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Wiedersehen

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Alle zwei Jahre findet bei uns in Essen-Kettwig an unserer alten Schule, dem Theodor-Heuss-Gymnasium, am ersten Samstag im September ein Ehemaligentreffen statt. Es ist regelmäßig schlecht besucht, will meinen, aus meinem Jahrgang, der seinerzeit sicherlich so an die hundert Leute zählte, sind nur fünf bis zehn anwesend. Schlechte Quote also, trotzdem versuche ich immer dabei zu sein. Warum? Ich weiß es selber nicht so genau, einen wirklich engen Kontakt zu meinen Mitschülern hatte ich weder damals noch heute, aber irgendwie zieht es mich doch hin.

So auch dieses Mal. Die Anzahl der anwesenden damaligen Mitstreiter war auch dieses Jahr überschaubar, aber ich hatte Glück, ein alter Kumpel, den ich bereits seit mehr als zwanzig Jahren aus den Augen verloren hatte, hatte den Weg nach Kettwig gefunden. Wir setzten uns etwas abseits und klönten rum, später dann, als der amtierende Direktor gegen zweiundzwanzig Uhr einfach das Licht ausschaltete, um die Gäste hinauszukomplimentieren und die Schule endlich abschließen zu können, schlug ich vor, den Abend in Joaquins Bar ausklingen zu lassen.

»Joaquins Bar?«, fragte er irritiert. »Kenne ich gar nicht, ist die neu in Kettwig?«

Ich kam mir grandios in der Rolle des allwissenden Gastgebers vor. »Nein, nicht neu, aber ein Insidertipp, du wirst erstaunt sein.« So folgte er meiner Führung. Unser Weg führte uns von unserer alten Schule durch Kettwigs wunderschöne Altstadt in Richtung des Marktplatzes und der Kirche, die wir zur Hälfte umrundeten und uns noch einen Blick vom Aussichtspunkt über den Kettwiger Stausee gönnten, bevor wir die Kirchtreppe hinabstiegen und dann ... aber das wissen Sie ja, mehr darf ich nicht verraten, Joaquin liebt Diskretion und handverlesene Gäste.

Obwohl Joaquin ja recht konservativ in seinen Werten ist, hat er eine Neuerung eingeführt. Die Tür zum Gastraum hat jetzt einen automatischen Schließmechanismus. Allerdings ist dies kein gewöhnlicher, sondern ein althergebrachter. Er besteht aus einem etwa schädelgroßen Stein, und einem simplen Seilsystem, das über Rollen an der Tür zur Wand geführt wird. Sobald jemand die Tür öffnet, wird der Stein nach oben gezogen und sobald die Tür losgelassen wird, zieht die Schwerkraft den Stein wieder nach unten und die Tür wird geschlossen. An sich nichts Ungewöhnliches, in alten Zeiten muss so ein Mechanismus weit verbreitet gewesen sein. Neu war hier jedoch, dass der Stein, wie bereits erwähnt etwa schädelgroß, in grün angestrichen war. Er war außerdem mit Augen versehen worden. Sah man nicht so genau hin, dann glich er verblüffend dem Kopf eines dieser Rosswell-Aliens, Sie wissen schon, was ich meine.

Der Gastraum war vollkommen leer. Thomas, mein Freund, blickte sich um und sah mich an. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Ich reagierte sofort. »Wir sind etwas früh, hier geht es erst zu später Stunde richtig los, warte es ab.«

Er nickte. Noch schien ich in seinen Augen vertrauenswürdig zu sein. Wir setzten uns an die Bar, warteten ein wenig und schon stürzte Joaquin herein. Er hatte sich hinten im Lagerraum aufgehalten. Als er mich erblickte, hellten sich seine Gesichtszüge sofort auf. Er brauchte nicht lange, dann standen zwei Bier vor uns auf dem Tresen.

»Du hast einen neuen Türschließer«, wagte ich anzumerken. Neutral genug, so dass er sich nicht beleidigt fühlen konnte.

Er nickte eifrig. »Ja, kolossale Erwerbung meinerseits, nicht wahr? So wissen sie immer, wo sie einkehren können!«

Irritiert blickte Thomas ihn an. »Wer?«, fragte er und gab Joaquin damit sein Stichwort.

»Na, die Aliens natürlich. Ist schon schwer für sie, hier bei uns eine adäquate Kneipe zu finden.« Mit diesen Worten eilte er hinfort, um gerade neu angekommene Gäste zu begrüßen.

Thomas sah mich völlig perplex an, der Abend versprach interessant zu werden.

»Nun erzähl mal, wie es dir so ergangen ist«, fragte ich ihn, hatte doch fast ausschließlich ich bislang unsere Unterhaltung bestritten, er hatte noch so gut wie gar nichts erzählt.

Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas, sah noch einmal hinein und sagte dann: »Willst du das wirklich wissen?« Theatralisch, ja, ich weiß, aber genauso hat es sich zugetragen.

Ich nickte. »Was hast du denn nach der Schulzeit gemacht? Ich meine, nachdem wir uns aus den Augen verloren hatten. Dass du direkt im Anschluss Maschinenbau studiert hast, weiß ich ja noch.« Irgendwie hatten damals alle, na ja, recht viele aus meinem Bekanntenkreis, Maschinenbau studiert. Ging mir vollkommen ab, aber solche Menschen muss es ja auch geben.

»Bist du schon einmal gestorben?«, fragte er mich unvermittelt.

Völlig verblüfft ob dieser Frage, verschluckte ich mich an meinem Bier und hustete erst einmal meine Kehle wieder frei. »Natürlich nicht«, antwortete ich dann. Was wollte er mir erzählen?

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