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Beim Militär

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Andreas wird Zeitsoldat bei der Bundeswehr und macht den Eignungstest zum Offiziersanwärter. Es gibt neuerdings eine Spezialeinheit für Spitzensportler in der Sportschule der Bundeswehr in Sonthofen im schönen Allgäu. Um dorthin zu kommen sollte man Mitglied einer Nationalmannschaft sein. Es zu probieren kann trotzdem nicht schaden!

Ohne Stempel und Zertifikate geht nichts. Mit 2 Stück Zwetschgenkuchen begibt er sich in München in die heiligen Hallen des »Bayerischen Skiverbandes«. Der zuständige Sachbearbeiter ist weiblich.

Hier erscheint in der Regel niemand mit Zwetschgendatschi! Die blonde junge Dame im sportlichen Skipullover freut sich über dezente Komplimente bezüglich Ihres guten Aussehens und ihrer sympathischen Ausstrahlung. Leichte Röte flutet über ihr ebenmäßiges Gesicht.

„Eigentlich darf ich das ja nicht.“

Diesen Satz hört Andreas später noch öfter. Es gibt immer Ausnahmen von der Regel und es ist im Leben existenziell wichtig, nicht die Regel, sondern die Ausnahme zu sein.

Er bekommt die Stempel und begibt sich sofort zum »Deutschen Skiverband«. Die Geschäftsstelle ist in München in der Brienner-Straße. Die für den zweiten Stempel wichtige Amtsperson ist wiederum weiblich und nahe der Pensionsgrenze. Die freundliche, kultivierte Dame will einem aufstrebenden, sportlichen Jüngling nicht die Zukunft verbauen. Andreas erzählt der Dame, dass man ihn in der Sportschule sowieso wieder zurückschicken würde, falls er nicht gut genug sei. Dies überzeugt sie letztendlich. Er bekommt mit einem Augenzwinkern auch hier den begehrten Stempel.

Der Einberufungsbescheid für die dreimonatige Grundausbildung in Kempten im Allgäu ist da! Danach soll es dann tatsächlich in die Spitzensportler-Kompanie der Sportschule der Bundeswehr nach Sonthofen gehen. Erst einmal wird aus ihm aber ein Sanitätssoldat. Am 1. Juli 1971 bewegt sich ein orange-farbener Flower-Power-Koffer in die »Prinz-Franz Kaserne« in Kempten. Ein schlecht gelaunter, so genannter »Unteroffizier vom Dienst« explodiert mit sich überschlagender Stimme:

„Mann, Sie sind hier nicht in der Sommerfrische, ich schleife Ihnen die Eier, bis Ihnen das Arschwasser kocht“.

Danach der Kommentar vom Kollegen Unteroffizier Schreck:

„Kompanie stillgestanden, jetzt kommt gleich der große Arsch und scheißt Kempten zu!“

Hier ist der Intellekt zuhause! Andreas genießt diverse »Maskenbälle«. Darunter ist Wecken zu allen möglichen unchristlichen Zeiten wie 1 Uhr nachts, gleich wieder um 2.30 Uhr und nochmals um 4 Uhr zu verstehen.

„Alarm, feindliche Fliegerverbände im Anflug auf Kempten. Großer Kampfanzug und ABC-Schutzmaske.“

So ein Blödsinn, der Krieg ist doch längst vorbei!

„Atomblitz“ ‒ alles unter den Tisch kriechen, ABC-Schutzmaske aufsetzen, unter die ABC-Schutzplane kauern, danach sofort wieder den Kampfauftrag weiter durchführen.

Schwachsinn!! Welchen Kampfauftrag?

Die falsche Unterhose oder die falschen Socken zum jeweilig angesagten Anzug bedeuten automatisch Wegfall des Wochenendurlaubs.

„Sehen Sie mich noch?“, Unteroffizier Schreck nimmt eine Staubprobe von der Hinterseite des Spindes. Die neuen »Militärgefährten« liegen in 4 Doppelstock-Pritschen in einer tristen, stark nach Bohnerwachs riechenden 8 Bett-Stube.

Sanitätssoldat Schildbach hat sich das letzte halbe Jahr nicht mehr von seiner ranzigen Feinripp-Unterwäsche getrennt. Er will partout seine Unterhose nicht ausziehen. Eines Tages wird den Kameraden sein Gestank zu viel und sie vergewaltigen ihn mit 6 Mann zum Duschbad. Der Grund seiner Verhüllung wird sichtbar bzw. bleibt so gut wie unsichtbar!

Sanitätssoldat Schröder schnarcht heftig und für die Kameraden unerträglich. Eine Schale lauwarmes Wasser, in welches Schröders Hand im Schlaf hinein getaucht wird, wirkt wahre Wunder. Zusammen mit einem sanften Murmeln der Beschwörungsformel »Bisibisi« wird aus dem friedlich schnarchenden Schröder ein debiler Bettnässer. Er ist somit für den Militärdienst nicht mehr tragbar und wird aus der Stube entfernt. Nächtliche Ruhe kehrt ein.

Auf dem Truppenübungsplatz in »Stetten am kalten Markt« wird scharf geschossen. Man gräbt hier Minen ein und aus und macht ähnlichen Unfug, den man im Leben hoffentlich nie brauchen wird. Nebenbei wird in den »Gefechtspausen« mit dem Stabsarzt eine Runde »Schafkopf« gespielt.

Sanitätssoldat Schlenkermeier verschießt Übungsgranaten mit der Panzerfaust. Leider vergisst er, beim Abfeuern seinen Hintern im Liegen seitlich weg zu drehen. Es handelt sich bei der Panzerfaust um eine rückstoßfreie, panzerbrechende Waffe. Der flammende Feuerschweif der startenden Granate versengt ihm den Hintern.

Der ähnelt nun stark verbranntem Grillfleisch und ist diesem auch inklusive der Anreicherung von explodiertem Schießpulver vom Geruchstyp recht ähnlich. Für den Gefreiten Schlenkermeier ist damit der Grundwehrdienst und sein Kampfauftrag weitgehend beendet.

Gegen Ende der Grundausbildung zieht sich Andreas eine Bronchitis zu, die er sich in einem kalten und feuchten Schützengraben ‒ im Übrigen dem lebenslang einzigen ‒ geholt hat. Der vorherige Abschluss einer Krankentagegeld-Versicherung bei einem rührigen Versicherungsvertreter, der die Kaserne besucht hatte, zahlt sich somit gleich aus. Andreas verdient im Sanitätsrevier etwas Geld im Liegen.

Freitags beim Stubenappell ist er wieder gesund und kann zu Uschi fahren. Am Montag ist er wieder krank. Sie hat ihn möglicherweise nachts nicht richtig zugedeckt. Vielleicht hat er auch nachts zu viel geschwitzt und sich dabei wieder erkältet.

3 Monate Grundausbildung sind rasch vorbei. Andreas rückt als sogenannter »Spitzensportler« in die »Generaloberst Beck Kaserne« in die Sportschule der Bundeswehr in Sonthofen im schönen Allgäu ein.

Auf der »Ordensburg«, in der schon Nazi-Größen im 1000-jährigen Reich zuhause waren, sind neben der »Sportschule der Bundeswehr« auch noch »Feldjäger«, die »Military Police« untergebracht. Andi genießt zusammen mit seinen Sportkameraden absolute Sonderbehandlung.

Im Gegensatz zu Kempten, wo die Trillerpfeife gegen 5 Uhr morgens ertönt, erheben sich die »Athleten« gemächlich gegen 7.30 Uhr in ihren nett möblierten 2 Bett-Zimmern aus den bequemen Betten mit Federkernmatratze. Meist tragen sie einen schicken Trainingsanzug der Edelmarke »Carlo Gruber« mit schwarz-rot-goldenen Streifen und Trainingsschuhe von Adidas. Im Kreis der ihren Wehrdienst ableistenden Spitzensportler befinden sich im Übrigen auch der künftige Renndirektor der FIS Günther Hujara und der langjährige Erfolgstrainer der norwegischen Skialpin Mannschaften Martin Oswald. Damals wissen diese aber noch nicht, was einmal auf sie zukommen wird.

Andreas knüpft recht gute Kontakte, welche ihm im Lauf seines Lebens noch recht hilfreich sein werden. Gute Beziehungen haben selten geschadet! Auch hier kommen viele der alpinen Skisportler aus wohlhabenden und einflussreichen Elternhäusern aus ganz Deutschland.

Das opulente Frühstück wird in einem speziellen Raum eingenommen, damit kein Neid der restlichen Truppe aufkommt. Es gibt neben Müslis verschiedener Art auch Steaks, Eier mit Schinken und alles, was das Herz begehrt. Das Niveau liegt auf dem eines 4-Sterne Hotels.

Gegen 9.30 Uhr wird entsprechend den Erfordernissen der verschiedenen Sportarten trainiert. Neben den alpinen Skirennläufern gibt es Skilangläufer, Mitglieder von Eishockey Bundesliga-Mannschaften, einige Box-Champions verschiedener Gewichtsklassen, 2 Leichtathleten und einen Ski-Bob-Fahrer. Die anderen geförderten Sportarten sind in Warendorf in Westfalen untergebracht. Die ganze Kompanie zählt nur circa 30 »Superathleten«. Bald bemerkt Andreas, dass er ganz gut im Elite-Rudel mitschwimmt und dass mancher Athlet hier gar nicht so super wie auf dem Papier ist.

Anscheinend gibt es auch hier Kollegen, die nicht nur über das Leistungskriterium den Zugang zur deutschen Militärsport-Elite geschafft haben.

Sobald Ende November am Grasgehren bei Balderschwang der erste Schnee gefallen ist, rücken die alpinen Skirennläufer im kleinen Mannschaftsbus zum Slalomtraining aus.

Andreas ist auf dem Ski ganz gut dabei. Er empfindet den Wehrdienst als nett bezahlten Urlaub. Da er sich für 2 Jahre verpflichtet hat, erhält er fünfmal soviel Sold wie seine Kollegen, die nur 15 Monate fürs Vaterland im Einsatz sind. Obendrein gibt es nach 2 Jahren eine kleine Abfindung, die für ein gebrauchtes Auto reichen wird. Jeden Mittag stehen 2 Stunden Bettruhe auf dem Dienstplan, damit sich die »Superathleten« von den Trainingseinheiten erholen können.

Andreas gewöhnt sich im Lauf der Zeit so an diese Bettruhe, dass er noch nach Jahren nach dem Mittagessen müde wird. An den Wochenenden nehmen die Skirennläufer an nationalen und internationalen Skirennen teil. Sie werden üblicherweise dafür von Donnerstag bis Montag freigestellt.

Obergefreiter Oliver Vredemann ist Boxer und deutscher Vizemeister im Halbschwergewicht. Er verfügt über den stahlhart modellierten Luxuskörper von »Rocky«.

Sein Kopf ist dem eines »Primaten« sehr ähnlich. Er hat bereits die 3. Zähne, die er Abends herausnimmt und in »Kukident 3 Phasen-Reiniger« taucht. Seine eigenen wurden ihm bei einem Boxkampf ausgeschlagen. Er klappert gerne mit seinem lockeren Gebiss herum. Seine Nase ist eingedrückt und daher wirkt sein Profil mongolisch.

Vredemann ist im 2. Beruf Unternehmer. Er fährt den heißesten Boliden der ganzen Kaserne. Einen »Glemser-Ford-Capri« in grellem Orange mit fast 300 Pferdestärken, breiten Seitenschwellern, Donnerrohren und Breitreifen auf verchromten Felgen mit Kotflügel-Verbreiterung.

Oliver beschäftigt mehrere weibliche Mitarbeiter, die im Rotlichtmilieu von Braunschweig auf Beutefang gehen. Sofern nicht spätestens alle 2 Tage der Ruf:

„Gefreiter Vredemann zur Registratur zum Geldabholen“, durch die Kaserne hallt, wird Oliver unruhig und ärgerlich. Dann braust er am Wochenende schnell nach Braunschweig, um seine weiblichen Freiberuflerinnen neu zu motivieren.

Montags wieder zurück in der Kaserne erscheint er leicht verlegen in der Stube von Andreas.


Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke!

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