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4. April, 11:30 Uhr

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Der Chef der Chirurgie hatte von dem Skelettfund gehört. Es war aber nicht das Skelett, sondern vielmehr dessen künstliche Hüfte, die ihn dazu bewog, den Fund zu inspizieren. Rein professionelle Neugierde.

Er wollte einfach sehen, ob es daran Spuren starker Abnützung gab, die einen Hinweis auf die Qualität des verwendeten Materials liefern konnten. Wie oft bekommt man schon eine Prothese zwanzig Jahre nach dem Ableben seiner Trägerin zu Gesicht?

Nachdem man ihm mitgeteilt hatte, dass die Knochen so rasch wie möglich in die Gerichtsmedizin der Med-Uni in Wien zur weiteren Untersuchung gebracht werden sollten, rief er den Haus-Pathologen mit der Bitte, ihm die Knochen kurz zu zeigen, an.

Der Operationsgehilfe, der das in einen weißen Plastiksack gehüllte Skelett aus einer der vierundzwanzig Kühlboxen zog, über die die Prosektur verfügte, legte es vorsichtig vom Transportwägelchen auf einen der beiden schwenkbaren Seziertische. Der Primar öffnete selbst den Plastiksack, setzte eine Brille auf und beugte sich über die kümmerlichen Überreste der Leiche.

»Trotz des Hiebs, den sie abbekommen hat, ist deutlich zu erkennen, dass es sich um eine zementierte Prothese handelt. Der Eingriff ist also bei einer älteren Person vorgenommen worden. Mit schon reduziertem Knochenmaterial in der Pfanne.«

»Würde ich auch sagen. Dass die Frau zumindest bei ihrem Tod schon jenseits der sechzig gewesen sein muss, sieht man auch an anderen Merkmalen.«

»Ich hoffe, Sie wollen jetzt mit mir kein Anatomie-Seminar abhalten.« Ritzek lachte seinen deutlich jüngeren Kollegen an.

»Wie lange schätzen Sie, dass die Frau schon in dem Weingarten gelegen ist?«

»Der Gerichtsmediziner hat gesagt, mindestens fünfzehn Jahre. Eher mehr. Auch zwanzig bis fünfundzwanzig sind möglich.«

»Dann habe ich sie jedenfalls nicht operiert. In meiner Turnuszeit habe ich noch nicht operieren dürfen. Abgesehen davon, dass die Frau auch ganz woanders operiert worden sein könnte. Für die Operation müsste ich mich allerdings gar nicht schämen. Hat der Kollege damals gut gemacht. Und was geschieht jetzt mit den Knochen? Ich höre, Sie wollen sie nach Wien schicken.«

»Nicht ich, sondern die Kriminalpolizei. Wollen wissen, ob es Hinweise auf Gift gibt. Brauchen aber noch das Okay der Staatsanwaltschaft.«

»Verstehe.« Der Primararzt, der in der Zwischenzeit seine Brille wieder in die Tasche seines weißen Mantels gesteckt hatte, rieb sich zweifelnd und nachdenklich die Nase. »Da würde ich an deren Stelle zuerst einmal die Vermisstenmeldungen von damals überprüfen. So viele alte Damen werden in der Wachau in einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren nicht verschwinden. Kann natürlich auch sein, dass die Dame ganz woanders vermisst wird. Ist zum Glück nicht unser Bier. Hat der Gerichtsmediziner geschaut, ob zumindest ein Teil der Kontrollnummer noch vorhanden ist?«

»Hat er. Hat nichts Brauchbares gefunden.«

»Kein Wunder, wie die Hüfte da bearbeitet worden ist. Haben Sie eine Lupe?«

Dürnsteiner Würfelspiel

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