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2 Meditation beeinflusst unser Leben

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Der Reinigungs- und Läuterungsprozess, von dem ich gesprochen habe, findet im Geist statt. Dennoch werdet ihr feststellen, dass ihr manch alten Unrat beseitigen müsst, der sich aufgrund von psychischen Reaktionen im Körper angesammelt hat.

Stellt euch einen Menschen vor, der die letzten zwanzig, dreißig Jahre in einem Zimmer gelebt und es nie für nötig befunden hat, es sauberzumachen. All die Speisereste und die schmutzige Kleidung – der angesammelte Unrat reicht bis zur Decke. In diesem Müll zu leben ist äußerst unangenehm. Der Mensch in dem Zimmer nimmt das gar nicht wahr, bis eines Tages ein Freund zu Besuch kommt und sagt: «Warum machst du nicht mal sauber?» Gemeinsam machen sie eine kleine Ecke sauber. Jetzt findet diese imaginäre Person heraus, dass es sich in dieser sauberen Ecke wesentlich angenehmer leben lässt. Daraufhin beginnen die beiden den ganzen Raum zu reinigen, bis man schließlich aus dem Fenster schauen und sich im Zimmer bewegen kann. Da er sich nun behaglicher fühlt, kann dieser Mensch ungehindert über seinen Geist verfügen, ohne sich mit körperlichen Unannehmlichkeiten abgeben zu müssen.

Das Haus, in dem wir leben, ist unser Körper. Es spielt keine Rolle, wohin wir uns begeben, unseren Körper nehmen wir überallhin mit, bis er zerfällt und zu Staub wird. In diesem Haus benötigen wir etwas mehr Platz und Behaglichkeit.

Bei unseren psychischen Hindernissen und Blockaden handelt es sich um Ablagerungen unserer emotionalen Reaktionen. Der Geist hat sie angenommen, und darum kann der Geist sie auch wieder loslassen. Für unsere Meditationspraxis bedeutet das: Die Empfindung erkennen, nicht reagieren, dann loslassen!

Das zweite Merkmal unserer Meditationspraxis ist das Nicht-Reagieren: Ein überaus wichtiger Aspekt, wenn wir inneren Frieden und Harmonie erreichen wollen. Ohne dieses Nicht-Reagieren werden unsere Reaktionen uns in Wellenbewegungen mit sich reißen, und wir können den Weg nicht klar erkennen. Er wird uns schleierhaft bleiben. Wir mögen von ihm hören. Wir mögen sogar ahnen, was gemeint ist, aber wir werden ihn nie sehen, weil sehen hier Einsicht bedeutet, inneres Sehen also. Diese innere Sicht wird von unseren psychischen Reaktionen behindert.

Beobachten wir Gefühle und Empfindungen während der Meditation, dann ist es selten notwendig, darauf zu reagieren. Sich einer Reaktion zu enthalten ist also möglich: Genau daran arbeiten wir! Wir können dieses Nicht-Reagieren in unseren Alltag übernehmen, indem wir lernen, alle auftauchenden Gefühle als das zu betrachten, was sie sind: Emotionen, die zum Vorschein gekommen sind und wieder verschwinden. Wenn wir das in unserer Meditationspraxis lernen, so lernen wir etwas ganz Wertvolles über den Umgang mit uns selbst.

Zu den Absurditäten des menschlichen Daseins gehört das weitverbreitete Missverständnis, zu glauben, da wir Lebewesen sind, wüssten wir auch, wie man lebt. Das Leben zu leben ist eine Kunst, und die meisten Menschen erleben im Laufe ihres Daseins manchen Reinfall. Das nennen sie dann eine Tragödie oder ein individuelles Problem. Dabei haben sie lediglich die Kunst zu leben nicht vervollkommnet.

Der dritte, doch nicht minder wichtige Aspekt der Meditation ist die persönliche Erfahrung der Vergänglichkeit. Bevor wir nicht selbst diese Erfahrung gemacht haben, wird sie nur ein Wort bleiben. Worte können niemals befreiend wirken, dazu ist Erfahrung nötig. Den Weg des Buddha gehen heißt nach Befreiung streben, vollkommene und absolute Freiheit, und die kann man nur erfahren. In der Meditation ist die Erfahrung der Vergänglichkeit sehr direkt. Wenn ihr den eigenen Atem beobachtet, merkt ihr, dass der hereinfließende Atem nicht derselbe ist wie der ausströmende. Empfindungen kommen und gehen. Ein Schmerz im Bein: Man bewegt es, und schon ist er fort. Empfindungen kommen und gehen!

Mit ein bisschen mehr Übung in der Meditation ist die Vergänglichkeit der Gefühle und Empfindungen leicht zu erkennen. Gleichzeitig gewinnen wir aber auch Einsicht in die Vergänglichkeit unseres Körpers. Jeder weiß darüber Bescheid. Auf der ganzen Welt gibt es keinen einzigen Menschen, der nicht über die Vergänglichkeit des Körpers Bescheid weiß. Trotzdem leben wir alle so, als beträfe die Vergänglichkeit uns nicht und grämen uns um jene, deren Körper bereits dem gesetzmäßigen Walten der Natur ihren Tribut zollen musste, als ob das etwas ganz und gar Unerwartetes sei.

Offenkundig hegen wir da trügerische und wenig sinnvolle Vorstellungen. Das liegt daran, dass wir vor der Wirklichkeit unsere Augen schließen. Wir wollen nur sehen, was uns gefällt. Dass wir trotzdem unentwegt auch mit Unannehmlichkeiten konfrontiert werden, ist ein Umstand, für den wir ständig jemand anderem die Schuld zu geben versuchen. Viele Menschen gehen so weit, alle Schuld dem Teufel zuzuschieben. Es ist gleichgültig, wen man beschuldigt – den Nachbarn oder den Teufel. In Wirklichkeit ist das Leben totale Vergänglichkeit. Das müssen wir erfahren und akzeptieren. Dann können wir dementsprechend leben.

Wenn wir lernen, in tiefere Bereiche vorzudringen, werden wir feststellen, dass in jeder Zelle unseres Körpers ständig Bewegung herrscht. Dieses Naturgesetz haben wir alle in der Schule gelernt. Wir waren vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, als man uns beigebracht hat, dass sich die Körperzellen alle sieben Jahre erneuern. Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich überlegt habe, ob der Körper wohl all seine Zellen verliert und diese durch neue ersetzt werden. Da mir das unmöglich schien, gab ich auf. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Jetzt können wir verstehen, was wirklich geschieht: Im Verlauf von sieben Jahren haben sämtliche Körperzellen einen Verfallsprozess durchlaufen und sind erneuert worden – ständige Bewegung.

Es muss doch einen Weg geben, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln. In meditativer Sammlung können wir uns die Bewegung auf der Haut und unter der Haut bewusst machen. Danach werden wir uns selbst und die Welt um uns herum mit anderen Augen betrachten, weil wir aus persönlicher Erfahrung wissen, dass es nichts Festes und Statisches gibt. Am allerwenigsten in unserem Körper.

Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass es im ganzen Universum nicht einen einzigen stabilen Baustein gibt. Alles Existierende besteht aus Energiepartikeln. Sie bewegen sich mit solcher Geschwindigkeit – treffen aufeinander und entfernen sich wieder –, dass die Illusion von Stabilität entsteht. Ebendies sagte der Buddha, als er vor zweieinhalbtausend Jahren von solchen Partikeln sprach. Er benötigte allerdings kein Labor, um dies herauszufinden und zu beweisen. Er selbst machte diese Erfahrung. Daraus erwuchs seine Erleuchtung. Unsere Wissenschaftler wissen alles darüber. Dennoch kann man sie kaum als erleuchtet bezeichnen. Was ihnen fehlt, ist die persönliche Erfahrung.

Wir können selbst erkennen, dass es nirgendwo etwas Festes gibt. Sogar die verstandesmäßige Logik zeigt uns, dass es nichts Statisches geben kann, sonst wären wir keine menschlichen Wesen, sondern nur leblose Körper. Das verstandesmäßige Wissen genügt aber nicht, diese Tatsachen müssen erfahren werden. Erst wenn wir dies in der Meditation empfinden, wissen wir Bescheid. Was man aus persönlicher Erfahrung weiß, lässt sich nicht wegdiskutieren. Würde euch auch alle Welt von der Beständigkeit des Körpers zu überzeugen versuchen, ihr würdet euch nicht überzeugen lassen, denn ihr habt eure eigenen Erfahrungen gemacht. Als die Menschen über die Lehren des Buddha diskutierten, widersprach er niemals. Er hatte keinen Standpunkt zu verteidigen, denn er sprach über seine eigene Erfahrung.

Wenn wir uns besser sammeln und in tiefere Schichten vordringen können, werden wir diese unablässige Bewegung in uns erkennen. Für den Geist ist klar, dass diese Bewegung, wenn sie denn innen ständig vorhanden ist, auch außen stattfinden muss. Wo also ist etwas Festes zu finden? Der Geist mag fragen: «Wenn alles ständig in Bewegung ist, wo bleibt dann das Ich? Empfindungen ändern sich andauernd, von Augenblick zu Augenblick. Der Körper ist in Bewegung. An nichts kann ich mich halten. Die Gedanken sind unablässig in Bewegung. Wo also bin ich?» Um sich selbst «finden» zu können, ersinnen die Menschen etwas Imaginäres wie zum Beispiel ein höheres Selbst, einen festen Wesenskern oder eine Seele. Bei genauerer Nachforschung stellt sich allerdings heraus, dass es sich hierbei wiederum nur um Illusionen handelt. Vergänglichkeit muss erfahren werden.

Einen anderen Aspekt unserer Meditationspraxis hat der Buddha in den Lehrreden über die Grundlagen der Achtsamkeit erwähnt: Die Meditation über die vier Elemente – Erde, Wasser, Feuer und Luft. Die Empfindung von Festigkeit im Körper entspricht dem Erdelement. Ebenso die Festigkeit des Sitzkissens, das wir spüren. Das Erdelement ist überall gegenwärtig, auch im Wasser, sonst könnten wir nicht schwimmen; auch in der Luft, sonst könnten weder Vögel noch Flugzeuge fliegen.

Das Feuerelement ist gleichfalls überall gegenwärtig. Innerlich wird es für uns spürbar, wenn wir unsere Aufmerksamkeit darauf lenken. Normalerweise nehmen wir es nur wahr, wenn uns eiskalt oder glühend heiß ist oder wenn wir Fieber haben. Aber Temperatur (die Ausdrucksform des Feuerelements) ist stets und überall vorhanden – in allem, was lebt.

Das Wasserelement können wir in unserem Blut, im Speichel und im Urin wahrnehmen. Das Wasserelement ist die verbindende Kraft. Um einen Teig herzustellen, muss man dem Mehl etwas Wasser hinzufügen. Wasser ist das überall anzutreffende Verbindungselement. Ohne Wasser würden all die sich ständig bewegenden Zellen auseinanderfallen. Ohne die haltgebende Kraft dieses Verbindungselements würde niemand von uns hier sitzen.

Das alles klingt sehr interessant, hilft uns jedoch nicht weiter, solange wir es nicht selbst erfahren haben. Erst durch die persönliche Erfahrung entwickelt sich die Einsicht, wie die Dinge wirklich sind: Die Dinge so erkennen und sehen, «wie sie wirklich sind» – dieser Worte bedient sich der Buddha häufig.

Wir können als fünftes Element den Raum hinzufügen. In uns ist Raum im Sinne von Öffnungen vorhanden, Mund und Nase beispielsweise. Entsprechendes gilt für das Körperinnere. Das Universum ist Raum. Wenn wir uns dies klarmachen und uns mit der Tatsache anfreunden können, dass diese Elemente überall gleichermaßen zu finden sind, werden wir etwas von unserer Gewohnheit, alles zu trennen, aufgeben können – dieses: «Das bin ich – mag der Rest der Welt in Frieden leben, aber ich sorge zuerst mal für mich selbst. Die anderen sollen mir bloß nicht zu nahe kommen.»

Begreifen wir, dass wir lediglich aus Energiepartikel bestehen, die zusammentreffen und sich wieder trennen, nichts weiter als die fünf Elemente – was ist dann jenes «Ich», das wir so eifrig schützen? Und was ist der Rest der Welt, der so bedrohlich scheint?

Meditation bedeutet nach Einsicht streben. Einsicht ist das Ziel der buddhistischen Meditation. Die Techniken dienen dabei als Werkzeug. Ihr nutzt sie, so gut ihr eben könnt. Jeder geht mit Werkzeug ein wenig anders um. Je geschickter wir damit umzugehen lernen, desto einfacher und schneller erzielen wir Resultate. Die volle Aufmerksamkeit muss jedoch auf das Werkzeug gerichtet sein und nicht auf das eventuelle Resultat. Erst dann können sich Geschicklichkeit und Leichtigkeit entwickeln.

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