Читать книгу Man stirbt nur einmal - Bernhard Giersche - Страница 7
30. September 2017
ОглавлениеVorgestern hat der Sozialdienst des Soester Klinikums eine Begutachtung für den Pflegegrad bei mir vorgenommen und beim medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) die Einstufung beantragt. Kaum vierundzwanzig Stunden später teilte der MDK per FAX mit, dass ich mindestens im Pflegegrad zwei bin. Nun bin ich also offiziell auch Pflegefall. Das macht mir durchaus komische Gefühle. Doch hinter dieser Einstufung steht auch die Tatsache, dass uns die Pflegekassen nicht im Stich lassen, sondern ungeheuer schnell, unbürokratisch und pragmatisch finanzielle und materielle Hilfe anbieten. Wer über dieses System meckert, gehört geohrfeigt. Dass ich nun erwerbsunfähiger, zu einhundert Prozent behinderter Pflegefall bin, liest sich erschreckend, ist aber nun mal so. Innerhalb von nur drei Monaten bin ich also da angekommen. Take it, like it is….
Bereits um neun Uhr konnte ich heute das Krankenhaus verlassen. Der erste Tag der Chemotherapie, also vorgestern, war eine wahrliche Hölle. Alles, was sonst im Zeitraum von drei oder vier Tagen eintrat, das passierte nun innerhalb einer Stunde, wirklich heftig. Zwanzig Milligramm Morphium schafften Abhilfe. Danach ging es besser und die Befürchtung, dass nach dem Abklingen des Morphiums alles von vorne losgehen würde, hat sich nicht erfüllt.
Und so sitze ich jetzt, etwas benebelt und klapprig auf den Beinen, aber guter Dinge auf dem heimischen Sofa und erfreue mich meines Lebens. Das Buch und anstehende Lesungen, die FB Beiträge und die Kolumne in der Tageszeitung halten mich auf Trab und geben mir das nachhaltige Gefühl, zum Sterben keine Zeit zu haben. Und das ist auch gut so.
Nächste Woche habe ich etliche Termine und mehr Stress, als ein gesunder Mensch hat. Und Pläne habe ich massenweise. Kleine und Große. Nein, ich werde mich nicht überfordern, aber fordern schon. Stillstand ist doof.