Читать книгу From sunset to sunrise - Bernd Schlacher - Страница 11
ОглавлениеCreating a motto to live by
VORWORT
Es gibt etwas an der Stadt, ihrer Energie und ihren Menschen, das mich fasziniert. Das war schon mit fünfzehn so, als ich unter der Auflage, dass ich wie mein Vater einen Beruf bei der Eisenbahn erlerne, nach Wien gekommen bin. Die Steiermark war meine Kindheit, aus der ich in gewisser Weise herausgewachsen bin. Ich wollte Abenteuer erleben, Neues entdecken und die große weite Welt kennenlernen. Verglichen mit Knittelfeld kam Wien meiner Vorstellung von dieser schon relativ nahe. Ich konnte herumstreunen, mir meine neue Stadt und ihre Einwohner in Ruhe ansehen. Das verschlafene, graue Wien von damals hatte freilich wenig mit der bunten, internationalen und liberalen Stadt von heute gemein. Dasselbe gilt für die hiesige Lokalszene, von der Mitte der 80er noch viel zu wenig da war, als dass man sie überhaupt als solche hätte bezeichnen können. Trotzdem hat sie mich von Anfang an gereizt, ganz im Gegensatz zum Berufsbild eines Elektromechanikers, der ich auf dem besten Weg war zu werden. Ich bin kein Techniker, ich bin durch und durch Gastgeber. Der Umgang mit Menschen, für Gäste dasein, das hat mir schon als Jugendlicher sehr viel Spaß gemacht, wenn ich in den Sommerferien mein Taschengeld mit Kellnern und Schnitzelpanieren am Österreichring aufgebessert habe. Die Begeisterung dafür hab ich mir nicht ausgesucht, ich hab es einfach geliebt. Rückblickend ist es also wenig verwunderlich, dass ich gleich nach dem Abschluss meiner Lehre der Eisenbahn gekündigt habe und dem Ruf der Gastronomie gefolgt bin. Man muss wissen, wer man ist oder wenigstens, wer man nicht ist – das ist mir zum Glück recht früh bewusst geworden. Als ich mich mit zweiundzwanzig selbstständig gemacht habe und bei allen Lokalen, die ich später geführt habe, war mir deshalb eines besonders wichtig: dass ich „Meines“ mache und mich damit identifizieren kann. Das ist so ähnlich, wie wenn man als Kind sein Zimmer einrichtet und mit Postern dekoriert. Während bei mir damals Kiss prangte, hatte meine Schwester Boney M. und ABBA hängen. Der Unterschied ist, dass sich die Gestaltung eines Lokals nicht so einfach rückstandslos abziehen und von heute auf morgen ersetzen lässt, wenn sich die Zeiger der Trenduhren weiterdrehen. Mein Bewusstsein und meine Wertschätzung für das Zeitlose haben sich über meine dreißig Jahre in der Gastronomie verändert. Heute würde ich kein Szenelokal mehr eröffnen, das sich alle paar Jahre neu erfinden muss, stattdessen liegt mir daran, Klassiker zu schaffen, die Bestand haben und nachhaltig sind. Ein wahrer Klassiker ist Venedig für mich. Ich mag Orte am Wasser und da das Motto am Fluss direkt am Donaukanal liegt und zum Teil über dem Kanal schwebt, lag es für mich nahe, die venezianischen 50er dafür zum Vorbild zu nehmen. In den gemütlichen Loungemöbeln in sanftem Braun, Rot und Blau, umgeben von Kirschholz und dem schwarzweiß gemusterten Fliesenboden, werde ich auch, wenn ich einmal in Pension gehe, noch gerne sitzen. Am liebsten an einem Fenstertisch mit Blick aufs Wasser oder auf der Terrasse, wo ich der Sonne hinterherwandern kann.
EIN GASTGEBER GIBT
Bei allem, das ich angefangen habe, stand für mich immer im Vordergrund, dass es Spaß macht – mir und meinen Gästen. Ich erinnere mich an ein Erlebnis mit Freunden in einem gehobenen Wiener Traditionsrestaurant. Wir alle waren so stolz auf unsere schönen, neuen Sakkos ... sollten es aber nicht lange bleiben. Kaum angekommen, bat man uns höflich, aber bestimmt, Krawatten zu tragen, die wir uns vor Ort ausleihen mussten. Müssen und Sollen machen aber in den seltensten Fällen Spaß. Ob ich mich an einen bestimmten Dresscode halten muss, um willkommen zu sein, etwas zu essen bestellen soll, wo ich eigentlich nur etwas trinken möchte oder mir das Lachen verkneifen muss, weil sich das in einem stillen Restaurant nicht gehört: Ich werde nicht gerne bevormundet und möchte das auch meinen Gästen nicht zumuten. Wenn ich einen Dolmetscher für die Speisekarte brauche und vor lauter Besteck und Gläsern zu den einzelnen Gängen keinen Platz mehr habe, wird es anstrengend. Ein guter Gastgeber lässt seine Gäste Gäste sein und kümmert sich mit viel Liebe zum Detail darum, dass sie sich wohlfühlen und aus sich herauskommen. Dafür sind das Ambiente, die Musik, das Angebot und vor allem die Mitarbeiter ausschlaggebend, aber auch, dass man sich laufend weiterentwickelt und die Dinge nicht einfach laufen lässt. Wenn mir dazu die Zeit fehlt, brauche ich es gar nicht erst zu machen, denn dann fehlt auch die Liebe, das gewisse Etwas und meine persönliche Handschrift. Das war mit ein Grund, warum ich das Motto nach 24 Jahren abgegeben habe und mich heute voll und ganz dem Motto am Fluss, der Halle im Museumsquartier und dem MOTTO-Catering widme, statt gleichzeitig meinen vielen anderen Ideen nachzugehen, deren Verwirklichung in diesem Leben nicht mehr möglich sein wird.
Gastgeber sein hat in erster Linie mit Geben zu tun. Da steckt viel Arbeit dahinter, die der Gast an der Bar und bei Tisch im Idealfall gar nicht bemerkt. Gastronom ist einer der härtesten Jobs, die es gibt, zugleich aber auch einer der befriedigendsten, wenn viele Gäste zu Stammgästen werden, sich persönlich, in einem Brief oder mit einer Postkarte für den schönen Abend bedanken.
FAMILIENBANDE
Eine Familie lebt davon, dass man Zeit miteinander verbringt und viel gemeinsam unternimmt. So gesehen ist es ganz natürlich, dass meine Kollegen und Gäste, mit denen ich in der Gastronomie fast 365 Tage im Jahr verbringe, zu einer Art Großfamilie für mich geworden sind. Zu Zeiten, als ich nur ein Lokal mit 30 Mitarbeitern hatte, haben wir Geburtstage und Weihnachten gemeinsam gefeiert und anschließend für Gäste geöffnet. Im Laufe der Jahre hat sich dieser Kreis verkleinert und inzwischen ist eine richtige Familie daraus geworden. Meine Zweitfamilie aus dem Motto, zu der ich viele Stammgäste von früher zähle, möchte ich trotzdem nicht missen.
EASY GOING WIE IBIZA
Ich muss einmal in die Welt hinaus, dann komme ich gerne wieder zurück. So geht es mir auch, wenn ich alle zwei Monate für ein langes Wochenende nach Ibiza flüchte. Die Insel hat eine ganz bestimmte Energie, die sich wie die meisten intensiven Gefühle nicht beschreiben lässt, die man spüren muss. Wenn ich mich auf Ibiza aufs Land zurückziehe und Zeit in der Natur verbringe, stellt sich dieses angenehme, leichte Lebensgefühl von ganz allein ein. Die Leute sind lässig, es gibt keinen Stress und fühlt sich ein bisschen wie Kind sein an. Ausschließlich auf dem Land könnte ich aber selbst auf Ibiza nicht leben. Lieber bringe ich ein Stück von dieser einmaligen Energie und dem „easy going Lifestyle“ mit nach Wien. Im Motto am Fluss, bei unseren Caterings, mit unseren Lieblingsrezepten, den Playlists und Deko-Ideen in diesem Buch lässt sich das, was ich unter purer Lebensfreude verstehe, besser schmecken, hören und spüren, als Worte es beschreiben können.