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Kapitel 3

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Viel zu schnell kam der Tag des Abschieds. Tianna und Rechtsanwalt Brian Smith versprachen Mila, das Bauprojekt zu überwachen und sie auf dem Laufenden zu halten. Schweren Herzens verabschiedete sich Mila von Tianna. Als das Flugzeug Richtung Deutschland startete, ließ Mila den Tränen, die sie vor ihrer Freundin zurückgehalten hatte, freien Lauf.

Dicke Nebelschwaden zogen über das Land, als das Flugzeug am frühen Morgen in Frankfurt am Main landete. Fröstelnd blickte Mila durch das Fenster der Boeing 767 und zog sich ihre Strickjacke fester um den Körper. Julia würde in der Ankunftshalle auf sie warten. Mila hoffte, dass ihre Freundin eine Winterjacke für sie mitgebracht hatte.

„Mila!“, ertönte ein spitzer Schrei, als sich die automatische Tür zur Wartehalle öffnete. Julia rannte auf sie zu und umarmte sie stürmisch. „Bin ich froh, dich zu sehen. Lass dich anschauen. Gut siehst du aus! Tobago bekommt dir.“

Beiden liefen Tränen der Wiedersehensfreude über die Wangen. Als sie sich endlich voneinander gelöst hatten, hielt Julia eine Jacke hoch.

„Ich dachte, du brauchst was Warmes. In den letzten Tagen ist es hier richtig ungemütlich geworden.“

„Danke, ich friere schon, seit ich den Nebel aus dem Flugzeug gesehen habe. In drei Monaten gewöhnt man sich an die Tropenhitze.“

Mila kuschelte sich in die warme Daunenjacke, während Julia den Motor ihres kleinen VW Polo startete. Sie drehte die Heizung hoch und steckte ihren USB-Stick ins Radio. „Karibische Musik. Extra für dich.“

„Du bist echt ein Schatz.“ Mila beugte sich zu ihrer Freundin hinüber und drückte ihr einen Schmatzer auf die Wange.

Mila fror erbärmlich. Der Spätherbst hatte die Natur fest im Griff. Nur noch vereinzelt sah man welke Blätter an den Bäumen. Die Tage begannen mit Nebel, und es regnete viel. Mila wollte nur noch eines: Zurück nach Tobago.

Einen Tag nach ihrer Ankunft rief Ben an. „Na, gut angekommen in Deutschland?“

„Na klar, aber kalt ist es hier“, beschwerte sich Mila.

„Tja, das ist eben Deutschland im November. Wie geht’s dir? Wie läuft’s auf Tobago?“

„Wollen wir uns nicht treffen? Dir jetzt alles am Telefon zu erzählen, würde den Rahmen sprengen, glaube ich.“

„Ich habe gehofft, dass du das sagst. Wo soll ich wann hinkommen?“ Mila lächelte. So war Ben. Direkt und unkompliziert. Sie gab ihm die Adresse ihres Elternhauses.

Vor der Abreise nach Tobago hatte Mila ihre Wohnung gekündigt. Ihre Eltern hatten sich darum gekümmert, einen Nachmieter zu finden, und der übernahm erfreulicherweise den größten Teil des Mobiliars gleich mit. Da Hans und Doris den Großteil des Jahres mit Urlaub verbrachten, waren sie mit Mila übereingekommen, dass ihre Tochter während ihrer Deutschlandaufenthalte mietfrei im Haus wohnen konnte und sich im Gegenzug um Haus und Garten kümmern sollte. Zurzeit waren ihre Eltern mit dem Wohnmobil in Spanien unterwegs und würden erst in drei Wochen einen Abstecher nach Hause machen, um ihr Kind nach dem langen Aufenthalt in der Fremde wiederzusehen.

Ben versprach, gleich am nächsten Tag vorbeizukommen. Mila kaufte ein, plante ein leckeres Menü und lud Julia ebenfalls ein. Sie freute sich sehr auf Ben, befürchtete aber, ihrer Wiedersehensfreude nicht ganz im Griff zu haben, wenn sie mit ihm über Stunden allein wäre. Julias Anwesenheit würde Schlimmeres verhindern.

„Hey, Mila. Lass dich umarmen“, rief Ben, als sie ihm die Haustür öffnete. Er umarmte sie lange – ein wenig zu lange für Milas Empfinden. Und doch fühlte es sich gut an in seinen Armen, und er roch so männlich. Mila drückte ihn rigoros von sich, bevor ihr körperliches Verlangen nach einem Mann – diesem Mann – noch zu groß wurde.

„Wie geht’s dir? Was hast du gemacht in den letzten sechs Wochen?“

„Dies und das, ein bisschen Tauchlehrer gespielt, einige Spinning-Kurse gegeben. Aber erzähl lieber, wie es auf Tobago läuft.“

„Erst mal möchte ich dir Julia, meine beste Freundin, vorstellen.“

Mila zog Ben ins Wohnzimmer, wo Julia schon gespannt wartete. Ihr hatte sie eine Menge von Ben erzählt. Und was sie sah, enttäuschte sie nicht.

„Ben, das ist Julia. Julia – Ben.“

„Grüß dich, Ben. Schon so einiges von dir gehört …“

„Ja, von dir habe ich auch schon einiges vernommen.“ Ben grinste Julia an.

„Hoffentlich nur Gutes.“

„Na klar. Mila hat dich in den höchsten Tönen gepriesen!“

„Nun übertreib mal nicht“, mischte sich Mila ein. „Kaffee?“

„Immer!“ Julia lief in die Küche und kam mit Kaffeekanne und Tortenplatte zurück. „Ich habe einen Kuchen für uns gebacken. Setzt euch und schlagt zu.“

„Mh …“, nuschelte Ben mit vollem Mund. „Das schmeckt nach mehr. Lange nicht mehr so guten Kuchen gegessen. Kompliment, Julia.“

„Danke.“ Julias Gesicht nahm einen zartrosa Ton an.

„Mila, jetzt erzähl! Wie geht’s voran in Charlotteville? Wann kann ich meine Zelte hier abbrechen?“

„Das wird noch etwas dauern. Ich habe vor, im Juni oder Juli wieder zu fliegen. Bis dahin hält mich Rechtsanwalt Smith auf dem Laufenden. Tianna hat ein Auge auf die Baustelle und informiert mich regelmäßig über alles.“

„Wäre es nicht sinnvoll, wenn einer von uns beiden schon früher rüberfliegt? Je mehr Präsenz wir zeigen, desto besser, finde ich.“

„Ich kann auf keinen Fall früher. Das macht mein Chef nicht mit. Ich habe auch erst zu Ende Mai meinen Job gekündigt. Mitte Juni kann ich dann frühestens fliegen.“

„Wenn ich noch einen weiteren Job finden würde, könnte ich bis Dezember noch ein wenig mehr sparen und vielleicht im Januar schon fliegen.“ Ben sah Mila erwartungsvoll an.

„Ich muss darüber nachdenken“, antwortete Mila. „Wie lange bleibst du hier?“

„Wenn du nichts dagegen hast, das ganze Wochenende.“ Ben sah sich um. „Du hast doch bestimmt noch einen Schlafplatz für mich in dem großen Haus hier, oder?“

„Ähm …“ Mila überlegte fieberhaft, wie sie ihm diese Idee ausreden könnte, doch Julia kam ihr zuvor.

„Na klar hat sie Platz. Du kannst doch dein ehemaliges Zimmer fertig machen, Mila. Ich helfe dir.“

Mila sah ihre Freundin mit zusammengekniffenen Augen an und zischte: „Vielen Dank auch!“

Der Abend wurde sehr angenehm. Sie kochten gemeinsam, genossen das üppige Mahl und plauderten bei Wein und loderndem Kaminfeuer bis tief in die Nacht.

Irgendwann verabschiedete sich Julia. „Schlaft gut, ihr beiden. Wir sehen uns.“

„Komm gut nach Hause. Bis nächste Woche.“

An Ben gewandt sagte Mila: „Ich bin todmüde und gehe auch schlafen. Du weißt ja, wo dein Zimmer ist. Gute Nacht.“

„Gute Nacht. Schlaf gut.“

Erst als sie die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hatte, atmete Mila auf. Den ganzen Abend über hatte Ben sie seltsam angesehen, und das hatte körperliche Reaktionen in ihr hervorgerufen, die ihr ganz und gar nicht gefielen. Vorsichtshalber schloss sie ihre Schlafzimmertür ab.

Am nächsten Morgen wachte sie von einem Wohlgeruch auf, der durch das ganze Haus zog. Wie auf Tobago war Ben vor ihr aufgestanden und hatte Kaffee gekocht. Sie kuschelte sich fester in ihre warme Bettdecke und nahm sich vor, noch einmal einzuschlafen. Nach einer halben Stunde, in der sie sich nur hin- und hergewälzt und Ben in allen möglichen und unmöglichen Situationen vor ihrem geistigen Auge gesehen hatte, stand sie auf. Sie suchte ihre Duschsachen zusammen, öffnete leise die Zimmertür und schlich in den Flur. Auf keinen Fall wollte sie, dass Ben sie bemerkte, bevor sie fertig angezogen war. Trotzdem konnte sie es auf dem Weg zum Badezimmer nicht lassen, einen Blick in die untere Etage zu werfen. Ben lief, nur mit Boxershorts bekleidet, geschäftig zwischen Küche und Esszimmer hin und her. Mila konnte ihre Augen kaum von seinem durchtrainierten Körper lösen. Unvermittelt blickte er hoch und sah ihr direkt ins Gesicht. Mila wurde es siedend heiß. Mit hochrotem Kopf drehte sie sich so schnell um, dass sie fast über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Verlegen verschwand sie blitzschnell im Bad.

„Verdammt, Mila, du benimmst dich wie eine notgeile Pute. Beherrsch dich gefälligst“, beschimpfte sie sich selbst. Entschlossen zog sie sich aus, drehte die Dusche auf und ließ das heiße Wasser mit geschlossenen Augen über ihren Körper laufen. Lauthals sang sie eines ihrer Lieblingslieder, um sich von Bens Anblick und den wilden Fantasien, die er in ihrem Kopf auslöste, abzulenken. Sie hörte nicht, wie sich die Badezimmertür öffnete, merkte nicht, dass Ben sie lächelnd beobachtete. Erst als es an der Duschkabine klopfte und Ben fragte: „Lässt du mich rein?“, bemerkte sie ihn.

„Ben, ich …“

„Darf ich? Oder schickst du mich weg?“

Ein kurzer Kampf zwischen Verstand und Begierde – dann öffnete Mila die Tür und drehte ihm den Rücken zu.

Ben ließ sich nicht zweimal bitten. Mit einem Ruck zog er die Boxershorts aus und stieg in die Kabine. Mit den Armen umschlang er ihren nassen Körper, fuhr mit den Fingerspitzen über ihren Bauch und begann, ihren Nacken zu küssen.

„Du hast eine schöne Stimme“, flüsterte er ihr ins Ohr, „und einen geilen Arsch.“

Mit einer geschmeidigen Bewegung drehte er sie um und presste die Lippen voller Begehren auf ihren Mund. Einen kurzen Moment zögerte sie, dann schlang sie die Arme um seinen Nacken und erwiderte den Kuss. Immer erregter wurde das Spiel ihrer Zungen, und ein gewaltiges Verlangen durchzog Milas Körper. Seine Hände wanderten ihren Körper hinab und umfassten ihren Hintern.

„Ich will dich - jetzt …“, keuchte er zwischen zwei Küssen. Mit einem Ruck hob er sie hoch, als wäre sie nur eine Feder. Ihre Beine schlangen sich um seine Hüften. Sein nasser, durchtrainierter Körper, der sich hart an sie drückte, erregte sie in einer Intensität, die sie bisher nicht kannte. Mit einer Hand umfasste er sein Glied, suchte die richtige Stelle und drang mit einem schnellen Stoß in sie ein. Mila stöhnte laut auf. Die Lust übermannte sie. Mit beiden Händen packte sie seinen Kopf und küsste ihn leidenschaftlich. Dabei stieß Ben immer wieder zu, und der enthemmte Liebesakt war nach weniger als einer Minute vorbei. Keuchend ließen sich die beiden zu Boden sinken. Wasser prasselte auf ihre erhitzten Körper.

„Ben …“ Verlegen über ihre Hemmungslosigkeit sah Mila Ben in die Augen. „Ich - wie soll ich es sagen - ich möchte nicht …“

„Pst“, sanft legte Ben seinen Zeigefinger auf ihren Mund. „Es ist alles gut. Wir hatten Sex, das ist alles.“

„Äh – ja. Wir hatten Sex. Das ist alles.“

„Mila, ich mag dich. Ich mag dich sogar sehr. Aber ich will keine Beziehung. Dein Körper macht mich verrückt, wenn ich ihn sehe. Könntest du damit leben, dass wir Geschäfts- und Sexpartner werden?“

Mila schluckte schwer. Das war eine klare Ansage. Obwohl sie genauso dachte, war seine Offenheit ein kleiner Schock.

„Nun ja, eine Beziehung ist so ziemlich das Letzte, was ich gerade gebrauchen kann. Aber glaubst du, so ein Arrangement würde auf Dauer funktionieren?“

„Stell erst mal das Wasser ab“, erwiderte Ben.

Mila erhob sich und griff nach dem Wasserhahn, als sie Bens Gesicht zwischen ihren Schenkeln fühlte.

„O Gott, Ben. Ich …“

Weiter kam sie nicht. Widerstandslos ergab sie sich seinen Liebkosungen.

„Das Rührei ist köstlich.“

„Ich weiß“, antwortete Ben grinsend, „das hat bisher jede Frau gesagt.“

„Der Qualität nach zu urteilen, musst du schon für eine Menge Frauen Rührei zubereitet haben“, erwiderte Mila schnippisch.

„Eifersüchtig?“

„Ich? Im Leben nicht!“

„Wir sind uns doch einig, oder? Nur eine Sexbeziehung. Oder hast du deine Meinung geändert?“

„Nein, natürlich nicht.“

„Dann würde ich sagen … nimm noch etwas Rührei.“

Mila sah Ben über den Tisch hinweg an, und beide fingen gleichzeitig an, lauthals zu lachen. Damit war die angespannte Atmosphäre verflogen.

„Ernsthaft jetzt mal“, begann Ben, „ich glaube, es wäre wirklich sinnvoll, wenn ich schon etwas früher nach Tobago fliege. Was meinst du? Wäre das okay für dich?“

„Na klar, es ist immer gut, wenn jemand von uns beiden da ist. Ich habe zwar vollstes Vertrauen zu Tianna und Rechtsanwalt Smith, aber die Präsenz von einem von uns wäre schon nicht schlecht.“

„Ich muss nur sehen, dass ich noch ein paar Trainingsstunden mehr an Land ziehen kann, um das nötige Kleingeld zusammenzubekommen.“

„Ich werde mir was einfallen lassen. Du musst das nicht ganz allein bewältigen. Immerhin tust du das ja auch für mich.“

Ben grinste bis über beide Ohren, man sah ihm die Vorfreude auf Tobago förmlich an.

„Das wäre sehr cool. Musst du aber nicht. Ich würde mich natürlich freuen, aber …“

„Jetzt hör schon auf“, Mila lachte, „lass uns mal konkret über einen Termin sprechen. Warte, ich starte meinen Laptop, und wir sehen nach, wann es im Januar preiswerte Flüge gibt.“

Am Ende des Wochenendes hatte Mila für Mitte Januar einen Flug für Ben gebucht. Er durfte sich bis Mitte April ohne Visum dort aufhalten, danach musste er das Land wieder verlassen.

Stürmische Zeiten auf Tobago

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