Читать книгу Kurzgeschichten - Bernd Michael Grosch - Страница 54

Er lächelte.

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„Nein, - ich bin nicht geflogen. Ich und die Hornbläser sowie der Mann mit dem Saiten-Instrument haben euer Inneres beeinflusst, so dass ihr mich fliegen saht. Es ist mit euerem westlichen Begriff der `Hypnose ́ oder auch `Suggestion ́ zu vergleichen. –

Ich habe mich tatsächlich nicht von der Erdoberfläche entfernt, sondern saß die ganze Zeit in der Höhle und beobachtete euch. – Dies ist der Weg und die Art, in welcher die Inder größtenteils arbeiten; und wenn du willst, kannst du es Betrug nennen. – Betrug an deiner Seele und deinem

Verstand, falls es nicht angewendet wird, um dich zu etwas Positivem hinzuführen.“

Ich erinnerte mich an das Gefühl der sanften Fingerspitzen in meinem Gehirn, sowie des Vibrierens meines Körperinneren. -- Die Erwartungshaltung hatte zu den von außen kommenden Reizen beigetragen und dieses Ergebnis gezeitigt. – Ich verstand. – Sollte ich enttäuscht sein ? – War damit mein Traum vom Fliegen begraben ?

Der Lehrer schien in meinen Zügen zu lesen, denn er legte mir die Hand auf die Schulter.

„Sei nicht enttäuscht; gib auch nicht auf. – Ich bin nur ein kleiner, ungebildeter Mann. Es muss nicht heißen, dass das, was ich nicht kenne und kann, auch nicht möglich ist. Vielleicht gibt es Menschen, denen es bereits gelang – oder einmal gelingen wird, einen Hebel zu finden, um auch dieses Hindernis zu bewegen. Gib nicht auf ! Du hast dir eine Aufgabe gestellt und solltest darum Alles daransetzen, diese Aufgabe eines Tages auch erfüllen zu können. – Sollte es dir trotz aller Bemühungen dennoch nicht gelingen, so hast du keineswegs versagt - auch brauchst du dich darob nicht zu schämen. – Du hast es versucht – und es ist dir nicht gelungen. Das ist alles.- Solltest du aber aufgeben, obwohl du immer noch glaubst, dass, was du erreichen willst, möglich ist, - dann hast du tatsächlich versagt ! – Gibst du hingegen auf, weil du eingesehen hast, dass du einem

unmöglichen Traumgespinst hinterhergelaufen bist, so wirst du vernünftig gehandelt haben. – Lass nicht nach in deinen Bemühungen, solange du an eine Sache glaubst !“ Er lächelte. „Solange du noch ein Mensch bist, wirst du auch Irrtümern unterliegen; - das liegt in unserer Natur. Genauso wirst du auch irgendwann feststellen, ob und welchen Irrtümern du unterlagst – und kannst diese dann berichtigen. - Wir sind hier auf dieser Erde und in diesem Leben, um zu lernen. – Vieles, das man für möglich hält, existiert bisher noch nicht; - umgekehrt wurde Vieles erreicht, das für

unmöglich gehalten wurde. – Jeder hat letzten Endes selbst das Richtige für sich herauszufinden, auch wenn er die Hilfe Anderer in Anspruch nehmen kann und soll, um zu lernen. –

Auf deinem Weg werden dir Viele begegnen; - Einige werden ein Stück weit mit dir gehen;

- Andere werden dir eine Richtung weisen; - doch das Ziel wirst du ganz alleine erreichen....

-- Meine eigene Aufgabe sehe ich darin, Menschen von ihren Krankheiten zu heilen; - also sie, wie wir es sehen, von unguten Geistern zu befreien. Dazu ist es notwendig, dass die Patienten mir vertrauen und Glauben in meine Kräfte setzen. –

Dies ist der Grund, warum ich hin und wieder mit solchen Scheinvorführungen glänze. – Glauben die Leute nicht an mich und meine Kräfte, so glauben sie auch nicht an meine Medizin und

Heilkunst – und dann kann ich meine Aufgabe nicht erfüllen. – Deine Aufgabe ist eine andere – und deshalb solltest du auch nicht mit Scheinbarem arbeiten. Ich habe dir beigebracht, was ich über Heilpflanzen weiß; - alles Andere sollte dich nicht interessieren, damit du nicht von deiner eigenen

Aufgabe abgelenkt, - oder gar abgehalten wirst. – Du hast außerdem gelernt, kleine niedere

Erdgeister um Hilfe anzugehen; - somit hast auch du die Möglichkeit, Menschen zu heilen - und das ist gut so. Doch solltest du nun weitergehen auf deinem eigenen Weg, auf welchem ich dich jetzt nicht mehr begleiten kann. – Mir ist in Tibet Niemand bekannt, der Materie veranlassen kann, sich schwerelos zu verhalten; darum solltest du nun unser Land wieder verlassen, falls du nicht auch noch andere wichtige Interessen hast, um hier zu verweilen.“

Den ganzen restlichen Tag über gingen mir seine Worte durch den Kopf. Er hatte recht.

Gelernt hatte ich viel - jedoch würde mein eigentliches Anliegen hier nicht in Erfüllung gehen. – Doch wo würde ich eine Lösung des Problems finden ? Ich beschloss, zurück in die Heimat zu gehen, um das nötige Wissen vielleicht doch auf wissenschaftlichem Wege erwerben zu können.

Am Abend saßen wir wieder beisammen – und ich teilte ihm meine Gedanken mit. Er nickte

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