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FERNSEHEN
Оглавление»Mensch, Oma! Du musst dir mal einen Fernseher kaufen!«
»Ph«, schnaubt Oma. »Fernseher, Fernseher. Ich mag aber keinen Fernseher.«
»Doch, Oma. Du musst aber mal einen Fernseher wollen.«
»So. Muss ich also. Ich will aber nicht.«
»Immer nie kann ich bei dir fernsehschauen!«, beschwert sich Nora.
»Stimmt«, sagt Oma und sieht dabei ganz zufrieden aus. Das findet Nora ärgerlich. Die Oma sieht überhaupt kein kleines bisschen so aus, als würde sie darüber nachdenken, wie sehr sie eigentlich einen Fernseher braucht.
»Wieso willst du nicht, Oma?«
»Weil ich halt nicht mag!«, brummt diese, und offenbar ist das Thema damit für sie erledigt. So schnell aber will Nora nicht aufgeben.
»Aber ich mag, Oma.«
»So, du magst also?«, fragt Oma.
Nora nickt heftig, damit Oma endlich begreift, wie gerne sie mag. Erwartungsvoll schaut sie die Oma an. Nun endlich muss sie doch sagen: Gut. Dann müssen wir eben einen Fernseher kaufen. Nichts. Oma sagt einfach gar nichts. Nora spürt, wie ein Zorn in ihr wächst. Ja, ist es denn der Oma völlig egal, dass sie so sehr einen Fernseher mag? So sieht es aus.
»Mensch, Oma! Mir ist soo langweilig.« Das muss sie doch jetzt verstehen.
Oma bleibt völlig ungerührt.
»Hörst du nicht? Mir ist langweilig!«
Doch Oma nickt nur. »Ich hab dich schon gehört. Du magst fernsehen und dir ist langweilig.«
Nun nickt wiederum Nora, ganz fest, damit die Oma begreift. Langweilig ist ein ziemlich neues Wort in Noras Wortschatz. Und wie jedes neue Wort muss es deshalb bei jeder Gelegenheit ausprobiert werden. Langweilig, genau. Aber Oma sagt nur:
»Da kann man wohl nichts machen.«
Da platzt der Zorn aus Nora heraus: »Oma! Ich komm nie wieder zu dir. Ich geh jetzt zur Post-Oma!« Die Post-Oma heißt so, weil sie bei der Post arbeitet.
Endlich runzelt Oma die Stirn. Sie seufzt. »Schade!«, sagt sie bedauernd. Aber so traurig, wie Nora gehofft hat, sieht sie nicht aus. Na gut. Sie wird schon sehen, was sie davon hat. Entschlossen steht Nora auf, packt ihren Rucksack und winkt der Oma zu.
»Tschüss, Oma.«
Oma winkt ebenfalls. »Tschüss, Nora. Viel Spaß und sag der Post-Oma einen Gruß von mir.«
Nora schluckt. Wieso sagt Oma nicht: Oh, liebe Nora, bleib doch hier. Ich geh auch gleich einen Fernseher kaufen. Oder: Da bin ich aber traurig, wenn du gehst. Ist es Oma denn ganz egal?
Noras Schritte werden langsamer. Zögernd steigt sie die Treppe hinunter. Stufe für Stufe. Der Zorn im Bauch ist weg. Dafür ist da jetzt ein, ein – sie weiß es selbst nicht so genau. Eigentlich mag sie nicht weg. Eigentlich mag sie bei der Oma bleiben. Aber der ist es ja egal. Die lässt sie einfach gehen.
Ganz so ist es nicht. Oma steht nämlich oben und sieht zu, wie Nora gerade weggehen will. Und so egal, wie sie tut, ist es ihr nicht. Gar nicht. Noch drei Stufen, dann ist Nora unten angelangt. Da ruft die Oma:
»Nora? Magst du nicht doch hierbleiben? Ich glaub, ich mag nicht, wenn du gehst.«
Nora fällt ein Stein vom Herzen. Sie kehrt um und stapft die Treppe wieder hinauf. Erst schnell. Dann langsamer. »Na gut, Oma. Wenn du unbedingt willst.«
Oma nickt.
Da saust Nora auch die letzten Stufen hoch, wirft den Rucksack in die Ecke und fragt: »Und was machen wir?«
»Wir könnten uns zusammen ein bisschen langweilen«, schlägt Oma vor.
»Mensch, Oma. Jetzt in echt.«
Oma überlegt. Dann sagt sie: »Ich glaub, ich hab eine Idee.«
Nora will unbedingt wissen, was für eine Idee Oma hat, aber die sagt nur: »Wart’s ab. Du wirst schon sehen. Hol mal die Malkiste.«
Während Nora die Malkiste holt, schleppt Oma einen großen Karton an. Eigentlich sammelt sie darin Altpapier. Aber jetzt wird der Karton für Wichtigeres gebraucht. Kurzerhand schüttet sie das Papier auf den Boden.
»Mensch, Oma!«, kommt es vorwurfsvoll von Nora. Mehr sagt sie nicht, denn offenbar hat Oma gerade überhaupt keine Zeit für Ordnung. Sie hat ein langes Messer aus der Küche geholt und säbelt nun damit in den Karton. Bald ist ein Fenster darin.
»Was ist das, Oma?«
»Du weißt es nicht?«
Kopfschütteln.
»Na, unser Fernseher ist das.«
Da begreift Nora. »Und wo ist der Knopf zum Anmachen?«
Oma kramt in der Malkiste einen schwarzen Stift hervor. Bald hat der Fernsehkarton einen Knopf zum An- und Ausschalten, einen für laut und leise und einen weiteren für die anderen Programme. Sie stellen die Fernsehkiste auf den Tisch. Etwas fehlt noch. Nora holt den Taschenrechner von Omas Schreibtisch.
»Eine Fernbedienung?«, fragt Oma.
Kopfnicken.
Gute Idee. So müssen sie nicht immer aufstehen. Nora holt den Teddybären, den Hasen und eine Schüssel aus der Küche. Alles kommt in den Karton, und nun sieht man auf dem Bildschirm eine Schüssel, in der ein Teddybär sitzt, während der Hase beinahe aus dem Fernseher fällt. Endlich können Nora und Oma sich bequem zurücklehnen.
»Was schauen wir denn an?«, fragt Oma.
»Wir schauen Teddy auf dem Schiff.«
Und dann sehen sie einen Film, in dem ein Teddy auf Weltreise geht, seinen Freund Hase aus Seenot retten muss, ein Ungeheuer die beiden beinahe verschluckt, und manchmal muss Nora trotz Fernbedienung aufstehen, weil auch Katze noch im Fernseher erscheinen muss und ein Hund und ein Schneebesen, denn nun schneit es auf hoher See, und bald ist der Bildschirm voller Tiere, dass es nur so wimmelt. Und manchmal ist es aufregend, manchmal ist es spannend, manchmal ist es lustig.
Bis Oma den Taschenrechner schnappt, einen Knopf drückt und ein Tuch über den Karton wirft.
»Sendeschluss!«, ruft sie.
Und Nora protestiert kein kleines bisschen.
»Mensch, Oma«, seufzt sie. »Das war gar kein bisschen langweilig!«
Und Oma nickt. »Kein kleines bisschen langweilig«, stimmt sie zu.
Dann machen die beiden Abendbrot. Und am Tisch sitzen die Fernsehhelden und essen alle mit: Teddy, Hase, Hund und Katze, Frosch und Ente, Eichhörnchen und Rabe.