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Vorläufig ist Merkur rückläufig

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Meine Nachbarin aus dem achten Stock steigt zu mir in den Fahrstuhl und redet sofort auf mich ein. Das macht sie mit großem Vergnügen, seitdem sie einmal an den Briefkästen eine Ausgabe von „Astrologie Heute“ in meiner Hand sah und mir sogleich ausführlich erzählte, wie interessant die Astrologie sei, sie verstünde ja nicht viel, aber trotzdem: Sie habe ein paar Bücher und lese auch immer die Horoskope in den Zeitungen.

Nun ist sie ganz außer sich, denn ihre Waschmaschine ist kaputt, und sie kann sich jetzt auf keinen Fall eine neue kaufen. Ich denke, vielleicht ist sie nun kurz vor Weihnachten mit dem Geld knapp, aber sie schaut mir mit wissendem Blick in die Augen und seufzt: „…Sie wissen es ja sicherlich, Merkur geht rückwärts, und so muss ich warten.“ Um ehrlich zu sein, hatte ich das in der Vorweihnachtshektik gar nicht realisiert, und wenn - unter einem rückläufigen Merkur ist mir noch nie was Schlimmes passiert. „Ja“, frage ich „und nun? Wie lange können Sie denn schon nicht mehr waschen?“ „Seit einer Woche, und Merkur wird erst am 08. Januar wieder geradlinig, ich meine, geht er wieder geradeaus.“ Direktläufig, rückwärts oder geradlinig, ich bin ja nicht kleinlich...“Mmh“, brumme ich, und der Fahrstuhl ist zum Glück im EG angekommen.

Susi und Klaus kommen zu Besuch, und ich erzähle die Geschichte mit der rück- und geradläufigen Merkur-Nachbarin. Susi horcht auf und findet, dass da was dran ist, denn sie habe seit ein paar Tagen das Gefühl, sie könne nicht richtig denken. „Na ja, Susi, das habe ich jeden Morgen und manchmal auch tagsüber, ohne dass Merkur rückläufig ist…“.

Klaus fragt neugierig: „Habe ich auch einen rückläufigen Merkur?“ „Wenn Du jetzt geboren würdest, dann ja, aber in Deinem Geburtshoroskop nicht.“ Mein Mann verkündet, dass er Merkur/Neptun habe. Susi lacht: „Das ist doch was ganz anderes?“ „Was denn?“, fragt der astrologieunkundige Klaus. Ich sage zu Susi: „Komm’, wir gehen in die Küche und lassen Gert die Geschichte erzählen, wie er seinen alten Freund wieder traf. Wenn wir dann das Essen fertig haben und Klaus immer noch nicht weiß, was wann und wie passiert ist, dann weiß er wenigstens, was Merkur/Neptun bedeutet.“

„Moment mal!“, ruft Susi: „Daya hat doch auch Merkur/Neptun!“ „Wie“, fragt Klausi, „was soll denn unser Hund mit Merkur/Neptun?“ „Barbara hat gesagt, wir müssen aufpassen, dass er nicht lügt!“ „Ihr seid vielleicht komisch“, finden die beiden Männer, aber dann meint Klaus zu Gert: „Du lügst also?“. „Was“, empört sich mein Mann, „ich bin eine ehrliche Haut“, was ich nur bestätigen kann - aber das hat man davon, wenn man mit (Halb-) Laien solche Themen erörtert.

Um von Merkur/Neptun abzulenken, sagt Gert bedeutungsvoll: „Übrigens ist Merkur nur scheinbar rückläufig.“ „Waas“, stöhnt Klaus, „er tut also nur so?“ „Lass mal“, antworte ich „das ist höhere Astrologie bzw. Astronomie, und zu der habe ich jetzt keine Lust.“ Susi lässt nicht locker und meint: “Merkur hat doch auch was mit Reisen zu tun. Vielleicht sollte man jetzt lieber nicht verreisen, bei einem rückläufigen Merkur kommt man da wahrscheinlich nie an, wo man hin will.“

Eigentlich eine ganz schlüssige Folgerung, aber die stimmt so natürlich auch nicht, dann dürfte ja kein Mensch in der Zeit verreisen. Eine seltsame Vorstellung, auch die, dass man unter einem rückläufigen Merkur keine Verträge abschließen sollte. Bloß gut, dass nur ein minimaler Bruchteil unserer Gesellschaft über dieses rückläufige Geschehen und dessen Folgen informiert ist, sonst läge die ganze Wirtschaft brach, Ehen würden nicht geschlossen, keine technischen Geräte mehr gekauft... Aber vielleicht läuft ja auch so viel schief, weil sich kaum einer an dem rückläufigen Merkur orientiert...?

Besinnliche Weihnachtszeit - gerade richtig für einen rückläufigen Merkur. Ich möchte lesen und schreiben und bin sicher, Merkur hat nichts dagegen. Meine Brüder rufen an, ich habe die Weihnachtspäckchen vertauscht - kein Problem, sie überreichen sich gegenseitig das richtige Geschenk (ob das nicht doch…?).

Am zweiten Weihnachtsmorgen wache ich mit einem dick geschwollenen, scharlachroten und tränenden Auge auf. Kein Gedanke an Lesen und Schreiben. „Volltreffer“, feixt Susi: „Merkur lässt grüßen.“ Ich werkele einäugig in der Wohnung herum, haue mir ein Messer mit voller Wucht in die Hand und schließlich bücke ich mich, um nicht wieder hochzukommen. Hexenschuss! Bevor mein Mann etwas sagen kann, murmele ich: „Sag bloß nicht, das sei Merkur.“ Ich schnappe mir die Ephemeriden: Aha, der Transit-Uranus läuft just im Anderthalbquadrat über meinen Mars - ich möchte Hurra schreien.

Egal, was mir bis zum 07. Januar noch passiert, es ist jedenfalls nicht der rückläufige Merkur, der hat mir nämlich noch nie was getan - und dabei bleibt es!!

Astro-logische Merkwürdigkeiten

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