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11. Die Luft

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Die Luft zählt zwar für nichts. „Niemand kann von der Luft leben!“ – hört man als gewöhnliche Redensart. Das ist aber grundfalsch; da verstanden's die Alten besser, welche Luft die Nahrung, das Futter des Lebens nannten. Und mit Recht, denn sie ist für unsern Leib gerade ein so nothwendiges und unentbehrliches Nahrungsmittel als Speise und Trank.

Athmen ist nicht nur, daß man Luft einzieht und sie nachher wieder ausbläst: die ausgeathmete Luft ist eine ganz andre als die eingezogene, und was inzwischen mit ihr in der Brust vorgegangen, das ist eben das Wichtige und der Zweck des Athmens. Das Blut hat da in der Lunge schnell das, was ihm zur Erhaltung des Lebens nothwendig ist,1 aus der beim Einathmen zugeströmten frischen Luft an sich gezogen und dagegen sein Unnützes und Verbrauchtes abgegeben, das dann beim Ausathmen mit dem Uebrigen als umgewandelte und nunmehr unbrauchbare Luft wieder aus der Brust ausgestoßen wird und sich mit der Luftmasse außer dem Menschen, sei's in einem Zimmer oder im Freien, vermischt. Dieß wiederholt sich bei jedem Athemzuge. Daß die abgeschlossene Zimmerluft dadurch allmälig verschlechtert wird, ist leicht zu ermessen. Daraus läßt sich denn auch entnehmen, wie die Luft keineswegs so gleichgültig ist, sondern sie einerseits um so nachtheiliger sein wird, jemehr jene Bestandtheile, welche als unbrauchbar vom Blute durch das Ausathmen2 und durch die Hautausdünstung3 an sie abgegeben werden, in ihr sich anhäufen. Anderseits aber muß sie um so vortheilhafter sein, je ungeschmälerter sie den Bestandtheil enthält, welcher zur Neubelebung des Blutes taugt.

Es ist nun vom lieben Gott einmal so weise eingerichtet, daß es nicht erst besonderer Vorkehrungen bedarf, diese uns zuträgliche Luft mit Mühe und Kosten herzustellen. Im Gegentheil ist diese gerade die beste, die unter dem freien Himmel liegt und in welche das Gras des Feldes und die Bäume des Waldes ungehindert hineinwachsen. Es ist somit genug gethan, wenn man solcher frei und überall vorkommenden Luft möglichst leichten Zutritt verschafft. Nun ist's weiter eine einfache Rechnung: wo in einer Stube viele Leute sind, da wird das uns Zuträgliche aus der Luft durch's Einathmen gewiß schneller weggenommen und umgekehrt, durch's Ausathmen mehr Verbrauchtes drin angesammelt werden, als wo nur eine Person sich aufhält. Die Luft des Zimmers wird also immer schlechter werden und um so schlechter, je kleiner seine Luftmenge, d. h. sein Raum ist.

Es braucht gar keiner feinen Nase, um die schlechte Luft zu erkennen. Wer z. B. Morgens aus dem Freien in ein Schlafzimmer tritt, namentlich in eins, darin mehrere Leute die Nacht zugebracht, den wird es auf der Brust schnüren. Wo längere Zeit in einem geschlossenen Raume viele Menschen beisammen gehalten werden, steigert sich die Athembeschwerde bis zu Taumel, Uebelkeit und Ohnmacht. Darum ist ja auch auf überfüllten Schiffen die Sterblichkeit so groß. In Calcutta wurden in der sog. schwarzen Höhle 146 Menschen zusammengesperrt; innert 10 Stunden gingen davon 123 zu Grunde und zwar bloß, indem die Luft durch's Athmen der Eingeschlossenen und keineswegs etwa durch andere schädliche Dünste und Gase verdorben wurde. Kommt nun hiezu noch Oelqualm, Ofenrauch, die Ausdünstung von feuchten Wänden, trocknender Wäsche, von Abgang und Speisen, von Abtritten und Baugruben, Kellern und Cysternen, so ist klar, daß die Luft noch viel untauglicher zum Athmen werden muß. Diese Extraverschlechterung gehört indeß größtentheils ins Capitel der Reinlichkeit, von welcher sich's wohl lohnt, noch besonders ein Wörtlein zu reden. Hier nur soviel: Man kann lange frische Luft in eine Stube, eine Kammer, einen Vorraum hereinlassen, es wird nicht viel damit gewonnen sein, wenn angehäufter Unrath, verwesender Abgang, ein stinkender Wasserstein u. drgl. durch ihre Ausdünstung die Luft fortwährend verderben. Nicht fleißig und schnell genug können darum alle Stoffe, welche die Atmosphäre verunreinigen, aus bewohnten Räumen entfernt werden.

1

Sauerstoff.

2

Kohlensäure.

3

Wasser. Ein Mensch athmet durchschnittlich in 1 Stunde 300 Litres Luft aus, worunter 12 Litres Kohlensäure enthalten sind.

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