durchaus zu Recht, von vielen Experten noch als das „bessere Deutschland“ bezeichnet.

In einem wirtschaftlich offenen Europa der Europäischen Union mit ihren vier Grundfreiheiten ist das Vorhandensein komparativer Standortvorteile gegenüber anderen Ländern der EU von ganz elementarer Bedeutung. Umso mehr, wenn es sich dabei um Vorteile gegenüber dem mit großem Abstand wichtigsten Handelspartner, nämlich Deutschland, handelt.

Gelingt dies, so wie in den Jahren 2000–2006 und auch in den Jahren 2017–2019 (jeweils mit Regierungsbeteiligung der FPÖ), hat die Politik vieles richtig gemacht. Gelingt dies nicht, so wie in den übrigen Jahren seit 2007, hat die Politik vieles falsch gemacht.

Österreichs Wirtschaftspolitik und der Abstieg in den letzten Jahren seit 2007 muss anhand eines Vergleiches mit Ländern dargestellt werden, mit denen wir uns messen sollten und müssen. Demnach müssen wir uns mit Deutschland und unserem nicht in der EU befindlichen Nachbarland Schweiz und weniger, ohne diesen Ländern zu nahe treten zu wollen, mit Ländern wie Griechenland oder Portugal vergleichen.

Österreichs Abstieg in den Vergleichsfeldern Entwicklung der Staatsschulden, Entwicklung der Steuer- und Abgabenquote, Entwicklung der Arbeitslosenzahlen, Entwicklung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung der Innovationsfähigkeit ist dabei (im negativen Sinn) beachtlich und besorgniserregend.

Wesentlich ist, dass diese Entwicklungen „hausgemacht“ und von den jeweiligen österreichischen Bundesregierungen zu verantworten sind, dass das Land als Wirtschaftsstandort sich bereits Ende 2019, also vor der Corona-Krise, in einem Zustand befunden hat, der absolut unzufriedenstellend war, und bereits damals dringender Handlungsbedarf für grundlegende wirtschafts- und standortpolitische Reformen bestand.

Wirksame österreichische Wirtschafts- und Standortpolitik

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