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Liebe und Singen lassen sich nicht erzwingen

Macht Singen wirklich glücklich? Meine Antwort ist: Ja. Beim Singen wird vom Körper ein regelrechter Glückscocktail produziert. Dieser beinhaltet Glückshormone wie Oxytocin (das Liebes- und Bindungshormon), Noradrenalin (ein Motivator, der positive Gefühle bewirkt und leistungsfähiger macht), Beta-Endorphin (ein körpereigenes Opiat, das glücklich macht, Schmerz lindern und unangenehme Empfindungen dämpfen kann) und den Botenstoff Serotonin (er vermittelt innere Ruhe, Zufriedenheit und Gelassenheit). Gleichzeitig wird der Testosteronspiegel (der für Aggression sorgen kann) im Blut niedriger. Es gibt Untersuchungen, die das Singen sogar als Lebensbewältigungsstrategie nachgewiesen haben4. Im Klartext bedeutet das: Singen kann als Mittel eingesetzt werden, um sich aufzuheitern und das Leben zu meistern. Singen ist gesund. Personen,die viel singen, sind in Bezug auf ihre Alltagsbewältigung im Vorteil5. Sie sind physisch gesünder als jene, die nicht regelmäßig singen. Singen macht glücklich und vergrößert die soziale Kompetenz. Für viele Chorsänger bedeutet ein gemeinsames Sounderlebnis Freude und Zugehörigkeit.

Es gibt natürlich Ausnahmen, wie so oft im Leben. Wichtige Schlüsselwörter für das Singen sind „freiwillig“ und „Freude“. Alles, was unter Zwang passiert, ist unangenehm und kann zur Qual werden. Das gilt für Beziehungen, in denen die Flamme erloschen ist und der Alltag die Freude killt. Es gilt ebenso für jede Art von „verordnetem“ Singen, vor allem, wenn es „gegen den Willen der zum Singen Gedrängten stattfindet, kontraproduktiv wirkt und nachhaltig die Fähigkeit beeinträchtigt, Singen als Bewältigungsstrategie nutzen zu können6. Das „Ständchen-Singen“ vor den Verwandten oder das Singen in der Schule wird von vielen als peinlicher, unangenehmer Zwang empfunden.

Tödlich für die Lust am Singen können auch noch so kleine Bemerkungen von Eltern, Freunden oder Bekannten sein, die bei zarten Seelen – achtlos dahingesagt – großen Schaden anrichten

können: „Aus Dir wird auch kein Justin Bieber“, „Deine Großmutter konnte auch keinen Ton halten“ oder „Sei bitte mal leise, Du nervst“. Auf manch eine spontane Gesangsaktion folgen dann Scham, Angst und Frust. Im Erwachsenenalter erinnert man sich oft gar nicht mehr an die Ursachen für seine Gesangsblockade. Aber tief im Unterbewusstsein vergraben, tyrannisieren sie unser Leben. Sie unterdrücken den Spaß am lockeren Musizieren mit der Stimme. In dem Fall kannst Du Dich nur Schritt für Schritt an Deine eigene Stimme gewöhnen. Unbeobachtet im Auto. Wenn Du alleine zu Hause bist. Oder im leeren Flur Deines Bürogebäudes nach Feierabend. Du kannst Dich ungezwungen wunderbar an Deinen eigenen Stimmsound herantasten7.

Auch professionelle Sänger, die zu oft singen müssen, verlieren manchmal die Freude daran. Weil es ihr Job ist, sie einen Vertrag erfüllen müssen, sie Angst haben, dass es sonst ein anderer macht, die Miete bezahlt werden muss und so weiter. Das Musikbusiness ist kein leichtes. Es gibt eine Mordskonkurrenz und wer einmal Erfolg hat, erlebt oft hohen Arbeitsdruck. Wer zu viel Druck empfindet, wird müde, ist ausgepowert und verliert auch physisch und geistig die Lust am Singen. Ein müder Mensch überlastet sein Stimmorgan schnell. Er bekommt Stimmprobleme und verliert für den Moment die Fähigkeit, aus dem Singen Kraft zu schöpfen. Als ich noch in den Niederlanden lebte (ich war Mitte zwanzig), sang ich häufiger auf Hochzeiten. Dabei verdiente ich schnelles Geld und ging durch eine gute Schule. Manchmal sang ich vier Stunden – querbeet durch alle Stilrichtungen –, mit zwei kurzen Pausen. Der Saal tobte, das Brautpaar war glücklich.

Doch jede Woche aufs Neue in irgendeinem Saal in irgendeinem Dorf für irgendeine Hochzeitsgesellschaft irgendwelche Chart-Hits zu singen, war geistig und kreativ gesehen einfach „leer“. Ich lernte zwar viel und wurde stimmlich stark. Denoch ging ich irgendwann am Stock. Ich ging weinend zu meinen Auftritten und kam weinend nach Hause. Ich fing an, gedanklich Wettbewerbe für das unvorteilhafteste Kleid an diesem Wochenende zu veranstalten und gab innerlich Noten für den hässlichsten Festsaal. Meine Aversion gegen das Fließbandgefühl, gegen den Verdacht eine austauschbare Gesangstöle zu sein, machte mich seelisch krank. Eines Tages verließ ich, eine Entschuldigung murmelnd und mich beim Publikum bedankend, die Bühne. Ich ließ ein paar verwunderte Kollegen zurück – doch sie fanden schnell eine neue Sängerin. Mir ging es schlagartig besser. Ich fühlte mich wieder als Mensch und das Singen war keine Qual mehr. Ich hatte meine Lieblingsbeschäftigung aus der Fließbandfalle gezogen. Das war die Rettung meines Sängerinnenglücks.

Dies ist einer der Gründe, weshalb ich Menschen häufig rate, ihr Gesangshobby lieber nicht zum Beruf zu machen: Weil oft aus Spaß psychischer Druck wird.

Sie lassen sich eben nicht erzwingen, die Liebe und die Freude am Singen.

4. Menschen, die unter schweren Depressionen leiden, fühlen sich oft nicht mehr mit der Welt verbunden. Sie verlieren unter Umständen das positive Körpergefühl und den „Kontakt“ zu ihrem Atem. Diese Menschen haben dann häufig auch keine Kraft und keinen Atem, um singen zu können oder gar zu wollen.

5. Vgl. Karl Adamek – „Singen als Lebenshilfe“. 4. Auflage, 2008, Seite 59-66. Positive Effekte des Singens, wie sie in subjektiven Berichten dargestellt werden, sind auch objektiv messbar. Dies zeigt sich in einem psychischen Leistungstest: Das Ergebnis ist eine höhere physische und psychische Leistung während des Singens/nach dem Singen.

6. Karl Adamek – „Singen als Lebenshilfe“. 4. Auflage, 2008, Seite 205.

7. Im dritten Teil dieses Buches beschreibe ich einige Methoden, die Dir dabei helfen, Dich mit Deinem eigenen Stimmklang vertraut zu machen.

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