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Ein (Alp?)Traum wird wahr – in der Cocktailbar!

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Schon als Zwölfjähriger keimte in mir heimlich der Wunsch auf, später mal eine Ehefrau an meiner Seite zu haben wie Nora. Keimzelle und Auslöser des Wunsches, den ich natürlich für völlig irreal hielt und deshalb schnell wieder aus meinem Bewusstsein verbannte, war ein amerikanischer Krimi im Fernsehen, der mein Leben grundlegend prägen sollte.

Nur gut, dass es auch noch ein Unterbewusstsein gibt!

Ich saß also damals alleine im eigentlich nur der Familiendreifaltigkeit, Vater-Mutter-Kind, vorbehaltenen Fernsehzimmer, vor dem »Allerheiligsten«, dem TV-Gerät, das man, wie einen Tabernakel, noch mit zwei Flügeltüren abschließen konnte, und war begeistert – besonders von Nora!

Nora, das ist die charmante Frau des nicht minder charmanten Privatdetektivs Nick Charles in der Kriminalkomödie »Mordsache ‚dünner Mann’« von 1934.

Dieser frivol-spritzig inszenierte Film mit Gags ohne Ende, den ich Ende der 60er-Jahre zum ersten Mal sah – und es sollten bis zum heutigen Tage noch einige zig Male folgen, Videos und DVDs inbegriffen – muss so etwas wie eine »Erleuchtung« in mir ausgelöst haben!

Ein Erleuchtungserlebnis bei einem Zwölfjährigen – ja das gibt’s auch in Deutschland, nicht nur in Judäa! Meine Erleuchtung hat allerdings nur zu meinem Wohl und Lebensglück, allenfalls noch zu dem meiner Frau und unserer beiden Kinder geführt – ich hoffe, meine Restfamilie macht jetzt nicht von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch!

Was wohl ein indischer Guru zu dieser Art von Erleuchtung sagen würde? Möglicherweise ganz gelassen und »kuhl«: »Mu!«

Doch darOM geht’s jetzt nicht, noch nicht.

Was mich in erster Linie an dieser »Dünner Mann«- Serie (Es gab ja noch fünf Fortsetzungen, Gott sei Dank!) faszinierte und seltsamerweise auch heute noch fasziniert, war weniger die jeweilige Krimistory an sich, nein, es war vielmehr die überraschend neue und unkonventionelle Art, wie die Eheleute Nick und Nora miteinander umgingen.

Diese originelle Paar-Beziehung im Jahr 1934 war so völlig verschieden von der meiner Eltern Ende der 60er-Jahre, ja geradezu der krasse Gegenentwurf: voller Esprit, voller Witz, voll knisternder Erotik, aber auch voller Mitgefühl, voller Vertrauen und Verständnis – kurzum voller Liebe. Im vollen Sinne des Wortes!

Zugegeben, auch voller Alkohol, und das traf auf beide Ehepartner zu, was mich seinerzeit ebenfalls faszinierte, ich gestehe es voller Nüchternheit. Na dann: »Cheers«!

Nein, ich bin momentan nicht volltrunken, eventuell ansatzweise geistreich, ganz sicher albern!

Fragen Sie meine Frau Nora.

Okay – das Filmleben von Nick und Nora Charles war aufregend und abwechslungsreich, schillernd und bunt, und wenn, dann nur vom Alkohol und nicht vom Alltagsgrau umnebelt.

Die biographischen Voraussetzungen der beiden waren ja auch wie gemalt: Sie, eine millionenschwere, intelligente Frau aus vornehmen Industriellenkreisen, Er, ein berühmter, sich eigentlich im Ruhestand befindender Privatdetektiv, den bzw. der Gott und die Welt kennt, und der »hauptberuflich« nur darauf bedacht ist, das Vermögen seiner Frau zu verwalten und das eigene Trinkvermögen zu bewahren.

Mit einem Wort: Nick und Nora Charles waren in jeder Hinsicht unabhängig, sorry – in fast jeder Hinsicht, außer vom »Allohohl«!

Tja, und nun – wir schreiben den 10.10.2010 – sitze ich, Nick Marchant, zusammen mit meiner Frau Nora sonntagabends in einer Cocktailbar in München und … Nein, wir trinken nicht drauflos und auch nicht um die Wette, nein, wir sind auch keine Alkoholiker und ich bin kein Privatdetektiv und meine Frau ist nicht steinreich, leider, nein das nicht. Aber dennoch machte sich in uns nach einigen Drinks, zunächst bei Nora, dann, drei Cocktails später, aber auch bei mir, der Gedanke breit, einen Roman zu schreiben.

Originelle Idee, ich weiß!

Sollte nun der Traum vom schriftstellernden Ehepaar wahr werden? Schon des Öfteren hatte Nora mich in launiger Urlaubsstimmung bei Wein und Kerzenschein und in totaler Überschätzung meiner Kreativität und schriftstellerischen Rudimentärfähigkeiten – für ein paar Nonsensgedichte reicht’s geradeso – aufgefordert, ein Buch zu schreiben. Irgendwann kam mir dann mal der geniale oder eher unheilschwangere Einfall, ihr zu entgegnen, dass ich allein kein Buch schreiben werde – höchstens, wenn wir uns zusammen als Autoren-Paar versuchen würden!

Diese übereilte, ohne mögliche Konsequenzen bedenkende Antwort erblickte nun an der Bar, mittels einiger Drinks als Geburtshelfer, erneut das Licht der Welt.

»Warum schreiben wir nicht einfach über Nick und Nora?«, kam es urplötzlich über die proseccofeuchten Lippen meiner Frau. »Einfach« war in ihrer Fragestellung nun wirklich am allerwenigsten zutreffend!

Kleine Zwischenbemerkung: Heute würde ich mich lieber, ich geb’s offen zu, von der Buch-Idee verabschieden oder, um es mit meinem Lieblingsfilm auszudrücken: »dünne machen«!

Immerhin ist so ein Buchprojekt eine »Mords-Sache«. Da ist es vom Traum zum Alptraum nur ein kleiner Schritt und dann eine große Herausforderung für den behandelnden Psychiater.

Zurück zur Cocktailbar: Blitzartig war nun also eine Idee geboren, die Idee, ein Buch in die Welt zu setzen – der Schock der zukünftigen »Eltern« sollte erst später, als der Alkohol sich verflüchtigt hatte, eintreten!

Wir wollten also – wollten wir wirklich? – über Nick und Nora schreiben. Jetzt standen jedoch nicht mehr Nick und Nora Charles im Rampenlicht, sondern der Fokus richtete sich unbarmherzig auf uns beide, höchstpersönlich. Ganz schön heiß unter dem Brennglas! »Bitte noch einen ‚Manhattan’!«

Na gut, auch wir sind als »verrückt« im positiven Sinne zu charakterisieren und nicht unbedingt als »normales« Ehepaar, zumindest wenn man als Vergleichsbasis die Paare unserer Altersgruppe nimmt, von Ende vierzig aufwärts.

Auch wir sind, wie unser Filmpaar, zwei Seelenverwandte, oder besser: Seelenhälften, die sich auf geradezu wunderbare Weise (wieder)gefunden haben.

Kein Wunder daher, dass die »Dünner Mann«-Filme auch meine Frau schon als Teenager begeisterten und sie nachts von Nick und Nora träumte, wahrscheinlich, im Gegensatz zu mir, zuerst von den Tanzszenen – ich bevorzugte die Trinkszenen.

Scherz beiseite: Tatsächlich scheinen Nora und ich auf der gleichen Wellenlänge zu liegen und im selben Rhythmus zu ticken wie unsere leuchtenden Vorbilder – im »Swingrhythm«.

Dazu noch dieselben Vornamen wie sie – unseren Eltern sei Dank! –, gewiss kein Zufall, wohl eher Schicksal.

Allerdings haben wir nur einen ganz normalen Arbeitsalltag zu bewältigen, mit jeder Menge Grautönen – und nicht ganz so vielen Drinks! Wenn das Grau zu grausam wird, ziehen wir uns zurück wie zwei Verliebte – eigentlich sind wir das nach nun 25 Ehejahren noch immer! Nur dass unser Rückzugsgebiet keine einsame Insel, sondern die Liebe selbst ist, die uns vorm Grauen der Monotonie bewahrt. Mag banal klingen, aber die Wahrheit ist banal. Alles nur eine Frage des wahren Schauens, nicht wahr? Ich glaube jedenfalls, dass Nora und ich eine Reinkarnation von Nick und Nora Charles sind – oder doch eher nur ein »dünner« Aufguss? Keinesfalls eine Kopie.

Doch nun genug der Vorrede – darf ich vorstellen:

Nora und Nick Marchant, die sich allen Ernstes, oder besser: voller Humor und Ironie, vorgenommen haben, sich in ihrer Festung »Amora«, so haben sie ihr Wolkenkuckucksheim in Schwabing getauft, gegenseitig Hauspost zu schreiben, um ihre ungewöhnliche Liebesgeschichte zu offenbaren. Start des hausinternen Briefverkehrs soll der Buß- und Bettag sein! Passt doch! Dann heißt es »Vorhang auf« für die einmalige Welt von Nick und Nora. Und wozu diese Offenbarung?

Der Dalai Lama würde wahrscheinlich nur mit einem Lächeln antworten. Na denn: »Prost«!

Post für Dich aus Amora!

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