Читать книгу Das Gesicht Europas - Bernd-Jürgen Seitz - Страница 16

Vom Biotop zur Biosphäre

Оглавление

Die Biologie besteht aus vielen Teildisziplinen wie Zoologie, Botanik, Mikrobiologie, Genetik usw. Die Ökologie – als Lehre vom Haushalt der Natur – ist in der Regel keine eigene Teildisziplin, sondern „versteckt“ sich in anderen, wie z.B. der Zoologie und der Geobotanik. Der Autor, der Biologie studiert hat, hatte das Glück, an der Universität Freiburg zwei hervorragende Lehrer in Sachen Ökologie zu haben, Herrn Prof. Dr. Günther Osche (1926–2009) und Frau Prof. Dr. Otti Wilmanns (*1928).

Abb. 14: Gestufter Waldrand auf der Schwäbischen Alb (Baden-Württemberg, Deutschland).

„Ein Biotop ist, wenn man Gummistiefel braucht“, kolportierte Frau Prof. Wilmanns augenzwinkernd, denn das war es, was viele „gefühlsmäßig“ für ein Biotop hielten, als damals die Feuchtgebiete im Fokus des Naturschutzes standen. Viel diskutiert war auch die Frage, ob es „das Biotop“ oder „der Biotop“ heißen musste. In universitären Kreisen wurde Letzteres vertreten, heute geht beides.

Wörtlich übersetzt heißt Biotop „Ort des Lebens“ (griechisch: bios = Leben, topos = Ort), und das trifft auch ziemlich genau die Bedeutung des Begriffs: Ein Biotop ist der Lebensraum einer Lebensgemeinschaft – einer Biozönose – in einem bestimmten Gebiet. „Biotope sind die kleinsten Einheiten der Biosphäre“ (Quelle: Wikipedia/Biotop). Und damit sind wir schon beim nächsten „Bio-Begriff“, der Biozönose. Der Begriff „Biocönose“ wurde 1877 von Karl August Möbius (1825–1908) geprägt, der die auf einer Austernbank lebenden Organismen als eine Lebensgemeinschaft auffasste. Heute ist eine Biozönose definiert als Gemeinschaft von Organismen verschiedener Arten in einem abgrenzbaren Lebensraum (Biotop) bzw. Standort. Biozönose und Biotop bilden zusammen ein Ökosystem.

Den Übergangsbereich zwischen zwei Ökosystemen nennt man Ökoton. In diesen Übergangsbereichen finden sich in der Regel mehr Tier- und Pflanzenarten als in den angrenzenden Ökosystemen. Ökotone können natürlich auftreten, z.B. Seeufer oder die alpine Waldgrenze, oder auf den Einfluss des Menschen zurückgehen, z.B. Heckenstreifen und Waldränder in der Kulturlandschaft (Abb. 14).

Bisweilen falsch verwendet wird der Begriff der ökologischen Nische einer Tier- oder Pflanzenart. Das Wort „Nische“ suggeriert eine räumliche Kategorie, die ökologische Nische bezeichnet jedoch die Gesamtheit der biotischen und abiotischen Umweltfaktoren, die das Überleben einer Art beeinflussen. Einige Autoren (z.B. Osche 1973) umschreiben die ökologische Nische von Tieren auch als deren „Beruf“ oder „Planstelle“ innerhalb einer Lebensgemeinschaft. Das trifft die Sache insofern ganz gut, als die ökologische Nische neben den von einer Art genutzten Requisiten eines Lebensraums auch die „Fähigkeit“ (Anpassung) der Art beinhaltet, mit diesen Requisiten umzugehen.

Es soll nun hier noch auf einen weiteren, eher selten verwendeten Begriff eingegangen werden, der aber in diesem Buch eine Rolle spielt: das Biom, in den Geowissenschaften auch als Ökoregion oder Ökozone bezeichnet. Diese Begriffe stehen für die vorherrschende Lebensgemeinschaft (Biozönose) oder auch das gesamte vorherrschende Ökosystem eines ausgedehnten Bereichs der Erdoberfläche.

Die Umweltstiftung WWF (World Wide Fund for Nature) entwickelte ein Modell weltweiter Ökoregionen, die als relativ große Bereiche der Erdoberfläche „nach der potenziellen Zusammensetzung der Arten, der Lebensgemeinschaften und der Umweltbedingungen vor großen Landnutzungsänderungen geographisch abgegrenzt werden“ können. Wie bei allen biogeographischen Modellen erfolgt auch hier eine künstliche Grenzziehung, da die Übergänge zwischen den Regionen in Wirklichkeit fließend sind. Im Gegensatz zum klassischen Ökoregion-Begriff, der ausschließlich durch die Gestalt seiner Pflanzenformationen abgegrenzt wird, beruht das WWF-Modell auf einer Kombination verschiedener biogeographischer Konzepte. In einem zehnjährigen Prozess unter Hinzuziehung von Hunderten verschiedener Experten entstand so ein beispielhaftes System aus über 800 Land-Ökoregionen (terrestrisch), die in 14 „Major habitat types“ (Haupt-Biome) und sieben biogeographischen Reichen untergliedert werden. Ebenfalls neu ist die Festlegung von Süßwasser- und Meeres-Ökoregionen (Quelle: www.lexas.de).

Die Biosphäre ist der Raum der Erde, in dem Leben vorkommt. Sie reicht von ungefähr 60 km über bis 5 km unter die Erdoberfläche, dabei werden ihre Außengrenzen ausschließlich von Mikroorganismen bewohnt. Innerhalb der Biowissenschaften wird der Begriff vor allem in ökologischem Zusammenhang verwendet. Dies wird durch das Konzept der UNESCO-Biosphärenreservate untermauert, die teilweise ebenfalls kurz als „Biosphäre“ bezeichnet werden. Es handelt sich um Modellregionen, in denen nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll. Die Biosphärenreservate werden im weiteren Verlauf des Buches noch eine Rolle spielen.

Zur ökologischen Zonierung Europas werden in diesem Buch die Biogeographischen Regionen der Europäischen Union verwendet (Abb. 15), die auch die europäischen Länder außerhalb der EU mit umfassen – sie dienen insbesondere der Einordnung der Natura 2000-Gebiete und des Smaragd-Netzwerkes (s. S. 141). Teilweise wurden die Regionen etwas willkürlich an Ländergrenzen „abgeschnitten“, aber insgesamt sind sie gut geeignet, um die Biome bzw. Ökoregionen Europas abzugrenzen und zu charakterisieren. In Europa gibt es zehn Biogeographische Regionen (Tab. 1).

Abb. 15: Biogeographische Regionen Europas (s. auch Tab. 1).

Tab. 1: Die Biogeographischen Regionen Europas in der Reihenfolge ihrer Fläche mit charakteristischen Lebensräumen und Anzahl der Staaten, in denen sie vorkommen.

Das Gesicht Europas

Подняться наверх