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TÄTLICHKEITEN

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Eberhard Münster starrte seine Frau wütend an und dann … schlug er zu! Ihm hing ihr wehleidiges Gezeter so zum Hals heraus, dass er sich wieder einmal nicht mehr beherrschen konnte. Aber sie legte es ja auch darauf an, reizte ihn bis zur Weißglut.

Er musste hier raus!

Eberhard drehte sich auf dem Absatz um und wollte das Zimmer verlassen.

Doch darauf hatte Anna Münster nur gewartet. Sie griff nach dem schweren Kristallaschenbecher, der auf dem kleinen Beistelltisch stand und schlug ihn ihrem Mann mit voller Wucht auf den Rücken.

Eberhard Münster schrie vor Schmerz, stolperte und schlug hart auf dem Boden auf.

„Nicht mit mir, du Mistkerl“, kreischte Anna und stürzte sich auf ihn. Wütend schlug sie mit den Fäusten auf ihren Mann ein.

Da packte Eberhard sie und schubste sie mit aller Kraft von sich weg. Anna flog gegen den schweren Wohnzimmertisch und blieb benommen liegen.

Währenddessen war Eberhard wieder auf den Beinen. Stöhnend hielt er sich den Rücken.

Wie sonst auch, war die Wut nach den Handgreiflichkeiten bei dem Ehepaar verraucht. Schweigend sahen sie sich an.

„Warum streiten wir uns eigentlich so oft?“, fragte Anna leise. „Hätten wir Kinder gehabt, wären wir wahrscheinlich glücklicher miteinander geworden, meinst du nicht auch?“

Eberhard musterte seine Frau abschätzig. „Ach, Anna“, seufzte er. „Du bist als Mutter doch völlig ungeeignet. Du fährst doch schon bei der geringsten Kleinigkeit aus der Haut. Wie wolltest denn ausgerechnet du jemals die Geduld aufbringen, ein Kind zu erziehen?“, fragte ihr Mann kopfschüttelnd.

„Erinnere dich, meine Liebe.

Haben wir es nicht mehr als einmal mit Kindern aus dem Waisenhaus versucht?“

„Na ja, du warst ja auch nicht gerade ein begnadeter Vater, oder?“, erwiderte Anna giftig. „Du warst doch immer sehr schnell mit dem Schlagen, wenn ich mich recht erinnere. Hast du das eine Kind, ich hab den Namen vergessen, nicht immer auf dem Stuhl festgebunden, bevor du es verprügelt hast?“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du jemals versucht hättest, mich daran zu hindern, oder?“, erwiderte ihr Mann grinsend.

„Da kannst du mal sehen, was du an deiner Frau hast, Eberhard. Ich falle meinem Mann doch wegen so einer Göre nicht in den Rücken“, sagte Anna kalt. „Außerdem waren es ja noch nicht mal unsere eigenen Kinder.“

„Ach, und du bildest dir wirklich ein, mit denen hättest du Geduld gehabt? Das wage ich aber ganz entschieden zu bezweifeln, meine Gute. Das mit dem Schlagen war ja schließlich nicht nur ich.

Ich habe sie wenigstens nicht tagelang im Keller eingesperrt wie du, wenn du ihrer überdrüssig warst.“

„Geschenkt“, winkte seine Frau ab. „Die Gören hatten es verdient. Ich war froh, als wir sie endlich wieder los waren. Zum Glück haben wir sie ja nicht alle zur selben Zeit gehabt, sondern immer schön nacheinander.

Ich habe weder die Mädchen, noch diesen wehleidigen Bengel gemocht, obwohl du den ganz schön in deiner Werkstatt hast schuften lassen. Es war richtig, sie wieder dem Waisenhaus zu übergeben. Schließlich sind diese Institutionen ja für so etwas da“, sagte Anna gefühllos.

„Wollen wir jetzt einen Schluck trinken, Liebes?“, fragte Eberhard so freundlich, als hätten sie sich nicht noch vor einigen Minuten geschlagen.

„Das ist eine großartige Idee, Schatz“, erwiderte Anna. „Es ist schon sehr spät, fast könnte man früh sagen. Aber ich bin überhaupt nicht müde.

Wir öffnen ein oder zwei Flaschen Wein, essen eine Kleinigkeit und machen es uns gemütlich. Wir könnten uns einen Film ansehen. Was hältst du davon, Liebster?“, fragte die Frau so liebevoll, als seien sie das glücklichste Ehepaar der Welt.

„Großartige Idee, Liebste“, erwiderte Eberhard und gab ihr einen Kuss.

Hand in Hand begaben sie sich in die Küche, um alles für ihr nächtliches, gemütliches Beisammensein zusammenzustellen. Wein, Käsehäppchen, Salamistücke, Chips und Toastbrot standen danach auf dem Wohnzimmertisch zum Schlemmen bereit.

Eberhard legte eine DVD in den Player und schaltete ihn ein. Er schenkte Wein in die auf Hochglanz polierten Weingläser und prostete seiner Frau zu.

„Auf uns, meine Süße“, sagte er herzlich.

Und keiner von beiden bemerkte den Eindringling, der hinter dem bodenlangen Thermovorhang verborgen, keinen Blick von dem herzlosen Pärchen ließ!

Eberhard Münster, ein mittelgroßer, kräftiger Mann mit schütterem grauen Haar, einst kantigem, jetzt aufgedunsenem Gesicht und kalten, hellblauen Augen, musterte seine Frau, die wie hingegossen in ihrem Fernsehsessel an der Schmalseite des Tisches ihm gegenüber saß.

Auch Eberhard saß in einem der bequemen Fernsehsessel, die sie sich vor zwei Jahren gekauft hatten. Sie waren beide in Rente und es ging ihnen finanziell sehr gut.

Eine Schönheit ist sie weiß Gott nicht, dachte der Mann. Aber Anna war nie eine attraktive Frau gewesen, eher eine graue Maus. Und das war sie auch jetzt noch, nur dass sie dazu auch noch enorm in die Breite gegangen war.

Alles an Anna war grau. Das Gesicht, die Haare, die Augen und selbst ihre Kleidung hatte diese Farbe.

Und tiefdunkel war auch ihr Charakter.

Ebenso wie ihr Mann hatte sie den Kindern, die sie eine Zeitlang mit dem Versprechen zu sich nahmen, sie eventuell zu adoptieren, sehr böse mitgespielt. Es wäre nicht verwunderlich, hätten manche von ihnen einen lebenslangen Schaden davongetragen.

Anna nippte genießerisch an ihrem Wein. Sie war sehr zufrieden. Der Kriminalfilm, den ihr Mann eingelegt hatte, war ihr Lieblingsfilm, in dem es hoch her ging. Sie griff gut gelaunt nach einem weiteren Käsehäppchen, als sie plötzlich aufschrie.

„Ein Stich!

Mich hat gerade eben etwas in den Hals gestochen, Eberhard“, kreischte sie.

Ihr Mann starrte sie verständnislos an.

„So hilf mir doch, Eberhard. Mir wird ganz schlecht“, keuchte sie.

„Ja, und was soll ich dabei tun?“, fragte ihr Mann unfreundlich.

Anna lallte etwas vor sich hin.

Bei dem Krach, den der Fernseher machte, bemerkte Eberhard ebenso wenig wie es seine Frau bemerkt hatte, den Schatten, der unversehens hinter ihm auftauchte. Er spürte nur einen kleinen Schnitt am Hals.

„Jetzt hat mich auch ein Insekt gestochen“, sagte Eberhard und schlug nach dem nicht vorhandenen Übeltäter.

Anna wand sich in Krämpfen. Sie keuchte vor Schmerz.

„Was ist denn plötzlich hier los?“, keuchte Eberhard, dessen Herzschlag plötzlich stolperte. „Woher kommt plötzlich dieses Insekt?“

„Das war kein Insekt“, sagte der Eindringling und richtete sich hinter Eberhards Sessel auf.

„Das war ich. Ich bringe euch den verdienten Tod!“

Annas Herz machte nicht mehr mit. Sie stöhnte ein letztes Mal. Ihr Kopf sank gegen die Rückenlehne.

Sie war tot.

„Wie … wieso?“, keuchte Eberhard, dessen Herz immer häufiger aussetzte.

„Weil ihr es euer Leben lang durch eure schlimmen Taten herausgefordert habt. Erinnert euch nur an die euch anvertrauten Kinder“, erwiderte der ungebetene Besucher.

„Vielleicht hättest du den Jungen nicht anbinden und deine Frau Anna ihn nicht tagelang in den Keller sperren sollen“, sagte er hart.

„Du? Du bist das?“, stöhnte Eberhard Münster.

„Ja, ich bin das“, erwiderte der Besucher.

Lächelnd beobachtete er Eberhards Todeskampf, der länger währte, als der seiner Frau, seine Qualen und dann sein Ende, als sein Herz aufgab und seine Tätigkeit für immer einstellte.

Nachdem er sich an den beiden Armbanduhren der Toten zu schaffen gemacht hatte, ging er zur Tür.

Er warf noch einen letzten Blick auf die beiden Toten, bevor er zur Hintertür des Einfamilienhauses ging, durch die er auch eingedrungen war.

Er zog die Tür hinter sich zu und verschwand ohne eine Spur zu hinterlassen, im Dunkel der Nacht.

Mord um Drei

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