Читать книгу Mord um Drei - Bärbel Junker - Страница 9
NOCH ZWEI TOTE
ОглавлениеAls Hauptkommissar Heckert zwei Tage nach dem Ableben Beatrice von Arlsbergs sein Büro im Bundeskriminalamt betrat, lag ihm der Befund des Rechtsmediziners bereits vor.
Er holte sich einen Becher Kaffee aus dem Automaten und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Den Bericht legte er vor sich auf die Schreibtischplatte. Er war sehr gespannt, was Eugen Roth herausgefunden hatte.
Mordfall? Oder doch natürliches Ableben?
Er nahm den Bericht aus dem DINA4-Umschlag und begann zu lesen. Durch das Fenster fiel ein Sonnenstrahl auf den Tisch. Es schien ein schöner Tag zu werden. Doch davon bekam der Kommissar im Moment nichts mit.
„Das gibt’s doch nicht“, murmelte er nach einer Weile.
„Also doch kein normales Ableben, sondern Mord!“
Es klopfte. Kommissar Benno Schuster war es, der seinen Kopf durch den Türspalt steckte.
„Hallo, Chef. Wir haben zwei neue Mordfälle“, verkündete er gut gelaunt wie immer. „Diesmal nicht in einer ganz so feinen Gegend. Es ist in Wilhelmsburg passiert.“
„Sie begleiten mich, Benno. Haben Sie das Team bereits informiert?“
„Die sind schon unterwegs, Chef.“
„Also gut, dann mal los. Sie fahren“, sagte Heckert.
Vor dem Einfamilienhaus des Ehepaars Münster, hatten sich bereits zahlreiche neugierige Nachbarn eingefunden. Doch die Polizei hatte den Tatort so großflächig abgesperrt, dass die sensationslüsterne Meute nicht dicht herankam.
Felix Heckert und Benno Schuster zeigten ihre Ausweise und wurden anstandslos vorbeigelassen, zum Ärger der nach Sensationen gierenden Zuschauermenge.
Die beiden Kommissare betraten das Haus und gingen hinüber in das Wohnzimmer, in dem die beiden Getöteten noch in den Fernsehsesseln saßen.
„Ihre Uhren sind auch um Punkt drei Uhr stehen geblieben, genau wie bei der ersten Toten“, stellte Heckert fest.
„Ja, und beide haben auch die winzigen Schnitte am Hals“, sagte Dr. Roth, der unbemerkt hinzugekommen war.
„Also ein und derselbe Täter“, stellte Benno Schuster fest.
„Höchstwahrscheinlich.“
„In dem Bericht steht, dass Sie bereits ein toxikologisches Ergebnis haben. Können Sie uns etwas Näheres dazu sagen, Eugen?“, fragte Heckert.
„Ja, das kann ich, Felix. Bei dem Gift handelt es sich um ein Pfeilgift, so bezeichnet, weil es einige indigene Völker Südamerikas für die Pfeile ihrer Blasrohre benutzen. Allerdings stammt das Gift, welches diese drei Menschen tötete, von dem giftigsten Frosch der Welt, dem sogenannten Schrecklichen Pfeilgiftfrosch. Es ist ein etwa fünf Zentimeter großer, gelber Frosch, der nahe der Pazifikküste Kolumbiens im Department Cauca lebt.
Die Heimat der Frösche ist dort der Regenwald. Hier leben sie auf dem Waldboden und in Flussnähe. Das Gift der Frösche entsteht aus Substanzen, die sie mit ihrer Beute aufnehmen“, erklärte der Rechtsmediziner.
„Wie wirkt es bei einem Menschen?“, wollte Heckert wissen.
„Absolut tödlich. Es handelt sich um ein ziemlich schnell wirkendes Nervengift, welches zu Krämpfen, Atemlähmung, Herzrhythmusstörungen und dann letztendlich zum Herzstillstand führt. Das Gift eines einzigen Frosches reicht aus, um mehr als 10.000 Mäuse oder zehn bis zwölf Menschen zu töten.
Und wie bereits erwähnt, gibt es bislang kein Gegenmittel.“
„Und wie gelangt man an das Gift?“, fragte Benno Schuster.
„Die Frösche scheiden es durch die Haut aus.“
„Aber wie kommt jemand an ein so gefährliches Gift heran, Dr. Roth?“, fragte Benno Schuster schockiert.
„Einfach ist es wohl nicht. Doch für eine entsprechende Summe wird sicherlich ein Händler zu finden sein, der ein solches Gift verkauft. Man braucht sich doch nur anzusehen, was alles über das Internet gehandelt wird“, erwiderte der Mediziner.
„Aber ausgerechnet ein solches Gift? Gäbe es da nicht Gifte, an die der Täter einfacher gelangen könnte?“, fragte Heckert.
„Sicherlich gibt es die“, erwiderte der Arzt. „Aber irgendeinen Grund wird der Täter oder die Täterin wohl haben, ausgerechnet dieses, in der Bevölkerung sicherlich nicht allzu bekannte, Gift zu wählen. Vielleicht ist er günstig daran gekommen.“
Die beiden Kommissare sahen sich betreten an.
„Das dürfte wieder mal äußerst schwierig werden, Chef“, meinte Benno Schuster.
„Wenn wir das Internet mal außer Acht lassen, Eugen. Wer hätte dann Ihrer Meinung nach außerdem noch die Möglichkeit, an ein derartiges Gift zu gelangen?“, fragte Heckert.
„Ich würde sagen, in sämtlichen Institutionen die sich mit den Fachgebieten Toxikologie und Pharmakologie befassen, dürfte es dafür Möglichkeiten geben. Denn zwischen all den untadeligen forschenden und arbeitenden Menschen, wird es sicherlich auch immer wieder einige geben, die lukrativen, illegalen Angeboten nicht widerstehen können.
Und man benötigt nur sehr geringe Mengen des Gifts, um einen unliebsamen Mitmenschen aus dem Weg zu räumen“, fügte der Rechtsmediziner bedrückt hinzu.
„Drei Tote. Drei um drei Uhr stehen gebliebene Armbanduhren, denen die Batterie entnommen wurde. Wo zum Teufel, ist der rote Faden?“, fragte Heckert frustriert.
„Wir finden ihn, Chef“, sagte Benno Schuster überzeugt. „Bisher haben wir ihn noch immer gefunden.“
„Ihr Wort in Gottes Ohr, Benno“, seufzte Heckert. „Aber hoffentlich bald, bevor noch weitere Todesopfer zu beklagen sind.“
„Vielleicht sollten Sie mit einem Psychologen über diese Fälle sprechen, Felix“, schlug Eugen Roth vor. „Es könnte Ihnen unter Umständen weiterhelfen.“
„Und mit wem? Können Sie mir einen guten Psychologen nennen?“, fragte Heckert.
„Ich würde Dr. Erik Bischoff vorschlagen. Er hat uns schon in einigen kniffligen Fällen unterstützt.“
„Dr. Bischoff? Oh ja, den kenne ich. Er half mir bei einem meiner Fälle“, erwiderte Kommissar Heckert. „Kennen Sie ihn gut?“
„Gut ist vielleicht zu viel gesagt. Ich lernte ihn auf einem Lehrgang kennen. Ein ausgesprochen angenehmer und freundlicher Mensch“, erwiderte Roth. „Wenn Sie wollen, bemühe ich mich für Sie um einen Termin. Er ist nämlich meistens total ausgebucht.“
„Das Angebot nehme ich dankend an, Eugen. Aber es eilt wie Sie wissen.“
„Natürlich. Ich melde mich, sobald ich mit Bischoff gesprochen habe, Felix“, erwiderte der Arzt.
„Und wie geht’s jetzt weiter, Chef?“, fragte Benno als sie alleine waren.
„Als erstes sprechen wir mit Dr. Bischoff. Vielleicht erfahren wir ja tatsächlich etwas von ihm, was uns weiter bringt“, hoffte Heckert.
„Danach kümmern wir uns dann um das Umfeld der drei Toten. Irgendeine Verbindung muss es da geben.“