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Vorwort

Resilienz, ein bereits populär gewordenes Thema, ist der Gegenstand des vorliegenden Buches. Es geht um die vielversprechend klingende, aber gleichzeitig schwierig zu beantwortende Frage, wie die Bewältigung von sehr belastenden Lebensumständen (Krisen, Traumata) gelingen kann. Bei der Behandlung des Stoffes und Sichtung der mittlerweile sehr umfangreichen Fachliteratur wurden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt.

Einer konzentriert sich auf das Problem der Entwicklung von Resilienz. Emmy Werner hat sich um die Erforschung von Resilienz verdient gemacht und den Begriff entscheidend geprägt. Sie machte darauf aufmerksam, dass es unterschiedliche Ressourcen gibt, die sich gegenseitig ergänzen und schließlich einen Bewältigungsprozess positiv verlaufen lassen können. Ein entwicklungspsychologischer Blick sollte zum besseren Verständnis beitragen:

„Um das Phänomen der Resilienz zu verstehen, brauchen wir eine Zeitperspektive, da Resilienz keine Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern das Endprodukt von Prozessen, bei denen es nicht um die Beseitigung, sondern das ‘Abfedern’ von Risiko und Stress und somit um die Ermöglichung eines erfolgreichen Umgangs damit geht.“ (Werner, 2007a, S. 48)

Dass man das Risiko bzw. das Problem oft nicht völlig beseitigen kann, ist zwar schade, trifft aber das Thema im Kern. Schließlich meint man, wenn von Resilienz die Rede ist, den Umgang mit gravierenden Belastungen und nicht den Umgang mit kleineren alltäglichen Aufgaben. Jeder Lebensabschnitt beinhaltet Herausforderungen, die man aufgrund des Alters von Personen erwarten kann, und Risiken (z.B. schwere Unfälle, Verluste), die unverhofft eintreten können. Im Folgenden geht es um Resilienz im Erwachsenenalter, dem Altersbereich, der in der Forschungsliteratur weniger Beachtung gefunden hat als das Kindesalter.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Behandlung psychologischer Prozesse, was meinem persönlichen Bildungsweg geschuldet ist. Biologische, medizinische oder etwa soziologische Aspekte werden zwar angesprochen, aber nicht in der gleichen Ausführlichkeit behandelt wie die kognitiven, motivationalen und emotionalen Prozesse der Bewältigung. Für die Darstellung des Themas Resilienz aus der Perspektive von angrenzenden Fächern muss auf deren jeweils eigene Literatur verwiesen werden.

Worum geht es im Einzelnen? Das erste Kapitel befasst sich damit, was unter Resilienz verstanden wird. Es behandelt die Struktur von Resilienz sowie verwandte Konzepte und führt in methodische Grundkenntnisse ein (korrelative Studien, Studien mit Kontrollgruppen und experimentelles Vorgehen). Man soll die Aussagekraft, die Schwierigkeit und Grenzen empirischer Studien beurteilen können, die Hinweise auf Resilienz geben. Die vorliegenden Studien wurden mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Inhalten konzipiert und leisten einen spezifischen Beitrag zur Erforschung von Resilienz.

Das zweite Kapitel behandelt die Rahmenbedingungen der Resilienz samt Ursachen und Konsequenzen. Die Psychologie der Lebensspanne dient dabei als theoretischer Rahmen und verstärkt den entwicklungspsychologischen Blick dafür, dass es um Veränderungen und Prozesse geht. Resilienz ist nicht einfach schon da, sondern ein Produkt, das erlebte Krisen und adaptive Prozesse voraussetzt. Zu den Herausforderungen im Erwachsenenalter gehören, im positiven wie im negativen Sinn, Entwicklungsaufgaben wie der Erhalt der körperlichen Funktionstüchtigkeit oder soziale Beziehungen in unterschiedlichen Lebensabschnitten (z.B. soziale Erwartungen bezüglich der Rollenausübung im privaten oder beruflichen Kontext). Diese können sich zu kritischen Lebensereignissen und traumatischen Erfahrungen verdichten (z.B. etwa Erfahrungen mit lebensbedrohlichen körperlichen Veränderungen, aber auch den Schlichen der Diplomatie). Schließlich wird hervorgehoben, dass es sehr unterschiedliche Reaktionen auf Stress gibt (Kriterien positiver Entwicklung wie körperliche Reaktionen und die zahlreichen Facetten der subjektiven Lebensqualität, die, sofern man ihnen aufgeschlossen ist, zu Resilienz beitragen können).

Im dritten Kapitel werden die Ressourcen der Adaptation genauer beleuchtet. Es werden unterschiedliche Bewältigungsprozesse vorgestellt, die zu Stabilität führen können, die sich jedoch teilweise in Abhängigkeit des Lebensalters unterscheiden. Es wird untersucht, welche Rolle soziodemografische Faktoren, soziale Normen und Formen der sozialen Unterstützung bei der Bewältigung von Krisen und Problemen spielen.

Das vierte Kapitel befasst sich mit der intentionalen Selbstgestaltung und Selbstentwicklung. Es geht darum, inwieweit Menschen handeln, wenn sie Krisen bewältigen. Sich Ziele setzen, einen konkreten Plan fassen und strategisch umsetzen, dies wird häufig empfohlen, um Krisen erfolgreich bewältigen und Probleme beseitigen zu können. Aber wie verhält es sich mit den Prozessen und Ereignissen, die sich nicht intentional steuern lassen? Es wird gezeigt, dass automatische Prozesse der Aufmerksamkeitsregulierung und kognitive Voreinstellungen (Vorurteile, Einstellungen, Gewohnheiten, Schemata) an der Entwicklung der adaptiven Prozesse und somit auch an der Entwicklung von Resilienz beteiligt sind.

Im fünften Kapitel wird anwendungsbezogenen Fragen Raum gegeben. Es werden Konzepte der Prävention und Intervention sowie Ansätze vorgestellt, die in der Praxis mit belasteten Personen und Berufsgruppen zum Einsatz kommen und erprobt wurden. Zielgruppenbezogene Ansätze, spezifische Dienste für Risikogruppen und Bausteine präventiver und therapeutischer Maßnahmen werden hier behandelt. Dr. Tim Loepthien widmet sich der Frage, wie Musik zu Resilienz beitragen kann.

Im sechsten Kapitel werden die Konzepte, die sich als zentral für das Zustandekommen von Resilienz erwiesen haben, noch einmal zusammengeführt: der entwicklungspsychologische Blick auf die Prozesse der Bewältigung und der Bezug zum menschlichen Handeln im sozialen und kulturellen Kontext. Die Abstimmung der persönlichen Ziele auf soziale Angebote und Erwartungen erweist sich auch im Resilienzprozess als wichtige Aufgabe.

Schließlich möchte ich den Personen danken, die an der Entstehung dieses Buches in seinen unterschiedlichen Entwicklungsstadien mitgewirkt haben. Wertvolle Hinweise zu einer früheren Fassung der Manuskriptteile haben Herr Niklas Bayer, Herr Torsten Birk, Frau Dr. Cathleen Kappes, Herr Maurice Landré und Frau Barbara Loidl gegeben. Mein Dank gilt nicht zuletzt dem Ernst Reinhardt Verlag für die effektive Zusammenarbeit, namentlich Frau Franziska Thiel und Frau Ulrike Landersdorfer, die diesem Buchprojekt den ersten Impuls gegeben, es freundlich begleitet und entscheidend vorangebracht hat.

Donaueschingen im März 2015

Bernhard Leipold

Resilienz im Erwachsenenalter

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