Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Bernd Heinrich - Страница 61
h) Fehlende strafrechtliche Haftungsbeschränkung in sonstigen Fällen
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Demgegenüber vermag eine für den konkret zu behandelnden Patienten ausgeschlossene Honorierung ärztlicher Tätigkeit infolge einer Budgetierung[386] (etwa durch Vorgaben des Honorarverteilungsmaßstabes[387]) den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt nicht aus seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu entlassen, wenn er aus diesem Grunde eine medizinisch angezeigte Behandlung aufschiebt und hierdurch die Gesundheit oder gar das Leben seines Patienten schädigt: Die Frage der Kostenerstattung stellt lediglich eine Frage der Verteilung knapper Mittel innerhalb der Ärzteschaft dar.[388] Zu denken ist hierbei bspw. an Regelleistungsvolumina für ärztliche Leistungen, Richtgrößenvolumina für Arznei- und Verbandsmittel sowie insbesondere an Quartalspauschalen in Form von hausärztlicher Versichertenpauschale sowie fachärztlicher Grundpauschale;[389] auch die Fallpauschalen für die Krankenhausbehandlung sind hier zu erwähnen. Wagner[390] weist i.Ü. zurecht daraufhin, dass von einem Zwang zur kostenlosen Behandlung insoweit ohnehin keine Rede sein kann, da lediglich die Honorierung je behandeltem Patienten anteilsmäßig sinkt. Fehlende sozialversicherungsrechtliche Kostendeckung würde i.d.R. auch nicht zur Unzumutbarkeit (als strafbarkeitseinschränkendem Regulativ im Bereich der Fahrlässigkeits- und Unterlassenstrafbarkeit) führen, da die beim Patienten tangierten Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit/Gesundheit oder gar des Lebens gegenüber wirtschaftlichen Interessen des Arztes als höherwertig einzustufen sind.[391] Hinzu kommt, dass die gesetzliche Wertentscheidung (SGB V), wonach der Arzt und nicht sein Patient die aus der sozialversicherungsrechtlichen Budgetierung folgenden Nachteile zu tragen hat,[392] einer Anwendung von § 34 StGB (Nichtbehandlung kein „angemessenes“ Mittel) sowie der Annahme einer Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens entgegensteht.[393] Dem Arzt ist also die Mühsal aufzuladen, in eigener Person – und damit auch auf eigenes finanzielles Risiko – sozial- und verfassungsrechtlich klären zu lassen, ob die innerärztliche Honorarverteilung auf die einzelnen Berufsgruppen und Praxen gegen das aus Art. 12 i.V.m. Art. 3 GG herzuleitende Gebot der Verteilungsgerechtigkeit verstößt.[394] Auch bleibt ihm die sicherlich höchst zeitaufwändige und mühselige Möglichkeit, die Notwendigkeit einer Überschreitung seiner Budgetgrenzen im Einzelfall zu belegen.[395]