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Über die Bücher

Zu meiner Welterschaffung habe ich manches erobert, doch nichts ganz Neues und Unerwartetes. Auch habe ich viel geträumt von dem Modell, wovon ich so lange rede, woran ich so gern anschaulich machen möchte, was in meinem Inneren herumzieht, und was ich nicht jedem in der Natur vor Augen stellen kann.“

Diesen Satz schrieb Goethe zu Beginn seiner sehnsuchtsvollen Reise quer durch Italien – ein Abenteuer, zu dem er sich zur Besserung seines Wohlbefindens entschloss und das er uns verschriftlicht als wunderbares Buch hinterließ. Bevor ich nun meine eigene Geschichte erzähle, möchte ich noch ein paar Worte zur Originalvorlage meiner Reise erzählen und dazu, wie sehr dieses mich inspiriert hat.

Über Goethes Italienische Reise

Die Hintergrundinformationen zum Buch „Italienische Reise – Auch ich in Arkadien“ sind schnell erklärt: Goethe fühlte sich bei seiner Arbeit als Beamter uninspiriert und brach am 3. September 1786 von Karlsbad in Richtung Italien auf, um diesen unbefriedigenden Zustand zu ändern. Von dieser Reise wusste, bis auf einen Vertrauten, niemand und so zog er zweiundzwanzig Monate durch das schöne Land im Süden. Er selbst bezeichnete dieses Vorhaben als „Wiedergeburt“ für ihn selbst. Dabei führte ihn sein Weg über Südtirol, den Gardasee, Venedig und die Poebene über Bologna, Florenz und Perugia nach Rom, danach weiter nach Neapel und schließlich quer durch Sizilien. Von dort aus reiste er wieder nordwärts und besuchte dabei auch Siena, Modena und Mailand.

Sein Buch ist eigentlich eine Zusammenfassung seiner sehr persönlich geschriebenen Tagebücher und Briefe. Goethe sammelte viele Jahre später seine Berichte und gab das Buch unter dem Titel „Auch ich in Arkadien“ heraus, heute wird es aber unter dem Titel „Italienische Reise“ vertrieben. Bis zu seinem ersten Romaufenthalt verfasste er fast ausschließlich Tagebucheinträge, danach eigentlich nur mehr Briefe an Freunde und Kollegen. Leider bricht nach seinem zweiten Romaufenthalt die Dokumentation ab. Es ist zwar bekannt, wie er heimwärts reiste, aber es gibt keine Berichte mehr von ihm selbst darüber.

Auch wenn der Schluss fehlt: Das Buch, das er auf Basis seiner Schriften schrieb, hat es in sich. Er führte darin hunderte Seiten Italienerfahrungen und -eindrücke zusammen. Goethes „Italienische Reise“ versteht sich daher nicht als Reiseführer, sondern als Sammelwerk aus persönlichen Gedanken, künstlerischen, architektonischen und geologischen Beobachtungen sowie kulturellen Erfahrungen über die Reise hinweg. Es ist wunderbar chronologisch aufgebaut, sodass man mit Goethe beim Lesen auch „auf Reise“ gehen und feststellen kann, wie sehr er an sich selbst wuchs und wieder die Lust am Schreiben gewann.

In seinen Ausführungen zu den alten römischen und griechischen Bauten spürt man die Faszination, die Italien auf ihn ausübte. So viele Jahre erzählte ihm sein Vater von dem Land und nun sah er es mit eigenen Augen! Positive wie auch negative Erfahrungen formulierte er mal ausführlicher, mal kürzer, aber immer mit viel Erklärungswillen. Man spürt beim Lesen jeder einzelnen Seite: Goethe war von Italien begeistert und wollte dieses Land nicht nur bereisen – er wollte es verstehen und in sich aufnehmen.

Goethe als Inspiration

Eben diese Begeisterung schwappte auf mich über. So wie sich Goethe durch Italien wieder zum Schreiben inspirieren ließ, so inspirierte mich das Buch zum Nachreisen. Als großer Italien- und Goethefan fiel mir das Buch das erste Mal vor Jahren in die Hände; beim Lesen ertappte ich mich immer wieder beim Gedanken, Goethes Route eines Tages auch einmal genau so nachzureisen. Dass so viele interessante Städte und beeindruckende Denkmäler auf dieser Strecke liegen, reizte mich ebenso wie die Veränderung der Landschaft und der Menschen vom Norden bis in den Süden – das wollte ich auch erleben. Wie würde es sich wohl anfühlen, all das mit eigenen Augen und in der Gegenwart zu sehen? Wie spannend würde es werden, Goethes Eindrücke mit meinen zu vergleichen und zu schauen, was sich zu früher verändert hat? Der große Wunsch war geboren!

Als klar wurde, dass ich in meiner beruflichen Auszeit die Gelegenheit haben würde, diesen Wunsch wahr werden zu lassen, begann ich zu planen. Ich las das Buch noch einmal, legte Strecken- und Zeitplan fest und wunderte mich immer wieder über Goethes ungeplante Spontanität auf seiner Reise. Ich bekam zwischendurch schon ein schlechtes Gewissen, weil ich (vermeintlich) gut vorbereitet in dieses Abenteuer starten wollte.

Zug und Bus statt Postkutsche, Rucksack statt Holzkiste, vereinte demokratische Republik statt vereinzelte Königreiche, acht Wochen statt fast zwei Jahre. Die Unterschiede zwischen Goethes und meiner Reise würden groß sein. Es ging mir jedoch nicht darum, alles so zu machen wie er, sondern um meine eigenen großartigen Entdeckungen und meine persönliche Weiterentwicklung. Eine Reise ist eben immer individuell und kann gar nie die gleiche sein – schon gar nicht, wenn 232 Jahre dazwischen liegen.

Was Goethe tat, tat ich dann auch: ich schrieb – zum einen ein Reisetagebuch, zum anderen täglich auf Facebook und Instagram sowie wöchentlich auf meinem Blog. Anstatt zu malen wie Goethe, fotografierte ich. So besaß auch ich ein Sammelwerk aus Geschriebenem und Bildmaterial für später. Dass das Schreiben gut und notwendig war, verstand ich im Nachhinein besser als zuvor, denn auf einer solchen Reise gewinnt man so viele Eindrücke, die man nur sehr schwer alle auf einmal verarbeiten kann. Sind sie jedoch einmal niedergeschrieben, haben sie einen Platz und können später wieder abgerufen werden.

Aufmerksame Leser und Leserinnen erkennen am Titel natürlich sofort meine Anlehnung an Goethes „Auch ich in Arkadien“. Warum sich die „Cornetti“ im Titel befinden, wird dann mit dem Lesen dieses Buches klar. Die Zitate, die unter jedem Städtenamen stehen, sind ausnahmslos alle aus Goethes Buch. Ich war verblüfft, wie oft er mir aus der Seele sprach und wie treffend die meisten seiner Kommentare auch noch heute passen! Ich orientierte mich nicht nur bei der Reiseroute, sondern auch beim Aufbau dieses Buches an Goethes Werk. Aus diesem Grund behielt ich die Tagebuchform, die sich in Reiseziele untergliedert, bei. Du reist mit mir – nachdem du das Kapitel über die Reiseplanungsphase überstanden hast – also chronologisch vom Norden in den Süden und wieder retour.

So schließt sich der Kreis: von Goethes geschriebenen Worten zu einer großartigen Reise und wieder hin zu einem Buch. Ich bin Goethe einfach unglaublich dankbar für diesen Schatz, den er hinterließ. Er diente mir als Anstoß, mich auf mein bisher größtes Abenteuer zu begeben und darüber zu schreiben.

Dass später jemals an irgendeinem der besuchten Orte eine Steintafel hängen wird, auf der „Barbara Horvatits-Ebner war hier“ zu lesen ist, bezweifle ich stark. Meinem Buch wird auch nicht wie Goethes „Auch ich in Arkadien“ ein eigenes Museum in Rom gewidmet werden. Aber ich kann mit meinen Berichten vielleicht dazu beitragen, dass Italien abseits von Massentourismus und schnellem Sightseeing wieder so wahrgenommen wird, wie es eins Goethe tat: als ein unglaublich vielseitiges, historisch bedeutsames, kulturell faszinierendes und landschaftlich atemberaubendes Land mit irrsinnig liebenswerten Menschen.

„Nun denke ich ruhig zu euch hinüber; denn wenn irgend etwas für mich entscheidend war, so ist es diese Reise.“

Arkadien und Cornetti

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