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Für mich bedeutet Schönheit … Wahre Schönheit kommt von innen – stimmt das?

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Ganz bestimmt hast du diesen Satz schon einmal gehört: »Wahre Schönheit kommt von innen.« Er ist weitverbreitet und findet im Allgemeinen breite Zustimmung. Jeder wird vermutlich die Aussage bejahen, dass alle äußere Schönheit unnütz ist, wenn der Charakter eines Menschen nicht zu dem passt, wie sich ein Mensch zeigt – und sei sein Äußeres noch so schön und perfekt. In den Sprüchen des Alten Testaments finden wir hierzu einen ziemlich drastischen Vergleich: »An einer Frau ohne Anstand wirkt Schönheit wie ein goldener Ring im Rüssel einer Sau« (Sprüche 11,22). Leider gibt es solche negativen Beispiele von oberflächlichem Schönheitsstreben immer wieder, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Die Frage ist allerdings, ob wir daraus schlussfolgern können, dass die äußere Schönheit grundsätzlich unwichtig, ja vielleicht sogar ein Hindernis für die Entwicklung der »wahren inneren Schönheit« ist.

Aus Sorge darüber, dass die charakterlichen, inneren Werte einer Person Schaden nehmen könnten, haben seit Generationen immer wieder Menschen die äußere Schönheit vernachlässigt oder gar gering geachtet. Dieses Phänomen findet sich in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen, politischen und religiösen Kreisen bis zum heutigen Tag.

Mir persönlich ist dies zum ersten Mal Ende der 1980er-Jahre bei den damaligen Alternativen aufgefallen. Für die Gründungsmitglieder der späteren Partei DIE GRÜNEN hat es zur damaligen politischen Überzeugung dazugehört, sich mit weiten Leinenhosen, am besten mit Latz, dazu selbst gestrickte Wollpullover und natürlich Birkenstock-Schlappen zu kleiden. Der Kleidungsstil hat demonstriert: Wir möchten die Welt retten, setzen uns für die Natur und Erhaltung der Schöpfung ein, wir sind gegen alles Künstliche und verwenden aus diesem Grund definitiv keinen Lippenstift oder gar Nagellack.

Ungefähr zur selben Zeit habe ich einen ähnlichen Kleidungsstil bei einer anderen Gruppe wahrgenommen. Wir Dorfjugendlichen nannten sie »die Frommen«. Und mal ganz ehrlich: So wollte ich nicht aussehen! Ich fand diese Leute einfach altmodisch und weltfremd. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich keine Ahnung von Gottes Meinung zum Thema Schönheit hatte. Ich habe weder sein Wort gelesen noch kannte ich ihn persönlich, insofern interessierte ich mich zu diesem Zeitpunkt auch nicht für die Frage, ob Gott von mir verlangen könnte, dass ich mich so, in meinen Augen uncool, zu kleiden habe. Damals habe ich lediglich beobachtet und für mich beschlossen, dass das noch ein Grund mehr ist, nicht »so ein Christ« werden zu wollen. Ich bin traditionell evangelisch aufgewachsen und in meiner Vorstellung war Gott bunt und schön. Was sollte er an modischen Dingen nicht mögen? Ich wollte mich ausprobieren, einen Minirock anziehen, Make-up benutzen und nicht mit einem wadenlangen Rock und einer hochgeschlossenen Bluse herumlaufen. Zum Glück durfte ich später erkennen, dass Gott nicht nur für Schönheit, sondern sogar selbst der Erfinder von vollkommener Schönheit ist.

Verstehe mich bitte nicht falsch: Ich bin nicht gegen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Bescheidenheit und andere wichtige Dinge und vertrete auch nicht die Meinung, dass Äußerlichkeiten elementar wichtig sind und nur wer schön ist, glücklich sein kann – ganz im Gegenteil. Ich habe nur hin und wieder Probleme mit der Haltung von manchen Menschen, die bewusst wenig Wert auf ihr Äußeres legen und mir vermitteln wollen: »Wir sind besser, tiefgründiger, edler, geistlicher. Wir beschäftigen uns nicht mit oberflächlichen, äußerlichen oder vergänglichen Dingen.« Ich bin der Überzeugung, dass es möglich ist, tiefgründig zu sein und gleichzeitig auf sein Äußeres zu achten. Hierin liegt kein Widerspruch. Wir Menschen sind komplexe Wesen aus Leib, Seele und Geist und bestehen eben nicht nur aus Seele und Geist. Gott hat uns zuerst als Leib geformt und danach Leben eingehaucht – und er hat das genial gemacht. Nun bin ich weder Medizinerin noch Biologin, aber so viel kann sogar ich mit meinem bescheidenen Schulwissen erkennen: Der menschliche Körper ist in jeglicher Hinsicht ein Meisterwerk, nicht nur in seiner Funktion, sondern auch in seiner Einmaligkeit und Schönheit.

Der menschliche Körper ist in jeglicher Hinsicht ein Meisterwerk, nicht nur in seiner Funktion, sondern auch in seiner Einmaligkeit und Schönheit.

Ich möchte hier gleich zu Beginn des Buches eine Lanze brechen für all diejenigen, die zu ihrer eigenen Schönheit einen neuen, gesunden Zugang bekommen wollen und sich auf den Weg machen möchten, sich zu zeigen, und ich freue mich, wenn du zu ihnen gehörst. Du solltest aber wissen: Das wird nur möglich sein, wenn sich nicht dein schlechtes Gewissen meldet. Wenn dir keine Stimme einflüstert: »Vorsicht, du beschäftigst dich gerade mit einem oberflächlichen Thema!«

Schönheit ist eine Erfindung Gottes und, neben der Sexualität, Höhepunkt seiner Schöpfung. Leider hat der Mensch nach dem Sündenfall über Tausende von Jahren diese zwei Bereiche pervertiert. Es wird Zeit, dass wir uns damit beschäftigen, wie es ursprünglich gedacht war.

Vielleicht siehst du das jetzt ganz anders, aber ich bin mir sicher, dass es eine ganze Reihe von Leserinnen gibt, die befreit aufatmen und sagen: »Endlich mal jemand, der mich nicht in die ›dumme, oberflächliche Glamourgirl-Schublade‹ steckt, nur weil ich auch äußerlich auf mich achte oder dabei bin, mich in diesem Bereich zu entwickeln.« Je nach Denomination, Prägung, Erziehung und persönlichem Umfeld gehen wir ganz unterschiedlich an dieses Thema heran. Es ist nicht mein Ziel, dass du alles Erwähnte bejahst. Bleib einfach dran. Am Ende des Buches behältst du das Gute, setzt das Nützliche für dich um und den Rest vergisst du einfach.

Ich hoffe, ich konnte dir bis hierher vermitteln, dass es nicht ratsam ist, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Deshalb gehen wir jetzt noch etwas tiefer und schauen, wie sehr unser Äußeres unser Inneres beeinflusst.

Die Psychologen Hajo Adam und Adam D. Galinksy von der Northwestern University in Illinois/USA haben 2012 in mehreren Versuchen die psychologischen und leistungsbezogenen Auswirkungen untersucht, die das Tragen bestimmter Kleidungsstücke (in diesem Fall Maler- und Arztkittel) auf die Personen hatte, die sie getragen haben. Sie prägten den Begriff Enclothed Cognition, zu Deutsch »umhüllte Erkenntnis«.3 Die Ergebnisse ihrer Forschung bestätigen, welch starken Einfluss Kleidung auf unsere Leistung, unsere Stimmung und unser Selbstbewusstsein hat. Dieses Phänomen habe ich an mir selbst schon viele Male beobachten können. Kleidung kann einen Menschen in seinen Aufgaben und Anliegen unterstützen oder aber auch behindern und hat vor allem auf das eigene Selbstbewusstsein einen starken Einfluss.

Vermutlich kann das jeder bestätigen, der schon mal bei einem bestimmten Anlass völlig unpassend gekleidet war: Man fühlt sich die ganze Zeit über unwohl und verhält sich auch dementsprechend. Ich erinnere mich noch gut an eine Begebenheit vor vielen Jahren, die meiner Mutter einmal passiert ist. Sie ist mit ihren mittlerweile siebzig Jahren eine flotte Frau, die sich stilsicher kleidet und weiß, was zu ihr passt, aber bei der Hochzeit einer ihrer Nichten hat sie damals ordentlich danebengegriffen. Es war eine außergewöhnlich schöne Hochzeitsfeier mit einem perfekten äußeren Rahmen, einer wunderschönen Lokalität, super Dekoration und tollem Programm. Alle Gäste waren dem Anlass gemäß sehr festlich gekleidet: die Damen meist in langer Abendgarderobe oder Cocktailkleid, die Herren im Anzug oder festlicher Kombi. Nur meine Mutter nicht: Sie kam in eher sportlichem Outfit bestehend aus einer einfachen Baumwollhose, Bluse und Blouson. Sie fühlte sich den ganzen langen Tag über enorm unwohl, und ich weiß nicht, wie oft und wie lange sie noch im Nachgang darüber gesprochen hat, um ihren (nicht weiter schlimmen) Dresscode-Fehler zu verarbeiten.

Als unser ältester Sohn, damals in der neunten Klasse, sein erstes Schulpraktikum machte, durfte ich schmunzelnd ebenfalls bestätigt bekommen, wie wahr die Erkenntnisse der Studie sind. Für sein einwöchiges Praktikum suchte er sich eine kleine Bankfiliale im Nachbardorf aus, und wir hatten irgendwann zuvor in der Verwandtschaft eine Hochzeitsfeier besucht, was ihn in den Besitz eines schwarzen Anzuges gebracht hatte. Diesen Anzug trug er nun mit ganzem Stolz die komplette Woche über. Er verließ jeden Morgen hoch motiviert das Haus und zeigte sich enorm interessiert, was uns der Bankdirektor später auch bestätigte. Ich werde nie vergessen, wie er an einem dieser Tage mit leicht geschwollener Brust nach Hause kam und mir verkündigte: »Mama, ich fühl mich so gut und so wichtig mit diesem Anzug.« Diese Worte aus dem Mund meines Sohnes zu hören, der gewöhnlich nur Jeans und T-Shirt trug, fand ich damals amüsant, sie zeugten aber auch von einer tiefen Wahrheit. Ich weiß nicht, ob dieses Erlebnis mit dazu beigetragen hat, dass er heute Business und Marketing studiert, jedenfalls trägt er als Student nach wie vor am liebsten Jeans und T-Shirt. Ich bin gespannt, wann er mal wieder freiwillig in einen Anzug schlüpfen wird.

Ich persönlich habe die Studie während der Corona-Pandemie bestätigt bekommen. In dieser Zeit war ich wie viele andere auch im Homeoffice und habe festgestellt, dass ich frisch geduscht und ordentlich angezogen produktiver war als im Morgenmantel oder der Jogginghose. Es motivierte mich unbewusst zu einer positiven, effektiven Arbeitshaltung. Eine junge Frau erzählte mir in diesem Zusammenhang, dass sie während des Lockdowns morgens nicht nur ein Outfit, sondern auch Schuhe angezogen habe, um an den Online-Vorlesungen ihrer Universität teilzunehmen. Dieses Komplett-angezogen-Sein habe ihr geholfen, in eine Lernhaltung zu kommen – so, als ob sie tatsächlich in den Hörsaal gegangen wäre. Das ist ein weiterer schöner Beweis dafür, wie sehr unser Äußeres sich auf unseren inneren Zustand auswirkt.

Um das eigene Selbstbewusstsein auf gesunde Art zu stärken, bedarf es einer positiven Einstellung und eines wertschätzenden Umgangs mit sich selbst. Hierzu gibt es eine Unmenge an Coaching- und Seelsorgeangeboten, Therapien und Methoden, wie innere Stärke und ein gesundes Selbstbewusstsein erlangt werden können. Eins scheint mir bei all diesen Angeboten jedoch immer vergessen zu werden. Es gibt einen Faktor, den wir leicht beeinflussen können und der einen großen Einfluss auf unseren inneren Zustand hat: die äußere Hülle. Wenn es folglich stimmt, dass unser Äußeres uns selbst im Inneren positiv beeinflusst, wäre es doch schade, sich diese Erkenntnis nicht zunutze zu machen. Es geht bei unserem äußeren Erscheinungsbild also zuerst einmal um die positiven Auswirkungen auf uns selbst: Sicherheit, gesteigertes Selbstbewusstsein, Motivationsschub, Auswirkung auf die eigene Arbeitshaltung, Kreativitätssteigerung und vieles mehr. Ich wünsche dir genug gesunden Egoismus, um diese These an dir selbst auszuprobieren.

Wenn es stimmt, dass unser Äußeres uns selbst im Inneren positiv beeinflusst, wäre es doch schade, sich diese Erkenntnis nicht zunutze zu machen.

Du bist schön

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