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Kapitel zwei:
Die Reformation behauptet sich Kaiser Karl V.

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Da Luther nicht widerrufen hatte, wurde er am 3. Januar 1521 exkommuniziert. Kurfürst Friedrich hielt aber weiter zu ihm und setzte sich für ihn auch bei Karl V. ein, dem frisch erwählten „Römischen Kaiser“, wie dieser sich nannte. Am 27. Januar 1521 wurde zu Worms des Kaisers erster Reichstag eröffnet. Karl besaß das Königreich Spanien, das Königreich Neapel und die gesamte habsburgische Erbschaft im Reichsverband: die Niederlande, Luxemburg, die Freigrafschaft Burgund, Länder am Oberrhein und rund um Basel, Tirol, Ober- und Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain. Er sprach nur Spanisch und Französisch, Deutsch nicht. Die Erwartungen an ihn waren schier unermesslich. In Spanien wurde er als direkter Nachfolger des politischen Urvaters der abendländischen Christenheit, Karls des Großen, begrüßt. Er würde die westliche und östliche Christenheit wieder vereinigen, damit sich das Wort des Johannes-Evangeliums (10,16) erfülle: „[…] und wird eine Herde und ein Hirte werden“. Sein Mentor und Großkanzler Mercurino Gattinara suggerierte ihm, er habe den Auftrag zur Weltherrschaft, und wies ihm gar die Rolle des Kaisers der Endzeit zu, wie sie in apokalyptischen Visionen des Mittelalters vorgesehen war. Der Tag der Reichstagseröffnung galt als der Todestag Karls des Großen (der starb aber genau am 28. Januar 814).

Was als ein Nachklang des mittelalterlichen Universalismus daherkam, hatte tatsächlich durch die unerhörte Machtansammlung des Hauses Habsburg, die die letzten Jahrzehnte gesehen hatten, eine gewisse neue, materiell unterstützte Plausibilität gewonnen. Außerdem wurden gerade große Teile der von Kolumbus ab 1492 entdeckten „Neuen Welt“ der spanischen Krone unterworfen, mit einem ungeheuren Ertrag an Silber und Gold, der in die europäische Politik investiert werden konnte.

Wir wissen jedoch, dass gerade die Herrschaft Karls V. (bis 1556) das Auseinanderbrechen der westlichen Christenheit brachte. Des Kaisers Bestreben musste es lebenslang sein, dies zu verhindern, denn eine universale Herrschaft brauchte nach damaligem Verständnis eine universale Glaubenseinheit, da die Autoritäten von Kaiser und Papst seit Karl dem Großen eng aufeinander bezogen waren. Die Kaiserwürde war auch eine sakrale Größe. Karl V. hat sich der Sicherung der Glaubenseinheit im Abendland mit großem Bemühen gewidmet, teils politisch taktierend, teils in kriegerischer Aggressivität. Dass er am Ende scheiterte, lag nicht nur an der unbezwingbaren Glaubensstärke der sich immer mehr entfaltenden evangelischen Welt, sondern auch an den vielen Konflikten, die er sich eben dadurch zuzog, dass seine Herrschaftsinteressen fast ganz Europa, das Mittelmeer und den Atlantik umfassten.

Die evangelisch gewordenen Reichsfürsten waren die eine Potenz, die ihm widerstand. Diese war stets in taktischem Zusammenhang mit den beiden anderen mächtigsten Widersachern des Kaisers zu sehen, dem König von Frankreich und dem osmanischen Sultan. Frankreich kämpfte gegen die Umklammerung durch habsburgische Territorien, die Sultane waren sich tendenziell die Welteroberung schuldig, und neben der Wahrung der Glaubenseinheit bestand die heiligste Pflicht des Kaisers darin, die Christenheit gegen den Ansturm der „Ungläubigen“ zu schützen. Karl trug über alle drei Siege davon, aber sie blieben stark genug, um die Revanche nicht aufzugeben und ihn dadurch zu hindern, die Idee von der Universalherrschaft mit praktischem Leben zu erfüllen.

Was Luther angerichtet hat

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