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Vorwort

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Es gibt nur eine Sache, die spannender ist als authentische Kriminalfälle – Gerichtsberichte.

Das sagte mir eine treue Leserin meiner „Spektakulären Kriminalfälle“ nach einer Buchlesung. Und dann fügte sie noch an: „Wollen Sie nicht mal so etwas schreiben? So wie der Hirsch damals in der ,Wochenpost‘. Das interessiert doch.“

Dieses Gespräch brachte mich auf eine Idee. Allerdings nicht auf die, jetzt Stift und Block zu schnappen und in Sachsen-Anhalt auf die Suche nach spannenden Justizfällen zu gehen – denn während meiner dreizehn Jahre als Chefreporter der Volksstimme hatte ich schon über viele ungewöhnliche Prozesse für die Zeitung berichtet –, vielmehr dachte ich daran, die Gerichtsreportagen durchzusehen, zu überarbeiten und zusammenzustellen. Sozusagen als logische Fortsetzung der authentischen Kriminalfälle, die seit 1999 in vier Bänden beim Mitteldeutschen Verlag Halle erschienen sind.

Ohne lange nachzudenken, fiel mir sofort ein halbes Dutzend von Prozessen ein, die sich von der großen Masse der jährlich über 2.000 Strafsachen (Erste Instanz und Berufungssachen) an den vier Landgerichten Sachsen-Anhalts abhoben.

Darunter die schier unendliche Geschichte um Magdeburgs korrupten Vize-Regierungspräsidenten, selbst ein mit allen Wassern gewaschener Jurist, der sich mehrere Prozesse und Jahre lang wahre Duelle mit der Staatsanwaltschaft lieferte und obwohl er alle Register zu seiner Verteidigung zog, letztlich doch hinter Gitter musste.

Oder der tragikomische Fall des „selbst ernannten Rechtsanwalts“, der seine Mandanten schröpfte und bis vor den Bundesgerichtshof zog. Den Schlusspunkt unter fünf Prozesse zwischen 1996 und 2003 setzte ein Freispruch vor dem Amtsgericht Magdeburg. Der „Rechtsanwalt von der traurigen Gestalt“ hatte sich zwar keine Sozialhilfe erschlichen, war damals jedoch schon wegen mehrfachen Betrugs verurteilt.

Unerwartet endete der Prozess gegen einen Kubaner, einst Schwergewichtsboxer in Magdeburg. Der Plan seiner Ehefrau, ihn in eine Falle tapsen zu lassen, ging vor Gericht schief.

Die Gerichtsreportage über den Prozess gegen sieben NVA-Obristen vor dem Stendaler Landgericht wegen der Toten und Verletzten an der innerdeutschen Grenze macht deutlich, wie schwer sich das vereinte Deutschland mit der juristischen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit tat.

Mordprozesse wie gegen den 14 Jahre alten Tobias oder gegen einen Hallenser, der erst sieben Jahre nach der Tat angeklagt wurde und selbst drei Jahre später noch nicht rechtskräftig verurteilt war, oder die Hauptverhandlung gegen den Bundeswehrsoldaten, der einen Kameraden während eines Auslandseinsatzes erschoss, zeigen, wie kompliziert der Weg zur Wahrheitsfindung oft ist.

Die Gerichtsberichte werfen Streiflichter auf die verantwortungsvolle Arbeit von Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern. Sie zeigen aber auch Reaktionen von Opfern und Angeklagten.

Ich möchte mich an dieser Stelle besonders bei meiner Kollegin Karin Werner bedanken, die viele Jahre lang für die Volksstimme die Prozesse am Magdeburger Landgericht besuchte und zum Gelingen des vorliegenden Buches beitrug.

Bernd Kaufholz

Magdeburg, August 2005

Der Todesengel mit den roten Haaren

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