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Vorbereitung, Holland, Belgien

6.2

> Jaaa, das ist es! < juchzt es aus der Küche.

> Bitte, was?<

ich eile: Dietlinde blättert in einem Katalog und zeigt auf eine Plane, die an der geöffneten Heckklappe eines VW Busses herunter hängt.

> Schau mal. Das ist die ideale Duschkabine! <

> Die wollen 209 € dafür< tippe ich aufs Preisschidl.

> Die spinnen wohl<

Wir brauchen vieles für die Reise.

Eine Duschkabine für die Dame des Hauses wäre wichtig.

Dietlinde misst, rennt in den Keller und kommt mit einer Plastikplane, die sonst immer den Brunnen im Winter abdeckt, zurück. In unserem großen Wohnzimmer wird sie ausgebreitet.

Der Zollstock hüpft über die Plane:

Ratsch, Schnipp und Schnapp, schon sind Bahnen zugeschnitten.

Dann rattert die Nähmaschine im Turmzimmer.

Gummizug rein und fertig.

Zzzzz, 200 €. Nix kostet das.

Wir haben jetzt einne Duschkabine an unserem Bus.

Der Regen klatscht ans Fenster. Es stürmt. Es ist Februar.

Anfang August wollen wir los.

Wir beginnen gerade, unsere Reise über 17.000 Kilometer mit dem Bus zu planen. Es soll die gesamte West- und Südküste Europas entlang gehen. Ein 10 tägiger Ausflug nach Marokko ist auch noch drin.

Wir wollen über Kassel – Tochter besuchen – nach Enschede – Bekannte mit ihrer über 80 Jahre alten Mutti besuchen – nach Holland. Dort an der Küste entlang nach Belgien, Frankreich Spanien, Portugal, Marokko, wieder Spanien, dann die Cote d´Azur entlang nach Italien, den Stiefel runter und um Sizilien herum, den Stiefel an der Adriaseite wieder rauf bis Triest.

Auch England sollte umrundet werden, aber die wollen uns nicht. Aylinchen ist der Inselfeind Nr. 1. Entweder mindestens ein halbes Jahr vor Reiseantritt Tollwutimpfungen und Blutuntersuchungen und einen implantierten Chip, oder mindestens ein halbes Jahr Quarantäne. Und 8 Tage vor Reiseantritt auch noch Zeckenimpfungen durch einen amtlichen Veterinär. England schickt uns begeistert BSE, aber Tollwut auf der Insel, nein danke.

Und Marokko will maximal ein halbes Jahr vor Reiseantritt Tollwutimpfungen und Blutproben für die Wiedereinreise nach Europa.

Was denn nun?

Entweder minimal oder maximal. Beides geht nicht.

Behörden sind blöd.

Also nix mit England. Vielleicht ein andermal.

Das Ganze im August und September. Wir nehmen uns zwei Monate Zeit. Wenn man ca. 350 Kilometer im Durchschnitt täglich fährt, haben wir noch genügend Reservetage. Und 350 Kilometer täglich, das sind 4-5 Stunden gemütlich fahren. 3-4 Stunden ist noch Zeit für Besichtigungen. Dann Schlafplätzchen suchen. Das ist nun wirklich locker zu schaffen.

Wir wollen keine alten Steine angucken, keine Kathedralen, davon haben wir schon genug gesehen. Na gut, wenn sie direkt am Weg liegen. Und in Marokko ist das ein Muss.

Nein, Land und Leute, Strand, Meer mit Wellen, Wind und Fisch, viel Fisch, Oliven und Wein, einfach so, wie es kommt.

Wir schluffen durch die Küstendörfchen und sehen, was passiert.

Wie immer beginnt Dietlinde mit den Vorbereitungen.

Reiseführer, Karten, ADAC Unterlagen sind bereits im Hause.

Ich schlage mich mit der Technik herum.

Unser 15 Jahre alter Bus mit 315.400 Kilometern auf dem Buckel soll es noch mal packen. Ein passendes Reparaturhandbuch habe ich schon.

25.7.

Es ist Juli und Zeit für den Autocheck.

> Chef, da brauchst einen 19er. <

> Weiß ich selber<, nuschelt es aus einem italienischen Zigarettenmund.

Die Einhängevorrichtung des Reserverades ließ sich nicht mehr richtig festschrauben, nachdem ich sie testweise abgeschraubt und ausprobiert habe. Wann macht man das schon mal in deutschen Landen.

Aber unterwegs könnte das notwendig werden.

Der Bus thront auf der Hebebühne unserer freien Werkstatt – keine VW Werkstatt. Der Besitzer der hiesigen ist ein Na Ja…. .

Hier sind ehemalige Meister und Mechaniker von VW zugange, sie konnten mit dem Herrn, der die VW Werkstatt Ismanings gekauft hatte, nichts anfangen.

Wir auch nicht.

Sie sind nett, kompetent und verkaufen einem nicht pausenlos Sachen, die man nicht braucht.

Der Mechaniker klopft, drückt und schraubt von unten am Bus herum.

>Da fehlt sich nix. Auspuff is neu. Ich selbst gemacht. Bremsen gutt, aber den Keilriemen hier, schau selbst, is schlecht. Muss Reserve mitnehmen. Kraftstoff- und Ölfilter auch. Gutes Öl sowieso.<

> Aber der Simmering tropft. <

> I wo. <

> Bei Ölfilterwechsel, kommt immer bisserl Öl raus. Motor schwitzt auch. Is normal. <

Wenn das man stimmt. Und viel ist es tatsächlich nicht, was da raus tröpfelt.

> Was ist mit dem Kühler und dem Wasserschlauch? <

>Nix. Is gutt. Brauch nich neu. <

> Chef, komm schaun. <

Der Chef pult im Profil der Reifen.

>17.000 Kilometer. Das schaffen die nie. <

Wenn sonst nichts fehlt, dann eben neue Reifen.

>300 € alles inklusive am nächsten Mittwoch. OK?< Na denn.

Der Chef streicht mit der Hand über den Lack.

>Aha, mit dem Pinsel gestrichen, was? <

> Meine Frau war der Meinung, dass der Bus glänzen soll. Das wollte sie schon lange. Sie hat farblosen Lack gekauft und mit der Rolle und Pinsel gestrichen. <

Nun glänzt er wieder weinrot und wie neu.

> Hoffentlich übersteht Euer Bus die Reise, er ist ja nicht mehr ganz neu. <

> Na, na, Ziel ist mindestens 500.000 Kilometer. Warum denn nicht? Da ist kein Rost und der Motor schnurrt. <

30.7.

Wie fast schon erwartet, tönt es aus dem Telefon:

>Leider, leider, die Reifen erst am Freitag. <

> Nein, das geht nicht. Da sind wir bereits unterwegs. Dann eben noch mit den alten Reifen. <

> Vielleicht doch noch am Donnerstag gegen Nachmittag. Ich rufe an. <

Der Chef hängt sich rein und vermittelt über eine andere Firma, dass wir schon Donnerstag früh unsere Reifen bekommen.

Toller Typ.

Wir packen. Der Bus sieht leer aus. Wir haben aber alles, was wir brauchen. Die gebraucht gekaufte Trocknermaschine für unsere Tochter hat auch noch Platz.

Abends beim Wein vor unserem Wasserschlösschen.

Es ist warm, der Wind steht günstig gegen den Autobahnlärm.

Es ist unglaublich schön hier.

Warum fahren wir weg?

1.8.

Freitag, 1. August. In Bayern fangen die Ferien an.

Haus und Tor ist verschlossen. Unsere 10jährige Setterdame steht 5 Meter vor dem Bus und schaut misstrauisch auf unsere Aktivitäten.

> Aylin, mach Hop <

Sie streckt den Kopf vor und zieht die Lefzen hoch:

> Ich soll da rein? In diesen Bus? Muss das sein?

Können wir denn nicht einfach spazieren gehen? Widerlich.

Immer diese Schaukelei. Mir wird übel davon. Das wisst ihr doch. <

> Aylin, Hop, rein da zum Kuckuck. <

Widerwillig springt sie in den Bus und verschwindet gleich im Fußraum des Beifahrers.

Sie fährt nicht gern Auto, das taten auch ihre Vorgänger nicht. Früher spuckte sie schon nach den ersten Kilometern, aber inzwischen geht es. Wenn sie wüsste, dass wir nun für Wochen im Bus unterwegs sind, würde sie uns einen Vogel zeigen und sich weigern, mitzufahren.

Aber wer nimmt schon für 2 Monate unseren Hund. Das ist nicht zumutbar und in einer Pension war sie noch nie. Sie würde dort mehr leiden, als sich im Bus schaukeln zu lassen.

Im Fußraum kann sie sich so zusammenrollen, dass sie bei Kurven weniger hin und her rutscht.

Das ist zwar lästig, weil der Hund fast den ganzen Fußraum ausfüllt, aber inzwischen akzeptieren wir das. Bei kurvigen Straßen ist es ganz sicher nicht angenehm für einen Hund, wenn er im Auto umeinander rutscht. Festkrallen kann er sich schließlich nicht und Anschnallen ist auch nicht möglich.

Es ist mit vielen Staus zu rechnen.

Wir entscheiden, Bundesstraßen zu befahren. Das ist schöner, stressfreier und wir haben Zeit, da wir erst am Abend in Kassel erwartet werden.

Die neuen Reifen krallen sich richtig in den Asphalt. Vier neue hatten wir noch nie. 2 ja, 4 nein. Der Bus liegt wie ein Brett auf der Straße, satte Bodenhaftung.

Bis mittags genießen wir die Fahrt, dann beginnt es hinten zu quietschen. Erst leise, dann nervtötend, als hätten wir einen Vogel im Auto.

Ich krieche im Bus am Boden entlang.

Hier muss der Vogel sitzen.

Ich stecke den Kopf in den Wasserschrank.

Das Quietschen wird lauter.

Aber wo genau??

Rütteln und zerren.

Vielleicht Gummi auf Gummi??

Nichts.

Es quietscht zum Gotterbarmen.

Wir erreichen Kassel und ich kann unter das Auto kriechen.

Genau unter dem Schrank ist der Achslenker (Schwingarm), an dem das Rad hängt. Ein Gummilager außen ist wahrscheinlich die Ursache. Samstag früh hat eine Werkstatt in der Nähe auf. Vielleicht kann die helfen?

Heute besichtigen wir erst einmal die schöne, neue 100 Quadratmeter Wohnung mit Terrasse und Garten von Tochter mit Freund. Beide geben sich ordentlich Mühe, es den Eltern gut gehen zu lassen.

Auf dem neuen Esstisch stehen Batterien von Flaschen. Rot, Weiß, Rosé, Grappa und und und. Zu jedem Getränk das passende Glas. Bald biegt sich der Terrassentisch mit Vorspeisen, Antipasti, Knoblauchbrot, Oliven, Saucen.

Die Hauskater, 9 und 12 Kilo schwer, streunen herum. Aylinchen ist etwas konsterniert, fügt sich aber in ihr Schicksal.

Die Eltern des Freundes sind auch da. Was das wohl zu bedeuten hat??

Es gibt Gegrilltes.

Holland, Belgien

2.8.

Die Werkstatt hat auf.

Aber kein Quietschen.

Was ist Quietschen und wo.

Wir diskutieren über die Definition.

Der Chef versteht etwas anderes darunter als ich.

Ich rüttele am Wagen.

Nichts.

Schließlich einigen wir uns:

> Hat nichts mit der Aufhängung zu tun. Ist nicht gefährlich. Es müsste ein neues Gummilager rein. Das nervt zwar, aber ich habe ohnehin kein neues Gummilager da. Das dauert 3-4 Tage. <

Andere Werkstätten können das auch.

Und VW gibt es in Holland und Belgien überall.

Also fahren wir los.

Kaum sind wir wieder auf der Autobahn, beginnt es wieder zu quietschen oder piepsen.

Was kann man machen.

Sonntags sowieso nichts.

Dann quietscht es halt.

Die Bekannten aus Enschede erwarten uns. Unser Holländer holt uns an einer Kreuzung ab.

Wir fahren zu „Mutti“ ins Altenheim. Mutti ist 87 und nicht mehr so gut zu Fuß, aber sonst fit. Vati ist vor ein paar Jahren gestorben.

Es gibt Kaffee und Kuchen, die Familienangelegenheiten werden durchgesprochen.

>Nein, übernachten wollen wir nicht. Vielleicht schaffen wir es heute noch bis zur Küste. < Sie verstehen das.

An Almelo vorbei geht’s nach Raalte. Und dann wird’s spannend. Über 100 km rauf bis Groningen schnurgeradeaus.

Keine Falte, kein Hubbel, kein Hügelchen.

Überhaubt nichts.

Berge erwartet hier ja keiner.

Wie mit dem Lineal gezogen.

Mann, ist das aufregend.

Asphalt geradeaus, links Wiesen, rechts Wiesen.

Ein paar Bäume, hier ein Haus, dort sogar zwei.

Dann riesige Straßenkreuzungen, auf denen wenige Autos unterwegs sind.

Wir im „Getümmel“ und es quietscht und piepst.

Es ist Mittag und ich verpasse der Gummimuffe einen feuchten Umschlag.

Vielleicht, wenn sie nass ist, kein Quietschen??

>Ja, stimmt, nein, doch nicht. <

Es fängt erst leise, dann aber doch wieder an.

Hätte ja sein können.

Weit und breit nichts als plattes Land.

Dazwischen immer wieder hässliche Industriegebiete.

Wahnsinn.

Nördlich Groningen wird es besser.

Keine Autobahn mehr.

Kanäle mit Hausbooten und kleine, niedliche Häuschen.

Ein paar Tropfen von oben, aber es geht.

In Winsum finden wir einen Campingplatz direkt am Kanal mit alten – bis uralten Booten.

Holland verbietet freies Campen, wurde uns gesagt und da wir morgen schon in Belgien oder gar in Frankreich sind, leisten wir uns diesen Platz. Und duschen kann man auch.

> Zwei Personen mit Hund, kein Zelt. VW-Camper. <

> Oh, en Hund, das wird teuer < zwinkert mir der Platzwart zu.

> 1,50 € die Nacht. <

Watt mutt, dat mutt.

Noch ein Spaziergang am Kanal und durchs Städtchen mit den kleinen Backsteinhäuschen.

Die Boote schaukeln, das Wetter wird schlechter.

In der Nacht kommt Regen auf.

3.8.

Morgens Nebel, Sprühregen und kühl. Doch bald kommt die Sonne raus. Kein Quietschen, kein Piepsen. Also hat es doch was mit der Feuchtigkeit zu tun.

Leider dauert es nicht lange. Es wird wärmer und das Vogelpiepsen wird wieder lauter.

Wir fahren über den Damm, der das Lauwersmeer einschließt. Er ist viel höher, als ich es von Wilhelmshaven – Ostfriesland, da bin ich aufgewachsen – her kenne.

Viel zu sehen gibt es nicht, da der Damm höher als die Straße ist.

Wir „besteigen“ den Damm.

Ringsherum Watt. Es ist Ebbe.

Quietschend an Leenwarden und Harlingen vorbei und wir erreichen den Afsluitdijk.

Das ist gigantisch.

Ein 32 km langer und 90m breiter Damm schließt das Isselmeer und das Markermeer von der Nordsee ab. Riesige Schleusen sorgen dafür, dass die Fahrrinnen der hier mündenden Flüsse befahrbar bleiben.

Es hat im Laufe der Zeiten immer wieder Überschwemmungen gegeben, so dass man sich 1932 entschloss, dieses gigantische Vorhaben zu realisieren.

Ein Orkan ließ 1953 2000 Menschen und 200.000 Tiere ertrinken. Über 200.000 ha Land und 50.000 Gebäude waren vom Salzwasser der Nordsee bedeckt.

Man musste die Deiche und den Damm noch mal erhöhen und baute bis

1997 ein gewaltiges Sturmflutsperrwerk mit riesigen Hebetürmen.

Jetzt hat man vorerst Ruhe, kann weitere Sumpfgebiete im Landesinneren trockenlegen und holländische Wassertomaten und anderes Wasser- gemüse anbauen.

Holländische Ingenieure sind allen anderen voraus, wenn es um

Techniken der Landgewinnung, Deich- und Wehrbau geht.


Mit unserem „Vogelschwarm“ an Bord erreichen wir Hoorn.

Die Stadt hat eine große Seefahrervergangenheit. 1616 brach von hier Willem Schouten auf, um als erster die Südspitze Südamerikas zu umfahren, daher das Kap Hoorn.

An Jan P. Coen, dem Begründer der Kolonie Niederländisch-Ostindien, des heutigen Indonesien, erinnert ein Standbild, das auf einem wunderschönen Platz steht. Über die Jahre heftig schief gewordene, herrliche Patrizierhäuser aus dem 15.-16. Jahrhundert umrahmen den Kopfsteinpflasterplatz.


Im Hafen staken hunderte Masten in die Höhe. Nachgebaute Segelbarken kann man mieten und Rundfahrten machen.

Es gibt zwar frischen Fisch, aber leider keine Krabben zum Mitnehmen und unterwegs pulen. Braten oder grillen können wir unterwegs noch nicht. In Holland wird das wohl schwierig werden, Feuerchen zu machen. Grillkohle haben wir auch noch nicht, außerdem briest der Wind auf.

Regen sprüht.

Schnell zum schützenden Busdach zurück.

Da keine Sicht ist, rauschen wir über Haarlem, Leiden, Den Haag, vorbei an Rotterdam durch bis Hellevoetsluis. Es schüttet inzwischen und höre: Kein Quietschen mehr.

Also doch: Feuchtigkeit hilft.

Küstenfahren mit Regen kann zwar vorkommen, muss aber bitte nicht die Regel werden.

Bei Hellevoetsluis beginnt das Rhein-Delta. Und auch hier sind hohe Dämme gezogen, zwar nicht über alle Mündungsgebiete, aber über die meisten.

Den Rhein vom Meer aussperren, würden die Anrainerstaaten ganz sicher übel nehmen. So sorgen riesige Schleusentore für Zirkulation.


In 20 Meter hohen Türmen links und rechts der Tore, steckt die Technik, die diese Tore heben und senken. Es ist unglaublich, mit welchen Anstrengungen die Holländer dem Meer Land abtrotzen.

Aber für den Straßenbau aasen sie mit dem mühsam gewonnenen Land.

4-6-8 und sogar 10 spurige Autobahnen mit riesigen Straßenkreuzen und Abfahrten planieren ganze Landschaften.

Es ist Sonntag und alles zu.

Sonntags ist der Holländer wohl zu Hause bei seiner Familie.

Strenge Sitten.

Wenige Raststätten.

In den Dörfchen nicht mal eine Kneipe.

Und überall Wasser. Kanäle, Flüsschen. Tümpel, Seen.

Und dann die Buchten, groß wie Meere.

Windparks soweit das Auge reicht.

Mit Windenergie will Holland in den nächsten Jahren bis zu 15% des benötigten Stroms erzeugen.

Hier kann man jahrelang bootfahren, ohne zweimal an die gleiche Stelle zu gelangen. Alle Wässerchen sind mit allen verbunden. Meist sind allerdings links und rechts Deiche. Man sieht beim Bootfahren also nichts.

Für uns spricht daher wenig dafür, hier Boot zu fahren.

Und trotzdem:

Holland verfügt über das größte zusammenhängende Erholungs- und Wassersportgebiet Westeuropas.

Wir wollen die Delta Expo besichtigen.

Bei schlechtem Wetter soll man drinnen bleiben.

Es wird die gesamte Technikwelt gezeigt, wie Holland der gefräßigen Nordsee Einhalt gebietet. Von weitem sehen wir schon einen riesigen Parkplatz. Die Expo ist zu einem Touristenrummel ausgebaut. Das eigentliche Museum kann nur zusammen mit Robbenbecken und Spielparks für 18 € pro Person besucht werden. Parkken kostet noch mal 6,50 extra und Hunde dürfen nicht mal auf den Parkplatz. Das müssen wir nicht haben und fahren weiter.

Unterwegs sehen wir Campingschilder, die zu einsamen Höfen führen. Fast jeder Hof weist eine Campingmöglichkeit aus. Die Plätze sind natürlich im August voll.

Wir bleiben vor einem Gehöft stehen.

Irgendwo auf dem platten Land.

Trotzdem voll.

Was machen die Leute hier??

Für 5 € dürfen wir vor dem Hof bleiben.

15 Grad.

Der Wind pfeift und es regnet. Nordsee eben:

Immer Wind, 15 Grad im August und oft Regen.

Ich kenne das von W´haven.

Das Hubdach bleibt heute unten.

Jetzt ist es warm.

Morgen sehen wir weiter.

4.8.

Es schüttet die ganze Nacht, im Schlafsack dicht nebeneinander ist es kuschelig warm.

Morgens Dunst, aber die Sonne kommt. Gegen 8:30 kommen wir los.

Unser „Vogel“ schweigt, es ist zu kalt.

Es soll aber wärmer werden, soviel konnten wir aus dem Radio verstehen.

21 ° sind angekündigt.

Um über die Westerschelde zu kommen, kann man die Fähre nehmen oder den 6.600 m langen Tunnel benutzen. Der unterquert die breite Westerschelde. Sie ist noch nicht vom Meer durch einen Damm getrennt. Warte, warte, das wird schon noch.

Diesel ist billiger als in Deutschland, daher tanken wir noch mal, ehe wir am letzten Dorf Sluis = Schluss, die Grenze nach Belgien passieren.

Wir wollen rauf nach Knokke und dann wieder direkt an der Küste entlang.

Belgien hat gerade mal 80 Kilometer Küste, dann beginnt schon Frankreich.

Auf den belgischen Wiesen tauchen plötzlich weiße Kühe auf, die wie riesige Schweine aussehen. Muskelbepackte feiste Arschbacken, nicht solche Euterbehängten und Hängerückigen wie unsere Milchkühe. Das sind wohl speziell gezüchtete Fleischkühe. So was haben wir noch nie gesehen.

Unser Vogel erwacht, es wird wärmer.

So geht das nicht weiter.

Eine VW Werkstatt muss her.

Tatsächlich.

Knokke hat eine.

Etwas warten, dann kommt ein netter Servicemann.

Ich erkläre und demonstriere, indem ich den Bus schaukle.

Gott sei Dank, jetzt quietscht es.

Er kriecht unter das Auto, sprüht mit einem Spezialfett, das man auch auf Gummi sprühen kann, die Gummimuffe ein.

Es piepst weiter.

Noch einmal.

Jetzt liegt er ganz unterm Auto.

Wieder sprühen:

Wow, das Quietschen ist weg. Nicht die Gummimuffe war’s, der Aufhänger des Stoßdämpfers war der Störenfried.

Jetzt ist Ruhe.

Dankbar kaufe ich dieses Spezialsprühfett, der Vogel könnte ja wieder kommen. Die Aufhängung des Stoßdämpfers ist ausgeschlagen und muss irgendwann erneuert werden. Ich erkläre ihm, dass wir damit ca. 16.000 Km bis Marokko fahren wollen, ehe wir wieder zu Hause sind und der Austausch erfolgen kann.

> Weiß nicht, könnte gehen. < wiegt er das Haupt.

Wir danken, zahlen das Fett und fahren weiter.

Die Straßen sind schlecht.

Kein Piepsen, dem Himmel sei dank!

Es dauert nicht lange, da fängt etwas zu klappern an.

Wenn die Löcher tiefer werden, kracht es richtig.

Wir machen runde Augen.

Was wird das denn??

Es klappert und rumpelt.

Durch das Fetten ist wohl irgendwas frei geworden.

Die Geräusche hören sich gefährlich an.

Weiterfahren?? Oder zurück??

Je weiter wir nach Frankreich rein kommen, je weniger VW-Werkstätten werden wir wohl finden, schließlich hat Frankreich eigene Automarken. Piepsen wäre uns nun doch lieber.

Das wird nichts.

Wir drehen um.

Der Techniker ist noch da.

> Ja, ja, ich wusste es doch, die Stoßdämpferaufhängung ist hin< radebrecht er auf Englisch. Das Teil muss ausgetauscht werden. Wenn Brüssel es hat, gleich morgen früh um 8.

Man hat offensichtlich einen Schnelldienst, der wie bei uns die Teile über Nacht ranschafft. Wenn es aber aus Deutschland kommen muss, dann dauert es länger.

Lassen wir es darauf ankommen und fahren weiter??

In Frankreich oder Portugal oder Spanien werden die Teilewege nur länger.Und bis Marokko kommen wir damit ganz sicher nicht.

Das denkt auch der Servicemann.

Er checkt im Computer.

Das Glück ist uns hold, Brüssel kann liefern.

Also morgen früh um 8. Es wird 1-2 Stunden Reparatur dauern.

Wir sagen zu, fahren aus dem Städtchen, um einen Schlafplatz zu finden, aber das wird schwierig. Überall große Industrieanlagen, Container Schiffe, Ladekräne.

Doch dann Dünen und Strand.

Die Sonne scheint, aber leider bläst ein unangenehm kräftiger Wind.

Am Strand sind nur wenige Abgehärtete. Draußen nach dem Watt – es ist schon wieder Ebbe – sausen Neoprenmännchen auf kleinen Surfbrettern an speziellen Gleitschirmen durch die Wellen.

Gefährte mit Gummirädern brettern über das Watt.

Wind ist hier gewünscht.

Wir suchen ein lauschigeres Plätzchen, relaxen und trinken Kaffee.

Um morgen früh nicht durch die ganze Stadt fahren zu müssen, suchen wir in der Nähe der Werkstatt einen Schlafplatz.

Im Industriegelände an einer Seitenstraße stehen wir ganz gut.

Salat und Bier.

Man wird uns hoffentlich nicht wegjagen.

5.8.

Die Nacht ist nicht so ganz ruhig.

Die Nebenstraße ist schnurgerade.

Also rauschen: wrusch, wrusch die Autos an uns vorbei.

Die Motorräder sirren hochtourig.

Aber es geht.

Schließlich wollen wir pünktlich in der Werkstatt sein.

Meine innere Uhr weckt mich um 7.

Geschäfte mit Aylinchen, Kurzwaschen und los.

Wir sind um viertel vor 8 dort.

Die Werkstatt erwacht gerade.

Viele Autos, die auf den Zentimeter in die Werkstatt eingeparkt waren, werden wieder auf die Plätze rund um die Werkstatt verteilt.

Frühstück hatten wir ausgelassen, um ja pünktlich zu sein. Jetzt haben wir Zeit, Kaffee zu kochen.

Gegen 8:30 kommt der Servicemann.

> I´m very sorry, they brought all the spare parts, we ordered yesterday, but they did´nt send your Pieces. I´m so sorry. <

Scheiße.

An der Rezeption treffen wir auf einen weiblichen Cerberus:

Touris wollen wir hier nicht. Die bringen nur unseren Tagesablauf durch-einander. Wir sind ohnehin unterbesetzt, all das steht in ihrem Gesicht.

Doch dem Techniker ist das alles ein wenig peinlich:

> Ah, wait, we have a red telefon. If we need urgently, we get ordered piece up to two o clock on the same day. <

Der Cerberus knirscht mit dem Gesicht, kann aber nicht verhindern, dass unser Servicemann telefoniert.

Also: Try again at 2 o clock p.am.

Na denn, wenn wir hier schon gängige Ersatzteile schlecht bekommen, wie soll das erst in Frankreich oder Spanien werden.

Wir warten.

Kirche besichtigt.

Stadthus angeschaut.

Es regnet zum Glück nicht, ist aber nicht warm.

Außerhalb der Stadt kennen wir schon ein Plätzchen am Strand, wo man ein Schläfchen machen und spazieren gehen kann.

Aus Frust habe ich mir ungepulte Krabben gekauft. 200 gr. = 3,80 €. Schweineteuer, aber frische Krabben bekommen wir sonst nicht.

Krabben, ein kleines Bier, ein Schläfchen.

Dietlinde liest ein-zwei Seiten und macht dann auch die Augen zu.

10 vor 2 stehen wir wieder vor der Werkstatt.

Kein Stoßdämpfer.

> Please wait. May be in twenty minutes. <

Und tatsächlich.

Um 2:30 ist er da. Aber nicht einer, nein, gleich zwei.

Ich erinnere mich, dass vorn auch gleich zwei ausgetauscht wurden.

Das muss wohl so sein.

Der Techniker bestätigt das. Wegen der Schwingung oder so.

Ungleiche Federung darf wohl nicht sein.

Bei den Reifen machen die das auch immer paarweise.

Es wird schon stimmen.

Ruck zuck, in einer halben Stunde ist alles fertig. Noch mal den Keilriemen der Lichtmaschine nachziehen und der Wagen steht wieder draußen.

Ich hatte vermieden zu fragen, was das kostet. Dietlinde schimpft. Aber da es sich um eine offizielle Werkstatt handelt, glaube ich nicht, dass die uns abzocken. Die Werkstatt betreut auch Porsche und Belgien ist generell teuer, so rechnen wir mit 400 €.

Es werden 360. Na gut.

Kein Schlagen, Rütteln oder Quietschen mehr.

Ich schaue mir die alten Stoßdämpfer an.

Die sind wirklich hin. Sie haben immerhin 15 Jahre lang gehalten.

Meckern kann man da nicht.

Wir gleiten auf neuen Dämpfern glücklich durch einige Badeorte und machen ein paar Kilometer auf der Schnellstraße gut, da man hier schlecht an den Strand kommt.

Alles abgesperrt.

Entweder man muss den Wagen an der Straße stehen lassen und zu Fuß über die Dünen marschieren oder man kann für 1 € je Stunde auf einem Parkplatz stehen.

Es ist kalt und windig.

Und dann noch auf einem öden Parkplatz zahlen müssen??

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