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Prolog

Was man tief in seinem Herzen besitzt,

kann man nicht durch den Tod verlieren.

(Goethe)

Ich saß auf dem Sofa, welches in einem kleinen Raum stand. Die Tapete war nicht mehr die neuste und auch das Sofa hatte seine besten Tage hinter sich. Überall spürte man die Federn, die sich langsam einen Weg aus dem Stoff heraus bahnten, und auch die Tapete, die ein barockartiges Muster aufwies, hing hier und dort in langen Streifen von der Wand. Dahinter war grauer, kahler Putz. Obwohl das Zimmer alt war und die Möbel, die darin standen, so wackelig waren, dass man Angst hatte, sie würden schon beim kleinsten Windstoß zusammenbrechen, liebte ich den Raum. Er erweckte Kindheitserinnerungen in mir.

Meine Hände lagen auf meinem Schoß und ich schaute auf den zerschlissenen Teppich, der vor mir lag. Die Naht war aufgeplatzt und die Farbe verblasste an einigen Stellen, was darauf hinwies, dass er oft benutzt und gewaschen worden war. Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich mir vorstellte, wie es an Weihnachten immer nach Zimt und Spekulatius gerochen hatte.

Ich erhob mich vom Sofa und lief zu dem eingestaubten Regal hinüber, in welchem meine Lieblingsbücher standen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. So viele Erinnerungen lagen in diesem Raum. So viele Erinnerungen hatte dieses Haus geprägt. Ich fuhr mit meinem Finger über die einzelnen Bände. Die Bücher hatte er mir immer vorgelesen. Er war mein Retter in der Not gewesen, derjenige, der sich die ganze Nacht zu mir gelegt hatte, wenn ich von Albträumen gequält worden war. Er war zu Hause geblieben, wenn es mir schlecht ging, und er war derjenige gewesen, der mit mir die Zukunft geplant hatte.

Doch jetzt war ich allein.

Ich hörte Schritte und merkte, dass jemand den Raum betreten hatte. Ich blickte auf und drehte mich um. „Ich kann das nicht“, flüsterte ich.

Der Mann im Türrahmen trat näher und schloss mich in seine Arme. „Ich weiß, es ist schwer, aber er hätte sich gewünscht, dass du den Halt nicht verlierst und mit dem weitermachst, was ihr begonnen habt“, antwortete er.

„Ohne ihn ist es aber anders“, widersprach ich. „Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt will.“

Er schaute mir in die Augen und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Lass dir Zeit“, waren seine letzten Worte, bevor er sich umdrehte und aus dem Wohnzimmer verschwand.

Ich schaute in den kleinen Spiegel, der über dem Schreibtisch hing. Ein tieftrauriges Gesicht starrte mir entgegen. Meine Haut war blass und meine blaugrünen Augen musterten mich leer und trostlos. Mein kastanienbraunes Haar war zu einem Dutt hochgesteckt. Eine einzelne lockige Strähne widersetzte sich und baumelte hinter meinem Ohr. Ich trug ein schwarzes Kleid, denn ich würde in ein paar Minuten den Schritt in ein neues Leben machen. Ein Leben ohne ihn. Ein Leben ohne meinen Bruder Ezra.

Der Schlüssel zu unserem Leben

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