Читать книгу Qualitative und interpretative Methoden in der Politikwissenschaft - Barbara Prainsack - Страница 8

Оглавление

1 Was sind qualitative Methoden und wozu brauchen wir sie?

Barbara Prainsack & Mirjam Pot

1.1 Wozu brauchen wir Methoden?

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Politik unterscheidet sich von einer alltäglichen Auseinandersetzung mit Politik durch das Zusammenspiel zweier Merkmale: einerseits durch die Entwicklung und Verwendung von Theorien über Politik, andererseits durch eine regelgeleitete und strukturierte Herangehensweise bei der Erhebung und Analyse von Daten, aus denen wir theoretische Einsichten ableiten. Eine regelgeleitete und strukturierte Herangehensweise – das heißt eine wissenschaftliche Methode – bei der Auseinandersetzung mit Politik ist notwendig, um bei dieser Praxis überhaupt von Politikwissenschaft sprechen zu können. Daraus folgt, dass Kenntnisse über Methoden eine Voraussetzung dafür sind, selbst Forschung betreiben zu können. Ein grundlegendes Verständnis davon, wie Methoden angewandt werden und was sie zu leisten vermögen, ist jedoch auch dafür notwendig, die Aussagekraft von Forschungsergebnissen anderer Wissenschafterinnen einschätzen und kritisch beurteilen zu können. Methodenkenntnisse – unabhängig davon, ob sie in der eigenen Forschung angewandt werden – gehören folglich zu den Kernkompetenzen einer jeden Politikwissenschafterin.

Dieses Buch widmet sich der Vermittlung von qualitativen Methoden der empirischen politikwissenschaftlichen Forschung. Das sind auf der einen Seite Methoden zur Erhebung von Daten mittels Beobachtungen, Interviews oder Fokusgruppen. Auf der anderen Seite sind dies Methoden zur Analyse von Daten. Bevor wir uns einzelne dieser Methoden genauer ansehen, soll in diesem Kapitel geklärt werden, was das Spezifische an qualitativen Methoden ist und was man mit ihnen untersuchen kann. Das zweite Kapitel [14] beschäftigt sich im Speziellen mit der Frage, was es bedeutet, interpretativ zu forschen.

1.2 Was zeichnet qualitative Forschung aus?

QUALITATIVE FORSCHUNG ZIELT DARAUF AB, die Bedeutung sozialer und politischer Praktiken, Entwicklungen und Phänomene zu verstehen. Sie beschäftigt sich damit, wie Menschen handeln, welchen Sinn sie ihren Handlungen beimessen und was diese Handlungen im gesellschaftlichen Kontext bedeuten.

Die Frage zum Beispiel, wie viele Wahlberechtigte, die älter als 70 waren, bei der letzten Nationalratswahl keinen Gebrauch von ihrem Wahlrecht gemacht haben, lässt sich mittels quantitativer Methoden beantworten. Um jedoch zu verstehen, warum dies der Fall ist und was dieses Phänomen zu bedeuten hat, brauchen wir qualitative Methoden.

Die Spezifika qualitativer Forschung werden häufig in der Gegenüberstellung mit jenen der quantitativen Forschung dargestellt. Ein wesentlicher Aspekt der qualitativen Forschung ist, dass sie bestrebt ist, die Erfahrungen von sozialen und politischen Akteurinnen aus ihrer eigenen Perspektive zu erfassen und zu verstehen. Über die Analyse von „Insider“-Wissen, macht sie etwa begreifbar, wie das Handeln und Denken von spezifischen Gruppen motiviert ist. Dazu greift die qualitative Forschung auf thick descriptions zurück. Dieser Begriff wurde vom Anthropologen Clifford Geertz geprägt und bedeutet, die Praktiken und Perspektiven von Menschen in ihrem Detailreichtum und ihrer Komplexität zu beschreiben und zu analysieren. Die qualitative Wissenschafterin hat die Aufgabe, von den Forschungsteilnehmerinnen Dinge zu erfahren, die noch nicht bekannt sind. Diese „Insider-Perspektiven“ können dann – insofern die Qualität der Daten gut ist – zu Erklärungen für größere gesellschaftliche und politische Phänomene werden. So könnten die persönlichen Gründe einer Gruppe von Menschen, warum sie nicht zur Wahl gehen, zum Beispiel zeigen, dass die Nicht-Teilnahme dieser Gruppe an Wahlen mit ihrer prekären Position in der Gesellschaft zu tun hat.

Der quantitativen Forschung hingegen ist häufig daran gelegen, Aussagen über die Verteilung bestimmter Phänomene oder Verhaltensweisen in der Bevölkerung zu treffen oder statistische Assoziationen zu entdecken. Während die qualitative Forschung typischerweise nach dem „Wie“ oder „Was“ fragt, beschäftigt sich die quantitative oft mit der Frage nach dem „Wie [15] viele“ (siehe Abb. 1.1). Die Frage des „Warum“ versucht sowohl die qualitative als auch die quantitative Forschung mit jeweils eigenen Instrumentarien und Zugängen zu ergründen. In der quantitativen Forschung geht es also darum, die Verteilung eines Phänomens in der Gesellschaft zu untersuchen, und herauszufinden, welche bereits bekannten Faktoren einen Einfluss auf das untersuchte Phänomen ausüben. Für die Abbildung der sozialen Realität greift die quantitative Forschung auf zählbare Kategorien und Berechnungen zurück. Deswegen sind zum Beispiel die Antwortmöglichkeiten in einer quantitativen Umfrage vorab definiert, während sie in der qualitativen Erhebung offen sind.


Abb. 1.1: Beispiel für Fragestellungen, die mit qualitativen beziehungsweise quantitativen Methoden beantwortet werden können

Weil qualitative Forschung soziale Phänomene in dichter Form und aus der Perspektive der involvierten Akteurinnen verstehen will, findet qualitative Forschung für gewöhnlich in „natürlichen Settings“ statt. Wenn wir zum Beispiel verstehen möchten, wie verschiedene soziale Gruppen aushandeln, wie der städtische öffentliche Raum genutzt werden soll, müssen wir uns selbst an die Orte dieser Aushandlungen begeben. Dort können wir beobachten, [16] was Menschen tatsächlich tun, und ihnen auf Basis dieser Beobachtungen Fragen stellen. Durch Forschung in natürlichen Settings erhalten wir Informationen, die uns unsere Interviewpartnerinnen eventuell verschweigen, weil sie ihre eigenen Praktiken als selbstverständlich wahrnehmen oder diese idealisieren. Für unser Beispiel bedeutet das, dass unsere Interviewpartnerinnen eventuell erzählen, dass sie sich regelmäßig mit Freundinnen zum Picknick im Park treffen, aber nicht, dass sie auch regelmäßig mit Hundebesitzerinnen streiten, die ihre Hunde frei im Park herumlaufen lassen.

Die quantitative Forschung versucht hingegen das Setting, in welchem Daten erhoben werden, so gut wie möglich zu vereinheitlichen. Das Ziel ist hier, jene Faktoren zu minimieren, die einen verzerrenden Einfluss auf die Daten haben könnten, sodass diese so generalisierbar wie möglich sind. Quantitative Forscherinnen würden also in unserem Beispiel eher eine Telefonumfrage mit einem standardisierten Fragebogen zur Nutzung des öffentlichen Raums machen. Während der Kontext für die qualitative Forschung eine wichtige Datenquelle ist, soll dessen Einfluss in der quantitativen Forschung reduziert werden. Heutzutage jedoch machen digitale Technologien das natürliche Setting auch quantitativ fassbar, zum Beispiel indem Smartphone-Apps die Bewegungen und Interaktionen von Menschen im öffentlichen Raum erfassen. Big-Data-Analysen heben folglich den Gegensatz von künstlichem und natürlichem Setting bis zu einem gewissen Grad auf.

In der Praxis werden qualitative und quantitative Methoden oftmals in Kombination miteinander angewandt. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig und bauen häufig aufeinander auf. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn wir durch quantitative Studien herausfinden, dass die Wahlbeteiligung von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen stark abnimmt und mittels qualitativer Forschung die Gründe dafür besser verstehen. Umgekehrt kann quantitative Forschung auch auf qualitativer Forschung aufbauen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn wir durch qualitative Forschung Barrieren für politische Partizipation identifizieren. Quantitative Forschung kann im Folgenden dazu beitragen zu erklären, welche sozialen Gruppen von bestimmten Barrieren besonders betroffen sind. Die Anwendung qualitativer und quantitativer Methoden ist in der Forschungspraxis häufig verschränkt. So wird mittels „Mixed methods“-Forschungsdesigns versucht, ein politisches Phänomen sowohl anhand qualitativer als auch quantitativer Methoden zu erklären und zu verstehen.


Abb. 1.2: Merkmale qualitativer und quantitativer Forschung [17]

Die Gegenüberstellung qualitativer und quantitativer Methoden (siehe Abb. 1.2) kann hilfreich sein, sollte aber nicht überstrapaziert werden. Qualitative und quantative Zugänge unterscheiden sich zwar in vielen einzelnen Aspekten ihrer Herangehensweise, aber nicht immer kategorisch. Im breiten sozialwissenschaftlichen Methodenspektrum sind die Übergänge zwischen der qualitativen und quantitativen Logik manchmal fließend. Um jedoch noch besser zu verstehen, was qualitative Forschung ist und wie sie vorgeht, sehen wir uns im Folgenden weitere zentrale Eigenschaften an, die aus ihren philosophischen Grundlagen resultieren. [18]

1.3 Induktion und Deduktion

Induktion und Deduktion sind die zwei zentralen Strategien, die uns als Forscherinnen zur Verfügung stehen, wenn wir versuchen, soziale und politische Phänomene zu verstehen. Diese beiden Strategien unterscheiden sich hinsichtlich des Verhältnisses von Empirie und Theorie zueinander (siehe Abb. 1.3). Praktisch bedeutet dies:

WISSENSCHAFTERINNEN, DIE INDUKTIV ARBEITEN, starten bei konkreten Beobachtungen über die Welt (Empirie) und entwickeln daraus abstrakte Erklärungen (Theorien). Bei der Deduktion hingegen bildet eine Theorie den Ausgangspunkt, die dann mithilfe empirischer Daten bestätigt oder widerlegt wird.

Induktion und Deduktion spielen in fast allen Wissenschaften eine zentrale Rolle und betreffen sowohl die qualitative als auch die quantitative Sozialforschung. Während in der qualitativen Forschung jedoch vermehrt induktiv gearbeitet wird, geht die quantitative Forschung hauptsächlich deduktiv vor. Induktion und Deduktion sind jedoch selbst keine sozialwissenschaftlichen Methoden im engeren Sinne.

Eine induktive Vorgehensweise ist immer dann sinnvoll, wenn es noch keine oder nur unzureichende Erklärungen – das heißt Theorien – über ein bestimmtes soziales Phänomen gibt. Induktive Forschung beginnt mit der Neugier über eine unerklärte Tatsache oder einer unerwarteten Beobachtung. Systematische Forschung erlaubt es uns folglich, diese Tatsache besser zu verstehen oder sogar zu erklären. Zum Beispiel: Wir möchten verstehen, wie Familien im Zuge der Covid-19-Pandemie ihre alltäglichen Praktiken geändert haben, um Kinder vor dem Corona-Virus zu schützen. Dazu wissen wir bisher wenig. Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir folglich zuerst Daten erheben, indem wir zum Beispiel Interviews mit Familien machen oder deren Alltag beobachten.

Mittels der Analyse, das heißt der Abstraktion und Interpretation des empirischen Datenmaterials, können wir dann eine Theorie bilden. Die Regelmäßigkeiten, die wir aus dem Material herausarbeiten, sind die Grundlage dieser Theorie. Vielleicht stellen wir fest, dass es in Familien mit niedrigem Einkommen andere Praktiken gibt als in jenen mit hohem Einkommen und dass der Begriff des „Gesundheitsschutzes“ eine unterschiedliche Bedeutung für diese beiden Gruppen hat. Das Ergebnis unserer Forschung wäre ein besseres theoretisches Verständnis persönlicher, familiärer und gesellschaftlicher Praktiken in Zeiten einer Pandemie. Die Resultate der Forschung könnten [19] auch zur Politikgestaltung beitragen, indem sie anzeigen, wo unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen Unterstützung benötigen oder welche Maßnahmen besser oder schlechter befolgt werden.


Abb. 1.3: Der Zusammenhang von Empirie und Theorie

———————Ein weiteres Beispiel für eine induktive Vorgehensweise ist die Studie Deliberative policy analysis, interconnectedness and institutional design: Lessons from ‘Red Vienna’ von Hendrik Wagenaar und Florian Wenninger (Wagenaar & Wenninger 2020). Sie gehen der Frage nach, wie eine administrative Praxis aussieht, die es schafft, über die Grenzen unterschiedlicher Politikfelder hinweg lang anhaltende soziale Reformen durchzusetzen. Zur Beantwortung dieser Frage analysieren die beiden Wissenschafter historisches Material zur Entstehung des „Roten Wien“, worunter das Wohnbau-, Gesundheits- und Sozialprogramm dieser Stadt im frühen 20. Jahrhundert verstanden wird.
———————Sie arbeiten heraus, dass die administrative Praxis, die das Projekt des „Roten Wien“ als gesamtgesellschaftliches Reformprojekt zum Erfolg geführt hat, durch drei Kriterien gekennzeichnet war. Das erste Merkmal ist ein Verständnis von Institutionen (das heißt Gesetzen, Normen und Organisationen) als Gebilde, die durch menschliches Handeln geformt und damit veränderbar sind. Das zweite Kennzeichen ist ein progressiver Humanismus, der politische Vorhaben nicht von oben herab konzipiert und umsetzt, sondern diese mit allen Beteiligten gemeinsam ausverhandelt und während der Implementierung noch weiterentwickelt. Als drittes Charakteristikum nennen die Forscher institutionelles scaffolding, wörtlich übersetzt „Gerüst-bauen“; damit meinen sie den schrittweisen Aufbau einer Infrastruktur, die über unterschiedliche Politikbereiche hinweg die Schaffung von Großprojekten wie sozialen Wohnbau ermöglichte.

[20] Am Beginn der induktiven Forschung steht eine Frage zu einem bestimmten sozialen oder politischen Phänomen, zu dem es noch keine Erklärung gibt. Wie die beiden Beispiele zeigen, besteht die induktive Vorgehensweise darin, mit der empirischen Forschung zu beginnen und aus den gesammelten Daten ein neues Konzept oder eine Theorie zu entwickeln. Das heißt jedoch nicht, dass induktive Forschung ganz theoriefrei beginnt. Wenn Wagenaar und Wenninger die Frage stellen, wodurch sich administrative Praxis auszeichnet, die politikfeldübergreifend sozial innovativ arbeiten kann, dann gehen sie bereits von bestimmten Konzepten aus: Sie haben eine Vorstellung davon, was administrative Praxis und soziale Innovation bedeuten und wie man diese von anderen Praktiken und Begriffen abgrenzen kann. Theorie fließt in Form von Konzepten in die Forschungsfrage ein, definiert diese jedoch im Falle induktiver Forschung nicht vollständig. Die Forschung ist motiviert durch ein besseres Verständnis eines bisher unerklärten Phänomens, zu dem es selbst bisher noch keine Theorie gibt. Induktion schließt also vom Besonderen auf das Allgemeine. Das heißt, dass auf Basis der konkreten Fälle, die empirisch beforscht werden (das Besondere), eine Theorie entwickelt wird (das Allgemeine).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der Generalisierbarkeit induktiv generierter Forschungsergebnisse. Sind die drei Kriterien guter administrativer Praxis, die Wagenaar und Wenninger für das „Rote Wien“ identifiziert haben, auch für andere Städte, Länder und Zeiten gültig? Vorrangiges Ziel induktiver Forschung ist es, ein politisches Phänomen auf einer theoretischen Ebene besser zu verstehen. Obwohl induktive Forschung also der Theorieentwicklung dient – und damit immer auch zum Ziel hat, abstrakte Aussagen über politische Prozesse zu treffen –, ist es nicht ihre oberste Priorität, möglichst generalisierbare Aussagen zu treffen. Wichtiger ist es, eine gute Erklärung für den einen Fall oder die wenigen Fälle anzubieten, die man tatsächlich untersucht hat. Die Induktion lässt sich noch besser verstehen, wenn wir die zweite Forschungsstrategie – die Deduktion – kennen.

Wissenschafterinnen, die deduktiv arbeiten, beginnen ihre Forschung mit einer bestimmten Theorie. Auf Basis dieser Theorie entwickeln sie Forschungsfragen und Hypothesen. Hypothesen sind Vermutungen über den Forschungsgegenstand, die auf Basis von empirischen Daten bejaht oder verneint werden können. Im weiteren Verlauf der Forschung werden empirische Daten analysiert und die Hypothesen auf Basis der Analyseergebnisse bestätigt oder widerlegt. Damit kann gleichzeitig festgestellt werden, ob die der Forschung zugrundeliegende Theorie weiterhin als richtig gelten kann oder nicht. Die oben genannte Studie von Wagenaar und Wenninger ist ein Beispiel für induktive Forschung. Wenn eine Gruppe von Forscherinnen nun [21] beschließen würde zu untersuchen, ob die von den beiden Forschern entwickelte Theorie auch auf andere Städte zutrifft, würde es sich um ein deduktives Vorgehen handeln. Im konkreten Fall würde dies so aussehen, dass man sich andere erfolgreiche, sozial innovative Projekte in der Stadtpolitik – idealerweise aus anderen Zeiten und anderen Ländern – ansieht und prüft, ob die drei von Wagenaar und Wenninger entwickelten Kriterien innovativer und pragmatischer administrativer Praxis auch für sie gültig sind.

Deduktive Forschung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie bei einer Theorie beginnt und mit dieser Theorie Annahmen über konkrete Fälle in der sozialen Welt trifft. Deduktion heißt, vom Allgemeinen auf das Besondere zu schließen, also von der Theorie auf die Empirie. Generalisierbarkeit spielt bei der Deduktion eine wichtige Rolle. Die Analyse empirischer Daten dient vor allem dazu zu überprüfen, ob die allgemeinen Aussagen einer Theorie weiterhin gültig sind. Letztendlich haben beide Vorgehensweisen zum Ziel, soziale und politische Phänomene zu erklären. Während die induktive Forschung dafür neue Konzepte entwickelt, überprüft und spezifiziert die deduktive Forschung bestehende Theorien. Damit trägt letzten Endes auch die deduktive Forschung zur Weiterentwicklung und Neubildung von Theorien bei, indem sie etwa zeigt, dass Hypothesen nicht bestätigt werden können. Wie bereits erwähnt, geht qualitative Forschung typischerweise induktiv und quantitative Forschung häufig deduktiv vor – auch wenn es Ausnahmen gibt.

Im nächsten Teil beschäftigen wir uns mit einem weiteren Spezifikum qualitativer Forschung, nämlich den ontologischen und epistemologischen Annahmen, auf denen sie beruht.

1.4 Ontologie und Epistemologie qualitativer Methoden

Qualitative und quantitative Methoden – aber auch verschiedene qualitative Methoden – basieren auf unterschiedlichen philosophischen Annahmen darüber, wie die soziale und politische Welt beschaffen ist (Ontologie) und wie Politikwissenschafterinnen etwas über diese Welt wissen können (Epistemologie). Hierbei handelt es sich um philosophische Fragen, weil es keine empirisch überprüfbaren Antworten auf sie gibt. Es gibt jedoch verschiedene philosophische Positionen zu diesen beiden Fragen, woraus sich auch die Vielfalt an empirischen Methoden ergibt, mit denen Politikwissenschafterinnen arbeiten. Ein grundlegendes Verständnis über Ontologie und Epistemologie der [22] qualitativen Forschung ist wichtig, um zu verstehen, mithilfe welcher Methoden die eigenen Forschungsfragen beantwortet werden können. Denn stimmen die in der Forschungsfrage enthaltenen Annahmen darüber, wie die soziale und politische Welt beschaffen ist, nicht mit den Annahmen der gewählten Methoden überein, führt dies notwendigerweise zu Problemen, dabei das eigene Forschungsthema angemessen zu verstehen.

DIE ONTOLOGIE BESCHÄFTIGT SICH mit den Fragen, was und wie die Welt ist; sie ist die Lehre vom Sein. Die Epistemologie oder Erkenntnistheorie fragt danach, wie wir Wissen über die Welt erlangen können.

Die wichtigsten ontologischen Fragen für die sozial- und politikwissenschaftliche Methodologie lauten: Woraus bestehen die soziale Wirklichkeit und woraus die politische Wirklichkeit als Teilmenge davon? Besteht die soziale Welt nur aus individuellen Menschen, die miteinander interagieren, oder gibt es darüber hinaus auch soziale Einheiten? Wird unsere soziale Realität durch kulturelle Bedeutungen geprägt – oder sogar konstituiert?

Die damit verknüpften wichtigsten epistemologischen Fragen lauten: Wie können wir wissenschaftliche Erkenntnisse über die soziale und politische Realität erlangen? Können Forscherinnen diese Wirklichkeit objektiv erfassen und sie verstehen, ohne sie zu beeinflussen? Oder lässt sich soziale Wirklichkeit nur interpretieren? Dass es in den Sozialwissenschaften viele unterschiedliche Methoden gibt, kommt daher, dass Forscherinnen diese Fragen unterschiedlich beantworten. Qualitative Methoden basieren häufig auf ontologischen Annahmen, die dem Konstruktivismus zugerechnet werden, sowie auf epistemologischen Annahmen, die als interpretativ gelten.

Konstruktivismus und Interpretativismus

KONSTRUKTIVISMUS BEZEICHNET DIE ANNAHME, dass die soziale und politische Welt durch Praktiken und Sprache geschaffen wird und aus den Bedeutungen besteht, die Menschen ihr kollektiv geben. Das bedeutet nicht, dass die soziale Welt „erfunden“ oder „nicht real“ ist. Konstruktivistinnen nehmen vielmehr an, dass die soziale Welt – und dazu gehören auch materielle Objekte – durch menschliche Praktiken und Bedeutungen mitgeformt wird.

So erschöpft sich die Antwort auf die Frage, was ein Tisch ist, nicht in der Beschreibung seines Materials sowie seiner Höhe, Breite und Tiefe. Was ein Tisch ist, ergibt sich daraus, was man mit einem Tisch normalerweise macht: [23] man isst und trinkt an ihm, sitzt um ihn herum und so weiter. Was der Tisch ist, wird folglich auch durch seine soziale Bedeutung bestimmt. Und dies trifft natürlich nicht nur auf Tische, sondern auch auf politische und soziale Beziehungen, Phänomene und Prozesse zu.

Konstruktivismus ist also die Annahme darüber, wie die Welt beschaffen ist (Ontologie) und geht davon aus, dass die soziale Welt aus Praktiken und Bedeutungen besteht. Der Interpretativismus hingegen sagt etwas darüber aus, wie wir als Menschen und als Wissenschafterinnen etwas über diese Welt wissen können (Epistemologie). Er bezeichnet die Annahme, dass Wissen über die Welt nicht unmittelbar zugänglich ist, sondern dass wir als Menschen notwendigerweise die soziale und politische Wirklichkeit immer auch interpretieren – also mit den Werten, Erfahrungen und Praktiken in unserem Leben und der Gesellschaft, in der wir leben, in Bezug setzen. Das heißt: Um zu begreifen, was ein Tisch ist, und zu verstehen, dass an einer bestimmten Art von Tisch für gewöhnlich gegessen wird, muss man die sozialen Praktiken und deren Bedeutung verstehen, in die der Tisch als materielles Objekt eingebettet ist. Deshalb untersuchen qualitative Forscherinnen Praktiken und Bedeutungszuschreibungen. Dass es in der qualitativen Forschung um Bedeutungen geht, heißt jedoch nicht, dass sie sich nur mit „subjektiven Eindrücken“ beschäftigt, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird. Dass man einen Esstisch eben beim Einnehmen von Mahlzeiten verwendet und dass an einem Tisch zu essen in westlichen Gesellschaften akzeptierter ist als auf dem Boden zu essen, ist ein Wissen, dass wir miteinander teilen. Es ist nicht rein „subjektiv“.

Als Menschen interpretieren wir nicht nur materielle Objekte, sondern auch die Handlungen anderer und uns selbst. In der Sozialwissenschaft bedeutet interpretatives Vorgehen, dass man die gemeinsamen und geteilten Bedeutungen von Dingen, Praktiken und Phänomenen erarbeitet. Wenn Menschen in qualitativen Interviews zum Beispiel gefragt werden: „Was bedeutet dieses Wahlplakat für Sie? Welche Themen sehen Sie hier vertreten? “ oder „Was bedeutet Integration für Sie?“, dann geht es auf den ersten Blick darum, mehr darüber zu erfahren, was einzelne Personen von bestimmten Plakatsujets oder dem Thema Integration halten. Dies geschieht jedoch immer mit der Annahme, dass persönliche Bedeutungen Aufschluss über soziale Bedeutung geben. Das Ziel qualitativer Forschung ist es, zum Beispiel aus einer Vielzahl von Aussagen über die Bedeutung des Begriffs „Integration“ von Menschen mit unterschiedlichen lebensgeschichtlichen und politischen Perspektiven die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und diese vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen und Praktiken der Integration zu analysieren. Interpretativismus leugnet natürlich nicht, dass Phänomene wie Tische, Wahlplakate oder Integration eine materielle Wirklichkeit haben. Eine [24] interpretativ arbeitende Forscherin wird aber sagen, dass wir auch Informationen über die soziale Bedeutung dieser Dinge und Phänomene brauchen, um zu verstehen, was es mit Tischen, Wahlplakaten und Integration tatsächlich auf sich hat.

Konstruktivismus und Interpretativismus sind stark miteinander verschränkt, was wir an folgendem Beispiel sehen können.

———————Der Begriff „Arbeitgeber“ bezeichnet im gewöhnlichen Sprachgebrauch ein Unternehmen, für das Menschen Lohnarbeit verrichten. Der Begriff wird so verwendet, dass er quasi das Unternehmen ist, das Menschen Arbeit gibt. Ebensogut könnte man jedoch sagen, dass es die beschäftigten Personen sind, die Arbeit verrichten und daher „Arbeit geben“. Rein grammatikalisch kann man unter „Arbeitgeber“ sowohl die Person verstehen, die arbeitet und dafür bezahlt wird, als auch das Unternehmen, bei dem die arbeitende Person angestellt ist. In unserem Sprachgebrauch hat der Begriff jedoch letztere Bedeutung und diese beinhaltet eine bestimmte Wertung: Wenn es die Unternehmen sind, die Menschen Arbeit geben, dann bedeutet das auch, dass diese Unternehmen den Menschen etwas Gutes tun. Unternehmen geben Menschen Arbeit, sodass diese sich ihren materiellen Lebensunterhalt leisten können. Würden wir den Begriff „Arbeitgeber“ anders verwenden und damit die Menschen bezeichnen, die arbeiten, dann würden wir damit einen anderen Aspekt stärker in den Vordergrund stellen, nämlich dass es Arbeiterinnen sind, die die Arbeit von Unternehmen leisten.
———————Keine der beiden Begriffsverwendungen ist falsch, sie betonen aber gegensätzliche Aspekte und transportieren damit eine unterschiedliche Wertung, das heißt, sie beruhen auf unterschiedlichen Interpretationen. Konstruktivistinnen gehen davon aus, dass durch die Verwendung von Sprache die Welt nicht nur beschrieben wird, sondern Sprache soziale Realität schafft. In unserer Gesellschaft ist die Interpretation vorherrschend, dass Unternehmen Arbeit geben. Diese Interpretation hat eine bestimmte soziale Realität geschaffen. Würden wir in einer Gesellschaft leben, in der die Interpretation vorherrschte, dass Arbeiterinnen Arbeit geben, würden wir in einer anderen sozialen Realität leben.

Wie bereits erwähnt, ist qualitative Forschung tendenziell konstruktivistisch und interpretativ. Das bedeutet einerseits, dass davon ausgegangen wird, dass Menschen die soziale und politische Welt interpretieren und konstruieren. Da Wissenschaft ebenfalls eine soziale Aktivität ist, trifft dies auch hier zu. Qualitative Forscherinnen analysieren, welche Bedeutung Forschungsteilnehmerinnen ihren eigenen Handlungen sowie anderen sozialen und politischen [25] Phänomenen beimessen und wie diese politische und soziale Praktiken formen. In diesem Prozess interpretieren Forscherinnen die Aussagen und Praktiken der Forschungsteilnehmerinnen und „konstruieren“ daraus Forschungsergebnisse.

Kenntnisse über ontologische und epistemologische Annahmen, die verschiedenen Methoden zugrunde liegen, bilden die Basis für deren selbständige Anwendung. Denn bevor wir Methoden in der eigenen Forschungspraxis zielführend und sinnvoll einsetzen können, müssen wir wissen, ob damit überhaupt jene Aspekte der sozialen und politischen Welt untersucht werden können, die uns interessieren. Außerdem kennzeichnen sich verschiedene ontologische und epistemologische Positionen auch durch die spezifische Rolle, die den Forscherinnen im Forschungsprozess zukommt. Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der Position der Forscherin in der qualitativen Forschung und warum Reflexion darüber so wesentlich ist.

1.5 Reflexion über die Rolle der Forscherin

Der Forschungskontext sowie kulturelle, politische oder ökonomische Unterschiede zwischen uns und unseren Forschungsteilnehmerinnen beeinflussen die Daten, die wir in unserer Forschung generieren. Deshalb sind Sensibilität für und Reflexion über diesen Umstand in der qualitativen Forschung essenziell. So ist es zum Beispiel wichtig von Anfang an zu überlegen, wie das eigene Forschungsthema in einem spezifischen kulturellen Kontext besetzt ist. Insbesondere Forschung zu sensiblen Themen, prinzipiell jedoch jede Forschung, muss berücksichtigen, dass diese in verschiedenen Kontexten eine unterschiedliche Bedeutung haben kann. Dies beeinflusst zum Beispiel, wie Menschen in Interviews auf unsere Fragen reagieren, worüber sie ausführlich sprechen oder bei welchen Themen sie zurückhaltend sind. Reflexion über den Kontext der Forschung kann zum Beispiel bedeuten, auf nationale Besonderheiten, kulturelle Spezifika, die konkrete Lebenslage der Forschungsteilnehmerinnen oder aktuelle gesellschaftliche Ereignisse, die einen Bezug zum Forschungsgegenstand haben, zu berücksichtigen.

Auch wir als Forscherinnen beeinflussen die in qualitativen Projekten generierten Daten. Verschiedene Merkmale, die wir als Personen aufweisen, wie zum Beispiel unser Alter oder Geschlecht, beeinflussen die Forschung. Für gewöhnlich macht es einen Unterschied in den Daten, zum Beispiel bei Interviews, ob Forscherin und Forschungsteilnehmerin das gleiche Geschlecht haben oder nicht. Das heißt, dass sich in den Interaktionen mit unseren [26] Forschungsteilnehmerinnen oftmals bestimmte kulturell geprägte Dynamiken entwickeln. In der qualitativen Forschung wird davon ausgegangen, dass die Person der Forscherin immer einen Einfluss auf die Forschung hat. Reflexion bedeutet in diesem Zusammenhang also nicht zu versuchen, diesen Einfluss zu verhindern – weil dies nicht möglich ist –, sondern zu überlegen, wie genau sich dieser Einfluss gestaltet, dies offenzulegen und eventuell problematische Einflussnahmen wie implizite Vorurteile zu reduzieren. Es gibt jedoch Themen, wenn auch wenige, bei denen explizit darauf geachtet werden sollte, dass – um beim Merkmal Geschlecht zu bleiben – zum Beispiel Männer keine Frauen interviewen sollten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man mit Frauen arbeitet, die sexualisierte Gewalt durch Männer erfahren haben.

Als Forscherinnen beeinflussen wir die Forschung einerseits durch unsere Personenmerkmale, das heißt durch unsere eigene Positionalität und unsere unbewussten Annahmen. Andererseits beeinflussen wir die Forschung jedoch auch durch unser Verhalten. Wenn wir zum Beispiel Beobachtungen in der Werkhalle einer Fabrik durchführen und uns dafür Kostüm und Stöckelschuhe oder Anzug und Krawatte anziehen, hat das einen anderen Effekt auf die Datenerhebung, als wenn wir uns für legere Kleidung entscheiden. Sprache ist ein weiterer wichtiger Aspekt in dieser Hinsicht. Wenn wir im Interview mit einer Sektionschefin aus einem Bundesministerium auf informelle Alltagssprache zurückgreifen, wird dies zu einer anderen Reaktion und damit anderen Daten führen, als es der Fall ist, wenn wir uns formaler Sprache bedienen. Folglich ist eine Anpassung an den Kontext und unsere Forschungsteilnehmerinnen bis zu einem gewissen Grad wichtig, um hochwertige empirische Daten zu generieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass Forscherinnen sich gänzlich anpassen sollten. In Untersuchungen zu Jugendsubkulturen zum Beispiel sollten wir nicht versuchen, den Kleidungstil und die Ausdrucksweise von Jugendlichen nachzuahmen. Dies würde unserer Forschung sehr wahrscheinlich nicht zugutekommen, da es die eigene Rolle als Forscherin unterminiert. Es gilt also die Balance zu finden und sich einerseits auf den spezifischen Kontext der Forschung und die Teilnehmerinnen einzulassen, andererseits gleichzeitig der eigenen Rolle als Forscherin treu zu bleiben. [27]

1.6 Die Frage der Objektivität

In der qualitativen Forschung beeinflussen also der Kontext, die Forscherin sowie ihr Verhalten die Datengenerierung. Warum Reflexivität wichtig ist, haben wir bereits erörtert. Doch was bedeutet Objektivität in diesem Zusammenhang? Kann qualitative Forschung damit jemals objektiv sein? In der qualitativen Forschung gelten teilweise andere Qualitätskriterien als in der quantitativen Forschung. Diese werden ausführlich in Kapitel 14 besprochen. Hier sei jedoch vorweggenommen, dass Reflexion und Objektivität zwei dieser Qualitätskriterien sind. Objektivität bedeutet hier nicht die Idee, dass die Forscherin eine vollkommen neutrale und an der Welt, die sie analysiert, unbeteiligte Beobachterinnenposition einnehmen kann oder soll. Objektivität bedeutet hier vielmehr, dass es nicht bloß um „subjektive“, „zufällige“ Einschätzungen geht – weder seitens der Forschungsteilnehmerinnen noch der Forscherin.

Subjektivität seitens der Forschungsteilnehmerinnen kann man vermeiden, in dem man in der Analyse von qualitativen Daten auf gemeinsame, in einer Gruppe oder in einer Gesellschaft geteilte Bedeutungsmuster fokussiert. Genau deshalb besteht qualitative Forschung nicht einfach darin, dass wir beispielsweise mit unseren Interviewpartnerinnen reden und lediglich aufschreiben, was sie uns erzählen. Ein gutes Forschungsdesign, hochwertige Leitfäden und andere Instrumente der Datenerhebung stellen sicher, dass qualitative Forschung nicht nur die subjektiven Meinungen einzelner Personen abfragt, sondern zu den tiefer liegenden Referenzpunkten und Deutungsmustern vordringt. Gleichzeitig hilft ein gut durchdachtes und sorgfältig umgesetztes qualitatives Forschungsdesign auch dabei, Objektivität seitens der Forscherinnen sicherzustellen. Zwei Personen, die an derselben qualitativen Studie arbeiten, generieren notwendigerweise unterschiedliche Daten. Doch wenn beide Forscherinnen mit demselben wohlüberlegten Interviewleitfaden oder anderen Instrumenten der Datenerhebung arbeiten, ihre eigene Positionalität reflektieren und eine systematische Analyse der Daten durchführen, kommen sie trotzdem zu sehr ähnlichen Ergebnissen.

———————Barbara Prainsack hat zum Beispiel eine Studie mit Insassen von zwei Haftanstalten in Österreich durchgeführt, um herauszufinden, wie verurteilte Straftäter über DNA-Technologien denken und ob die Existenz von DNA-Technologien Einfluss auf ihr eigenes Handeln hat. Diese Studie wurde in Portugal repliziert und hat sehr ähnliche Ergebnisse zutage gebracht. Obwohl die Studie in zwei unterschiedlichen Ländern durchgeführt wurde und die Interviews von unterschiedlichen Personen [28] durchgeführt wurden, war es erstaunlich, wie ähnlich die Ergebnisse waren. Die Aspekte, die tatsächlich anders waren, ließen sich aus den Unterschieden im österreichischen und portugiesischen Justizsystem erklären (Machado & Prainsack 2016).
———————

Obwohl die qualitative Forschung also nicht „objektiv“ in dem Sinne ist, dass die Forscherin vorgibt, eine völlig unbeteiligte Beobachterin zu sein, liefert gute qualitative Forschung wissenschaftliche Einsichten in Phänomene und Prozesse, die systematisch und nachvollziehbar generiert wurden und auch auf Situationen oder Länder übertragbar sind, in denen die wesentlichen Rahmenbedingungen dieselben sind. Um dies zu gewährleisten, ist es neben der sorgfältigen Anwendung qualitativer Methoden wichtig, die einzelnen Schritte in der Datenerhebung und -auswertung klar und verständlich darzulegen.

Lernfragen

—— Weshalb brauchen wir Methoden in der Politikwissenschaft?

—— Was sind die zentralen Unterschiede zwischen qualitativen und quantitativen Methoden?

—— Wodurch unterscheiden sich die beiden Forschungsstrategien der Induktion und der Deduktion?

—— Was bedeuten die Begriffe Ontologie und Epistemologie?

—— Was heißt es, dass qualitative Methoden tendenziell konstruktivistisch und interpretativ sind?

Literatur

Machado, Helena & Prainsack, Barbara (2016). Tracing technologies: Prisoners’ views in the era of CSI. London: Routledge.

Wagenaar, Hendrik & Wenninger, Florian (2020). Deliberative policy analysis, interconnectedness and institutional design: Lessons from “Red Vienna”. In: Policy Studies, 41(4), 411–437.

Weiterführende Literatur

Blatter, Joachim; Langer, Phil C. & Wagemann, Claudius (2018). Qualitative Methoden in der Politikwissenschaft. Wiesbaden: Springer VS. [29]

Della Porta, Donnatella & Keating, Michael (2008). How many approaches in the social sciences? An epistemological introduction. In: Della Porta, Donnatella & Keating, Michael (Eds.). Approaches and methodologies in the social sciences. Cambridge: Cambridge University Press, 19–39.

Fay, Brian (1996). Contemporary philosophy of social science: A multicultural approach. Malden: Blackwell.

Kelle, Udo (2008). Die Integration qualitativer und quantitativer Methoden in der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

—— Kapitel 2: Qualitative vs. quantitative Forschung – die Debatte, 25–55.

Silverman, David (2013). Doing qualitative research: A practical handbook. Los Angeles: Sage.

Silverman, David (2015). Interpreting qualitative data. Los Angeles: Sage. [30]

Qualitative und interpretative Methoden in der Politikwissenschaft

Подняться наверх