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SCHRITT B2

KAPITEL 5

Sich lösen und bewusst verschmelzen

Sich vom Ziel-Teil lösen

Ein Teil ist mit dem Selbst verschmolzen, wenn Sie so von den Gefühlen des Teils überflutet werden, dass Sie nicht mehr geerdet sind. Sie sind in den Überzeugungen des Teils gefangen und sehen alles aus seiner Perspektive. Anders gesagt, sind Sie nicht genügend von dem Teil getrennt, um ihn beobachten oder bei ihm sein zu können. Um auf nützliche Weise Zugang zu einem Teil zu finden, sollte er aktiviert sein, ohne mit Ihnen zu verschmelzen.

Das Selbst gehört von Natur aus auf den »Sitz des Bewusstseins« (vergleiche Kapitel 3). Wenn Sie mit einem Teil verschmolzen sind, hält dieser statt dem Selbst den Sitz besetzt (Abb. nächste Seite links). Um einen produktiven Kontakt mit dem Teil herzustellen, muss das Selbst sich auf dem Sitz befinden und seine Aufmerksamkeit auf den Teil richten (Abb. nächste Seite rechts).

Wie erwähnt, nennt man den Teil, mit dem man sich momentan beschäftigt, den Ziel-Teil.


ÜBUNG Verschmolzensein

Wählen Sie einen Teil, mit dem Sie momentan verschmolzen sind. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, mit geschlossenen Augen festzustellen, was gerade passiert. Fragen Sie sich: »Was nehme ich jetzt wahr, was denke und fühle ich?« Wie stark empfinden Sie gerade die Gefühle des betreffenden Teils?

Wahrscheinlich handelt es sich um einen Teil, mit dem Sie sich als Aspekt Ihrer Persönlichkeit identifizieren. Das kann ein Teil sein, der Sie dazu motiviert, im Alltag aktiv zu sein, ein Teil, der Sie kritisiert oder andere beurteilt, oder einer, der ärgerlich wird oder eine andere emotionale Reaktion zeigt, wenn bestimmte Dinge passieren, zum Beispiel wenn Sie Kaffee verschütten oder Ihren Schlüsselbund verlegen. Es kann ein Teil sein, der Sie organisiert, der Ihnen Sorgen macht, der etwas von jemand anderem braucht oder irgendein anderer Teil, der sich regelmäßig in Ihrem Leben bemerkbar macht.

Wie fühlt es sich in Ihrem Körper an, wenn dieser Teil präsent ist?

Welche Körperteile sind angespannt? ___________________________

Welche sind entspannt? ______________________________________

Welche Gefühle nehmen Sie wahr? _____________________________

Ist Ihr Blick offen oder verschlossen? ___________________________

Welche Körperteile nehmen Sie nicht wahr? Sind Sie zum Beispiel nur in Ihrem Kopf? Oder spüren Sie nur Ihren Bauch? ____________________

Wie ist Ihr Atem? _____________________________________________

Welche Emotionen sind vorhanden (zum Beispiel Ärger, Frustration, Ungeduld, Liebe, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Dringlichkeit)? ___________

Welche Gedanken haben Sie? ____________________________________

Was sagen Sie zu sich? __________________________________________

Was ist aus der Perspektive dieses Teils zutreffend (zum Beispiel: »Ich habe viele Verpflichtungen und muss mich anstrengen, sie zu erfüllen«; »Ich bekomme von der Person da nie, was ich brauche«; »Es ist nie genug Zeit«)?

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BEISPIEL Verschmolzensein

Welche Körperteile sind angespannt? Kiefer, oberer Brustkorb.

Welche sind entspannt? Beine.

Welche Gefühle nehmen Sie wahr? Kurzatmig, Schultern hochgezogen.

Ist Ihr Blick offen oder verschlossen? Verengt, angestrengt.

Welche Körperteile nehmen Sie nicht wahr? Mittlerer Rücken, Genitalien.

Wie ist Ihr Atem? Eingeschränkt.

Welche Emotionen sind vorhanden? Ärger, Frustration.

Welche Gedanken haben Sie? Bin aufgebracht und wie besessen davon, dass man mir so wehgetan hat.

Was sagen Sie zu sich? So etwas verdiene ich einfach nicht. Wofür halten die sich eigentlich?

Was ist aus der Perspektive dieses Teils zutreffend? Man hat mir Unrecht getan!

Sich lösen

Sie lösen sich von einem Teil, indem Sie Raum zwischen ihm und sich schaffen. Dabei bitten Sie den Ziel-Teil, kooperativ zu sein und gemeinsam mit Ihnen einen emotionalen Abstand zu schaffen, damit Sie den Teil besser wahrnehmen können. Der Teil soll begreifen, dass Sie Interesse haben, ihn kennenzulernen, und dass das am besten möglich ist, wenn Sie ein bisschen Abstand von ihm haben.

Sich von einem Teil lösen, kann sinnvoll sein, wenn Sie merken, dass dieser Teil statt dem Selbst den »Sitz des Bewusstseins« besetzt hat. Dann können Sie versuchen, das Selbst auf diesen Sitz zu bringen, damit es den Ziel-Teil ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit rücken kann (siehe rechte Abbildung auf S. 44).

ÜBUNG Sich von einem Ziel-Teil lösen

Sie können den Teil nehmen, den Sie in der vorhergehenden Übung »Verschmolzensein« erforscht haben; vielleicht wollen Sie aber auch einen anderen Teil kennenlernen. Wenn Letzteres der Fall ist, gehen Sie die angegebenen Schritte durch, bis der betreffende Teil präsent ist. Lassen Sie ihn auf irgendeine Weise wissen, dass Sie Interesse haben, ihn kennenzulernen.

Name oder Rolle des Teils: _____________________________________

Wie Sie wissen, dass Sie mit ihm verschmolzen sind: ________________

Die folgenden Methoden können den Prozess des Lösens unterstützen.

• Bitten Sie den Teil, sich von Ihnen zu lösen, damit Sie ihn kennenlernen können.

• Bitten Sie den Teil, sich aus Ihrem Körper zu entfernen.

• Bitten Sie den Teil, seine Gefühle zu zügeln und Sie nicht damit zu überfluten, während Sie sich auf ihn konzentrieren.

• Treten Sie ein Stück zurück, um sich von dem Teil zu trennen.

• Nehmen Sie wahr, welche Gefühle Sie dem Teil entgegenbringen.

• Rufen Sie ein Bild des Teils auf, wie dieser ein Stück weit von Ihnen entfernt ist.

• Zentrieren/erden Sie sich mit einer kurzen Meditation, um Ihre Trennung von dem Teil zu unterstützen.

Wie Sie den Ziel-Teil gebeten haben, sich von Ihnen zu trennen: _________

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Wenn ein Teil sich trennt, werden Sie das spüren. Infrage kommt eine ganze Reihe feiner Veränderungen, wie Sie den Teil wahrnehmen.

• Sie spüren, wie sich in Ihrem Körper etwas öffnet, wodurch ein Gefühl von Raum und Offenheit entsteht.

• Sie sehen, wie der Teil sich bewegt. Zum Beispiel kann das Bild des Teils ein Stück von Ihnen wegrücken.

• Sie hören, wie der Teil Ihrer Bitte zustimmt.

• Sie fühlen sich emotional leichter oder freier.

Was Sie bemerkt haben, als Sie den Ziel-Teil baten, Ihnen ein bisschen Raum zu lassen: ________________________________________________________

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Was Sie bemerkt haben, wenn der Teil bereit war, sich zu lösen:

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Was der Teil gesagt hat: ___________________________________________

Veränderungen im Körper: _________________________________________

Veränderung dessen, was Sie gesehen haben: __________________________

Emotionale Veränderungen: _________________________________________

Weiteres: ________________________________________________________

BEISPIEL Sich von einem Ziel-Teil lösen

Name oder Rolle des Teils: Aufschieber.

Wie Sie wissen, dass Sie mit ihm verschmolzen sind: Ich bin kribbelig und zerstreut, vermeide Arbeit, die erledigt werden muss, indem ich die Küche putze oder im Internet surfe.

Wie Sie den Ziel-Teil gebeten haben, sich von Ihnen zu trennen: Hab ihm gesagt, mir ist klar, dass er da ist, um mich von meiner Arbeit abzubringen. Hab ihn gefragt, ob er mit mir zusammenarbeiten mag, damit ich was erledigt kriege, bevor wir gemeinsam etwas anderes machen.

Was Sie bemerkt haben, als Sie den Ziel-Teil baten, Ihnen ein bisschen Raum zu lassen: Zuerst war er widerspenstig und hat getan, als würde er gar nicht existieren, so nach dem Motto »Was – wer, ich?« Dann hat er Interesse für mein Versprechen gezeigt, später was mit ihm gemeinsam zu machen.

Was Sie bemerkt haben, wenn der Teil bereit war, sich zu lösen:

Was der Teil gesagt hat: »Vergiss bloß nicht, dass du mir versprochen hast, später was zusammen mit mir zu machen!«

Veränderungen im Körper: Ich war in der Lage, mich ein bisschen zu entspannen. Hab mich ruhiger gefühlt und tiefer geatmet.

Veränderung dessen, was Sie gesehen haben: Alles war klarer und nicht mehr so verschwommen.

Emotionale Veränderungen: Hab die unter der Zerstreutheit verborgene Angst gespürt.

Weiteres: Sobald ich die Angst gespürt und erkannt habe, hat sie ein bisschen nachgelassen.

ÜBUNG Sich von einem widerwilligen Teil lösen

(Variante der vorhergehenden Übung)

Manchmal sträuben sich Teile davor, sich zu lösen. Vielleicht sind sie verwirrt darüber, was das bedeutet; sie können aber auch Angst haben oder trotzig sein. Eine gute Frage, die man einem zögerlichen Teil stellen kann, lautet: »Wovor hast du Angst? Was könnte wohl passieren, wenn du dich von mir löst?« Es kann nützlich sein, dem Teil zu versichern, dass Sie nicht versuchen, ihn loszuwerden oder zu vertreiben, sondern dass Sie ihm nur besser zuhören wollen, was durch ein bisschen Abstand möglich wäre.

Es gibt einige typische Gründe, weshalb Teile sich nur widerwillig lösen. Wenn der Teil, an dem Sie in der vorhergehenden Übung gearbeitet haben, sich sträubt, können Sie überprüfen, ob eine der aufgeführten Ursachen zutrifft oder ob Sie auf etwas anderes stoßen.

_____ Angst, dass Sie ihn beiseiteschieben und nicht mehr brauchen werden. Mögliche Reaktion Ihrerseits: Ich bitte dich nur, kurz beiseitezutreten, während ich mich mit diesem Thema beschäftige. Schließlich will ich dich kennenlernen, und damit das möglich ist, brauche ich ein bisschen Abstand von dir. Wenn du willst, kannst du wie gewohnt zurückkehren, sobald wir fertig sind.

Zusätzlich: Eventuell müssen Sie dem Teil klarmachen, dass Sie ihn in der Vergangenheit tatsächlich beiseitegeschoben haben, dass es jetzt aber anders laufen wird.

____ Angst, dass Sie etwas Unkluges tun werden, wovor der Teil Sie beschützt. Mögliche Reaktion Ihrerseits: Versichern Sie dem Teil, dass Sie ihn nur um eine bestimmte Zeitspanne bitten. Erinnern Sie ihn daran, dass Sie da sind und dafür sorgen werden, dass nichts Schlimmes passiert.

Andere Ängste: ______________________________________________

Ihre Reaktionen auf den Teil: ___________________________________

Was Sie zu dem Teil gesagt haben, um ihm zu helfen, sich beim Lösen wohler zu fühlen: _____________________________________________________

Wie der Teil reagiert hat: ________________________________________

Was er gesagt hat: _______________________________________________

Veränderungen im Körper: _______________________________________

Veränderung dessen, was Sie gesehen haben: ________________________

Emotionale Veränderungen: ______________________________________

Weiteres: ______________________________________________________

ÜBUNG Täglicher Teile-Check

Nehmen Sie sich in der kommenden Woche jeden Tag etwas Zeit, sich mit Ihren Teilen zu beschäftigen. Stellen Sie so, wie Sie es in diesem Kapitel gelernt haben, fest, welche Teile gerade aktiviert sind. Indem Sie das regelmäßig tun, werden Sie sich daran gewöhnen, Ihrer inneren Familie Aufmerksamkeit zu schenken. Planen Sie jeden Tag eine bestimmte Zeit für diese Übung ein. Manche Leute tun das am liebsten gleich morgens nach dem Aufstehen, andere abends, bevor sie schlafen gehen. Stellen Sie eine Liste mit allen Teilen zusammen, die in diesem Moment aktiviert sind, und tragen Sie die folgenden Angaben ein, soweit Sie sie wissen.

Name des Teils: _____________________________________________

Was er empfindet: ___________________________________________

Wie er aussieht: _____________________________________________

Wo er im oder am Körper wahrnehmbar ist: ______________________

Was der Teil sagt: ____________________________________________

Zu welchem Verhalten er Sie bringt: ____________________________

Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie nicht alle genannten Informationen über den Teil kennen. Tragen Sie einfach ein, was Sie wissen.

BEISPIEL Täglicher Teile-Check

Montagmorgen

Name des Teils: Angst.

Was der Teil emotional empfindet: Fürchtet, dass ich mit dem, was heute vor mir liegt, nicht umgehen kann.

Wie er aussieht: Zitternder kleiner Junge.

Wo er im oder am Körper wahrnehmbar ist: Pochen in der Brust, verkrampfter Bauch, über den Kopf gezogene Decke.

Was er sagt: Das schaffe ich einfach nicht. Ich habe nicht genügend Energie. Ich werde nicht damit zurechtkommen. Das Leben erdrückt mich.

Zu welchem Verhalten er Sie bringt: Ich bewege mich nicht, bin erstarrt, bleibe einfach unter der Decke liegen

Donnerstagabend

Name des Teils: Erleichterung.

Was der Teil emotional empfindet: Dankbar dafür, dass ich den Tag überstanden habe. Entspannt und ruhig. Erleichtert, dass es vorüber ist.

Wie er aussieht: Kleines Kind, das friedlich schläft.

Wo er im oder am Körper wahrnehmbar ist: Keinerlei Anspannung im ganzen Körper.

Was er sagt: Ich hab’s geschafft. Hab’s hinter mir. Ich hab den Tag überstanden.

Zu welchem Verhalten er Sie bringt: Kann mich entspannen und erholen.

Bewusst verschmelzen

Mit einem Teil zu verschmelzen, hindert uns daran, im Selbst zu sein, weshalb es bisher darum ging, wie man sich aus diesem Zustand löst. Manchmal ist es jedoch nützlich, bewusst mit einem Teil zu verschmelzen. Das tut man absichtlich und mit Erlaubnis des Selbst, und es klappt nur dann gefahrlos, wenn man gut im Selbst ist. Drei Methoden bieten sich an.

1. Auf einen Teil zugreifen, indem man an seiner Stelle spricht

Wenn Sie Probleme haben, Zugang zu einem Teil zu finden, oder wenn Sie ihn intensiver erleben wollen, können Sie bewusst mit ihm verschmelzen, indem Sie an seiner Stelle sprechen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was weiter oben geraten wurde, ermöglicht Ihnen jedoch, eine Weile zu dem Teil zu werden und ihn umfassender zu spüren. Sie können den Teil bitten, seine Gefühle zu zügeln, während Sie mit ihm verschmolzen sind.

2. Mit dem Körperausdruck auf einen Teil zugreifen

Intensiver auf einen Teil zugreifen können Sie auch, indem Sie zu ihm werden und das durch Körperbewegungen, Mienenspiel und Geräusche ausdrücken. Dadurch verkörpern Sie ihn vollständiger und können ihn umfassender verstehen.

3. Die Emotionen eines Teils spüren

Wie im 12. Kapitel näher ausgeführt, können Sie einen Teil besser wahrnehmen, wenn Sie seine Emotionen spüren, so lange dabei im Selbst bleiben. Das kann zu einer tieferen Heilung führen.

ÜBUNG Bewusstes Verschmelzen

Diese Übung macht man am besten mit einem Partner oder in einer kleinen Gruppe. Alle Beteiligten beschäftigen sich zehn Minuten lang mit einem Teil, anschließend berichten sie einander, was sie erlebt haben. Achten Sie darauf, dass Sie nur über Ihre eigene Erfahrung sprechen. Dabei ist es nützlich, die Sprache der Teile zu verwenden, die in Ihnen aufgetaucht sind.

Wählen Sie einen Teil, bei dem Sie sich wohlfühlen, wenn Sie mit ihm verschmelzen.

1. Sprechen Sie als der Teil: »Ich bin … und ich fühle …«

2. Drücken Sie die Gefühle oder die Eigenheit des Teils ohne Worte aus. Tun Sie das mit Körperbewegungen, Gesichtsausdrücken und Geräuschen.

3. Fragen Sie den Teil, ob Sie ihn gut dargestellt haben.

4. Sprechen Sie für ihn: »Der Teil fühlt …«

Notieren Sie unten, was Sie erlebt haben.

Teil: _______________________________________________________

Was er zu sagen hatte: ________________________________________

Wie er sich nonverbal ausgedrückt hat: __________________________

Wie es sich angefühlt hat, ihn darzustellen: _______________________

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