Читать книгу Ein feuchter Mittsommernachtstraum und 11 andere erotische Fantasien - B. J. Hermansson - Страница 10
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ОглавлениеAls der Abend kommt und die Sonne untergeht, heißt es, sich ausruhen. Alle kriechen in ein gemeinsames Bett. Sie sprechen über den Tag, über neue Entdeckungen und frühere Erfahrungen. Sie teilen sich immer einander mit. Er erzählt von ihr, sie erzählt von ihm. Und er über ihn und sie über sie. Alle sprechen mit Freude, Begeisterung und Dankbarkeit. „Jeden Tag explodiert die Liebe in diesen Mauern!“, sagt einer von ihnen. Alle lächeln und stimmen zu. Es ist wirklich so. Im Kollektiv gedeiht die Liebe. Hier findet man all das Schöne, Gute und Entzückende, das Liebenswürdige und Süße und absolut, absolut Wunderbare. Für etwas anderes ist hier kein Platz, weil das Gefühl von Liebe und Freiheit alles überstrahlt.
Die Außenwelt haben sie lange hinter sich gelassen. Sie erinnern sich kaum noch daran, wie es einmal war. Manchmal klopft jemand an die Tür und bittet sie, ihre Lebensweise zu ändern, weil es ihn aufregt und vielleicht sogar seine Vorstellung des Normalen und Richtigen verletzt. Manch einer macht sich Gedanken darüber und kommt gar nicht mehr zur Ruhe. Aber die Mitglieder des Kollektivs schauen sich dann nur an. Tauschen einen verständnislosen Blick aus. „Nein, da haben Sie etwas falsch verstanden“, sagen sie dann aufrichtig und erklären der fremden Person, dass sie wohl ein anderes Kollektiv meinen muss. Weil sie nichts falsch machen. Sie bringen nichts durcheinander und treiben niemanden in die Boshaftigkeit oder auf Abwege – weder sich selbst, noch irgendjemand anderen.
Manchmal blicken sie zurück. Manchmal hilft es, sich zu erinnern, und das tun sie normalerweise, wenn sie im Bett liegen und nach einem weiteren Tag zur Ruhe kommen. Es kommt vor, dass jemand sagt: „Erinnert ihr euch daran?“, und damit auf ein bestimmtes Ereignis in der anderen Welt anspielt, in der Welt vor dem Kollektiv. Dann erklärt er, was genau er meint, und die anderen schließen die Lücken. Ja, gemeinsam können sie sich auch an Vergangenes erinnern. Sie wissen noch, wie es war, ein Leben zu führen, das so weit von ihrer jetzigen Realität entfernt ist, dass es sich wie eine erfundene Geschichte anfühlt. „War das wirklich so?“, fragt manchmal jemand mit ebenso viel Unsicherheit wie Angst. Und jemand anderes erwidert: „Ja, ja, ich glaube schon.“ Und so weiter und so fort. Aber es dauert nicht lange, bis einer der anderen beginnt, über die Aktivitäten des Tages zu sprechen, eines Tages voller Sex, Nähe, Träume und Küsse. Dann werden sie alle von dem wunderbaren Gefühl ergriffen, Teil dieses Gesamtbildes zu sein. Sie verstehen, dass man das, was sie haben, nicht als gegeben sehen kann, und dass sie nun, da sie Teil dieser schönen und vollkommenen Gemeinschaft sein dürfen, nicht wieder fortwollen. Keiner von ihnen möchte in die Vergangenheit zurück. Sie wollen weiter machen. Sie wollen alle Regeln vergessen und die Vergangenheit zurücklassen, die versucht hat, ihnen ihre Persönlichkeit zu nehmen, anstatt sie im Hier und Jetzt leben zu lassen, in der einzigen Wirklichkeit, die ihnen Luft zum Atmen lässt. Die Namen dieser sieben Menschen formen auf wundersame Weise das Motto, nach dem sie leben: FREEDOM. Freiheit.