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Gott: Ein zorniger Rächer?

Vielleicht ist dir beim Lesen des vorhin beschriebenen »Licht-Phänomens« aufgefallen, dass ich es vermieden habe, es mit dem Wort Gott zu verbinden. Gott ist ein von Menschen entwickelter Begriff, und was wir dazu assoziieren, ist ein von Propheten, Kirchenlehrern, alten Schriften, moralischen Vorstellungen und purer Fantasie geprägtes Bild. Zumeist wird Gott als ein übergeordnetes Wesen interpretiert, das aus unerfindlichen Gründen die Welt erschaffen hat, und dem wir, seine Geschöpfe, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. So ähnlich war auch meine Gottesvorstellung, bevor ich diese umwälzende Erfahrung machte, die alles, was ich zu diesem Thema gelernt hatte, über den Haufen warf.

Aber wer oder was ist denn nun dieses Phänomen namens Gott? Soll man sich überhaupt die Mühe machen, das Unendliche, das Unbegreifliche mit Worten beschreiben zu wollen? Heißt es nicht vorsorglich, du sollst dir von Gott kein Bildnis machen? Das vor allem deswegen, weil Gott möglicherweise gar keine vorstellbare Gestalt hat, sondern eine ganz andere Beschaffenheit besitzt, die sich unserem materiell geprägten Vorstellungsvermögen entzieht? Gott hat uns nach seinem Ebenbild erschaffen, heißt es zwar, aber diese Aussage bezieht sich wohl weniger auf unser Aussehen, als auf unsere Fähigkeit zu fühlen, zu erschaffen, zu lieben und zu verzeihen.

Umgekehrt versuchen wir hingegen dauernd, Gott nach unserem Ebenbild zu gestalten. Vieles, wenn nicht sogar das meiste, was Menschen über Gott und die höheren spirituellen Wesen sagen, läuft eher darauf hinaus, sie auf unsere Ebene zu holen, als unsere Wahrnehmung zu erhöhen und auf deren Ebene zu bringen. Ich staune immer wieder, wie infantil gewisse kursierende Gottesvorstellungen sind, und wie unbedacht sich eine Mehrheit der Menschen mit zum Teil haarsträubenden Definitionen zufriedengibt.

Der erste und größte Irrläufer ist, dieser unbekannten Größe »Gott« ein männliches Geschlecht anzuhängen

Gott der Herr, der Vater, der Allmächtige, der Herrgott und so fort. Kurz: Es wird grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen, dass Gott ein Mann ist. Dass dieses Bild auf uralte patriarchalisch strukturierte Gesellschaftsformen zurückgeht, in welchen der Mann der Erzeuger, Ernährer und Machtinhaber der Familie und der Sippe ist, liegt auf der Hand. Es ist auch einfach zu verstehen, dass man vor Tausenden von Jahren diese Attribute auf den Übervater, den Schöpfer und Erhalter der Welt übertrug, weil man sich schlicht nichts anderes vorstellen konnte. Die Frau wurde ja nicht als ebenbürtiger Partner angesehen, sondern als »dem Manne untertan«. Aber ich finde es doch mehr als interessant, dass man diese vorsintflutliche Vorstellung von Gott in einer aufgeklärten, hoch technisierten und wissenschaftlich so fortgeschrittenen Zeit kritiklos übernimmt.

Auf einer meiner Konzerttourneen habe ich meinem Publikum eine kleine provokante Satire vorgelesen, deren Pointe einerseits Heiterkeit oder Verblüffung, aber andererseits auch herbe Ablehnung hervorgerufen hat. Die Geschichte ging so:

Eines Tages im Garten Eden sagte Eva zu Gott: »Gott, ich habe ein Problem!«

»Was ist das Problem, Eva?«

»Gott, ich weiß, dass du mich erschaffen hast, mir diesen wunderschönen Garten und all diese fabelhaften Tiere und diese seltsame Schlange geschenkt hast, aber ich bin einfach nicht glücklich.«

»Warum bist du nicht glücklich, Eva?«, kam die Antwort von oben.

»Gott, ich bin einsam, und ich kann Äpfel einfach nicht mehr sehen.«

»Na gut, Eva, in diesem Fall habe ich die Lösung für dein Problem. Ich werde für dich einen Mann erschaffen und ihn dir zur Seite stellen.«

»Was ist ein Mann, Gott?«

»Dieser Mann wird eine missratene Kreatur sein, mit vielen Fehlern und schlechten Charakterzügen. Er wird lügen, dich betrügen und unglaublich eitel und eingebildet sein. Im Großen und Ganzen wird er dir das Leben schwer machen. Aber er wird größer, stärker und schneller sein und er wird es lieben zu jagen und Dinge zu töten.

Er wird dümmlich aussehen, wenn er erregt ist, aber ich werde ihn derart beschaffen, dass er deine körperlichen Bedürfnisse befriedigen wird.

Er wird witzlos sein und solch kindische Dinge wie kämpfen und einen Ball herumkicken über alles lieben. Er wird auch nicht viel Verstand haben, sodass er deinen Rat brauchen wird, um vernünftig zu denken.«

»Klingt ja umwerfend«, sagte Eva, »wo ist der Haken, Gott?«

»Also … Du kannst ihn unter einer Bedingung haben.«

»Welche Bedingung ist das, oh Gott?«

»Wie ich schon sagte, wird er stolz und arrogant sein und sich selbst stets am meisten bewundern … Du wirst ihn daher im Glauben lassen müssen, dass ich ihn zuerst geschaffen hätte.

Denke daran, das ist unser beider kleines Geheimnis … Du weißt schon, von Frau zu Frau.«

Ich war erstaunt, wie viele Menschen es ohne Weiteres akzeptieren, dass Gott ein Mann ist, aber wenn man »ihn« als Frau darstellt, ist Verwirrung und Ablehnung die Folge.

Selbstverständlich werde ich mir nicht anmaßen, eine Definition Gottes entwerfen zu wollen. Gott ist kein Objekt, das man de-finieren, also be-grenzen kann. Ich kann nur schildern, was mir bei meinem Jenseitserlebnis – man verzeihe mir das altmodische Wort – offenbart wurde, und das war beim besten Willen kein strenger alter Mann mit einem langen Bart, der auf einer Wolke sitzt und nach Gutdünken seine Kreationen zu sich in den Himmel holt oder ins ewige Feuer wirft. Das Sehen des Lichts in der geistigen Welt hat mir eine Einsicht vermittelt, die nichts mit dem zu tun hat, was hier auf Erden als Gott propagiert wird.

Eines kann man mit Bestimmtheit sagen: Gott ist weder ein männliches noch ein weibliches Wesen, da diese Kategorien ein Ausdruck der Polarität sind, welcher Gott als Einheit nicht unterworfen ist.

Gott ist die Einheit, die alles enthält und in allem enthalten ist. Gott ist, wenn man unbedingt mit geschlechtlichen Normen operieren will, bestenfalls ein Es und nicht ein Er. Es gibt andere NTE-Erfahrene, die das vorbelastete Wort »Gott« lieber mit einem neutraleren Ausdruck ersetzen würden. Der Neurologe Dr. Eben Alexander nennt es in seinem Buch Blick in die Ewigkeit das »Om«.

Gott ist ein Thema, das sich jedem Suchenden im Laufe seiner Existenz auf eine persönliche Weise erfahrbar macht, und diese eigene Erfahrung ist die einzige Realität, die der Einzelne akzeptieren sollte. Selbst der weiseste Lehrer, der erhabenste Prophet und der heiligste Gottessohn mit ihren Heil bringenden Verkündigungen entbinden einen Menschen nicht davon, sich selbst auf die Suche zu machen und auf seine Weise und durch seinen Einsatz zur Liebe und somit zur Energie Gottes zu gelangen. Wenn uns sogar Jesus auffordert, zu suchen, um zu finden, so kann das nur so viel heißen wie: »Löst euch los von Bevormundung und macht euch auf euren persönlichen Weg.«

Der Weg zu Gott, der nichts anderes als der Weg zur Liebe ist, ist in jedem Fall ausnahmslos eine persönliche Suche: Eine Aufgabe, die einem von niemandem abgenommen werden kann.

Gott ist Energie

Beim kläglichen Versuch, Gott anhand materieller Vorstellungen beschreiben zu wollen, kommt einmal mehr der Ausdruck »Energie« der Wirklichkeit wohl am nächsten. Was soll Gott denn sonst sein als Energie? Alles ist Energie, die in höheren oder niedrigeren Frequenzen schwingt. Das hat die Physik schon längst entdeckt: Es gibt nichts außer Energie: Das Licht ist schwingende Energie, Klang und Ton ist Schwingung und basiert auf Energie, Gefühle und Gedanken sind Träger von Energie, ja sogar die Materie ist nichts anderes als dicht schwingende Energie.

Untersucht man nämlich die Materie mit immer leistungsfähigeren Methoden, kommt man an die Grenze zwischen Konkretem und nicht Konkretem. Man sieht erst Kristalle, dann Atome, dann Elementarteilchen, und in einem gegebenen Augenblick bemerkt man, dass die Materie eine Wahrscheinlichkeitswelle ist. Die Materie entmaterialisiert sich in dem Maße, wie man beobachtend immer tiefer in sie eindringt.

Also kann man sagen, dass Gott die Energie ist, die in allen erdenklichen Frequenzen schwingt und sich darin offenbart und sie belebt. Das kann als Materie sein, als radioaktive Strahlung, als Gedanke, als Musik, als was auch immer im Universum schwingt. Es gibt nur eine Energie, die in verschiedenen Schwingungsformen erscheint, und diese Ur-Energie können wir getrost Gott nennen. So ähnlich wie man aus einem Klumpen Ton alles Erdenkliche formen kann, so kann sich Gottes Energie in allem Erdenklichen und nicht Erdenklichen offenbaren.

Der Vergleich von Gott mit Licht ist eine Metapher, die durchaus einleuchten könnte: Wir alle wissen, was Licht ist, und wir wissen, dass wir ohne Licht nicht existieren können, aber wir können nicht festlegen, welches Licht das originale, »richtige« Licht ist. Ist es die Sonne, die Glühlampe, die Kerze, die Neonröhre? Wir erfahren dieses Phänomen Licht aus verschiedenen Quellen. Auch Gott erfahren wir nicht direkt, sondern über Allegorien: Ein freundliches Lächeln, ein blühender Apfelbaum, ein Sonnenuntergang, eine hilfreiche Tat, ein tröstendes Wort … überall, wo Schönheit und Liebe erscheinen, ist das eine Erscheinung Gottes. Auch wenn wir das Licht gerade einmal nicht sehen können, zum Beispiel, weil wir in einem dunklen Zimmer sitzen, so wissen wir doch mit unerschütterlicher Gewissheit, dass es Licht gibt.

Aber nicht nur das Licht, auch die Musik bildet so ein Thema, das sich wunderbar für Gedankenspiele eignet: Wir alle meinen zu wissen, was Musik ist, weil wir schon welche gehört haben. Musik jedoch existiert nur in dem Moment, da sie gerade erklingt, danach verschwindet sie wieder und ist nicht mehr da. Wir wissen aber trotzdem, dass es Musik gibt, auch wenn wir gerade keine hören.

Nun gibt es unendlich viele Melodien und Stilformen, in denen Musik erscheint. Das kann das urtümliche Trommeln eines Urwaldvolkes sein, die Flötenmelodie eines fünfjährigen Kindes, das wilde Klanggewitter einer Punkband oder ein Menuett von Haydn – und immer ist es Musik, so unterschiedlich sie sich auch anhören mag. Eigentlich sollte man hier weniger von Musikstilen reden, sondern eher von Musikenergie. Wie in den Gefühlen wohnt nämlich auch in jedem Musikstil eine bestimmte Energie inne.

Der Jazz zum Beispiel ist ein Ausdruck einer Energie von Wildheit, Freiheit, Unbändigkeit und Kreativität, wohingegen in der Klassischen Musik Feingeistigkeit, kontrollierte Form und Ästhetik schwingt. Die Rockmusik vertritt eine Energie von roher Kraft, Auflehnung, auch Gewalt und Zorn, während die Schlagermusik Angepasstheit, Biederkeit und eine gewisse Naivität in sich trägt. In einem Naturjodel schwingt Naturenergie und Ursprünglichkeit mit, während ein gregorianischer Choral Träger einer transzendenten Energie ist, die meditativ, beruhigend, zeitauflösend wirkt.

Um Musik aber wahrnehmbar zu machen, braucht es Instrumente und Menschen, die diese bedienen. Ohne Instrumente und ohne Musiker gibt es keine Musik.

Ebenso ist Gott – jedenfalls in der materiellen Welt – angewiesen auf Menschen, Abläufe und Interaktionen, die ihn zum Erscheinen bringen. Die Musik und das Licht erscheinen also, wie auch Gott, nur durch Vermittler. Wir sind solche Vermittler Gottes. Als Musiker würde ich sagen: Jeder Mensch ist eine Melodie Gottes.

Aber genauso, wie wir Lebewesen im Grunde nichts als eine Ansammlung von Neutronen sind, die um Atomkerne sausen – also schwingende Energie –, sind wir trotz allem Individuen, Personen. So zweifle ich nicht daran, dass auch Gott eine Person ist, wenn auch in einem weitaus komplexeren Sinn, als wir uns das vorstellen können.

Du bist unsterblich

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