Читать книгу Unterwegs zum Horizont - Bernd Majewski - Страница 5
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Wir machen heute einen Autobahnsprung von rund 500 km bis nach Spanien hinein. Die schöne Gascogne kennen wir schon.
Die Küstenstraße verläuft 100ten von Kilometern mehr oder weniger weiter gerade nach Süden. Alle paar Kilometer geht eine Stichstraße durch den Pinienwald. Dort quetschen sich dann die Touris am Strand.
Vorbei an Biarritz und bei Hendaye über die Grenze. San Sebastian bis Bilbao. Dort gibt es Wurstsalat zum Mittag. Der muss weg, denn jetzt wird es hoffentlich warm.
Und dann fängt endlich eine Küstenstraße an, die ihren Namen verdient. Die Autobahn mäandert durch die Ausläufer der Pyrenäen und führt immer wieder zur Steilküste.
Blaues Meer, soweit das Auge reicht.
Wir halten uns wegen der Warnschilder, die auf Radarkontrollen hinweisen, an die Geschwindigkeitsregeln.
Die Spanier kümmert das wenig.
Die brettern mit 140 – 150 – 160 Sachen an uns vorbei.
80 -90-100 hätten es sein sollen.
Hinter Santander geht’s dann ab in Richtung Altamira. Hier haben Forscher 1879 Höhlen entdeckt. Quasi die Sixtinische Kapelle der Steinzeit. Rund 15.000 Jahre alte Wandmalereien überziehen die Decken.
Weil Atem und Schweiß der Touris die Farben angreifen, muss man sich ein ganzes Jahr vorher anmelden, um in kleinen Gruppen eingelassen zu werden. Haben wir natürlich nicht. Vor einem Jahr wussten wir noch gar nicht, dass wir hierher fahren würden.
Es ist Sonntag, das Museum macht um 15 Uhr zu.
Jetzt ist es 16 Uhr. Und montags ist Ruhetag.
Ich wollte ja ohnehin keine alten Steine.
Im Deutschen Museum in München kann man Nachbildungen bewundern.
Ein Traum:
Blauer Himmel, manchmal grünes Wasser in den Buchten, Steilküsten, dann wieder kleine Strände, an denen sich Fleischberge stapeln.
Abseits der Tourifallen gehen keine Straßen zur Küste, jedenfalls finden wir keine. Wir wollen aber ganz nah ran.
Wir erreichen das Örtchen Tomanes.
> Da, in Richtung Küste stehen doch Häuser. Fahr doch einfach mal rein. Mal sehen, wo der Weg hinführt. <
Tatsächlich, an den letzten Häusern vorbei durch hügelige Wiesen, führt ein Sträßchen erst asphaltiert, dann Kies und schließlich grober Schotter. Keine Verbotsschilder, kein Zaun. Wir fahren einfach weiter und bleiben staunend auf einer Hügelkuppe stehen.
Steilküsten, soweit man gucken kann.
Kleine Buchten, in denen wir per Fernrohr ein paar Unentwegte angeln sehen. Wie die über schäumende Brandungen hinweg was angeln wollen, ist uns schleierhaft.
Wiesen, ein paar Gehöfte.
Grillen zirpen.
Hin und wieder kommt ein Einheimischenauto vorbei.
Ein Hiesiger jagt seine 3 Hunde per Auto über die Wiesen.
Aylinchen wird kurz beschnüffelt und beknurrt, sie flüchtet indigniert in den Bus.
Bei Baguette und Rosé de Provence Steilküsten betrachten, das hat was.
Das mögen wir.
Hier wollen wir bleiben zumindest so lange, bis man uns wegjagt.
Der Hundehetzer entpuppt sich als Falkner, der nicht nur Hundespaß vermittelt, sondern seinen Falken anpiept. Er steht unweit und es dauert nicht lange, sitzt ein Falke auf seinem Handschuh.
Hunde und Falke.
Problemlos.
Es sind zwei!
Sie werden gekröpft und nach einer halben Stunde fliegen sie wieder ab in die Steilküste.
Ein dicklicher Radler kommt schon zum dritten Mal vorbei. Wir klatschen und feuern ihn an. Er freut sich. Das Fett muss weg.
Dann ist himmlische Ruhe.
Nachts um halb 3 kracht es.
Donner und Blitz. Ein Unwetter zieht über uns weg.
Alles schwarz.
Da wir der höchste Punkt auf dem Hügel sind, ziehe ich schnell unser Hubdach ein, Faradayscher Käfig hin oder her und fahre ein Stückchen runter.
Wir machen runde Augen.
Unwetter, steile Klippen und auch noch Wind.
Aber es hält sich in Grenzen.
11.8.
Wir schlafen bis halb 8.
Grau, nieselig empfängt uns der Tag. Wenig Aussicht auf Besserung.
Die Straße Nr. 632 führt uns an Gijón vorbei zum Flugplatz hinter Aviles. Unsere 20 Jahre alte Karte kann zeitweise mit der rasenden Bautätigkeit dank der EU nicht mithalten.
Wir verfahren uns, was für uns eine völlig neue Erfahrung ist.
An der Straße sehen wir immer wieder Pilger-Hinweisschilder.
Die armen Teufel müssen hier sicherlich 50 – 60 Kilometer direkt auf Asphalt neben den vorbeirauschenden Autos wandern. Auch wir donnern an den armen Gestalten vorbei.
Hape Kerkeling hat recht.
Das frustet nicht nur, das ist richtig gefährlich.
Ob Gott das will?
Und wenn die nicht aufpassen, landen sie direkt auf der Autobahn, die oft parallel zur Bundesstraße verläuft. Uns ist das einige Male wegen der schlechten Beschilderung passiert. Auf Asphalt laufen ist schon schlimm, aber das auch noch bei Wind und Regen.
Da müssen viele Sünden abgewandert werden.
Bis Santiago de Compostella sind es mindestens noch 250 km.
Wer´s braucht……
Es ist Mittag, Zeit für eine Siesta.
> Rechts, fahr mal rechts ab. Da steht ein braunes Schild mit Strand drauf. < (braune Schilder stehen für schöne Dinge)
Luarca, ein malerisches Fischerstädtchen, das sich in die Steilküste einschmiegt.
Wir fahren extra runter.
Oh, Schreck lass nach, 1000de Touris traben durch das Städtchen.
Was die da alle wollen?
Autos drücken sich in jede Lücke.
Hochkant Parken wäre vielleicht noch möglich.
Nichts wie weg hier.
Gleich 10 km hinter dem Städtchen wieder ein braunes Schild. Einspurig geht es mit 18 % Gefälle abwärts – No Caravans, steht extra dran – direkt zu einer Strandbucht.
Ein paar Autos,
Surfer üben hier Wellenreiten, herrliche Wellen, schöner Strand, ein toller Platz für die Mittagspause.
Jetzt wird geschwommen.
Dietlinde baut derweil Supersandwiches: Schinken, Käse, Tomaten, Zwiebeln, Salz und Pfeffer, das Basilikum im Töpfchen, das immer noch im Hinterzimmer des Busses wächst und gedeiht, wird bezupft, Paprikastreifen und Allioli oben auf alles. Allioli ist eine höllische Knoblauchpaste.
Wahnsinn.
Selbst Aylinchen guckt neidisch.
Als Nachtisch gibt es saftige Pfirsiche.
Leider hält das Wetter nicht. Der Wind frischt auf, es beginnt zu nieseln. Wir schlagen uns bis Viveiro durch, dann wird’s schwer, da die Freitag und Bernds Karte einfach den obersten Zipfel Spaniens unterschlägt.
Wir irren umher, wollen nach Pta. da Estaca de Bares, finden aber keine Schilder.
Jetzt wollen wir zum nördlichsten Punkt Spaniens.
Cabo Ortegal:
Gischt umtoste Felsen.
Inmitten eines Aussichtsrondells ein Kloturm.
Internationale Pinkler und Pinklerinnen lassen hier ab.
Nach wo, kann man auch sehen.
Ein Regenbogen, ein einsamer Segler, dann zieht der Himmel zu.
Regen fegt über den Platz, es geht zurück zur Küstenstraße nach Ferrol.
Das Wetter wird so schlecht, dass wir überlegen, ob wir nicht irgendwo stehen bleiben sollen.
Es einfach aussitzen.
Wir würden dasitzen und warten:
> Wir könnten ein Huhn erwerben und es vergraben. <
Wir haben seit 11 Tagen nichts Warmes mehr im Bauch.
> Wir könnten ein fertig gebratenes Huhn kaufen und es in ein Sandwich tun. <
> Das hängt dann aber links und rechts raus. <
> Das macht doch nichts, es ist ja tot. <
> Das ist langweilig, lass uns weiterfahren. <
Unsere Setterdame schickt einen warnenden Blick aus dem Fußraum, in dem sie sich wieder zusammen gekringelt hat.
> Ich bin ja geduldig, aber immer diese Schaukelei. Fällt Euch denn nicht mal was anderes ein. Es ist schon lange Zeit für eine kräftige Mahlzeit. Und Spazieren waren wir heute auch nicht richtig. <
Es ist schon 7 durch, es windet und regnet noch immer.
> Komm, fackel nicht lange, fahr da links rein in den Rest der alten Bundesstraße. Jetzt noch einen schönen Platz finden, wird nicht klappen. Aylinchen braucht Futter und ich bin auch hungrig. <
Dann bleibt das Dach eben heute wieder zu. Wer weiß, wie das Wetter morgen wird. Mit einem nassen eingeklappten Zeltstoff zu fahren, ist nicht sonderlich gut.
Dietlinde trocken:
> Neben Dir zu schlafen, ist für mich kein Problem. <
Das tut sie schließlich seit über 38 Jahren.
Sie will mir Trost zusprechen. Wegen der langen und nassen Fahrerei bin ich genervt und entsprechend ekelhaft.
Wenn ich kann, mache ich mittags ein kleines Nickerchen, das oft nur 10, 15 Minuten dauert. Ich bin dann am Nachmittag einigermaßen auszuhalten.
Heute war es spät und das Schläfchen ist ausgefallen.
Irrwege, Wetter und fehlender Schlaf macht es für Dietlinde nicht leicht mit mir. Der Wind peitscht die Bäume. Der Regen prasselt aufs Dach.
Wir sind drin und haben es warm.
Eine Patience legen, Schreiben und Rotwein.
Aylinchen pupt zufrieden.
Warmer Mief ist besser, als im Regen zu stehen.
Der Napf war reichlich heute.
Noch mal durchlüften.
> Schlaf gut <
> Du auch <
Der Wind rüttelt am Bus.
> Du schnarchst <
> Ich hab´ Dich lieb <
> Ich Dich auch <
in 3 Kubikmeter Wohnfläche.
12.8.
Wir schlafen bei sausendem Wind und rauschenden Bäumen ein und bis früh um 8 gut. Weniger Wind, kein Regen, der Tag könnte besser werden.
Bald erwachen die gewohnten Geräusche. Der Motor brummt, das Getriebe schabt, ein Blech schnarrt beim Anfahren, etwas jibbert im Takt der Federung.
Es klingt nicht gefährlich.
Das Basilikumtöpfchen schaukelt sich schwindelig.
Heute wollen wir bis „ans Ende der Welt“, so dachte man damals.
Es ist die westlichste Stelle Spaniens.
Und was Herzhaftes zwischen die Zähne sollten wir auch kriegen.
Fisch oder Fleisch? Was wir zuerst sehen, wird gekauft.
An Ferrol vorbei und jetzt wird es wieder mal problematisch. Viele neue Straßen, die auf unserer alten Lappenkarte nicht verzeichnet sind.
Ferrol links? Nein, rechts Richtung La Coruna.
Ein Stück Autobahn, vielleicht kommen wir um die Großstadt herum, um die Küstenstraße 552 in Richtung Capo Finistera= Kap Ende der Welt zu befahren.
Irgendwie habe ich die Abfahrt verpasst.
Es geht geradeaus, aber in die Stadt.
Merde.
La Coruna hat 250.000 Einwohner.
Wir mittendrin.
Das könnte dauern, da wieder rauszukommen.
Ohne Verkehrsschilder noch länger.
Noch ist es 4spurig, vielleicht kommt doch noch eine Abfahrt zur 552? Wohnburgen rundrum, Kreisverkehr.
> Fahr gerade aus. <
Keine Schilder mehr.
> Dort rechts der Hafen. Rechts Wasser ist gut. Geradeaus. <
> Geht nicht, Einbahnstraße, ich muss nach links. <
> Das ist die falsche Richtung. <
> Woher weißt Du das? <
> Jetzt geht’s wieder der Küste entgegen. Das Wasser ist rechts. <
Alles gut.
Ein Leuchtturm.
> Sieht alles nicht schlecht aus. <
Keine Schilder mehr.
Nur noch Hinweise zum Hospital, Museum, Restaurants oder andere Sehenswürdigkeiten.
> Ups. Jetzt ist rechts und links Wasser. <
> Schon wieder eine Bucht. Wenn wir die umfahren können, müsste es nach Süden gehen. <
Wohnburgen überall.
Immer noch keine Schilder.
Der Verkehr fließt, wir fließen mit.
Aber wohin?
Richtig, es geht nach Süden.
Jetzt sind wir auf einer Küstenstraße, die immer enger wird. Sie führt zu einem Aussichtsturm. Wir wollten ja Küstenstraßen. Und die Aussicht ist wirklich toll. Ob sie wohl weitergeht?
Sie geht.
Mit einigen Kurven geht’s in die Stadt zurück.
Jetzt sind wir mitten im Hinterhof von La Coruna gelandet.
Links und rechts Gas- und Öltanks.
Keine Schilder.
> Da, schau, da unten rennen die Autos. Da müssen wir hin. <
Die Richtung stimmt. Unsere Straße nähert sich, verläuft aber parallel. Bergauf, bergab.
Wir sind in einem Vorort.
> Da, ein Supermarkt. Halt an, wir brauchen Tomaten, Brot, Käse und Wein. <
Wir laufen ein Stück zurück.
> Ha, ein Fischgeschäft. <
Also gibt es heute Fisch.
Es ist Mittag und die Auswahl ist nicht mehr groß.
Wir erwerben zwei verschiedene Fische für insgesamt 4,65 €.
Einer ist eine Makrele, den anderen kennen wir nicht.
Fisch an schwindeligem Basilikum mit Baguette und Wein.
Das Wetter wird besser, das könnte heute klappen.
> Sieh mal. Da ist auch ein Schuster, der Schlüssel macht. <
Ob der wohl…… Ist ein Versuch wert. <
Wir zeigen unseren Autoschlüssel.
Er runzelt die Stirn, sucht am Schablonenbrett und wird fündig. Ein Rohling wandert in seine Maschine, ein 2 Cent Stück wird zum Original gesteckt, der Rohling darf nicht länger als das Original sein.
Er probiert, brummt und fräst.
Voila, fertig ist der verlorene 2. Schlüssel.
Ich gehe testen.
Autotür: Yau, geht auf.
Schon mal was!
Zündung: Geht nicht.
Vorsichtig mehrfach versucht, damit nichts im Zündschloss kaputt geht.
Keine Chance.
Der Schlüssel dreht nicht.
Pech. Hätte ja sein können.
Herr Schlüsselmacher zuckt die Schultern:
> Chip im Schlüssel! <
> Nein, nein, so etwas Modernes haben wir nicht. <
Bei genauer Betrachtung finden wir gemeinsam heraus, dass eine Rille in seinem Rohling enger als das Original ist.
Schade.
Er will nichts für seine Arbeit und schmeißt den Schlüssel in den Eimer.
Im Supermarkt fällt uns ein:
Ersatzschlüssel wenigstens, um in den Bus zu kommen.
Ist doch schon die halbe Miete.
Mühsam Türaufbiegen, wenn wieder mal alles zu und der Schlüssel drinnen ist, hatten wir schon.
Also zurück.
Er freut sich, will 5 € und wir haben wenigstens einen halben Ersatzschlüssel.
Den verstecke ich mit Strippe unter einem Holm.
Jetzt kommen wir wenigstens immer ins Auto.
Was gibt es hier im Supermarkt:
Wein ja, Rosé nein.
Aber einen ganzen Block mit Tischwein. 0,95 € die Flasche.
Was für Hiesige gut ist, kann auch mir nicht schaden.
Mittags werde ich probieren.
Ob man davon blind wird?
Endlich ein Kreisel mit Schildern.
552 wussten wir´s doch. Wir sind richtig.
Der Bauch weiß mehr als Schilder.
Kilometer um Kilometer Sandstrand. 3 – 4 Autos, 5 oder 6 Menschelachs.
So ist das richtig.
Zeit für Siesta. Ein Schläfchen, für mich ist das wichtig.
Ich hatte in Frankreich einen 5 l Ballon Wein gekauft.
Das ist Fusel gegen diesen für 0,95 die Flasche.
Capo Fisterre bei Sonne. Schön, aber nicht so grandios wie Capo Ortegal.
Die Küstenstraße in Richtung Sta. Eugenia Ribeira ist ein Traum. Genau so was hatten wir uns vorgestellt. Bucht um Bucht, hügelige Landschaft, die sanft in Stränden auslaufen.
Fischerdörfchen, wenig Touristen.
Die Idylle, die wir wollten.
Bei Carnota kann ich nicht widerstehen, obwohl wir eigentlich noch bis Sta. Eugenia Ribeira wollten. Aber wie so oft, braucht man einen schönen Platz, ist keiner da.
Jetzt oder nie.
Ein schmales Sträßchen führt direkt zum Strand.
Sogar eine Dusche ist da.
Baden in der Brandung, Waschen mit Seife.
Spazierengehen mit Hund und dann dezent ein Loch im Sand.
Grillkohle rein, das merkt doch keiner, 2 x 8 Minuten, die Fische waren kleiner und schon haben wir im Sonnenuntergang ein herrliches Abendessen.
13.8.
Wir haben uns. seit 40 Jahren.
Jetzt wieder auf 3 qm Wohnfläche - im R 4 vor 30 Jahren war´s noch enger - und können uns gut riechen.
Die Sonne kommt, es wird ein schöner Tag.
Der tägliche Minisupermarkt.
Wir bemühen uns sehr, nicht bei Aldi oder Lidl oder anderen Riesen-supermärkten zu kaufen.
Frische Fische vom Stand, heute sind Barben dabei.
Eine Werkstatt klebt unsere Türgummis, die immer flappiger werden und das auch noch kostenlos.
Um die Bucht herum nach Noya.