Читать книгу GENAU INS GLÜCK - Oder knapp daneben - Bernhard Bohnke - Страница 7
5 DENK DICH DÜNN
ОглавлениеIn seinem Positivheim angekommen, schwang sich Stefan auf seinen Positivsessel. Aber er dachte jetzt nicht positiv, sondern er dachte nach; genau genommen dachte er nach, wie er durch Positives Denken abnehmen könnte: Sicher, klar, natürlich, ich muss mich in Gedanken dünne machen, nur wie schaffe ich dieses "mich Verdünnen"?
Etwas zerstreut blätterte er in der "Hör Zu". Zufällig schlug er die Seite mit dem Radioprogramm auf. Und zufällig entdeckte er, dass dort die Sendung "Denk dich dünn!" abgedruckt war. Und zufällig begann die Sendung gerade in zehn Minuten. Übrigens sollte sie laut Programm auch nur zehn Minuten dauern. Das konnte nun kaum auch noch Zufall sein. Vielmehr war es erstaunlich, dass ein so schwergewichtiges Thema wie das Dicksein in so kurzer bzw. dünner Zeit abgekocht werden sollte. Aber Stefan nahm das als gutes Omen, denn „nomen est omen“. Vielleicht wurde ja die Dünnleibigkeit am besten durch eine dünne Sendung bewirkt.
Schon mit den ersten Worten gewann der Sprecher seine Sympathie: "Vergessen Sie alles über Diäten, Hunger und Selbstquälerei. Mit dem Positiven Denken nehmen Sie völlig mühelos ab, ohne Eßdisziplin aufbringen zu müssen." Stefan atmete erleichtert auf. Denn im Laufe der Jahre hatte er schon manche Diät versucht, vor allem die Punkte-Diät, eine sogenannte Super-Diät, sogar die Liz-Taylor-Diät. Alle diese Hungerkuren führten zu keinem dauerhaften Erfolg: Entweder er hatte sich eine Weile an die Diätrichtlinien gehalten und trotzdem kaum abgenommen.
Oder er hatte die Diät schon nach einigen Tagen nicht mehr ausgehalten, einmal bereits nach einigen Stunden, und da war natürlich gar nichts mit Abnehmen. In einem Fall hatte er sogar unter der Diät zugenommen, allerdings aß er damals auch die Diätkost - einen schrecklich faden Weizenbrei - zusätzlich zu seiner Normalkost. Jedenfalls schien sich die alte Weisheit zu bestätigen: Schmeckte etwas gut, machte es dick. Und machte es dünn, schmeckte es schlecht.
Aber mit der Methode "Denk dich dünn" würde das alles anders werden. Wie er hörte, könnte man einfach durch entsprechende Gedankenbefehle an Gewicht verlieren, weil weniger Nahrung resorbiert und mehr Körperfett abgebaut würde - Stefan war begeistert. Außerdem ließe sich so der Appetit erheblich reduzieren, ohne jedes Hungergefühl - Stefan war weniger begeistert. Also musste er doch weniger essen. Aber gut, wenn dies wie von selbst geschah, ohne Verzicht, sollte es ihm recht sein. Das Grundmotto der Sendung lautete: "Du bist, was du denkst."
Denkst du positiv, dann bist du auch positiv. Denkst du, ein Gewinner zu sein, dann bist du es auch. Denkst du an Erfolg, dann bist du auch erfolgreich. Und bezogen auf das Gewicht: Denkst du, du bist dünn, dann bist du auch oder wirst jedenfalls dünn. Kurz und bündig: "Denkste dünn, dann biste dünn."
Stefan war mal wieder etwas skeptisch. Das hatte er auch schon anders gehört: "Du bist, was du tust", "Du bist, was du willst" oder vor allem "Du bist, was du isst". Und dieser letzte Spruch schien ihm gerade beim Körpergewicht überzeugender: Isst man wenig, so ist man auch wenig. Soll heißen, man ist vom Gewicht her wenig, wiegt wenig. Aber wie schon öfters wischte er seine Zweifel beiseite. Denn er wusste ja: Wenn er nicht an das Positive Denken glaubte, dann half es ihm auch nicht. Lieber lauschte er weiter. Der Sprecher nannte zwei entscheidende Maßnahmen:
Erstens sich vorzustellen, ganz dünn zu sein, "wie ein Strich in der Landschaft". Zweitens sich einzureden, überhaupt keinen Hunger zu haben: "Sie kennen das Wort 'Hunger' gar nicht mehr." Nun gut. Stefan begann sich vorzustellen, wie er dünn aussähe: schlank, mager-hager, wie eine männliche Twiggy. Richtiger gesagt, er versuchte, sich das vorzustellen. Denn auf rätselhafte Weise entstanden vor seinem inneren Auge gerade die umgekehrten Bilder. Er "sah" sich dicklich, schwabbelig, pausbäckig. Und je mehr er seine Phantasie drängte, "dünne Bilder" zu produzieren, um so mehr wuchsen sein Bauch und seine Hamsterbacken. Stefan versuchte daher, sich erst einmal andere dünne Menschen vorzustellen. Spontan fiel ihm Stan Laurel, der den "Doof" verkörperte, ein, der war wirklich gertenschlank. Aber als er ihn visualisieren wollte, erschien stattdessen der beleibte Oliver Hardy, der "Dick", auf seiner inneren Leinwand.
Was tun? Wahrscheinlich musste er die "Dünn-Denk-Aufgabe" in mehrere Schritte zerlegen, sich in der Phantasie ausmalen, wie er Stück für Stück, Kilo für Kilo an Gewicht abnahm. Dafür bot sich geradezu zwingend die Geschichte vom Suppenkaspar an, deren Bilder in dem Buch "Struwwelpeter" er aus der Kindheit noch lebhaft vor Augen hatte. Erst sah der Suppenkasper reichlich fett aus (damals hielt man das allerdings für gesund und schön), dann nahm er in mehreren Etappen fast bis zum Null-Gewicht ab. Natürlich wollte Stefan nicht so weit gehen, aber es konnte doch wohl nicht schaden, in der Phantasie ein wenig zu übertreiben, damit seine hartnäckig dicklichen Vorstellungen überhaupt anfingen abzuspecken. "Nein, meine Suppe ess' ich nicht", murmelte Stefan.
Und auf einmal funktionierte es, und wie! Er sah sich mit seinem inneren Auge abnehmen, beinahe in Zeitraffer. Gerade noch wohlgenährt, war er mit einmal abgemagert, klapperdürre, mit eingefallenen Wangen und hervorstehenden Knochen, um die seine Kleider schlotterten. Stefan erschrak: Der letzte Vers aus dem "Suppenkaspar" fiel ihm ein:
"Am vierten Tage endlich gar
Der Kaspar wie ein Fädchen war.
Er wog vielleicht ein halbes Lot -
Und war am fünften Tage tot."
Eine schreckliche Angst überkam Stefan, eine existentielle Angst, eine Angst zu verhungern. Und da erwachte plötzlich ein wahrer Heißhunger in ihm. Bloß nicht das noch! Schnell ging er zu der zweiten Methode über und sagte zu sich: "Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig!" Von wegen. Vor seinem geistigen Auge entstand ein monumentales Essens-Gemälde, ganze Landschaften aus kulinarischen Köstlichkeiten: verführerisch duftende, süße Früchte aus aller Herren Länder; zartes, rosiges, fein marmoriertes Fleisch in einer exquisiten sahnigen Sauce, serviert auf edlem Porzellan; daneben kostbare Silberschalen, gefüllt mit delikaten frischen Salaten oder überquellend von exotischen bunten Gemüsen; nicht zu vergessen phantastische Dessertkompositionen aus Eis, Sahne und erlesenem Gebäck.
Stefan schwindelte. "Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig!" schrie er. Aber die Ess-Phantasien waren stärker. Und hatte er zunächst nur die Schlemmereien allein gesehen, so sah er jetzt sich selbst, wie er all diese herrlichen Speisen aß, nein futterte, nein in sich hinein schlang. Schließlich ging es zu wie im Schlaraffenland: Braun gebratene Täubchen flogen ihm direkt in den Mund, dann labte er sich an Flüssen von Milch und Honig. Die Bilder waren so lebendig und eindringlich, fast wie Halluzintionen.
Vergeblich versuchte er, ein Bollwerk der Gedankenkontrolle aufzubauen, es wurde überschwemmt, ja weggeschwemmt von den Ess-Bildern, aber auch von immer drängenderen Ess-Gelüsten. "Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig!" Noch einmal bäumte er sich verzweifelt auf, dann ergab er sich. Jetzt war es ihm egal. Er ging, nein rannte zum Kühlschrank und plünderte ihn gnadenlos. Zwar enthielt der keineswegs solch’ erlesene Leckerbissen wie in der Phantasie gesehen, sondern ganz gemeine Fressalien. Statt edelstem Fleisch gab es etwa pappige Frikadellen, statt einem exotischen Gemüsepotpourri Brechbohnen aus der Büchse. Aber was machte das?! Hauptsache, er wurde satt und die Suppenkaspar-Angst verschwand. Konnte er kein Gourmet (Feinschmecker) sein, dann wenigstens ein Gourmand (Vielfraß). Zwischendurch mümmelte er mit vollem Mund weiter: "Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig."
Aber das war nur noch eine inhaltsleere Beschwichtigungsformel, richtiger hätte er "guten Appetit" sagen können. Daran haperte es ihm wahrlich nicht. Er begann das große Fressen mit den Papp-Frikadellen, auf die er Erdbeermarmelade schmierte - eigentlich hätte es Ketchup sein sollen; dann aß er einen Sahnequark - "ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig" - und verschlang die Brechbohnen. In seiner Angst verschmähte er auch nicht eine Packung Knäckebrot, danach bezwang er einen halben Camembert - den er besser mit dem Knäckebrot zusammen gegessen hätte. Den Abschluss bildeten eine überreife Banane mit zwei Nuss-Schoko-Riegeln - "ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig" - und eine Tafel weiße Schokolade, gottseidank Diät-Schokolade mit weniger Kalorien. Von einem Moment auf den anderen war er plötzlich satt, total satt, so satt wie noch nie zuvor in seinem Leben. "Ich bin nicht hungrig, ich bin nicht hungrig." Ja, jetzt stimmte es. Hatten diese Anti-Hunger-Gedanken vielleicht doch noch geholfen? Nein, das konnte er sich nicht selbst weismachen. Er war einfach "befressen", so wie jemand von zu viel Alkohol besoffen war.
Stefan fühlte sich elend. Sein Bauch drückte, aber auch sein Gewissen drückte angesichts dieser Völlerei. Und es fiel ihm ein, dass er neulich etwas über Ess-Sucht gelesen hatte, von einer Krankheit namens Bulimie, zu deutsch "Ochsenhunger": Wahrlich, wie ein - dummer - Ochse habe ich gemampft. Bin ich jetzt ein "Ess-Kranker"? Werde ich so, wie ein Fixer von der Spritze, von meinem Kühlschrank abhängig sein?
Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Sendung zu Ende war, wahrscheinlich schon längst, er hatte das in seinem (Fr)Ess-Rausch gar nicht mitbekommen. Stattdessen dudelte ein alberner Schlager: "Bei Muttern futtere ich am liebsten ... " Stefan verspürte allerdings mehr Ärger als Schuldgefühle. Nicht er hatte eigentlich versagt, sondern das Positive Denken. Das Dünn-Denken war plötzlich in ein Fress-Denken umgeschlagen. Davor musste man doch gewarnt werden. Vielleicht war das Positiv-Denken, wie ein Medikament, nicht ungefährlich. Dann sollte aber in den entsprechenden Büchern stehen: "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie den Umschlagtext und fragen Sie Ihren Arzt oder Buchhändler." Und bei Rundfunksendungen müsste gewarnt werden: "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Programmzeitschrift oder fragen Sie Ihren Zeitungsverkäufer."
Er würde dennoch nicht aufgeben. Sein Gewicht zu verringern, das war eine längerfristige Aufgabe. Aber es war auch eine im wahrsten Sinne gewichtige, schwergewichtige Aufgabe. Vielleicht würden sich sogar seine Chancen bei Nicole, seiner schönen Nachbarin, enorm erhöhen, wenn er leichtgewichtiger vor sie träte. Allerdings vertraute er in dieser delikaten Angelegenheit nicht nur aufs Dünnerwerden. Er hatte auch die kosmische Kraft auf Nicole angesetzt; diese Urkraft, die Atome zusammenhielt und Galaxien auseinanderschleuderte, die müsste Nicole schon rumkriegen.
Am nächsten Tag war Frau Redlich wieder im Büro. Offensichtlich suchte sie ein Gespräch mit ihm unter vier Augen, aber Stefan wich ihr immer wieder aus. Doch schließlich erwischte sie ihn, als Alf gerade aus dem Zimmer gegangen war.
Herr Glanz, ich bedauere, wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin. Nun ... es ist mir unangenehm, darüber zu sprechen. An dem besagten Morgen hatte ich morgens Sekt getrunken. Nicht was Sie jetzt denken. Ich lebe noch bei meinen Eltern, und zum 75. Geburtstag meines Vaters gab es ein Sektfrühstück. Das konnte ich nicht ablehnen, obwohl ich keinerlei Alkohol vertrage. Ich bekomme sogar von Selters einen Schwips. Vor allem wenn ich Sekt trinke, bin ich völlig aufgedreht. Ich verliebe mich dann sofort in den erstbesten Mann. Das hatte mit Ihnen persönlich gar nichts zu tun. Jetzt, im nüchternen Zustand, sind Sie mir wieder völlig gleichgültig. Ich bin von Ihnen wie von einer Krankheit geheilt."
Stefan war erleichtert, gekränkt und enttäuscht. Erleichtert, dass Frau Redlich nichts von ihm wollte. Trotzdem gekränkt, dass sie ihn als Mann offensichtlich nicht attraktiv fand. Und enttäuscht, dass sein Positives Denken hier also doch nichts - und sei es auch bei der falschen Frau - bewirkt hatte.
"Sicher, so etwas kann ja vorkommen", sagte er schwammig, um nur überhaupt etwas zu sagen.
"Sie haben sich hoffentlich nicht bedrängt gefühlt?" fragte sie nach.
"Nein, gar nicht", antwortete er wahrheitswidrig.
"Ich möchte natürlich nicht, dass Sie einen falschen Eindruck von mir bekommen", beharrte sie.
"Ich habe überhaupt keinen Eindruck", murmelte Stefan.
"Und Sie sind auch wirklich nicht verärgert, auch kein klein bisschen?" hakte sie nach.
"Ganz und gar nicht", presste Stefan hervor und unterdrückte seinen Ärger.
"Es wäre mir nämlich sehr unangenehm, wenn Sie mich für aufdringlich halten würden", bedrängte sie ihn.
"Neeeiiin, Sie sind absolut unaufdringlich", stöhnte Stefan.
"Sie müssen schon entschuldigen, das ist sonst wirklich nicht meine Art.
Aber Sie verstehen doch die Umstände?" nervte sie weiter.
"Ich verstehe und entschuldige alles", zischte Stefan und ballte die Faust in der Tasche.
"Nicht dass Sie mich missverstehen ... " Frau Redlich holte tief Luft.
Stefan war kurz davor loszuschreien: "Sie sind doch immer noch besoffen!" Dieser Satz lag ihm schon auf der Zunge. Gottseidank kam Alf in diesem Moment wieder ins Zimmer und befreite ihn aus seiner hochnotpeinlichen Lage.
"Aha, unsere Frau Redlich. Ich störe doch hoffentlich nicht ein trautes Rendezvous."
Frau Redlich errötete. "Nein, natürlich nicht. Ich wollte Herrn Glanz nur von einem ganz reizenden Film erzählen, den ich gerade gesehen habe: 'Die Königskinder'. Der geht wirklich zu Herzen."
"Und tiefer", meinte Alf anzüglich.
Frau Redlich wurde jetzt knallrot und verließ fluchtartig den Raum. Alf schlug sich auf die Schenkel und lachte dröhnend, fast originalgetreu wie der TV-Außerirdische.
- Habe ich dir den Schatz verjagt, Candidus?
- Jetzt reicht es mir aber mit deinen ewigen Anpöbeleien!
- Ja wenn du so miesepetrig bist, muss ich dich eben etwas hochnehmen.
Vielleicht macht dich das lockerer und lustiger.
- Dazu brauche ich bestimmt nicht deine so uneigennützige Hilfe.
- Wieso?
- Ich betreibe das Positive Denken. Vier Bücher habe ich schon darüber gelesen. Bald werde ich voll positiv sein.
Da war es raus. Ungewollt. Er hatte sich extra vorgenommen, nicht davon zu sprechen. Und schon gar nicht "Ekel-Alfred" gegenüber. Aber der hatte ihn eben provoziert. Nun, vielleicht war es gar nicht so schlecht, vielleicht wäre Alf beeindruckt. –
Nein, war er nicht: "Oho, Candidus wird zum Sunnyboy", feixte er. "Hast du dir denn auch schon eine rosa Brille gekauft? Jetzt darfst du nur noch Gedanken in Schweinchen-Rosa haben. Ach, dein komisches Haifisch-Lächeln neulich, das gehörte wohl auch zum Übungsprogramm." Alf schüttelte sich vor Lachen: "Hahaha." Zu allem Überfluss begann er auch noch zu singen: "Und der Haifisch, der hat Zähne, und die trägt er im Gesicht ... " Ohne es zu merken, zupfte Stefan wieder an seinem Ohrläppchen. Aber Alf merkte es. "Wenn du da weiter so rumziehst, dann wird aus deinem Ohrläppchen noch ein Ohrlappen."
Trotzig dachte Stefan: Was mich nicht umbringt, macht mich nur positiver. Dennoch ging er an diesem Tag ziemlich wütend nach Hause. Hätte er nur den Mund gehalten! Aber irgendwie musste er auch mal mit jemandem über sein Positiv-Programm sprechen. Nur Alf war bestimmt nicht der geeignete Gesprächspartner. Er brauchte - positive - Gesinnungsgenossen, verwandte Geister, mit denen er sich austauschen konnte. Und die ihn ermutigten, wenn es - mal wieder - nicht geklappt hatte mit dem Positiven Denken. Natürlich, er könnte Helmut noch einmal anrufen. Aber das letzte, was er jetzt hören wollte, waren wieder Ratschläge zur seelischen Müllabfuhr. Helmut war ihm einfach zu weit voraus im Positiv-Denken. Er verglich es mit zwei Tennisspielern, von denen der eine Anfänger und der andere schon ein Fortgeschrittener war. Wenn die zusammen spielten, hatte keiner von beiden viel davon. Nein, er würde sich lieber nach Menschen im gleichen Positiv-Entwicklungsstadium wie er selbst umsehen, nach einer Art Selbsthilfegruppe für Positivität. Wie er ehrlich zugab, musste das eine "Kinder"-Gruppe sein, denn er selbst war von seinem "Positiv-Alter" her vielleicht mal gerade drei Jahre alt. Aber wie lerne ich solche Leute kennen? grübelte Stefan. Am besten über eine Anzeige. Oder online? Nein, erst mal auf die gute alte Methode. Es gibt doch fast alles in Zeitungs-Anzeigen: Job, Auto, Ehe, Wohnung, warum nicht auch eine Denkgruppe für positive Krabbelkinder? Ich könnte natürlich selbst eine Annonce aufgeben; aber erst einmal will ich gucken, ob eine solche Gruppe ihrerseits annonciert hat.