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c) „Cyber attacks“
ОглавлениеEin gänzlich neues Bedrohungsszenario bilden Angriffe auf Computernetzwerke, wenn diese von staatlicher Seite initiiert und durchgeführt werden, um z. B. über E-Mails Computerviren in den Verteidigungsnetzwerken eines anderen Staates zu installieren und dessen militärische Infrastruktur dadurch auszuschalten, zumindest aber zu beeinträchtigen. Ganz überwiegend werden „cyber attacks“ bislang nicht als Anwendung militärischer Gewalt angesehen, weil sie nicht mit Waffen im herkömmlichen Verständnis ausgeführt werden. Doch zeigt gerade diese Fallgruppe, dass insb. neuartige technische Handlungsformen möglicherweise eine Anpassung des Begriffs der militärischen Gewalt erforderlich machen. Auch der Einsatz von Computerviren – oder die gezielte Herbeiführung einer Überschwemmungskatastrophe (s. o.) – lässt sich durchaus als Einsatz einer „Waffe“ bzw. als „militärische Maßnahme“ qualifizieren; er steht zumindest in der Intensität seiner Zerstörungskraft nicht hinter einem bewaffneten Angriff zurück. Damit wäre auch das Selbstverteidigungsrecht (Art. 51 UN-Ch.) des beeinträchtigten Staates aktiviert, so dass dieser ggf. mit militärischen Mitteln reagieren dürfte. Geht man diesen Schritt nicht, dann verstoßen insb. cyber attacks zwar gegen das → Interventionsverbot (Art. 2 Ziff. 1 UN-Ch.); die Möglichkeit des beeinträchtigten Staates zu → Gegenmaßnahmen sind jedoch von vornherein begrenzt, weil eine militärische Antwort völkerrechtlich nicht zulässig wäre.