Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Bernd Heinrich - Страница 56

aa) Keine Behandlungsübernahme

Оглавление

57

Sofern durch die bereits erwähnten Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses bestimmte Therapieformen ausgeschlossen sind, so hat dies – jedenfalls vor Übernahme der Behandlung[335] – durchaus Auswirkung auf eine entsprechende Behandlungspflicht des niedergelassenen Arztes.[336] Da von ihm eine unentgeltliche Durchführung von Behandlungsmaßnahmen, die rechtswirksam aus dem sozialgesetzlichen Leistungskatalog ausgegrenzt worden sind, nicht verlangt werden kann, besteht für ihn keine entsprechende Behandlungspflicht.[337] Für die strafrechtliche Garantenstellung kommt es ja grundsätzlich weder auf die Niederlassung als sozialrechtlich behandlungspflichtiger Vertragsarzt[338] noch auf den – eventuell vor der Behandlungsübernahme liegenden[339] – Zeitpunkt des Abschlusses eines zivilrechtlichen Behandlungsvertrags an; auch eine diskriminierende Behandlungsablehung unter Verstoß gegen § 19 Abs. 2 AGG führt – von Notfällen (dann § 323c StGB) abgesehen – angesichts der für ihn zivilrechtlich bestehenden Vertragsabschlussfreiheit nicht zu einer Strafbarkeit des Arztes.[340] Entscheidend für die ärztliche Einstandspflicht als Garant[341] kraft faktischer Übernahme[342] ist vielmehr die tatsächliche Übernahme[343] der Behandlung (etwa durch den Untersuchungsbeginn[344]).[345] Dieses Zurückbleiben des Strafrechts hinter den Vorgaben des Sozialversicherungsrechts sowie des Zivilrechts ist angesichts des ultima-ratio-Gebots für den Einsatz des strafrechtlichen Instrumentariums auch legitim.[346]

58

Bei einem im Krankenhaus tätigen Arzt ist zu berücksichtigen, dass seine Garantenstellung bereits aus seiner Einbindung in die Krankenhaus-Organisation als Einrichtung der Daseinsvorsorge[347] folgt: Da diese Einrichtung gegenüber den von ihr aufgenommenen Patienten die – zu delegierende – Verpflichtung zur Heilbehandlung übernommen hat, wächst dem dort tätigen Arzt infolge der internen Verantwortungsverteilung eine Garantenstellung für alle in seinem Zuständigkeitsbereich aufgenommenen Patienten zu.[348] Dies gilt zumindest dann, wenn er nach der Krankenhausorganisation zum Dienst eingeteilt ist.[349] Einer Übernahme der Behandlung durch ihn selbst bedarf es zur Pflichtenbegründung dann nicht. – Entsprechendes gilt für den Notarzt als Teil[350] des öffentlich-rechtlich organisierten Rettungsdienstes.

59

Bei einem Bereitschaftsarzt ist hingegen mit Roxin[351] zu differenzieren: Nur bei Patienten, die bereits bei einem anderen Arzt in Behandlung sind, übernimmt er in deren Vertretung ihre Schutzfunktion, während in den übrigen Fällen für ihn keine Garantenstellung besteht, so dass nur Strafbarkeit nach § 323c StGB in Betracht kommt.

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх