Читать книгу Der Würfel - Bijan Moini - Страница 5

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Um den Würfel abzuschütteln, nahm Taso wie immer einen kleinen Umweg über das nächste Kryptocenter. Es befand sich nicht weit von seiner Wohnung in einem ehemaligen Hotel. Dort würde er sich mit anderen Offlinern mischen, damit der Würfel nicht wissen konnte, dass er nach Diagon Alley weiterzog.

Er ging den Fußweg dorthin immer bewusst langsam. Nicht, weil die Strecke so schön war, sondern weil er es dem Würfel gern unter die Nase rieb, dass er gleich von seiner Bildfläche verschwinden würde. Als er das »Krypto One« erblickte, lächelte er. Vom früheren Hotelnamen war an der Front nur der zweite Teil übrig geblieben. Mit seinen heruntergelassenen Rollläden wirkte es wie eine Festung. Für Taso war es einer der schönsten und erhabensten Bauten der Stadt.

Er grüßte den Hausmeister, der gerade ein an die Wand gespraytes »Schmarotzer!« entfernte, und trat durch eine abgedunkelte Schiebetür in die Lobby. Im Inneren des Gebäudes war es kühl, aber das störte ihn nicht.

Du hast eine Würfelfreie Zone betreten und bist jetzt offline.

Vollkommene Stille umgab ihn, als hätten seine SmEars auf »taub« geschaltet. Es gehörte zum guten Ton in Kryptocentern, nicht laut zu sprechen.

Wo sich früher die Rezeption befunden haben musste, standen nun Schließfächer. Jedes gehörte zu einem der Zimmer, von denen laut Anzeige gerade vierzehn frei waren. Vor den Fächern warteten etwa zwei Dutzend Menschen, eine normale Zahl für einen Samstag. Manche trugen ebenso bunte Kleidung wie Taso, andere Grau in Grau, wieder andere Masken.

Er stellte sich ans Ende der Schlange. Die Frau vor ihm hatte die Hände auf dem Rücken gefaltet und den Kopf zu Boden gesenkt, als schämte sie sich dafür, hier zu sein. Weiter vorn flüsterte ein Pärchen und kicherte dabei immer wieder. Vor ihnen stand ein Mann in einem Batmankostüm mit seinem als Robin verkleideten Sohn. Der Junge hatte ungefähr Yasins Alter. Der Gedanke an seinen Neffen und Peter versetzte Taso einen Stich.

Plötzlich drangen laute Stimmen durch die Stille. Er drehte sich zur Tür und sah eine Gruppe junger Männer hereinkommen. Sie grölten und lachten, waren offenbar betrunken.

»Wie siehst du denn aus?«, rief ein großer Dunkelhaariger und zeigte lachend auf einen seiner Freunde, der einen schmuddeligen Jogginganzug trug. »Smarts funktionieren in WfZs nicht, du Idiot! Also Frauen kannste heute vergessen!« Der Angesprochene schien sich für seine Unwissenheit oder die Kleiderwahl nicht zu schämen, und lachte einfach mit.

Der Dunkelhaarige sah zu der Menschenschlange und fuhr sich lässig mit der Hand durchs Haar. Er war offensichtlich der Anführer der Horde. Sein gutes Aussehen, seine Gestik, sein abschätziger Blick – alles an ihm provozierte Taso. »Was ist das denn für eine traurige Veranstaltung?«, rief er den Wartenden zu. »Gibts hier keine Musik?«

Daraufhin lallte er eine Melodie, die Taso nicht kannte, und dirigierte mit den Fingern den Chor seiner Freunde. Sie waren nicht halb so melodiesicher wie er, und so erstarb das Gebrumme rasch wieder.

Taso vermied es, den Eindringlingen direkt in die Augen zu sehen. Gruppen wie diese waren auch schon vor dem Referendum nicht für ihre ausgeglichene Art bekannt gewesen. Gegenüber Offlinern hatten sie erst recht keine Hemmungen. Mit einem kurzen Blick prüfte Taso die Schlange vor sich. Sie war immer noch lang. Batman und Robin waren jetzt an der Reihe, der Vater schubste seinen Sohn ungeduldig nach vorn.

Nachdem sich die Gruppe Betrunkener vollständig im Gebäude versammelt hatte, lösten sich zwei humanoide Sicherheitsroboter aus den Wänden, staksten in die Mitte des Raums und versperrten den Männern den Weg. Die etwas ungelenken Metallkästen wirkten mit ihren knallroten Uniformen nicht besonders Furcht einflößend, aber jeder wusste, dass sie zur Not Elektroschocker einsetzen würden. Auf der Rückseite der Roboter prangte das gelbe Logo der Shields GmbH, ein Unternehmen des Milliardärs Hugo Faber, der neben den Kryptocentern des Landes auch Diagon Alley betrieb.

»Bitte verlassen Sie das Gebäude«, sagte der vordere Roboter freundlich, aber bestimmt. Die Männer lachten spöttisch, als hätte ihnen ein Kind einen Befehl erteilt.

»Aussss dem Weg!«, lallte der Mann im Jogginganzug und versuchte, den Roboter zur Seite zu schieben. Der schien schwerer zu sein, als er aussah, und bewegte sich keinen Zentimeter.

»Was soll das?«, rief der große Dunkelhaarige. »Wir wollen nach Diagon Alley!«

»Bitte verlassen Sie das Gebäude«, wiederholte der Roboter etwas lauter.

»Warum denn? Wir sind doch ganz brav, du Scheißding!«

»Sie stören die Ordnung unseres Hauses. Bitte fahren Sie direkt nach Diagon Alley.«

»Aber man muss doch erst hierher, wenn man in eine WfZ will!«

»Soll doch keina wissen, dass wir da hinwolln«, fügte der Jogger hinzu und versuchte erfolglos, sich den Zeigefinger auf die Lippen zu legen.

»Wir sind sicher, dass dem Würfel Ihr geplanter Besuch in Diagon Alley längst bekannt ist. Sie brauchen keine Verschlüsselung. Verlassen Sie jetzt das Gebäude.« Die Roboter machten einen Schritt auf die Männer zu. An deren Stelle hätte Taso längst das Weite gesucht. So aber fühlte er sich stark, als hätte er den Angreifern selbst Einhalt geboten.

»Verlassen Sie das Gebäude, oder wir sehen uns gezwungen, Maßnahmen gegen Sie zu ergreifen.« Beide Roboter sprachen nun im Chor und bewegten sich weiter auf die Männer zu.

Der Dunkelhaarige zischte seinen Freunden etwas zu und hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay«, rief er, »wir gehen ja schon!« Er drehte sich um und war als Erster der Gruppe am Ausgang. »Rückzug, Männer!« Unter lautem Protestgejohle folgte die Herde ihrem Leithammel. Als sie fort war, blieben die Roboter noch eine Weile im Eingangsbereich stehen. Taso atmete auf. Innerlich triumphierte er, dabei mochte er Sicherheitsroboter gar nicht.

Als er endlich an der Reihe war, rief ihn ein Blinklicht zum Schließfach 307. Wie stets wurde ihm dort auf einem kleinen Bildschirm erklärt, dass die WfZ nicht mit dem Würfel verbunden war und außer einer Abfrage des Pred-Scores keine Daten mit ihm austauschte.

Die Garantie der damaligen Regierung, Würfelfreie Zonen mit derlei Privilegien zuzulassen und auch Offlinern ein Grundeinkommen auszuzahlen, hatte viele Skeptiker dazu bewegt, beim Referendum für den Würfel zu stimmen. Sosehr Taso den Ausgang der Abstimmung verdammte, so dankbar war er heute für die verbliebenen Zufluchtsorte und die finanzielle Sicherheit. Ohne sie wäre er vermutlich längst wahnsinnig geworden – oder, schlimmer noch, Kubist.

Bist du einverstanden, dass das Shields-Kryptocenter A1 zur Berechnung des Zimmerpreises und der Inter-WfZ-Transferkosten deinen aktuellen Pred-Score abruft?

In allen Shields-Einrichtungen subventionierten Menschen mit hohem Pred-Score jene mit niedrigem. Taso zahlte für eine Verschlüsselung etwa ein Achtel des Preises, den zum Beispiel sein Bruder zahlen müsste.

Er tippte auf »Ja«.

Ein Zimmer kostet für dich 10 Euro und 32 Cent, der Transfer 19,4 Cent pro Kilometer. Möchtest du eine Buchung vornehmen?

Taso bejahte auch diese Frage, und das Schließfach öffnete sich. Er nahm ein verstellbares Gummiarmband heraus und streifte es über das Handgelenk. Darauf war nun sein aktueller Pred-Score – 19,93 – und eine temporäre Identifikationsnummer gespeichert; beides zusammen würde ihm Zugang zu Zimmer 307 und später zu Diagon Alley verschaffen. Außerdem zeichnete das Armband mit dem ersten Anlegen das Profil seines Herzrhythmus auf, sodass kein anderer es benutzen konnte.

In der Umkleide verstaute Taso in einem weiteren Schließfach, das er mit dem Armband öffnete, seine Smarts und ließ sich auf versteckte und implantierte Aufzeichnungsgeräte scannen. Dann nahm er den Aufzug nach oben.

Zimmer 307 sah aus wie jeder andere Warteraum im Krypto One: Wände, Decke, Boden waren weiß, die Einrichtung funktional und anonym. Bis auf ein einfaches Holzbett mit weißer Bettwäsche, einen Stuhl, Schrank und kleinen Kühlschrank mit Erfrischungen war das Zimmer leer. Das angrenzende Badezimmer war ebenso karg und spartanisch eingerichtet. Er legte sich auf das Bett und schaltete mit einem Winken den Bildschirm an der gegenüberliegenden Wand ein. Seine Identifikationsnummer würde nun mit denen der übrigen Besucher des Kryptocenters durchmischt. Irgendwann würde er für die anonyme Weiterfahrt gezogen. Gäbe es weniger Drohnen, Smarts und Sensoren, wäre ein unbeobachteter Ortswechsel einfacher. So aber gab es nur diese zeitraubende Methode.

Taso reckte sich und gähnte genüsslich. Der Würfel würde nie erfahren, was er heute noch tun oder mit wem er sprechen würde.

Taso war über einem alten Spielfilm eingeschlummert, als ihn eine freundliche Frauenstimme weckte.

»Lieber Besucher«, schallte es aus der Wand gegenüber, »Sie wurden soeben für den Transfer gelost. Bitte begeben Sie sich in die Tiefgarage. Vergessen Sie Ihr Armband nicht.«

Taso stützte sich auf und sah ungläubig auf die Zeitangabe an der Wand. Nur 35 Minuten. Er hatte hier oft schon länger gewartet. Einmal hatte er sogar zwei Teile einer alten Fantasysaga angeschaut, bis er nach über fünf Stunden das Zimmer verlassen konnte.

In der Garage stieg er in ein Sefa mit getönten Scheiben und gab sein Ziel an. Langsam setzte es sich in Bewegung und fädelte sich draußen in den Straßenverkehr ein. Lächelnd sah Taso aus dem Fenster. Niemand wusste, dass er in diesem Wagen saß. Er war da und doch von der Bildfläche verschwunden. Ein verdammt gutes Gefühl.

Zehn Minuten später stand er im Parkhaus von Diagon Alley, der größten der knapp hundert Würfelfreien Zonen der Stadt und Tasos Lieblingsort. Er sog die abgestandene Luft ein. Sie roch nach Freiheit. Zur nächstgelegenen Schleuse ging er so leichtfüßig, als verließe er nach einem gelungenen Auftritt die Theaterbühne. Auch hier musste er sein Armband an einen Sensor halten, denn nur Menschen mit einem Pred-Score von unter 50 oder einer Ausnahmegenehmigung erhielten Zutritt. Durch die geöffnete Schleuse trat Taso in eine hohe Halle mit Backstein an den Wänden und hellem künstlichen Licht an der Decke. Sofort durchströmte ihn ein vertrautes Wohlgefühl.

Es war kein Vergleich zu der Zeit direkt nach Eröffnung des Komplexes, aber Diagon Alley war noch immer einer der wuseligsten Orte der Stadt. Der einzige wuselige Ort, den Taso mochte. Überall begrüßten sich gelöst wirkende Menschen, lachten und umarmten sich. Er konnte förmlich dabei zusehen, wie die Lasten der vergangenen Woche von ihren Schultern fielen, und warf seine eigenen mit Freude ab.

Er war nur wenige Schritte gegangen, als auch er auf einen alten Bekannten traf. Kevin begrüßte ihn mit einer kurzen, aber festen Umarmung. Sie kannten sich über Tim, zu dritt hatten sie schon oft einen über den Durst getrunken. Auch heute wollte Kevin einen draufmachen, was Taso dankend ablehnte. Er klopfte Kevin auf die Schulter und ging weiter.

Auf der anderen Seite der Halle führte eine Tür in einen Raum mit den Kleiderspinden der Stammgäste. Taso hatte seinen gleich bei Diagon Alleys Eröffnung vor sechs Jahren gemietet. Auf Brusthöhe waren eine kleine Kamera und ein Mikrofon in den Spind eingelassen. Taso ließ seine Augen scannen und flüsterte: »Nieder mit dem Kubismus!«

Er vernahm ein Klicken und öffnete die Tür, wie immer sehr behutsam. Hier verwahrte er seine wertvollsten Habseligkeiten: eine Bananenkiste, die gerade so hineinpasste, wenn man sie senkrecht stellte, mit Erinnerungsstücken an seine Kindheit, Fotos, Urkunden, ein paar selbst geschriebenen Kurzgeschichten und Gedichten, Speicherkarten und einem uralten Laptop. Auf der Kiste stapelten sich ein paar Bücher, darunter die vierte Auflage von Besiege den Dämon, dem Standardhandbuch für Gaukler, und die Originalausgabe eines Comicbuchs von 1953 mit seiner liebsten Donald-Duck-Geschichte, Flip Decision. Darüber hingen eine Maske mit dem Konterfei der Comicfigur »Two Face«, die er seit dem Referendum auf Demos trug, und zwei Outfits, die tatsächlich seinem Geschmack entsprachen. In einem Fach auf Augenhöhe schließlich stand ein kleiner schwarzer Arztkoffer, der Tasos größten Schatz enthielt: die Würfelsammlung. In ihrer Kindheit hatten Peter und er Spielwürfel gesammelt. Kleine und große, mit vier, sechs, siebzehn oder sechzig Seiten, bunte und einfarbige, alte und neue. Darunter waren handgeschnitzte Würfel, Präzisionswürfel, Polyeder, Prismen, Spindeln, Walzen und sogar Kugeln. Würfel aus Holz, Ton, Metall, Elfenbein, Kristall, Knochen und Glas. Mit Augen, Symbolen, Buchstaben und Bildern. Sie stammten von überall auf der Welt. Wann immer sie konnten, hatten Peter und Taso auf den Reisen mit ihrem Vater außergewöhnliche Würfel gesucht. Wenn sie zu Hause waren, hatten sie stundenlang das Internet nach ihnen durchsucht. Über dreihundert Stück hatten sie so in dem Koffer angesammelt, und zu fast jedem kannten sie die Geschichte. Zumindest Taso kannte sie noch, gelegentlich kaufte er sogar noch Würfel hinzu. Peter hatte die Sammlung vermutlich an dem Tag vergessen, als er ihr Elternhaus verließ. Manchmal nahm Taso den Koffer heraus, legte ihn auf den Schoß und öffnete mit leichtem Druck die Klickverschlüsse. Nach und nach besah und befühlte er die Würfel, dachte zurück, lächelte, fluchte. Ab und zu nahm er einen mit nach Hause, um komplexere als schlichte Ja-oder-nein-Fragen zu klären.

Was ihn seit jeher an Würfeln so faszinierte, hatte Taso nie genau benennen können. An schlechten Tagen redete er sich ein, dass er eben schon als Zehnjähriger ein kleiner Gaukler gewesen war, den es faszinierte, dass kein Mensch und keine Technik je den Ausgang eines Würfel- oder eines Münzwurfes voraussagen könnten. An besseren Tagen sah er klarer und erkannte die enge Verwandtschaft zu seinem Vater, der leidenschaftlich Überraschungseierfiguren sammelte und bis heute in seinem Arbeitszimmer ausstellte.

Taso prüfte rasch seinen Goldvorrat in einem kleinen Fach oben im Spind. Er tauschte sein Armband gegen ein anderes mit kleinem Display, mit dem er sich ausweisen und bezahlen konnte. Schließlich entledigte er sich seines kratzigen gelben Wollkragenpullovers und seiner grünen Cordhose und schlüpfte in eine Jeans, ein gut sitzendes schwarzes Hemd und eine Kunstlederjacke der gleichen Farbe. Er warf einen Blick in den Spiegel, der an der Innenseite der Spindtür hing. Was er sah, bestätigte, was er fühlte: sich selbst.

Die offizielle Bezeichnung des Gebäudes war WfZ13, die dreizehnte anerkannte Würfelfreie Zone des Landes. Aber jeder verwendete immer nur den Namen, den sein Eigentümer Hugo Faber dem Komplex im Scherz einmal gegeben hatte. »WfZ13«, hatte er in einem Interview gesagt, »ist Refugium, Treffpunkt und Handelsplatz für Humanisten in einer Stadt voller Kubisten – unsere Diagon Alley sozusagen.«

Bis vor fünfzehn Jahren war das Gebäude ein Einkaufszentrum gewesen. Es lief in U-Form um den alten Tempelhofer Hafen und mischte historische mit zeitgenössischer Architektur: Den südlichen Gebäudeteil bildete ein restauriertes Speichergebäude, das Parkhaus im nördlichen Teil hatte Hugo weitgehend umfunktioniert und aufgestockt, vier Etagen erhoben sich hier nun um einen lang gezogenen, überdachten Lichthof, der den Neubau mit dem alten Speicher verband. Von außen konnte man nirgends hineinsehen.

Taso betrat die nächstgelegene Rolltreppe und sah sich um. An den Glasfassaden einiger leerer Ladengeschäfte prangten Plakate von der letzten Bundestagswahl vor neun Jahren, die ein paar Nostalgiker hier aufgehängt hatten. Die Konterfeis der Würfelbefürworter waren völlig verunstaltet. Auch das Gesicht eines Würfelgegners hatten sie übel zugerichtet. Jemand hatte in dicken Lettern Verräter! darüber geschrieben. Hätte unten nicht der Name des Mannes gestanden, hätte Taso Matthias Kulic nicht erkannt. Er hätte schwören können, dass das Plakat bei seinem Besuch letzte Woche noch unversehrt gewesen war, was nur bedeuten konnte, dass Kulic gerade die Seiten gewechselt hatte.

Der Politiker war einer der lautesten Gegner des Würfels gewesen. Er hatte Taso unheimlich imponiert, weil er lange und unerbittlich gekämpft hatte. An eine Diskussionsrunde kurz vor dem Referendum konnte er sich besonders gut erinnern. Kulic hatte sich mit einer jungen Würfelbefürworterin duelliert.

»35 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, Herr Kulic!«, hatte sie auf dem Höhepunkt der Debatte gerufen. »Wie wollen Sie das je wieder in den Griff kriegen? Das Zeitalter der Arbeit ist vorbei, wir brauchen etwas Neues!«

»Ich bin ja auch für ein Grundeinkommen«, erwiderte Kulic, »nur nicht auf Kosten unserer Freiheit!«

»Reden Sie keinen Quatsch – unsere Freiheit steht überhaupt nicht auf dem Spiel. Im Gegenteil, erst im Kubismus werden wir frei sein … frei zu tun, wonach uns der Sinn steht!«

Kulic schüttelte den Kopf. »Und für dieses leere Versprechen wollen Sie unseren besten Unternehmen ihre Daten klauen? Das ist Kommunismus der übelsten Sorte!«

»Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich.« Die junge Frau lehnte sich betont langsam in ihrem Stuhl zurück. »Wenn das Kommunismus wäre – hätten dann ausgerechnet die Amerikaner den Würfel erdacht und eingeführt? Hätte in den letzten Monaten die halbe EU mit deutlichen Mehrheiten zugestimmt und würden die Umfragen zeigen, dass bis zum Sommer auch der Rest nachziehen wird? Die Daten haben schon immer uns gehört, wir holen uns diesen Schatz nur zurück. Und das ist bitter nötig, schauen Sie nach Asien: Unsere Konzerne haben dem gigantischen Datenpool der Chinesen nichts entgegenzusetzen! Die Monopolisierung unserer Daten ist die einzige Chance, auf diesem Planeten überhaupt noch eine Rolle zu spielen.«

Nach dieser Diskussionsrunde hatte Taso zum ersten Mal daran gezweifelt, dass die Würfelgegner das Referendum gewinnen würden. Denn plötzlich galten sie irrwitzigerweise als die Freunde des Großkapitals, die Chinas Machtübernahme tatenlos zusehen wollten.

Man sah Diagon Alley an, dass es in die Jahre gekommen war. Hugo hatte zwar mächtig in die Restaurierung investiert, aber Innendesign und Substanz der unteren Etagen stammten erkennbar noch aus einer anderen Zeit. Mit abnehmenden Besucherzahlen sanken auch die Mieteinnahmen, sodass immer weniger Geld für Wartung, Energieversorgung und Reinigung blieb. Hier bröckelte der Putz, dort quoll der Mülleimer über, einige Rolltreppen fielen wochenlang aus, Licht und Klimaanlage blieben so oft wie möglich abgeschaltet. Taso scherte all das genauso wenig wie früher der Staub und das Chaos in seinem Kinderzimmer.

In der ersten Etage des Gebäudes fand man alles, was man zum Leben als Offliner brauchte: Zahlreiche Gauklerläden verkauften Masken, Stimmenwandler, Verkleidungen, Fingerkuppen- und Irisschutz, Störgeräte, Elektronikdetektoren, Drohnenfangnetze, extra stark deckende Farben und Milchglasfolie. Es gab Buchläden für klassische und moderne Literatur, die sich draußen nicht mehr verkaufte, mit unzähligen Ratgebern zum Leben unter Kubisten und mit Fachbüchern zu Psychologie, Philosophie und Religion. Es gab Antiquitätenhändler mit alten Computern, Fernsehern, Kameras und Spielkonsolen, die außerhalb von WfZs niemand mehr brauchte. Andere Geschäfte verkauften Schminkutensilien und Kleider, die noch von Menschen entworfen und hergestellt worden waren und weder die Menge noch die Zusammensetzung von Körperausdünstungen maßen. Wieder andere Läden verkauften alte Filme und Musik, echte Instrumente und Spielzeug, das nie einen 3-D-Drucker von innen gesehen hatte.

Die zweite Etage bildete das Herz von Diagon Alley: Hier hatten unzählige Vereine und Organisationen ihre Zentralen. Jeden Tag, vor allem aber am Wochenende, gab es Arbeitssitzungen, Diskussionsrunden, Seminare, Vorträge, Lesungen oder Filmvorführungen. Die beiden größten politischen Widerstandsgruppen operierten von hier aus: die säkulare Humanistische Allianz – meist nur »Allianz« genannt – und die Bekennenden Christen. Taso schlenderte gern durch diese Etage und schaute mal hier, mal dort hinein, um sich mit Gleichgesinnten zu unterhalten und neueste Entwicklungen zu diskutieren.

Die dritte Etage füllten Restaurants, Cafés, Bars und ein paar Clubs. Hier halfen keine Smarts beim ersten Kontakt mit Fremden. Jeder hörte dieselbe Musik in derselben Lautstärke, sah die gleiche Umgebung und wusste genauso wenig von den anderen wie die anderen von ihm.

Ganz oben hatte Hugo achtzig Wohnungen gebaut. Die Hälfte von ihnen konnte man mieten. Reiche Offliner zahlten Unsummen für ihre eigene Wohnung in Diagon Alley, aber nur die wenigsten nutzten sie durchgängig. Zwanzig Wohnungen wurden jedes Jahr aufs Neue verlost. Taso stand seit ihrem Bau auf der Kandidatenliste und war jedes Mal wieder enttäuscht, wenn sein Name nicht gezogen wurde.

Die übrigen Wohnungen waren reserviert für »Personen mit besonderer Bedeutung für die humanistische Bewegung«. Taso kannte nur zwei Menschen aus diesem Kreis persönlich: Pascale Bellaxa, die Chefin der deutschen Sektion der Allianz, und seinen alten Freund Ronny Sieg alias »Rosie«.

Rosies Bar war eher ein Café als eine Bar und hatte fast immer geöffnet. Sie lag an der Außenseite des alten Speichers, mit Blick auf Hafen und Kanal, aber durch die abgedunkelten Scheiben konnte man kaum etwas davon erkennen. Die Inneneinrichtung war ebenso charmant wie chaotisch: Kein Stuhl, Tisch, Glas oder Löffel glich dem anderen. Überall standen und lagen kleine und große Erinnerungsstücke an die präkubistische Zeit, platziert nach einer allenfalls Rosie selbst verständlichen Logik. Diverse Steh- und Hängelampen schafften ein unregelmäßiges Gemisch aus Licht und Schatten, in dem man sich je nach Stimmung für alle sichtbar amüsieren oder aber verstecken konnte.

Heute waren nur zwei Tische besetzt. Am ersten spielten zwei Rentner Schach, ein dritter saß mit gewichtiger Denkerpose daneben. Etwas abseits war eine alte Frau in ein Buch vertieft, neben ihr stand eine halb leere Kaffeetasse. Hinter der Bar versuchte eine vertraute Gestalt den Karton einer Whiskyflasche zu öffnen, ohne ihn zu beschädigen. Rosie fluchte, als es misslang und der Karton einriss. Er hatte dunkle Augenringe und sah noch müder aus als sonst. Als er aufblickte, hellte sich sein Gesicht auf. »Taso!« Der gut aussehende Endvierziger kam freudestrahlend hinter dem Tresen hervor und umarmte ihn mit der gewohnten herzlichen Übertreibung.

Er war Rosie das erste Mal bei einer Demo begegnet, noch vor dem Referendum. Damals hatte Rosie noch Dokus gedreht und wollte Taso, der die Demo organisiert hatte, ein paar Fragen stellen. Taso mochte schon damals keine Öffentlichkeit und lehnte ab, woraufhin Rosie so lange seinen Charme spielen ließ, bis Taso schließlich nachgegeben hatte. Nach dem Referendum hatte Rosie seinen Beruf aufgegeben und war nach einem bitteren Streit mit seinem damaligen Freund offline gegangen. Über die Jahre hatte Taso in ihm einen verlässlichen Wegbegleiter gefunden. Sie sahen sich regelmäßig, denn Taso verließ Diagon Alley nie ohne einen Besuch bei ihm, so kurz er auch sein mochte. In den letzten Monaten war Rosie allerdings nie da gewesen, wenn Taso die Bar besucht hatte.

»Wo warst du denn die ganze Zeit?« Taso wollte freundlich klingen, konnte einen gewissen Vorwurf in seiner Stimme aber nicht unterdrücken. Er setzte sich auf einen Barhocker, Rosie machte sich hinter der Theke weiter an dem Whiskykarton zu schaffen und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Er lächelte und machte eine wegwischende Handbewegung. Das hatte er in solchen Situationen schon öfter getan. Rosie sprach sehr offen über alles, nur über seine Rolle im Widerstand schwieg er. Taso wusste nur, dass er wie Tim Mitglied der Humanistischen Allianz war und von allen sehr respektiert wurde. Während Tim allerdings immer mal wieder etwas erzählte und Taso auf Augenhöhe begegnete, hielt sich Rosie auch nach wochenlangem Verschwinden bedeckt. Wenn er dann wieder aufgetaucht war, hatte er sich abwehrend verhalten wie heute.

Taso bohrte nicht weiter. Er bestellte einen Atwood, Rosies alkoholfreie Alternative zum Bloody Mary, und unterhielt sich eine Weile mit seinem Freund über teure Whiskysorten. Dann schnappte er sich den aktuellen Gaukler vom Tresen und setzte sich an einen Tisch mit Blick nach draußen. Er schlug die Zeitung auf und wollte gerade die neusten Offlinernews studieren, als er hinter sich eine vertraute Stimme hörte. An der Bar stand Tim und begrüßte Rosie. Wie immer trug er eine blaugraue Jeans und ein weißes T-Shirt, darüber eine enge schwarze Stoffjacke. Auf seiner hellen Haut und in Kontrast zu den kurzen blonden Wuschelhaaren sprang Taso das neue Tattoo an seinem Hals sofort ins Auge: das Symbol der Allianz, Leonardo da Vincis Zeichnung eines Mannes, um dessen gespreizte Glieder sich ein Kreis spannte.

Tim drehte sich um und blickte suchend durch den Raum, Taso winkte ihm zu. Mit dem gehetzten Schritt eines Ruhelosen eilte Tim zu ihm herüber. Taso erhob sich und lächelte. Es tat ungemein gut, seine Freude offen zeigen zu können. Sie hatten sich drei Monate nicht gesehen, die letzten beiden Verabredungen hatte Tim kurzfristig abgesagt, was sonst so gut wie nie vorkam.

»Na du Sesselfurzer«, rief Tim, »bist ja ganz schön fett geworden.« Grinsend kniff er Taso in die Hüfte.

Taso umarmte ihn lachend. Er rümpfte die Nase und verzog das Gesicht. »Besser fett als ein ungeduschter Revolutionär.«

»Ich rieche nach Sex, Freundchen – aber woher sollst du das auch wissen!« Tims dunkelblaue Augen blitzten schelmisch.

Grinsend versetzte Taso seinem Freund einen leichten Hieb gegen die Brust, bevor sie sich setzten. »Alles Gute nachträglich, der nächste Tomatensaft geht auf mich«, sagte Tim und deutete spöttisch auf Tasos Drink. »Wie läufts im Schlaraffenland? Was macht der Pred-Score?« Tim hatte nie richtig verstanden, warum Taso weiter unter Kubisten lebte und arbeitete, anstatt sich wie er am Widerstand zu beteiligen.

Routiniert ignorierte Taso den unterschwelligen Spott. Nicht ohne Stolz nannte er seinen aktuellen Score.

Tim riss die Augen auf. »Wow! Du bist wieder unter 20? Ich steh gerade bei 35 oder so – dabei sieht mich der Würfel kaum.«

Taso lächelte. So wenig Tim ihn verstand, so sehr nötigte sein Pred-Score ihm Respekt ab. »Disziplin, mein Freund, Disziplin«, sagte Taso mit gespielt strengem Blick.

Tim winkte ab. »Wenn ich schon ab und zu unter Kubisten muss, will ich wenigstens was essen, das mir schmeckt.« Er lachte. »Man müsste dich mal mit diesem Hubert Grantler zusammenstecken.«

Taso sah ihn fragend an.

»Stand im Gaukler. Ein Österreicher, der jetzt den höchsten Pred-Score der Welt hat. 91,02!«

Taso schüttelte ungläubig den Kopf und trank einen Schluck von seinem Cocktail. »Was war eigentlich los die letzten Male?«

»Ach, ich war ziemlich viel mit Pascale unterwegs. Dauernd spontane Änderungen im Terminplan.« Als persönlicher Assistent der Allianzvorsitzenden hatte Tim schon seit Jahren wenig Freizeit. Seit er auch mit Pascale schlief, waren Beruf und Privates fast gänzlich miteinander verschmolzen. Taso hatte stets den Eindruck, dass Tim tiefere Gefühle für sie hegte als sie für ihn, fragte ihn aber nicht direkt danach. Tim schien gut damit zurechtzukommen. Heute jedoch lag bei der Nennung ihres Namens ein trauriger Ausdruck in seinen Augen. Er blickte zur Seite, und der Ausdruck war verschwunden.

Taso wartete kurz, aber sein Freund blieb still. »War Rosie auch mit?«, fragte er schließlich und nickte in Richtung Bar.

Tim zuckte mit den Schultern und seufzte. »Muss er dir selber sagen.« Er drehte sich um und hob einen Finger in die Höhe, woraufhin Rosie hinter der Bar nickte. Taso ärgerte die Geheimnistuerei. Aber irgendwie war es auch seine eigene Schuld. Er hatte seine Chance gehabt. Er hätte einer von ihnen werden können. Tim ließ ihn das immer wieder spüren. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Enttäuschung.

Als Tim nach dem Gaukler griff, wusste Taso, dass er sich in sichere Gewässer retten wollte. Es war für Tim einfacher, über Politik zu sprechen als über seine Arbeit oder Pascale. Angewidert betrachtete er das Foto von Mark Finder auf der Titelseite. »›Wir müssen Offliner bestrafen!‹«, zitierte er den radikalsten Kubisten des Landes. Er fasste sich an die Stirn. »Spinnt der jetzt völlig?« Entgeistert überflog er das Interview und teilte Finders Kernaussagen lautstark mit Taso und den umstehenden Tischen: »›Wir müssen Offliner aggressiver regulieren. Eine Visumspflicht wie in den USA ist längst überfällig … Der Würfel sollte keine Vertreter von Offlinern mehr ins Parlament berufen – wer sich nicht am öffentlichen Leben beteiligt, braucht auch keine Interessenvertreter …‹« Er machte eine Pause, um dann noch aufgebrachter fortzufahren: »›WfZs sind Schutzzonen für Schwerverbrecher und Terroristen und müssen sofort geschlossen werden … Ohne Offliner würde das Grundeinkommen um satte 16,5 Prozent steigen, deshalb wäre es nur fair, ihnen keins mehr auszuzahlen …‹« Tim ließ die Zeitung sinken und sah Taso ernst an. »Wenn das zur Mehrheitsmeinung wird, sind wir am Arsch. Genau das befürchtet Pascale seit Jahren: Dass sie eine Garantie für Offliner nach der anderen zurücknehmen … Das ist doch Aufstachelung zum Hass oder so was!«

Tim war nicht immer so politisch gewesen. Als sie sich im Jurastudium kennengelernt hatten, war Taso der Mann der großen Überzeugungen und Tim nur an Mädchen interessiert. Trotz aller Unterschiede freundeten sie sich an, was Taso für einen der größten Glücksfälle seines Lebens hielt. Gleich auf einer der ersten WG-Partys hatte Tim ihn lautstark gegenüber den Gastgebern verteidigt, als Taso einen damals noch zulässigen Störsender aktivierte, der ihn auf Handyaufnahmen verfremdete. Solche Loyalität hatte Taso seit seiner Jugend nicht mehr erlebt. Kurz vor dem Referendum hatte sich Tim zu Tasos großer Freude in einem Wahnsinnstempo politisiert. Taso war sich sicher gewesen, dass sie Seite an Seite für ihre Überzeugungen kämpfen würden, komme, was wolle. Aber der Ausgang des Referendums hatte Taso in ein schwarzes Loch gestürzt. Seine Welt war untergegangen, er fühlte sich kraft- und orientierungslos. Und er hatte Angst. Angst, den halbwegs normalen Kontakt zu Peter wieder zu verlieren, wenn er sich dem neuen System verweigerte, und Angst, dass der Widerstand der neuen Ordnung nichts anhaben konnte. Er verharrte regungslos, während Tim sein Studium schmiss und sich der gerade entstehenden Allianz anschloss. Zum Entsetzen seines Freundes seilte sich Taso an eine Schweizer Uni ab. Das Land hatte sich dem Kubismus damals noch verweigert, wodurch er dort das unbeschwerteste Jahr seines Lebens verbrachte. Als die Schweiz kurz vor Ende von Tasos zweitem Semester dem Druck der EU nachgegeben und ebenfalls den Würfel eingeführt hatte, war er zurück nach Deutschland gegangen, das sich während seiner Abwesenheit völlig verändert hatte. Alle, die er kannte, hatten sich mittlerweile für eine Seite entschieden, waren Kubisten oder Offliner geworden. Ihre Entscheidungen hatten abrupt Lebenswege und sie selbst verändert, Familien und Freundschaften zerstört, tiefe Gräben durch das ganze Land gezogen. Es war schlimmer, als es sich Taso je vorgestellt hatte. Er wollte da nicht mitmachen. Er wollte sich selbst und seinem Umfeld beweisen, dass beides möglich war: die Menschen, die sich für ein Leben mit dem Würfel entschieden hatten, nicht zu verlieren und sich zugleich treu zu bleiben. Er wollte ganz normal und zufrieden leben, aber ohne Scham in den Spiegel blicken können. Dieser schmale Grat schien immer noch der beste Weg für ihn zu sein, obwohl ihm das Gaukeln mittlerweile viel mehr abverlangte, als er für möglich gehalten hatte. Immerhin hatte er so Tims Respekt und seine Freundschaft zurückgewonnen.

»Hör dir das mal an, ist echt nicht zu glauben.« Tim hatte den Blick wieder auf die Zeitung gerichtet. »›Natürlich ist das diskriminierend, aber ohne Diskriminierung kommen wir nicht weiter, und sie ist auch völlig gerechtfertigt: Niemand muss heutzutage seinen Pred-Score künstlich niedrig halten. Wer es trotzdem tut, ist asozial. Und asoziale Menschen haben keinen Anspruch auf Unterstützung durch die zahlende Bevölkerung.‹«

Er fuchtelte aufgebracht mit den Armen und schmiss fast den Huxley um, den ihm Rosie gebracht hatte. »›Zahlende Bevölkerung‹ – hat der sie noch alle? Die Idioten schmeißen dem Würfel ihre schmutzigsten Geheimnisse in den Rachen, und er nennt das Bezahlung?« Er warf die Zeitung auf den Tisch. »Das ist … ich meine … das ist doch unglaublich! Was sagst du denn dazu? Lässt dich das kalt?« Tim trank seinen übersüßen Longdrink in einem Zug aus.

Taso legte die Arme auf den Tisch und beugte sich vor. »Natürlich regt mich das auf. Wie könnte es nicht? Dass ich nicht so … emotional reagiere wie du, heißt nicht, dass mir das am Arsch vorbeigeht.« Er sah Tim eindringlich an. »Ich muss das draußen jeden Tag ertragen. Erst gestern hat mich die Polizei wieder aufgegriffen und zu Zhong Schneider gebracht. Der wollte mich allen Ernstes als Spion anheuern. Aber das hat wieder mal gezeigt, wie schlecht die mich kennen.«

Tim schien nicht überrascht von Schneiders Rekrutierungsversuch zu sein, kratzte sich aber trotzdem unruhig am Tattoo. Er beugte sich vor und flüsterte mit ernstem Blick: »Meister Schneider hat allen Grund, nervös zu sein.« Er stand auf. »Lass uns mal nach drüben gehen.«

Taso folgte ihm in einen kleinen, fensterlosen Raum hinter der Bar. In der Mitte des Zimmers stand ein einfacher Holztisch mit Stühlen. Unzählige Schaumstoffpyramiden an der Decke und den Wänden machten es sicher genug für die wenigen Informationen, die Tim hier gelegentlich mit ihm teilte. Sorgfältig schloss Taso die Tür hinter sich.

»Was ich dir jetzt sage, darf diesen Raum auf keinen Fall verlassen.« Tim fasste Taso bei den Schultern. »Wir … wir planen was richtig Großes.« Er löste den Griff und setzte sich an den Tisch.

Erwartungsvoll setzte sich Taso zu ihm. Er war wie immer dankbar für Tims Vertrauen und genoss den Anflug von Abenteuer, den solche Situationen stets umgaben.

Tim machte eine ausladende Geste, sein Gesicht war rot, sein Blick fest. »Nicht nur Demos hier, Interviews da, sondern was richtig Großes. Diesmal könnte es wirklich klappen!«

»Klappen?«

»Der Umsturz! Die Revolution! Das Ende des Kubismus!«

»Aha. Und wie?«

Tim hatte Taso genau das schon oft angekündigt. Er war leicht zu begeistern und riss andere gern mit. Bei Taso war ihm das jedoch schon länger nicht mehr gelungen.

Tim atmete hörbar aus. »Kann ich dir nicht sagen. Könnte ich aber, wenn du dich uns endlich anschließt. Wir brauchen dich, Taso. Jetzt mehr denn je.«

»Tim, ich bewundere ja …«

»Es wird Zeit, dass du auch mal was tust«, unterbrach ihn Tim mit einem ungewohnten Schneid in der Stimme. Es kam Taso fast so vor, als hätte sich sein Freund auf dieses Gespräch vorbereitet. Er spürte, wie sein Kopf heiß wurde. »Wir brauchen nicht einfach mehr Unterstützung.« Tim beugte sich weit zu ihm über den Tisch und packte seinen Oberarm. »Wir brauchen deine Unterstützung, wir brauchen dich

Taso war irritiert. Diese Masche war neu. »Mich persönlich, ja?« Er zwang sich zu einem kurzen Lachen. »Wo kann ich unterschreiben?«

Tim verzog den Mund. Tasos Sarkasmus schien ihn zu ärgern. »Ich will dich nicht in den Widerstand tricksen, Mann – das ist kein Spaß!« Tim hatte Taso schon oft aufgefordert, in die Allianz einzutreten, in letzter Zeit aber meistens, ohne es richtig ernst zu meinen. Aber heute hatte sein Tonfall eine ganz neue Wucht. Er mochte manchmal übertreiben, aber er würde nicht lügen, nicht in solchen Dingen.

Weil Taso nicht wusste, was er sonst sagen sollte, wählte er seine übliche Verteidigung: »Ich kann nicht einfach bei euch einsteigen. Mein Leben ist okay, ich habe einen Job, eine Wohnung, und dann ist da mein Bruder, seine Familie – du weißt doch, wie schwer es war, den Kontakt zu ihm …«

»Jetzt komm nicht wieder damit«, fiel Tim ihm erneut ins Wort. »Dein Bruder hat dich damals im Stich gelassen, nicht umgekehrt! Es wird Zeit, dass du das endlich begreifst. Einem angepassten Feigling schuldest du nichts!«

Wut wallte in Taso auf. »Peter hatte seine Gründe. Und mir geht es überhaupt nicht um Schuld. Aber wie sollst du das auch verstehen, du hast keinen Bruder.«

Tims Augen verengten sich. »Besser keinen Bruder als so einen.« Taso sah ihn entgeistert an, Tim wischte sich über die nasse Stirn. »Entschuldige«, sagte er beschwichtigend, »aber ich bin ein bisschen am Limit. Wir haben gerade eine echte Chance, was zu ändern, Taso. Weg von der Kontrolle durch diesen Scheißcomputer, zurück zu einer menschlichen Welt. Zu unserer Welt, Mann!«

Taso war heiß und kalt zugleich. Er kochte innerlich, gleichzeitig war sein Kopf leer. »Was …« Er räusperte sich und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Was plant die Allianz denn? Und wofür braucht ihr mich?«

Tim sah ihn gequält an. Für einen Moment herrschte vollkommene Stille. »Du weißt, dass ich dir das nicht sagen kann. Nicht, solange du noch da draußen rumrennst und Smarts trägst.« Er zeigte mit dem Daumen Richtung Außenwand. »Du musst mir vertrauen. Wir kennen uns jetzt schon so lange, und ich sehe doch, dass du unzufrieden bist. Wie lange willst du dich denn noch durchs Leben gaukeln? Und wofür? Komm zu uns, lass dich überprüfen, hör dir unseren Plan an – du kannst dann immer noch Nein sagen.« Tims Mimik lockerte sich, der Hauch eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Erinnerst du dich noch, wie du mir Pascale vorgestellt hast?« Taso nickte. Er war nicht überrascht, dass Tim diese Anekdote ausgrub. »Das war vielleicht drei, vier Monate vor dem Referendum, oder? Damals warst du noch Feuer und Flamme für die Sache und ich … na ja, noch nicht so richtig. Du musstest mich mit Frauen ködern. ›Die sind viel aufregender als die Tanten, die du sonst so abschleppst‹, hast du gesagt. Und dann hast du mir von Pascale vorgeschwärmt, die damals noch nicht Vorsitzende war, aber schon da alle umhaute. Die sei genau mein Typ, ich müsse dir nur vertrauen … Kein Wort hab ich dir geglaubt!« Er lachte, und auch Taso musste lächeln. »Aber ich bin trotzdem mit, weil ich dich mochte und, na ja, weil ich wahrscheinlich eh nichts Besseres zu tun hatte. Und dann hat mich dieser Tag komplett umgehauen. Nicht nur wegen Pascale, sondern weil es bei mir so dermaßen klick gemacht hat. Endlich verstand ich dich und die anderen, kapierte, warum du so viel Zeit auf Demos verbracht hast, warum du immer so … anstrengend warst. An dem Tag ist dein Funke auf mich übergesprungen, und ich weiß, dass du auch wieder Feuer fangen kannst.«

Taso lächelte gedankenverloren. Tim fing seinen Blick auf und sah nun fast wieder traurig aus. »Tritt der Allianz bei, Taso, hör dir unseren Plan an. Auch wenn du unentschieden bist. Komm trotzdem mit, so wie ich damals! Manchmal muss man etwas wagen, um voranzukommen. Ohne diesen Mut sind wir nicht besser als die Kubisten.«

Mut. Das war das Schlüsselwort, das Taso innerlich beben ließ. So oft schon hatte er sich gewünscht, mutiger zu sein. Gerade weil ihn so viele für mutig hielten: die Offliner, weil er allen Anfeindungen zum Trotz unter Kubisten lebte, und die Kubisten, weil er ihren Anfeindungen trotzte. Aber nüchtern betrachtet war es vor acht Jahren nicht mutig gewesen, beim Referendum mit Nein zu stimmen. Gegen den Wandel zu stimmen war nie mutig, obwohl es in diesem Fall richtig gewesen war. Es war nicht mutig gewesen, danach in die Schweiz abzuhauen. Mutig wäre es gewesen, vor zehn Jahren zusammen mit seinem Bruder auszuziehen oder später in den Widerstand zu gehen. Ein mutiger Mensch wäre kein Gaukler geworden, der zwischen den Welten wandelte. Ein mutiger Mensch würde jetzt Ja sagen. Oder er würde zumindest zu seinen Ängsten stehen.

»Ich denk darüber nach, ja?«

Tim sah aus, als hätte Taso ihm in den Bauch geschlagen. Er fasste sich nur langsam wieder und schüttelte den Kopf. Ohne Taso anzusehen stand er auf. »Wir haben aber nicht mehr viel Zeit. Du musst dich bald entscheiden.«

Stumm verließen sie den Raum. Es war klar, dass sie heute nicht wie sonst noch eine Weile zusammensitzen und über Gott und die Welt quatschen würden. Am Ausgang der Bar umarmten sie sich kurz.

»Bis nächsten Monat«, murmelte Tim noch, bevor er ging. »Denk gut darüber nach. Ich meine es wirklich, wirklich ernst. Wir alle meinen es ernst.«

Taso ging zurück in die Bar und spürte Rosies Blick vom Tresen. Als Taso zu ihm hinübersah, konzentrierte er sich jedoch mit eiserner Miene auf das Trocknen des Bierglases in seiner Hand.

Die folgenden Stunden verbrachte Taso damit, herumzusitzen, den Gaukler anzustarren und in dem Salat herumzustochern, den er sich bestellt hatte. Es rumorte in ihm, und er war heilfroh, als er um Viertel vor sieben Rosie zuwinken und sich auf den Weg machen konnte zu seiner zweiten Verabredung, die seine Stimmung hoffentlich heben würde.

Er passierte die Sicherheitsschleuse zwischen Diagon Alleys Hauptgebäude und dem Westflügel der WfZ, der sich Little Diagon nannte. Little Diagon konnte man auch mit einem Pred-Score von über 50 betreten, weshalb es voller Kubisten war. Die meisten kamen nicht, um sich von einem würfelfreien Leben überzeugen zu lassen, sondern wegen der verruchten Atmosphäre, des Glücksspiels, des unverbindlichen Sex.

Casinos waren im Rest des Landes seit Jahren verboten, weil sie allem zuwiderliefen, was den Kubismus ausmachte: Vernunft, Berechnung, Selbstkontrolle. Nur WfZs hatten ihre Lizenzen behalten dürfen, woraufhin Casinos rasch zu ihrer besten Einnahmequelle wurden. Hugo hatte sicher genau das im Kopf gehabt, als er kurz nach dem Glücksspielverbot beschlossen hatte, den Westflügel von Diagon Alley auszubauen und aus der entstehenden Spielhölle eine »Begegnungsstätte« für Kubisten und Offliner zu machen, die auch Bars, Clubs und Restaurants enthielt. Little Diagon beherbergte nicht selten finstere Gestalten, weil man dort, anders als in Diagon Alley, kein halbwegs sauberes Vorstrafenregister brauchte, um Zugang zu erhalten. Der Würfel hatte auch hier nichts zu melden, sodass die Polizei Little Diagon mit großer Regelmäßigkeit aufsuchte.

Beliebt war Little Diagon vor allem bei den Realo-Fetischisten, die den Würfel zwar akzeptierten, sich aber nicht von Sliftings in die Irre führen lassen wollten. Die meisten Besucher waren jedoch ganz normale Kubisten, die sich ohne Folgen für ihren Pred-Score gehen lassen wollten. Viele von ihnen suchten das schnelle Abenteuer, denn Fremdgehen war draußen praktisch unmöglich geworden. In fast jeder festen Beziehung wurde mittlerweile »Monog« genutzt. Die App verhinderte, dass der Nutzer in Kontakt mit Menschen kam, zu denen er sich hingezogen fühlen könnte, oder sie sliftete, falls der Kontakt unvermeidbar war, diese Menschen so um, dass sie unattraktiv erschienen, oder warnte, wenn beides nicht fruchtete, den potenziell Betrogenen rechtzeitig. Ging doch jemand fremd, reduzierte das drastisch den eigenen Pred-Score. Nur Scheidungen waren noch kostspieliger, weil fast nichts die Erwartungen des Würfels an den künftigen Lebenslauf der Betroffenen mehr enttäuschte als das Scheitern einer festen Beziehung. Das Risiko einer Scheidung ging praktisch niemand leichtfertig ein, weil an einem hohen Pred-Score zu viel hing: Grundeinkommen, Freunde, Job. Deswegen trafen sich viele Kubisten, die dem Würfel ihre dunkle Seite nicht zeigen konnten, in den schummrigen Räumen von Little Diagon, volltrunken, lüstern und oft maskiert.

Offliner waren in Little Diagon in der Minderheit. Eine beliebte Minderheit, weil für ihre natürliche Diskretion bekannt. Taso verbrachte hier nur selten Zeit, weshalb es ein großer Zufall gewesen war, dass er vor etwa einem Jahr Lea kennengelernt hatte.

Er hatte sich mit einem Freund in einer kleinen Bar verabredet und war viel zu früh dran gewesen. Während er an der Theke wartete, sprach ihn zu seiner Überraschung eine schlanke, maskierte Frau an. Sie stellte sich als Lea vor und verwickelte ihn sofort in ein Gespräch, schien zugleich unendlich aufgeregt und gelöst zu sein. Schnell suchte sie Kontakt zu seinem Arm, zu seinem Hals, zu seinem Mund. Taso hatte nicht gewusst, wie ihm geschah, hatte sich wahnsinnig geschmeichelt gefühlt. Er erinnerte sich noch gern und oft an ihr Lachen und ihre fordernden Berührungen. Als sein Freund gekommen war, hatte Taso ihm mit einer Handbewegung zu verstehen gegeben, dass er den Abend mit Lea verbringen wollte, und war ihr sehr bald auf ein Hotelzimmer gefolgt. Seitdem trafen sie sich einmal im Monat.

Er ging zügig an den leuchtenden Werbetafeln des Casinos und den noch spärlich gefüllten Bars vorbei und betrat das »Offline«, das einzige Hotel in Little Diagon. Am Empfang erfuhr er, dass Lea bereits eingecheckt hatte. Im Aufzug zupfte er hastig die Haare zurecht, überprüfte seinen Atem und klopfte dann mit erhöhtem Puls gegen die Tür von Zimmer 412.

Lea trug einen Bademantel und ließ ihre kinnlangen braunen Haare ins Gesicht fallen, was auf Taso eine unheimlich anziehende Wirkung hatte. Er widerstand dem Impuls, das Licht einzuschalten. In der ersten Nacht hatte sie den Schalter sogleich wieder umgelegt, und erst dann ihre Maske abgenommen. Seitdem waren sie sich im Halbdunkel begegnet. Wortlos ging sie auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Erst langsam und zögerlich, und als er sie sacht umfing, sicherer. Sie löste die Umarmung und zog ihn zum Bett.

Noch immer wusste Taso fast nichts über Lea. Nicht, ob sie wirklich so hieß, wie alt sie war – sie hatte einmal behauptet, 34 zu sein, aber sie sah jünger aus –, ob sie einen Mann hatte oder eine Frau oder gar Kinder, ob sie arbeitete und was, woher sie stammte, was sie gern aß, wie sie zum Würfel stand. Persönliche Fragen blockte sie jedes Mal ab. Sie hatte sehr deutlich gemacht, warum sie sich mit ihm traf, und wenn er ehrlich war, genügte ihm das. Es gefiel ihm, begehrt zu werden und den Kopf auszuschalten.

Wenn sie sprachen, dann nur über alte Fernsehserien, die sie aus der Datenbank des Offlines wählten und in der ersten Nachthälfte ansahen. Diesmal schlug Lea eine Serie über einen Chemielehrer vor, der zum Drogenbaron wurde. Taso nickte und ließ sich zufrieden aufs Bett fallen. Besser als jede Indi-Serie. Er sah gern Figuren aus präkubistischer Zeit dabei zu, wie sie sich durchs Leben schlugen. Nur der Mensch und die unberechenbare Welt. Lea reichte ihm ein Glas Rotwein und startete die Serie. Erst sahen sie fern, tranken zwei Flaschen Wein, dann hatten sie Sex. Das war der Ablauf, den Lea ohne viele Worte bestimmt hatte und der Taso mittlerweile so vertraut war, dass er ihn nicht mehr verändern wollte.

Sex mit Lea war einer der wenigen Höhepunkte in Tasos Leben. Er war wild und leidenschaftlich, ausschweifend und unwahrscheinlich befriedigend. Schon in der ersten Nacht hatte sie begierig Besitz ergriffen von seinem Körper, hatte ihn hastig ausgezogen, sich immer wieder nackt an ihn geschmiegt, ihr Gesicht in seiner Haut und in seinen Haaren vergraben. Sie war mit den Fingern seine Gesichtszüge entlanggefahren und hatte ihm von Anfang an ein vertrautes Gefühl gegeben.

Es störte ihn nicht, dass sie dafür offenbar etwas Alkohol brauchte. Er genoss die Stunden mit ihr und fühlte sich zu ihr hingezogen, dachte außerhalb von Little Diagon aber kaum an sie. Er nahm an, dass es ihr genauso ging. Sie füllten mit ihren monatlichen Treffen eine Leerstelle in ihrer beider Leben, ohne zu wissen, worin diese Leere beim anderen eigentlich bestand.

Auch heute genoss Taso das Danach. Lea blieb verschwitzt auf ihm liegen und verharrte dort, bis er seinen eingeschlafenen Arm bewegte. Schwerfällig erhob sie sich, zog ihren Bademantel an und gab ihm einen zarten Kuss auf den Mund. Taso wollte nach ihr greifen, sie zurück aufs Bett ziehen, aber sie entzog sich ihm, ging ins Bad und verriegelte die Tür. Durch den Türspalt fiel etwas Licht ins dunkle Zimmer. Taso fragte sich, was sie jetzt im Spiegel sah und warum sie sich vor ihm versteckte. Er hatte ihren Körper nie richtig betrachten, hatte ihn nur mit Mund und Händen erkunden dürfen. Vielleicht fühlte sie sich einfach nicht wohl in ihrer Haut, vielleicht steckte mehr dahinter. Manchmal wollte er sie direkt darauf ansprechen, entschied sich aber jedes Mal dagegen. Entweder war er zu müde, oder er wollte die Stimmung nicht kippen. Und es lohnte sich ohnehin nicht zu fragen, denn sie würde ihm nicht antworten. Auch, warum sie zu zwei Treffen nicht erschienen war, hatte sie nie erklärt.

Taso schloss die Augen. Er hörte, wie im Bad die Dusche anging, und ließ sich von dem leisen Plätschern des Wassers in den Schlaf tragen.

Der Würfel

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