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Der große Unterschleif.

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Das schöns­te Zim­mer im Palast der A. B. B. – man sag­te im­mer und über­all nur A. B. B., und doch wuss­te je­der so­fort, dass da­mit die All­ge­mei­ne Bau­un­ter­neh­mungs-Bank ge­meint sei – war das Büro des Ge­ne­ral­di­rek­tors. Die­ser, ein ver­hält­nis­mä­ßig noch jun­ger Mann von ge­win­nen­der Er­schei­nung, saß vor sei­nem mäch­ti­gen Schreib­tisch und ord­ne­te mit sei­nen wohl­ge­pfleg­ten und ring­ge­schmück­ten Hän­den die vor ihm auf­ge­häuf­ten Brie­fe und sons­ti­gen Schrift­stücke.

Da öff­ne­te sich, ohne dass vor­her an­ge­klopft wor­den wäre, die nach dem Vor­zim­mer füh­ren­de Tür. Er hob den Kopf. Ein hüb­scher Kopf. Die ob der wohl nicht un­ge­wohn­ten, in die­ser Form aber un­ge­bühr­li­chen Stö­rung er­staunt bli­cken­den Au­gen wa­ren blau, und selbst durch den au­gen­blick­li­chen Un­mut hin­durch, der nun ge­ra­de aus ih­nen sprach, hät­te ein Men­schen­ken­ner und Beo­b­ach­ter einen Strahl von Güte und ei­ner ge­wis­sen, bei­na­he künst­le­ri­schen Schwär­me­rei er­ken­nen müs­sen. Das glän­zen­de brau­ne Haupt­haar war ge­schei­telt, und zu die­sem bil­de­te der er­heb­lich lich­te­re, ja ent­schie­den blon­de Voll­bart einen ganz be­mer­kens­wer­ten Kon­trast.

Der Kopf, der nun zu­nächst bei der Tür her­ein­ge­steckt wur­de, war auch wohl ge­eig­net, Auf­merk­sam­keit zu er­re­gen. Es war ein Cha­rak­ter­kopf, der so die Mit­te hielt zwi­schen fau­ni­scher und bib­li­scher Er­schei­nung. Das von ei­nem schwar­zen Bart um­rahm­te vol­le Ge­sicht sprüh­te or­dent­lich von Freu­de am Le­bens­ge­nuss, wäh­rend das Pe­trus­schöpf­chen auf dem ge­lich­te­ten Schei­tel bei­na­he an­lock­te, ge­nau­er hin­zu­se­hen, ob nicht etwa der dazu ge­hö­ri­ge Hei­li­gen­schein zu ent­de­cken sei.

»Ha­ben Sie ein hal­b­es Stünd­chen für mich Zeit, Herr Ring­hoff?« frag­te der Mann mit dem feh­len­den Hei­li­gen­schein.

»Ah, Herr Da­go­bert Trost­ler!« rief der Ge­ne­ral­di­rek­tor sich er­he­bend. Jede Spur des Un­muts war aus sei­nem of­fe­nen Ge­sicht ge­schwun­den. »Ob ich Zeit habe? Für Sie im­mer, auch wenn Sie nicht mein ge­stren­ger Ver­wal­tungs­rat wä­ren. Wel­che Freu­de! Sie wa­ren ver­reist, Herr Trost­ler?«

»Ja­wohl, meh­re­re Wo­chen, weit weg – so­gar in Ame­ri­ka!«

»Was Sie nicht sa­gen! Eine Ver­gnü­gungs­rei­se, Herr Trost­ler?«

»Ja, es war recht ver­gnüg­lich, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. Ich habe vie­les ge­se­hen.«

»Ha­ben Sie sich auch den Yel­low­sto­ne-Park an­ge­se­hen? Der soll ja hoch­in­ter­essant sein.«

»Na­tür­lich habe ich den auch be­sucht.«

»Da müs­sen Sie aber er­zäh­len, Herr Trost­ler.«

»Dazu bin ich ja zu Ih­nen ge­kom­men, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor!«

Man rich­te­te sich ein. Da­go­bert setz­te sich an die Sei­te des Schreib­ti­sches mit dem Rücken zum Fens­ter. Der Ge­ne­ral­di­rek­tor rück­te ihm ein Zi­gar­ren­kist­chen zu­recht, aber Da­go­bert lehn­te ab. Er habe als Rau­cher sei­ne Ei­gen­hei­ten. Er sei ein­mal auf eine Sor­te ein­ge­schos­sen und von die­ser gehe er nicht ab. Da­rum rau­che er im­mer nur sei­ne ei­ge­nen Zi­gar­ren. Tat­säch­lich habe er auch noch kei­ne bes­se­re Ha­van­na-Mar­ke an­ge­trof­fen. Der Ge­ne­ral­di­rek­tor möge nur ver­su­chen und sich selbst über­zeu­gen. Ring­hoff be­dien­te sich und for­der­te sei­nen Be­such neu­er­dings auf, zu er­zäh­len.

»Es ist ein gan­zer Ro­man, den ich Ih­nen zu er­zäh­len habe, und ich muss ein biss­chen weit aus­ho­len, aber die Ge­schich­te wird Sie in­ter­es­sie­ren.«

»Mich in­ter­es­siert al­les, was Sie be­trifft, Herr Trost­ler.«

»Dan­ke schön. Sa­gen Sie ’mal, lie­ber Ge­ne­ral­di­rek­tor, ha­ben Sie sich nie­mals dar­über ge­wun­dert, wie ich ei­gent­lich in die A.B.B. her­ein­ge­kom­men bin!«

»Wa­rum soll ich mich nun dar­über ge­wun­dert ha­ben, Herr Trost­ler?«

»Aber ich ver­ste­he doch nichts vom Bank­we­sen, das heißt – ich ver­stand nichts da­von, hat­te nicht die blas­ses­te Ah­nung. Jetzt na­tür­lich, nach mehr als ei­nem Jah­re, habe ich mich or­dent­lich ein­ge­ar­bei­tet.«

»Sie ka­men zu uns wie die üb­ri­gen Herrn Ver­wal­tungs­rä­te. Sie sind ein sehr ver­mö­gen­der Mann, Herr Trost­ler, und was das Sach­ver­ständ­nis be­trifft, so ha­ben Sie sehr bald alle üb­ri­gen Her­ren über­flü­gelt. Zur Ver­wun­de­rung lag für mich durch­aus kein An­lass vor. Aber Sie woll­ten ja von Ih­rer Ame­ri­ka­rei­se er­zäh­len –«

»Ich bin da­bei, das ge­hört mit dazu. Sie sol­len erst er­fah­ren, wie und warum ich zur A. B. B. kam. Ich war im­mer der Mei­nung, dass je­der ir­gend­ei­nen Sport be­trei­ben sol­le, und nun gar ein Mensch wie ich, der voll­kom­men frei und un­ab­hän­gig ist, und nicht Kind und nicht Ke­gel hat. Ich habe also gleich zwei große Pas­sio­nen. Die eine ist die Mu­sik. Ich weiß nicht, ob Sie von mei­nen Leis­tun­gen auf die­sem Ge­bie­te schon ge­hört ha­ben –«

»Ge­wiss habe ich da­von schon ge­hört«, log der Ge­ne­ral­di­rek­tor ver­bind­lich, »und – die an­de­re?«

»Ja die an­de­re – das ist ein ganz ab­son­der­li­cher Fall. Ich bin Ama­teur­de­tek­tiv. Sie ma­chen große Au­gen? Ich ver­si­che­re Sie, – wenn man Pas­si­on für die Sa­che hat und et­was Vo­ka­ti­on – es gibt nichts In­ter­essan­te­res.«

»Mit der ers­ten Lieb­ha­be­rei war bei uns nicht viel zu ma­chen.«

»Wohl aber mit der zwei­ten! Sie er­in­nern sich ja der Ge­schich­te, – wie soll­ten Sie nicht! Man hat­te die A. B. B. ge­grün­det und sich dazu als Prä­si­den­ten mei­nen Freund Grum­bach ge­holt, der zu­gleich Prä­si­dent des Klubs der In­dus­tri­el­len ist. Das ging nun ein Jahr lang ganz gut, und dann, Sie wis­sen ja, ver­schwand der Kas­sier und mit ihm drei Mil­lio­nen Kro­nen.«

»Es war ein furcht­ba­rer Schlag!«

»Mein Freund Grum­bach, er ist mein in­tims­ter Freund, hat in ge­wis­sen Din­gen Pech. Er hat­te, kaum warm ge­wor­den als Klub­prä­si­dent, auch so eine un­an­ge­neh­me Ge­schich­te. Da­mals kam er zu mir und ich habe ihm her­aus­ge­hol­fen. Das könn­te ich Ih­nen ei­gent­lich auch er­zäh­len. Es war eine ganz fei­ne Gau­ne­rei; aber das wür­de uns doch zu weit füh­ren. Die­ses Mal kam er also auch wie­der. Wenn ei­ner hel­fen könn­te, so sei ich es. Ich ließ mir den Fall ge­nau aus­ein­an­der­set­zen, aber es gab nicht viel zu er­zäh­len. Die Bü­cher wa­ren schein­bar in der größ­ten Ord­nung, aber der Kas­sier und das Geld ver­schwun­den. Zu­dem hat­te der Kas­sier be­reits einen Vor­sprung von reich­lich zwei Wo­chen.«

»Ich er­in­ne­re mich lei­der nur zu ge­nau.«

»Er hat­te un­be­hel­ligt sei­nen ver­trags­mä­ßi­gen Ur­laub an­ge­tre­ten, und als dann der große Un­ter­schleif auf­kam, war jede Spur sei­nes Er­den­wal­lens ver­wischt. Nun soll­te ich ihn su­chen.«

»Das war al­ler­dings viel ver­langt!«

»Grum­bach hat in sol­chen Din­gen einen har­ten Schä­del. Von ei­ner An­zei­ge bei den Be­hör­den woll­te er durch­aus nichts wis­sen, und ich konn­te ihm in die­sem Fal­le nicht ein­mal Un­recht ge­ben. Drei Mil­lio­nen – das ist al­ler­dings ein ko­los­sa­ler Be­trag, aber der Dieb­stahl muss­te eine Bank mit sech­zig Mil­lio­nen ein­ge­zahl­tem Ka­pi­tal nicht gleich zu­grun­de rich­ten. Wohl aber hät­te das schwin­den­de Ver­trau­en sie zu­grun­de rich­ten müs­sen, wenn es ruch­bar ge­wor­den wäre, dass schon nach kur­z­em Be­stan­de der­lei mög­lich ge­we­sen sei.«

»Das war auch mei­ne Mei­nung, Herr Trost­ler.«

»Ich weiß. Auf An­trag des Prä­si­den­ten be­schloss also der Ver­wal­tungs­rat, die fa­ta­le Ge­schich­te voll­kom­men ge­heim zu hal­ten, den Fehl­be­trag auf die Ver­wal­tungs­rä­te zu re­par­tie­ren und aus Ei­ge­nem zu er­set­zen.«

»Es war schließ­lich doch der bes­te Aus­weg.«

»Ja­wohl. Also nun soll­te ich hel­fen. Ich über­leg­te. Zu­nächst muss­te ich einen voll­kom­men kla­ren Ein­blick in das Ge­trie­be der A. B. B. ge­win­nen. Ich dach­te dar­an, mich zu die­sem Zwe­cke als Be­am­ten an­stel­len zu las­sen, ver­warf aber die Idee sehr bald. Dazu konn­te und wuss­te ich zu we­nig, und das hät­te mich sehr schnell auf­fäl­lig oder ver­däch­tig ge­macht. Ich ließ mich also als Ver­wal­tungs­rat ko­op­tie­ren. Der macht sich nicht auf­fäl­lig, wenn er nichts weiß und nichts kann.«

Der Ge­ne­ral­di­rek­tor schmun­zel­te dis­kret zu die­ser sa­ti­ri­schen Be­mer­kung und äu­ßer­te leicht­hin: »Dann wa­ren Sie ja ei­gent­lich nicht so­wohl als Ver­wal­tungs­rat, denn als De­tek­tiv bei uns tä­tig?«

»Na­tür­lich!«

»Sie wer­den es be­greif­lich fin­den, Herr Trost­ler, dass es mich ei­ni­ger­ma­ßen ver­stim­men muss, dass man mir da­von nicht ein Ster­bens­wört­chen ge­sagt hat!«

»Mein lie­ber Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor, wenn die Kat­ze dar­auf aus­geht, Mäu­se zu fan­gen, da wird sie sich nicht erst eine Schel­le um den Hals bin­den. Kein Mensch au­ßer dem Prä­si­den­ten hat da­von ge­wusst, und Sie sind nun der ers­te, dem ich die of­fen­her­zi­gen Mit­tei­lun­gen ma­che – wenn Sie’s über­haupt in­ter­es­siert, was ich ja nicht wis­sen kann.«

»Es in­ter­es­siert mich sehr!«

»Dann will ich also wei­ter er­zäh­len von mei­ner – Ame­ri­ka­rei­se. Ich muss­te mich also erst or­dent­lich ein­ar­bei­ten bei uns. Das hat sich ge­macht, nicht schlecht ge­macht, wie Sie zu be­zeu­gen die Güte ge­habt ha­ben, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor.«

»Ich kann nur sa­gen, dass Sie die See­le un­se­rer Ver­wal­tung ge­wor­den sind, Herr Trost­ler.«

»Bes­ten Dank, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. Ein sol­ches Ur­teil von so kom­pe­tenter Sei­te muss mich stolz ma­chen. Mei­ne ers­te Sor­ge muss­te also dar­auf ge­rich­tet sein, die Wie­der­ho­lung sol­cher Er­eig­nis­se un­mög­lich zu ma­chen. Sie be­grei­fen, dass sol­che Wie­der­ho­lun­gen auf die Dau­er doch ein we­nig er­mü­dend wir­ken müss­ten.«

»Ich be­grei­fe voll­kom­men.«

»Das ist ge­lun­gen. Ich darf sa­gen, dass die Kon­trol­lein­rich­tun­gen der A.B.B. jetzt ge­ra­de­zu mus­ter­gül­ti­ge und schul­bil­den­de ge­wor­den sind.«

»Sie sind es und wer­den über­all an­er­kannt und nach­ge­ahmt.«

»Mei­ne wei­te­re Sor­ge war dann die Nach­for­schung nach dem ver­schwun­de­nen Kas­sier, und was ei­gent­lich noch wich­ti­ger war, nach dem ver­schwun­de­nen Gel­de. Kei­ne leich­te Sa­che. Der Mann war spur­los ver­schwun­den und dann – der Vor­sprung! Alle Be­mü­hung schi­en von Haus aus aus­sichts­los.«

»Und ha­ben Sie wirk­lich einen Er­folg ge­habt?«

»Mein Gott, ich bin zu­frie­den. Man konn­te mir auf mei­nen Wunsch eine Fo­to­gra­fie des Ver­schwun­de­nen und meh­re­re Schrift­pro­ben zur Ver­fü­gung stel­len. Das war nicht viel, nicht wahr? Aber was will man ma­chen, wenn man nicht mehr hat?! Dann – Sie dür­fen wich aber nicht aus­la­chen, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor! – wand­te ich mich an eine Aus­kunf­tei um eine In­for­ma­ti­on über den ab­gän­gi­gen Herrn Jo­sef Benk.«

»Da war al­ler­dings für den vor­lie­gen­den Fall vor­aus­sicht­lich we­nig zu ho­len.«

»Ich gebe es zu und habe es auch im Voraus ge­wusst, aber ich er­fuhr doch ei­ni­ge Ein­zel­hei­ten, mit de­ren Er­he­bung ich mich sonst selbst hät­te be­schäf­ti­gen und auf­hal­ten müs­sen und die doch not­wen­dig wa­ren zu mei­nen wei­te­ren Er­he­bun­gen. Die Aus­kunft war eine glän­zen­de: Jo­sef Benk Rit­ter von Bren­ne­berg – von sei­nem Adels­ti­tel hat­te er kei­nen Ge­brauch ge­macht und in der Bank hat­te man nichts da­von ge­wusst – ge­we­se­ner Of­fi­zier, höchst eh­ren­haf­ter Cha­rak­ter, un­be­dingt ver­läss­lich –«

»Da­für hat­te er auch bei uns im­mer ge­gol­ten bis –«

»Ich weiß. Da­mit war also nicht viel an­zu­fan­gen, im­mer­hin gab es doch ei­ni­ge De­tails, an wel­che ich wei­te­re Nach­for­schun­gen an­knüp­fen konn­te. Nun dach­te ich an Isouards kri­mi­na­lis­ti­sche Grund­re­gel: Cher­chez la fem­me.1 Sie dür­fen mich wie­der nicht aus­la­chen, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. Das ist ja wirk­lich ein Ge­mein­platz, und je­der Laie wür­de sich sei­ner er­in­nern, aber das spricht doch nicht ge­gen sei­ne Stich­häl­tig­keit. Tat­säch­lich ist es für kri­mi­na­lis­ti­sche Un­ter­su­chun­gen sehr häu­fig von Be­lang, nach den Be­zie­hun­gen zum Ewig­weib­li­chen zu for­schen. Glau­ben Sie mir, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. Ich bin zwar nur Ama­teur­de­tek­tiv, neh­me aber für mich die Er­fah­run­gen ei­nes Pro­fes­sio­nals in An­spruch. Ich mei­ne nicht, dass im­mer das Weib die An­stif­te­rin des Ver­bre­chens sein müss­te oder dass ge­ra­de um des Wei­bes wil­len die meis­ten Ver­bre­chen be­gan­gen wer­den, ich ver­tre­te nur die An­sicht, dass das weib­li­che Ele­ment für vie­le Ver­bre­cher das Sieg­fried­sche Lin­den­blatt be­deu­tet. Sie ver­ste­hen mich doch, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. So et­was wie die Achil­les­fer­se oder den Küraß­feh­ler, es weist auf die Stel­le hin, wo sie sterb­lich sind. Es ist Ih­nen doch klar?«

»Voll­kom­men.«

»Ich glau­be da ent­schie­den im Rech­te zu sein. Sim­son wäre nie zu bän­di­gen ge­we­sen, wenn er sein Haupt nicht in De­li­las Schoß ge­bet­tet hät­te.«

»Und ha­ben Sie, Herr Trost­ler, jene so wich­ti­gen weib­li­chen Be­zie­hun­gen auch in die­sem Fal­le auf­ge­spürt?«

»Aber na­tür­lich! Der Flüch­ti­ge hat­te eine Braut zu­rück­ge­las­sen – alle Ach­tung! Eine Bür­ger­schul­leh­re­rin – das rei­zends­te Per­sön­chen, das Sie sich vor­stel­len kön­nen; die ver­kör­per­te An­mut, Klug­heit und Ehren­haf­tig­keit. Kein Mensch auf der Welt hät­te bes­ser wäh­len kön­nen.«

»Und die hat er schnö­de im Sti­che ge­las­sen?«

»Nicht doch! Es war ab­ge­macht, dass sie nach­kom­men sol­le, so­wie er sich drü­ben eine ge­re­gel­te Exis­tenz ein­ge­rich­tet ha­ben wer­de.«

»Und hat man von ihm wie­der et­was ge­hört?«

»Er hat sich eine voll­stän­dig ge­ord­ne­te Exis­tenz aus­ge­baut. Die­se An­ge­le­gen­heit ist voll­kom­men glatt er­le­digt. Mir war es ver­gönnt, ihm die rei­zen­de Braut zu­zu­füh­ren – es ging doch nicht an, sie die wei­te Rei­se über das Meer al­lein ma­chen zu las­sen –, und ich hat­te die Ehre bei ih­rer Ver­mäh­lung als Bei­stand zu fun­gie­ren.«

Der Ge­ne­ral­di­rek­tor er­hob sich.

»Ver­zei­hen Sie, Herr Trost­ler«, sag­te er lä­chelnd, »wenn ich Ihre Er­zäh­lung einen Au­gen­blick un­ter­bre­che. Ich will nur rasch in der Buch­hal­tung einen Auf­trag ge­ben um dann ganz un­ge­stört Ihrem in­ter­essan­ten Be­richt fol­gen zu kön­nen.«

»Sie be­mü­hen sich um­sonst, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor«, er­wi­der­te Da­go­bert ru­hig sit­zen­blei­bend. »Dort kom­men Sie nicht durch. Im Ne­ben­zim­mer sit­zen näm­lich auch zwei De­tek­tivs, und zwar wirk­li­che De­tek­tivs der Po­li­zei und nicht arm­se­li­ge Ama­teurs wie ich. Un­nö­tig zu sa­gen, dass auch auf der an­de­ren Sei­te – im Vor­zim­mer – eben­falls zwei sit­zen. Die sor­gen schon da­für, dass wir völ­lig un­ge­stört blei­ben. Sie ha­ben strik­ten Auf­trag, nie­man­den her­ein­zu­las­sen. Es kann aber auch – au­ßer mir – nie­mand die­ses Zim­mer ver­las­sen, ohne so­fort fest­ge­nom­men zu wer­den. Wol­len Sie es dar­auf an­kom­men las­sen, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor?«

»Nein. Was wol­len Sie von mir?«

»Ich will vor al­len Din­gen Ih­nen ge­gen­über vol­le Auf­rich­tig­keit wal­ten las­sen. Nicht um mir da­durch auch Ihre Auf­rich­tig­keit zu er­schlei­chen. Mei­ne Po­si­ti­on wäre eine sehr schlech­te, wenn ich auf sie an­ge­wie­sen wäre. Ich brau­che sie nicht. Was ich will, ist nur, Ih­nen die Über­zeu­gung bei­zu­brin­gen, dass ich Sie mit ei­ser­nen Klam­mern fest­hal­te, so fest, als stä­ken Sie in ei­nem Schraub­stock. Erst wenn Sie da­von völ­lig über­zeugt sind, kann ich auf jene Ent­schlie­ßung Ih­rer­seits rech­nen, die mei­nes Erach­tens noch ein­zig mög­lich und ver­nünf­tig ist, und die ich noch brau­che.«

»Wel­che Ent­schlie­ßung?«

»Da­rauf kom­men wir gleich, erst muss ich Sie noch bes­ser über­zeu­gen. Sie ge­stat­ten mir ja, mich kurz zu fas­sen. Ich habe mich bei Frau von Benk als Zim­mer­herr ein­quar­tiert. Das ist die Mut­ter un­se­res ge­we­se­nen Kas­siers, die Wit­we ei­nes Oberst­leut­nants. Sie lebt in en­gen Ver­hält­nis­sen, aber es ist ein durch­aus eh­ren­haf­tes, mo­ra­lisch rein­li­ches Mi­lieu. Wie kein Meis­ter, so fällt auch kein Ver­bre­cher vom Him­mel. Ich war or­dent­lich aus der Kon­te­nance ge­bracht, und mei­ne Hoff­nung, da den Schlüs­sel zu ei­ner ver­bre­che­ri­schen Tat zu fin­den, ward stark her­un­ter­ge­drückt. Ich hat­te mich für einen Kla­vier­leh­rer aus­ge­ge­ben und führ­te ein sehr so­li­des und häus­li­ches Le­ben, um mir das Ver­trau­en der Da­men zu er­wer­ben. Der Da­men; denn Benks Braut, Fräu­lein Ehl­beck, kam täg­lich zu Be­such und ge­hör­te so­zu­sa­gen zum Hau­se. Das ge­lang mir denn auch ohne be­son­de­re Schwie­rig­keit. Ich hat­te die Vor­sicht ge­braucht, gleich bei mei­nem Ein­zug die Be­mer­kung fal­len zu las­sen, dass ich nur ei­ni­ge Mo­na­te zu blei­ben ge­den­ke, bis ich mir ge­nug zu­sam­men­ge­spart hät­te, um mei­nen Plan der Über­sied­lung nach Ame­ri­ka aus­füh­ren zu kön­nen. Die­se harm­lo­se An­deu­tung traf ihr Ziel. So­wohl Fräu­lein Ehl­beck, mit dem ich sehr viel vier­hän­dig spiel­te, wie die Mut­ter ka­men im­mer wie­der auf das The­ma Ame­ri­ka zu­rück. Ich ging sys­te­ma­tisch vor. Ich sand­te von Zeit zu Zeit durch Post­an­wei­sung ver­schie­de­ne be­schei­de­ne Be­trä­ge an mei­ne Adres­se, an­geb­lich Ho­no­rar für mei­ne Lek­tio­nen, und bat Frau von Benk sie für mich auf­zu­he­ben. Das Geld sei bei ihr bes­ser auf­ge­ho­ben als bei mir, und ich wol­le es zu­sam­men­hal­ten für die Rei­se. Von dem flüch­ti­gen Soh­ne war nie die Rede, aber es war auch nie ein Sym­ptom von Angst oder Heim­lich­keit wahr­zu­neh­men. Et­wai­ge Ge­wis­sens­qua­len wa­ren da ent­schie­den nicht vor­han­den, und es war klar, von ei­ner Mit­wis­sen­schaft oder gar Mit­schuld konn­te da nicht die Rede sein. Aber es scheint, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor, dass mei­ne Rede Sie an­greift. Soll ich Ih­nen viel­leicht ein Glas Was­ser ein­schen­ken?«

»Ich dan­ke Ih­nen, Herr Trost­ler, vollen­den Sie, und bit­te ma­chen Sie’s kurz!«

»Ich wer­de es kurz ma­chen. End­lich traf ein, wor­auf ich lan­ge ge­war­tet hat­te, – ein Brief aus Ame­ri­ka. Sie kön­nen sich’s den­ken, dass ich ein schar­fes Auge auf die Brief­trä­ger hat­te. Ich sah den Um­schlag und er­kann­te die Schrift. Den Brief hät­te ich leicht steh­len oder heim­lich le­sen kön­nen. Der­lei tue ich nicht. Man hat sei­ne Grund­sät­ze. Frem­de Brie­fe wa­ren mir im­mer ein Hei­lig­tum. Ich er­bat nur die Brief­mar­ke für mei­ne Samm­lung. Na­tür­lich war es mir nur um den Post­stem­pel zu tun, und da fand ich be­stä­tigt, was ich oh­ne­dies schon wuss­te. Ich hat­te ja längst schon die Adres­se, die auch Sie sehr ge­nau ken­nen, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor: Mr. Bren­ne­berg, 1400 Se­cond ave­nue South, Min­nea­po­lis, Min­ne­so­ta, U. S. A.«

Der Ge­ne­ral­di­rek­tor wur­de bei die­sen Wor­ten noch bläs­ser. Mit ei­ner plötz­li­chen ver­zwei­fel­ten Auf­raf­fung steck­te er den Schlüs­sel in sei­ne Schreib­tischla­de, um sie auf­zu­rei­ßen.

»Nur kei­ne Un­be­son­nen­heit, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor!« rief ihm Da­go­bert zu. »Las­sen Sie die Lade ru­hig ge­schlos­sen; sie kann Ih­nen nichts hel­fen. Sie ha­ben dort einen Re­vol­ver, und ich habe die Hand in der Ta­sche und in der Hand auch einen Re­vol­ver. Ich wür­de ent­schie­den ge­schwin­der sein, und au­ßer­dem – Ihr Re­vol­ver war ge­la­den, mei­ner ist es. Ich hat­te mir näm­lich er­laubt, bei mei­ner In­spek­ti­on die Kam­mern für alle Fäl­le zu ent­lee­ren und die Pa­tro­nen zu mir zu ste­cken.«

»Sie ha­ben mit Nach­schlüs­seln ge­ar­bei­tet!«

»Na­tür­lich! So­gar zu Ih­rer großen Kas­se habe ich mir die Du­pli­ka­te der Schlüs­sel ver­schafft.«

»Wis­sen Sie, dass das in­fam ist! Und das hat Grund­sät­ze und rührt kei­ne frem­den Brie­fe an!«

»Re­gen wir uns nicht auf, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor. Die Auf­re­gung kann nur scha­den, und ich bin kein Freund von dra­ma­ti­schen Sze­nen au­ßer­halb der Büh­ne. Sie müs­sen doch selbst se­hen, wie Sie sich da­mit scha­den. Die­se Auf­wal­lung, mit der Sie da nach dem Re­vol­ver grei­fen woll­ten, war doch eine An­wand­lung von Schwä­che, die Ih­rer ent­schie­den nicht wür­dig war. Ver­lie­ren Sie doch nur die Ruhe nicht. Sie ge­hö­ren ja zu den großen Die­ben, die man lau­fen lässt, lau­fen las­sen muss, – lei­der! Sie glau­ben mir doch, dass ich das ehr­lich be­daue­re?«

»Wei­ter, kom­men wir zum Schluss!«

»Ich bin schon da­bei. Erst woll­te ich Ih­nen nur noch zwei­er­lei sa­gen: Erst­lich, dass Sie in­fol­ge mei­ner freund­li­chen Be­mü­hun­gen schon längst hin­ter Schloss und Rie­gel sä­ßen, wenn es nicht das In­ter­es­se der A. B. B. er­for­der­te, dass Ihre Gau­ne­rei – Sie ha­ben doch nichts da­ge­gen, dass ich mir in die­sem Sta­di­um kein Blatt mehr vor den Mund neh­me? – nicht an die große Glo­cke ge­hängt wer­de. Aber aus­ge­schlos­sen ist na­tür­lich auch das nicht, wenn un­se­re Un­ter­hand­lun­gen hier nicht zu dem ge­wünsch­ten Zie­le füh­ren soll­ten. Und zwei­tens: man hat al­ler­dings sei­ne Grund­sät­ze, und ich wer­de tat­säch­lich nie et­was Un­ge­setz­li­ches oder auch nur Un­ge­hö­ri­ges tun. Es ist aber we­der un­ge­setz­lich noch un­ge­hö­rig, dass der Herr die Sa­chen ei­nes un­ge­treu­en Die­ners durch­sucht, mein Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor! Der Prä­si­dent war bei der Durch­su­chung zu­ge­gen.«

»Vol­len­den Sie!«

»Viel habe ich nicht ge­fun­den. Dass Sie die Zeug­nis­se Ih­rer un­rein­li­chen ga­lan­ten Aben­teu­er lie­ber in Ihrem Büro auf­he­ben als im Be­rei­che Ih­rer Frau, das be­greift sich, das geht uns nicht an. Also nicht viel, aber doch zwei wert­vol­le Fin­ger­zei­ge. Ers­tens die be­reits er­wähn­te Adres­se, und zwei­tens der Nach­weis Ih­rer Ver­bin­dung mit der Na­tio­nal­bank un­ter dem Deck­na­men Ih­rer Frau Schwie­ger­ma­ma.«

»Das ist kein Deck­na­me. Das Geld ge­hört tat­säch­lich ihr!«

»Es wäre schlimm für uns, wenn es so wäre, aber es ist nicht so. Se­hen Sie, Herr Ge­ne­ral­di­rek­tor, ohne es zu wol­len, ha­ben Sie mir zu ei­ner von mir selbst nicht ge­woll­ten Kar­rie­re ver­hol­fen. Erst muss­te ich Ver­wal­tungs­rat wer­den, und dann wur­de es un­be­dingt nö­tig, dass ich Zen­sor der Na­tio­nal­bank wur­de. Mit der mäch­ti­gen Hil­fe un­se­res Prä­si­den­ten ging auch das. Ich muss­te es wer­den, um ganz ge­nau­en Ein­blick zu ge­win­nen. Mir kön­nen Sie also jetzt kei­ne Ro­ma­ne über Ihre Frau Schwie­ger­ma­ma er­zäh­len. Schließ­lich wer­de ich, und zwar heu­te noch, so­gar Ge­ne­ral­di­rek­tor wer­den, aber nur für so lan­ge, bis wir einen ge­eig­ne­ten Er­satz für Sie ge­fun­den ha­ben wer­den.«

»Sie tun im­mer, als wenn ich de­frau­diert hät­te. Das wer­den Sie mir doch erst be­wei­sen müs­sen!«

»Aber, lie­ber Ge­ne­ral­di­rek­tor – es ist wahr­schein­lich das letz­te Mal, dass ich Sie so nen­nen darf –, be­grei­fen Sie denn Ihre Si­tua­ti­on noch im­mer nicht? Ich kann Ih­nen mit we­ni­gen Wor­ten ver­ra­ten, wie Sie es an­ge­stellt ha­ben. Sie kann­ten Benk von frü­her her und wuss­ten, dass es die Sehn­sucht sei­nes Le­bens war, sich in Ame­ri­ka, in der At­mo­sphä­re der Frei­heit, einen Wir­kungs­kreis zu schaf­fen. Als er sei­ne Bü­cher ab­ge­schlos­sen hat­te und sei­nen Ur­laub an­tre­ten woll­te, bo­ten sie ihm sech­zig­tau­send Kro­nen da­für, dass er spur­los ver­schwin­de. Ein Ma­kel kön­ne auf sei­nen Na­men nicht fal­len, da er doch die Kas­se in vol­ler Ord­nung über­ge­ben und sein Ab­so­lut­o­ri­um in der Ta­sche habe. Sein Ver­schwin­den wer­de zwar Be­stür­zung aber sonst kei­ner­lei Nach­teil her­vor­ru­fen. Für Sie wür­de die Be­stür­zung von un­er­mess­li­chem Vor­teil zur Be­fes­ti­gung Ih­rer Stel­lung sein. Denn Sie sei­en dann der ein­zi­ge, der für den wei­te­ren un­ge­stör­ten Gang der Ma­schi­ne sor­gen kön­ne, und da­mit sei Ihre Unent­behr­lich­keit ekla­tant do­ku­men­tiert. Das sei Ih­nen das Op­fer wert. Benk ließ sich über­re­den, umso eher, als Sie ihn schon von der Schu­le her kann­ten. Sie duz­ten sich ja auch, nur frei­lich auf Ihren Wunsch in der Bank nicht.«

»Es ging ein­fach nicht – der an­de­ren Be­am­ten we­gen.«

»Ich be­grei­fe. Nun konn­te also der große Coup von Ih­nen ge­wagt wer­den. Sie fühl­ten sich si­cher. Der Ver­dacht wür­de doch auf den ver­schwun­de­nen Kas­sier fal­len. Sie konn­ten wis­sen oder doch mit gu­tem Grund an­neh­men, dass man aus Scheu vor dem öf­fent­li­chen Skan­dal von der ge­richt­li­chen An­zei­ge ab­se­hen wer­de. Üb­ri­gens hat­ten Sie auch für die­sen Fall Ihre Maß­nah­men ge­trof­fen. Soll ich Sie Ih­nen re­ka­pi­tu­lie­ren?«

»Ich dan­ke, ich ver­zich­te.«

»Gut, so will ich nur an­deu­ten, dass ich un­ter an­de­ren auch bei der H. A. P. A. G. – das ist die Ham­burg-ame­ri­ka­ni­sche Pa­ket­boot-Ak­ti­en­ge­sell­schaft – ei­ni­ges er­ho­ben habe. Ich habe mir die Num­mer der Ka­jü­te no­tiert, die Sie auf der ›Ko­lum­bia‹ ge­mie­tet hat­ten. Die Ur­laubs­ver­hält­nis­se hät­ten Ih­nen hin­läng­lich Zeit zu dem wün­schens­wer­ten Vor­sprung ge­währt.«

»Was wol­len Sie nun von mir?«

»Eine Klei­nig­keit, Ihre Un­ter­schrift. Sie ha­ben das durch Voll­macht aus­ge­wie­se­ne Ver­fü­gungs­recht über das De­pot Ih­rer ›Schwie­ger­ma­ma‹ bei der Na­tio­nal­bank. Das De­pot reicht ge­ra­de aus, um den Scha­den der A. B. B. zu de­cken. Die­se Voll­macht wer­den Sie auf mich über­tra­gen. Hier ist das voll­stän­dig ad­jus­tier­te Schrift­stück, Sie brau­chen nur Ihren wer­ten Na­men dar­un­ter zu set­zen.«

»Das wer­de ich nicht tun!«

»Wie Sie glau­ben, – ge­nö­tigt wird nicht. Ich woll­te Ihr Bes­tes, und nur wenn Sie sich selbst da­von über­zeugt ha­ben, sol­len Sie un­ter­schrei­ben, sonst nicht. Die Ver­hält­nis­se ha­ben sich näm­lich zu Ihren Un­guns­ten ver­scho­ben, ge­ehr­ter Herr. Alle Vor­keh­run­gen zur Si­che­rung je­nes De­pots sind ge­trof­fen, falls Sie sich wirk­lich wei­gern soll­ten. Sie müss­ten sich näm­lich klar ma­chen, dass die A. B. B. jetzt kei­ne Ur­sa­che mehr hat, die ge­richt­li­che An­zei­ge zu scheu­en. Der et­wai­ge üble Ein­druck der Nach­richt von dem großen Un­ter­schleif wür­de durch die Tat­sa­che pa­ra­ly­siert wer­den, dass man nicht nur de­ren Ur­he­ber prompt er­wi­scht, son­dern auch für die so­for­ti­ge Scha­dens­gut­ma­chung prompt ge­sorgt hat. Nun – was mei­nen Sie?«

Der Ge­ne­ral­di­rek­tor un­ter­schrieb. Da­go­bert fer­tig­te einen im Vor­zim­mer des Auf­tra­ges har­ren­den Ver­trau­ens­mann mit dem Schrift­stück ab.

»Nur noch zwei Mi­nu­ten«, nahm er dann wie­der das Wort. »Die Na­tio­nal­bank ist ja gleich da­ne­ben. In­zwi­schen kann ich Ih­nen ja sa­gen, dass es eine sin­ni­ge Über­ra­schung für un­se­ren Herrn Prä­si­den­ten sein wird, eine un­schul­di­ge Freu­de, die er nicht er­war­tet hat. Denn ich habe we­der ihm, noch sonst je­man­dem von dem Fort­gan­ge mei­ner Be­mü­hun­gen be­rich­tet. Ich lie­be es, mit fer­ti­gen Tat­sa­chen zu kom­men. Man hat so sei­ne Ei­gen­hei­ten!«

Nach we­ni­gen Mi­nu­ten er­tön­te wirk­lich ein Si­gnal vom Te­le­fon­ap­pa­rat am Schreib­tisch her. Der Ge­ne­ral­di­rek­tor leg­te die Hör­mu­schel ans Ohr.

»Die Na­tio­nal­bank«, mel­de­te er, »ich ver­ste­he aber nicht –, der Mohr kann ge­hen – Schluss!«

»Ganz rich­tig!« rief Da­go­bert. »Das ist das Schlag­wort, das ich mir be­stellt habe zur Be­stä­ti­gung, dass al­les in Ord­nung sei. Und jetzt, Herr Ring­hoff, sind Sie Ge­ne­ral­di­rek­tor – ge­we­sen! Er­lau­ben Sie nur, dass ich die Tü­ren öff­ne. Da­mit ist die Über­wa­chung auf­ge­ho­ben.«

Ring­hoff nahm sei­nen Hut, ver­neig­te sich und ver­ließ die A. B. B., um sie nie wie­der zu be­tre­ten.

1 fran­zö­si­sche Re­de­wen­dung: ›Mach die Frau aus­fin­dig!‹, ge­meint ist: ›Da steckt eine Frau da­hin­ter!‹ <<<

Detektiv Dagobert

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