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Kommt da noch etwas?

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An meiner Jenseitserfahrung hatte ich lange Zeit zu knacken. Es dauerte Jahrzehnte, bis ich sie einigermaßen verarbeitet hatte. Man muss sich vorstellen: Da wird ein kerngesunder junger Mensch von einer Sekunde zur anderen aus dem Leben gerissen und findet sich unvermittelt und unvorbereitet in einer Umwelt, die nicht das Geringste mit dem zu tun hat, was er bisher kannte. Er erfährt, dass er nicht mehr in seinem Körper ist, er weiß, dass er »tot« ist. Trotzdem ist er bei klarem Bewusstsein und kann seine Umgebung und die Gedanken der anwesenden Personen deutlich wahrnehmen. Das bedeutet doch zweifelsfrei, dass er »lebt«.

Die ersten paar Jahre nach meiner Genesung wagte ich außer meinem Arzt niemand von meinem mysteriösen Erlebnis zu erzählen. Ich fürchtete, man würde mich nicht ernst nehmen oder diese für mich so kostbare Erfahrung als Hirngespinst abtun.

Als ich einige Zeit nach dem Spitalaufenthalt bei einer medizinischen Kontrolle bei meinem Chirurgen die Rede auf meine Operation brachte und fragte, ob er sich an einen Zwischenfall erinnern könne, blickte der Arzt mich interessiert an und fragte: »Warum fragen Sie?«

Ich berichtete ihm von meiner Wahrnehmung und wie ich meinen Todeszustand bewusst erlebt hatte. Er hörte mir aufmerksam zu und meinte dann: »Ja, das ist richtig. Während der Operation hat plötzlich Ihr Herz aufgehört zu schlagen und wir mussten Sie mit einem Elektroschock-Apparat wieder zurückholen.«

Als ich ihm darauf seine Worte wiederholte, die er in jenem Moment gerufen hat, nickte er mit dem Kopf und sagte: »Nun, das stimmt zwar genau, aber das können Sie aus zweierlei Hinsicht gar nicht gehört haben: Erstens waren Sie in einer tiefen Vollnarkose und daher absolut unfähig, irgendetwas wahrzunehmen, und zweitens waren während der Zeit Ihres Herzstillstandes auch Ihre Sinnesorgane ausgeschaltet. Trotzdem, Sie sind nicht der Erste, der mir von so einer außerkörperlichen Wahrnehmung erzählt. Auch als Wissenschaftler müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass nach dem Tod etwas passiert, für das wir keine Erklärung haben.«

Es vergingen dann acht Jahre, bis ich konkret mit meiner Erinnerung konfrontiert wurde. Ein Spitalpfarrer fragte mich an, der von meiner Todeserfahrung gehört hatte. Er betreute junge und ältere Menschen, die wegen einer Krebserkrankung nicht mehr lange zu leben hatten und angesichts des nahen Todes von Ungewissheit oder sogar Furcht geplagt wurden. Der Pfarrer bat mich, in einer intimen Gesprächsrunde diesen Menschen von meiner Erfahrung zu erzählen. Vielleicht würde das dem einen oder anderen Patienten Hoffnung geben oder zumindest die Angst vor dem Ungewissen lindern. Mit gemischten Gefühlen und nach einigem Zögern sagte ich zu.

Der Geistliche empfing mich sehr herzlich und führte mich in den Raum, in dem bereits die todgeweihten Menschen Platz genommenhatten. Es war ein Anblick, der mir sehr zu Herzen ging. Die circa zwölf Personen saßen fast alle in Rollstühlen, waren kahlköpfig und abgemagert und sahen mich mit kummervollen Blicken an. Es waren erstaunlich viele junge Leute dabei, sogar Jugendliche, und das zu sehen und das Leid und die Verzweiflung zu spüren, war emotional sehr ergreifend.

Nach ein paar einleitenden Worten des Spitalseelsorgers begann ich zum ersten Mal in meinem Leben über meinen Unfall zu sprechen, über den »Lebensfilm«, die Ewigkeit und das »Licht« und alles, was ich in jenen Momenten erlebt, gefühlt und wahrgenommen hatte.

Ich schloss meinen Bericht mit den Worten:

Ihr müsst keine Angst haben vor dem Übergang in die andere Welt. Ihr alle werdet willkommen sein und unendliche Liebe erfahren. Ich kann euch aus Erfahrung sagen: Der Tod ist das Beste, was euch im Leben passieren kann.

Dann stand ich auf und drückte allen die Hand. Wir alle wussten, es war ein Abschied, und ich sah in den Augen der kranken Menschen Tränen der Dankbarkeit glitzern. Einer von ihnen sagte: »Bo, dich hat der Himmel geschickt. Jetzt bin ich endlich ruhig und kann ohne Angst gehen. Danke.« Dann weinten wir alle, aber es waren Tränen der Erlösung und der Freude.

Von diesem Moment an wurde mir bewusst, dass ich diese Geschichte nicht länger für mich behalten sollte und sie getrost mit Menschen teilen durfte, die an diesem Thema interessiert waren. Darum habe ich seither unzählige Gespräche mit Ärzten und Therapeuten, Seelsorgern und Geistlichen, Kranken und Sterbenden oder einfach interessierten Menschen geführt, habe Zeitungen Interviews gegeben, aber auch Studierenden oder Maturandinnen, die Arbeiten über dieses Nahtod-Phänomen schrieben. Ich wurde eingeladen, um in Spitälern, Altersheimen und religiösen oder wissenschaftlichen Kreisen Vorträge zu halten und habe das wachsende Interesse wahrgenommen, das sich in den heutigen technisierten Menschen zu dem Tabuthema Tod und zu spirituellen Themen im Allgemeinen regt.

In mir wuchs gleichzeitig das große Bedürfnis herauszufinden, wie diese außerkörperliche Wahrnehmung möglich war, und welcher Teil von mir das alles eigentlich wahrgenommen hat. Mein Körper konnte es nicht gewesen sein, denn der war ja in jenen Minuten »leblos« und außer Funktion gesetzt. Ich habe mir von medizinischer Seite sagen lassen, dass bereits zehn Sekunden nach dem Herztod die Wahrnehmungssinne, also das Sehen, das Hören, das Fühlen etc., nicht mehr funktionieren und auf null herunterfahren. Gibt es also so etwas wie eine Seele, die den Körper belebt und in die alle Informationen, die eine Person während eines Menschenlebens erfährt, eingespeist werden? Ist diese Seele das eigentliche Bewusstsein eines Individuums, in der alle Erinnerungen gespeichert sind und die weiter existiert, auch wenn der Körper »seinen Geist aufgibt«?

Oder stimmt die Ansicht der Materialisten, die annehmen, dass nach dem Absterben des Körpers auch jene Energie, die ihn mit Leben erfüllte, inklusive Bewusstsein, einfach verschwindet?

Du bist unsterblich

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