Читать книгу Das Gesicht Europas - Bernd-Jürgen Seitz - Страница 13
Geologie, Klima, Vegetation – Grundlagen der Vielfalt Die Geologie Europas
ОглавлениеDie gegenwärtige Küstenlinie Europas mit ihrem vertrauten Umriss ist eine verhältnismäßig junge Erscheinung, größere Veränderungen gab es noch nach dem Ende der jüngsten Kaltzeit. So lag noch vor gut 10.000 Jahren zwischen Ostengland und Dänemark ein großes Landgebiet, als Doggerland bezeichnet (Park 2015).
Abb. 10: Spalte an der Grenze der Eurasischen und Nordamerikanischen Platte im bingvellir-Nationalpark auf Island.
Im vorliegenden Buch geht es aber nicht um die geologische Geschichte Europas, sondern um das heutige „Gesicht“ des Subkontinents. Der geologische Untergrund soll hier vor allem als Substrat für die Bodenbildung und die Vegetation betrachtet werden. Deshalb genügt die Betrachtung der groben Einteilung in Silikatgesteine und Karbonatgesteine, die entscheidend ist, da Silikate in Verbindung mit Wasser sauer, Karbonate aber basisch (alkalisch) reagieren. Dies wiederum ist von grundlegender Bedeutung für die Bodenbildung und die Pflanzendecke, die das Gesicht Europas prägten. Fast 90 % der Erdkruste bestehen aus Silikaten, sodass diese zumindest mengenmäßig bedeutender sind als die Karbonate. Unter Letzteren überwiegt das Kalziumkarbonat, der Grundbestandteil des Kalksteins.
Die imposantesten Zeugnisse der Landschaftsentwicklung sind sicherlich die Gebirge, die zu unterschiedlichen Zeiten durch Vorgänge der Plattentektonik (Abb. 10) aufgefaltet wurden, und zwar durch die Kollision von Kontinentalplatten. Den Unterschied zwischen Mittelund Hochgebirgen machen wir heute vornehmlich an ihrer Höhe fest; in Wahrheit sind die meisten Mittelgebirge aber lediglich älter und wurden seither zu großen Teilen durch Wasser und Wind abgetragen – man nennt dies Erosion. So entstanden viele Mittelgebirge wie der Schwarzwald, der Harz oder das Rheinische Schiefergebirge vor 300 bis 400 Mio. Jahren und werden seither abgetragen, während die Alpen erst vor 50 bis 100 Mio. Jahren aufgefaltet wurden und immer noch wachsen.
Abb. 11: Topographie Europas.
Die europäischen Gebirge (Abb. 11) entstanden im Wesentlichen in drei Phasen der Gebirgsbildung (Orogenese). Bei der Kaledonischen Orogenese entstanden vor rund 450 Mio. Jahren die heute nur noch als erodierte Reste erhaltenen Gebirge der Britischen Inseln, teilweise auch die skandinavischen Grundgebirge. Die Variszische Orogenese, die vor etwa 420 Mio. Jahren begann und vor 250 Mio. Jahren endete, ist für die heutigen Mittelgebirge Mitteleuropas bis nach Südengland und Südirland verantwortlich. Die bislang letzte globale Gebirgsbildungsphase, bei der die europäischen Hochgebirge von den Pyrenäen über die Alpen und die Karpaten bis zum Kaukasus aufgeworfen wurden, wird als Alpidische Orogenese bezeichnet. Sie begann vor etwa 200 Mio. Jahren im Zeitalter des Jura und hält bis heute an.