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DER INDISCHE GOTT
Mein Freund Zimmermann ist in letzter Zeit sehr schwer erreichbar.
- Fast unabkömmlich. ... er hat einen neuen Freund!
Nicht, dass ich etwa neidisch oder gar eifersüchtig wäre.
Bewahre!
Im Gegenteil - ich freue mich darüber, wenn ich auch nicht verstehe, was Zimmermann veranlasst hat, sich von einem tiefsitzenden Vorurteil freizumachen.
Sein neuer Freund ist nämlich Inder!
Ein fremdländischer Mensch also - und Zimmermann hat bisher allem Fremden äußerst
abweisend gegenübergestanden.
Nun also dieser plötzliche Umschwung!
Sooft ich versuche, mich mit Zimmermann zu verabreden, bekomme ich zu hören, dass er
bereits mit seinem indischen Schützling verabredet sei. Entweder in einem Restaurant zum Essen, oder bei sich zu Hause oder gar im Asylantenheim, in dem der neue Freund lebt.
Endlich gelingt es mir doch, einen – wenn auch nur kurzen – Termin gewährt zu bekommen.
Zimmermann führt mich in sein `Indisches Zimmer ́ ( ! ) und setzt sich – nein – lässt sich
würdevoll auf eine am Boden ausgebreitete Matte nieder!
Mit herablassender Geste bedeutet er mir, mich ebenfalls zu setzen; was ich denn auch – mit weniger Würde – tue.
Mit kerzengerade aufgerichtetem Oberkörper sitzt er da und sieht mir starr in die Augen.
Ich versuche, ernst zu bleiben und frage ihn mit unbefangener Miene nach seinem indischen
Freund.
Mit theatralischen Gesten berichtet Zimmermann nun über sein erstes Zusammentreffen mit
diesem intelligenten, ja geradezu weisen ( ? ! ) jungen Mann:
Er, Zimmermann, sei bei einem Spaziergange in einem Park ( er drückt es so aus: 'in einem Park gelustwandelt' ( !!! ) ...) mit jenem jungen Inder, der wohl in Gedanken versunken gewesen sei, zusammengestoßen.
Der junge Mann sei, nachdem er Zimmermanns’ ansichtig geworden, über die Maßen
erschrocken, ja geradezu entsetzt gewesen ( Gedankenstrich meinerseits ! ) und habe fortwährend ein indisches Wort – einen Namen, wie er, Zimmermann, nun wisse, gestammelt. Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, habe er Zimmermann in gebrochenem Deutsch erklärt, er habe Diesen für einen indischen Gott gehalten.
Mir verschlägt es die Sprache. Zimmermann ..... ein indischer Gott !
Zweifelnd blicke ich ihn an; doch Zimmermann macht keine Witze. Trocken erklärt er mir,
dass der Inder sich immer noch nicht ganz sicher sei, ob es sich nicht doch so verhalte, dass
Zimmermann die Re-Inkarnation jenes göttlichen Wesens sei....
Mit scharfer Stimme fügt er hinzu, dass sich die Asiaten der Tatsache der Wiedergeburt wohl bewusst seien – und er außerdem schon immer das Gefühl hatte, anders als die anderen Menschen zu sein. (Dem muss ich nun voll und ganz zustimmen. Zimmermann ist
tatsächlich nicht wie andere Menschen!)
Ich frage ihn, um welchen Gott es sich denn handle, da es deren ja bekanntermaßen eine
Unzahl gäbe. Er ist verblüfft, denn dieser Tatsache war er sich nicht bewusst.
Ich zähle einige Namen auf: Krishna, Shankar, Indra - doch Zimmermann kann sich beim
besten Willen nicht mehr an den Namen, den sein Freund so entgeistert gestammelt hatte,
erinnern. Er ist nun aber selbst interessiert und will sich heute noch danach erkundigen und
in einer Bibliothek Material über jenen Gott – also sich selbst – besorgen.
Damit ist die Audienz beendet und ich werde gnädig entlassen.
Mehrere Tage vergehen, in welchen ich nichts von meinem göttlichen Freund zu hören bekomme.
Mein Freund Zimmermann ist wieder erreichbar. -- Ist wieder abkömmlich.
Mit dem jungen Inder verbindet ihn eine tiefe Feindschaft und allem Fremdländischen
steht er – wie zuvor – abweisend entgegen.
Zimmermann hat den Namen jenes indischen Gottes erfahren und auch Material über ihn bekommen.
Der Name des Gottes ist H a n u m a n - und er ist der indische Affengott ......