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Im Flugzeug auf dem Weg von Kiew nach Tel Aviv, 24.4.15

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Mein Trip hat begonnen. Die notwendigen Klamotten sind zum Glück noch alle eingetroffen.

Die Boeing-Maschinen der Ukraine International Airlines und der Flughafen Kiew machen einen sehr guten Eindruck, äußerlich kann ich keinen Unterschied zu westeuropäischen Flugzeugen und Flughäfen finden.

Vor 11 Monaten war ich mit meiner geliebten Frau – sie leider schon im Rollstuhl – auf einer Kreuzfahrt. Das Schiff startete in Antalya und kam dort wieder an. Das Schwarze Meer und Antalya überfliege ich gerade.

Mein heiß geliebter Schatz,

ich umarme dich ganz fest und danke dir für die schöne, wenn auch teilweise sehr schwere Zeit, die wir gemeinsam hatten. Nach einer anderen Frau ist mir noch nicht.

Ich hege so viele schöne Erinnerungen an dich. Dein Grabstein ist nach deinen Wünschen gestaltet. Der einzige Grabstein mit Bild gleich am Eingang des Steinbacher Bergfriedhofs. Du wolltest ein Bild von dir mit Katze auf deinem Grabstein haben. Den Wunsch haben wir dir erfüllt. Wir wählten das Bild von unserer Wanderung um Meran vor fünf Jahren. Du liebtest Katzen, hieltest fremden Katzen nur die Hand und sie kamen meistens gleich zu dir. Sie spürten wohl gleich deine Katzenliebe. Auf dem Foto lächelst du mit der Katze auf deinem Arm ganz versonnen. Ich denke, du würdest dich über dein schönes Denkmal freuen.

Eine schöne Trauerfeier bekamst du. „My way“ von Frank Sinatra, was wir beide sehr mögen, wurde in der Steinbacher Kirche vor 120 Trauergästen gespielt. Ohne mein Zutun spielte die Organistin auch „Candle in the wind“.

Horst, immerhin ein Freund deines Ex-Mannes sagte mir beim Kaffee danach: „Was du geleistet hast, ich könnte es nicht. Als Jäger kann ich tot machen, pflegen kann ich wohl nicht.“

Ich erwiderte, dass er bei schwerer Krankheit eines nahen Angehörigen sicher nicht weggerannt wäre, sondern sich auch irgendwie dem Problem gestellt und sich gekümmert hätte. Dessen bin ich mir ganz sicher.

Er sagte auch noch: „Ich habe schon viele Trauerfeiern miterlebt, aber das war die Schönste.“

Beides freute mich ganz besonders an diesem traurigen Tag.

Deine Tochter geht einen guten Weg, du wärst stolz auf sie. Wir verstehen uns gut.

Vorhin beim Qualmen auf dem Kiewer Flughafen machte auf der nebligen Raucherinsel mit Stehtisch in der Mitte ein circa 40jähriger Ukrainer eine gerade im Duty-Free-Shop gekaufte Whisky-Flasche auf. Wir wechselten wenige Worte in Russisch. Er war in Begleitung zweier Frauen und wollte mir auch gleich Whisky einschenken. Sie wollten auch nach Tel Aviv. Ich dachte, es wären Neu-Israelis aus der Ukraine. Nein, er arbeitet nur in Tel Aviv. Ich hoffte schon, dass diese netten Menschen mich vom Tel Aviver Flughafen in die Stadt mitnehmen würden. Er sagte mir, ich solle ein Sherut-Taxi nehmen. Wäre ja zu schön gewesen. Vielleicht war es gut so, denn meine Mami hat mir gesagt, ich soll nicht bei fremden Menschen ins Auto steigen – ha, ha, ha.

Jetzt im Flugzeug sitzt ein streng dreinschauender Mann neben mir, circa 30 Jahre alt, sehr kurzer schwarzer Igel-Haarschnitt. Er nickte nur kurz zur Begrüßung und wirkte recht abweisend. Er erinnerte mich an einen meist ernsten Schulkameraden. Nach einer Weile fragte ich ihn doch, ob er in Tel Aviv wohne. Er sprach kaum Englisch und konnte mir nicht antworten – auch ein ukrainischer Arbeiter in Israel?

Das Essen und Bier hier an Bord muss man bezahlen. Es sind normale Gasstätten-Preise. Der Mann nahm nur das kostenlose Mineralwasser. Nun, das hat nichts zu sagen. Vielleicht kommt er schon in einer Stunde an einen reich gedeckten Tisch in Tel Aviv.

Anne Frank schrieb ihr Tagebuch zumeist an ein Phantom namens Kitty. Die Literaturwissenschaftler mutmaßen, wer Kitty war, niemand weiß es wirklich.

Ich will mein Tagebuch zumindest teilweise auch an jemanden schreiben.

Nicht an dichMein lieber Schatz.

Ich wäre bei manchem Gedanken über Frauen zu gehemmt. Sei nicht böse. Du könntest manchmal sagen, bei mir hattest du solche Gedanken nicht oder denkst du auch an mich, wenn du laufend über Ornella Muti oder Frau Pumpelhuber schreibst.

Wie wäre es denn mit BV=Beichtvater. BV bedeutete bei der Nationalen Volksarmee der DDR „Besonderes Vorkommnis“, oft mit gewissen Vergehen von Soldaten verbunden. Unser Oberoffizier nannte unsere Pionier-Kompanie einst BV-Kompanie, weil sich die BV’s in unserer Truppe häuften.

BV=Beichtvater – ist gut – ein vertrauenswürdiger Mensch, der das Beichtgeheimnis bis in seinen Tod hütet und mir Absolution erteilt. Vielleicht macht das viele Rheinländer, Italiener, Spanier, Südamerikaner, Bayern so entspannt. Die gehen fremd, lassen killen, killen manchmal selbst, gehen zur Beichte und leben dann mit Absolution und Frohsinn weiter. So ungefähr erklärte mir das ein Katholik. Weil ich damals noch kein Tagebuch führte, weiß ich leider nicht mehr, wer es war.

Weißt du noch, mein lieber Schatz – der ehemalige katholische Pfarrer von Bad Liebenstein zeigte uns den Beichtstuhl seiner neuen modernen Kirche und berichtete uns freudig, dass er sich nach der Beichte immer sehr erleichtert fühle. Katholisches Leben, das wir Nicht-Katholiken gar nicht richtig erlebt und vollends verstanden haben.

Der schwere belastende Stein ist mit der Beichte abgeworfen.

Dazu dienst du mir jetzt – Mein lieber BV.

Ich stelle dich mir als ein Gemisch aus mir vertrauten Freunden, Vorgesetzten, Lehrern, meinen Eltern, meiner Schwester vor. Ihr lasst mich an Eurer Schulter ausheulen und gebt mir als mein BV Absolution.

Mein Jakobsweg durch Israel – Wanderungen durch das Heilige Land

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