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3. Die kirchliche Hierarchie

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Die spätantike Kirche war in erster Linie Ortskirche mit dem Bischof als Vorsteher und umfasste meist eine civitas, d.h. die kleinste staatliche Verwaltungseinheit. Der Bischof spendete die Taufe, weihte den Klerus und stand der Feier der Eucharistie vor, er führte die Aufsicht über das gesamte Gemeindeleben und über die Lehre und hatte für die Gemeinde zu predigen. In dieser Leitungsfunktion verstanden sich Bischöfe als Nachfolger der Apostel. Seit Konstantin konnten die Bischöfe Stiftungen zugunsten der Kirche und ihrer Fürsorgeeinrichtungen annehmen und beurkunden, außerdem konnten sie in zivilrechtlichen Fragen als Richter fungieren. Ambrosius von Mailand beklagt sich freilich darüber, dass durch diese Privilegierung der Bischöfe auch ihre Arbeitsbelastung enorm gestiegen sei – zu Lasten der eigentlichen geistlichen Aufgaben des Bischofs.

Auf Provinzebene schlossen sich Bischöfe zu einem kollegialen Verband zusammen, wobei dem Bischof der Provinzhauptstadt als Metropoliten zusätzliche Funktionen zukamen: Er hatte Bischofswahlen zu beaufsichtigen und zusammen mit zwei weiteren Bischöfen einen gewählten Kandidaten zu weihen; außerdem stand er Provinzialsynoden vor und entschied Streitfälle in der Provinz. Insofern entwickelte sich der Metropolit mehr und mehr vom Ersten unter Gleichen zu einer den „einfachen“ Bischöfen übergeordneten Instanz. Die nächst höhere Ebene bildeten schließlich die Bischöfe von Alexandria, Antiochia, Rom, Jerusalem und Konstantinopel, teils aufgrund ihrer politischen Bedeutung, teils weil die dortigen Gemeinden als Apostelgründungen galten. Diese fünf Patriarchate bildeten in der Spätantike die höchste Ebene der kirchlichen Geographie, wobei ausschließlich Rom für den Westteil des Reiches zuständig war, während die anderen vier Städte im Osten lagen.

Papst

Ansätze, den römischen Bischof als Oberhaupt der gesamten Kirche verstehen zu wollen, gab es schon im 3. Jahrhundert. Sie gründeten sich auf die Tradition des zweifachen apostolischen Ursprungs der römischen Gemeinde durch Petrus und Paulus. Daher nannte man Rom schlicht den „Apostelsitz“ (sedes apostolica) und seit dem ausgehenden 4. Jahrhundert erließen die römischen Bischöfe Verwaltungsanweisungen (Dekretalen) für die Ortskirchen. Einerseits wurde Rom in Fragen des Rechts und der Verwaltung immer mehr zur obersten Instanz, jedoch wurden dadurch die Bischöfe und Metropoliten nicht entmachtet. Denn in Streitfällen waren stets zuerst die Bischöfe selbst mit ihren Synoden zuständig und erst wenn keine Lösung erreicht werden konnte, die Provinzialsynode und schließlich der Papst; dessen Aufgabe wurde gewissermaßen subsidiär konzipiert. Die Vorrangstellung ließ sich auch auf dem Gebiet der Lehre anwenden, wie der dogmatische Brief Leos I. an das Konzil von Chalcedon (451) zeigt, auch wenn Leo hier zunächst nur die Tradition der Kirche gewahrt wissen wollte. Dass die Konzilsväter ihn mit den Worten „Petrus hat durch Leo gesprochen“ aufnahmen, zeigt mehr als nur die inhaltliche Wertschätzung und Zustimmung. Die östlichen Patriarchate akzeptierten freilich lediglich einen Ehrenvorrang für Rom und in diesem Sinne wurde auch die Gleichrangigkeit der Patriarchate von Rom und Konstantinopel (Neu-Rom) in Chalcedon beschlossen.

Neben dieser Konkurrenz zwischen Rom und Konstantinopel sollte die Verhältnisbestimmung von Papst und weltlichen Herrschern zu einem großen Thema im Mittelalter werden, für die neben Ambrosius von Mailand der römische Papst Gelasius I. (492–496) bedeutsam wurde: durch die „geheiligte Autorität (auctoritas) der Bischöfe“ und die „königliche Amtsgewalt“ (regalis potestas), die einander ergänzen, werde die Welt regiert. Freilich kommt den Bischöfen insofern größere Bedeutung zu, als sie vor Gott auch für die Herrscher Rechenschaft abzulegen haben. Die Rezeption dieser Gedanken sollte im Hochmittelalter zu den Konflikten zwischen Kaisertum und Papsttum beitragen.

Kirchengeschichte des Mittelalters

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