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3. Tischsitten

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Nach der Eroberung Griechenlands im 2. Jh. v. Chr. übernahmen die Römer von den Eroberten die Sitte, beim Essen nicht auf Sesseln zu sitzen, sondern sich auf Speisesofas auszustrecken. Frauen saßen aus Gründen der Schicklichkeit auf Sesseln. Beim Essen trug man nicht die förmliche Toga, sondern legere Kleidung. Die Schuhe wurden selbstverständlich ausgezogen, bevor man es sich auf dem Sofa bequem machte. Vor dem Essen wusch man sich die Füße und die Hände, beziehungsweise ließ sie sich von Sklaven waschen. Das Essen wurde von Sklaven serviert und herumgereicht oder, was üblicher war, auf dem in der Mitte der Speisesofas stehenden Tisch abgestellt, sodass sich die Gäste selbst bedienen konnten. Beim Essen stützte man sich mit dem linken Ellbogen auf ein Kissen und fasste mit der rechten Hand nach den Speisen und den Getränken, wobei man sich tunlichst nicht von oben bis unten bekleckerte.

„Nimm die Speisen mit den Fingerspitzen – Tischmanieren sind wichtig – und verschmiere dir nicht das ganze Gesicht mit unsauberer Hand“, rät der Dichter Ovid den Teilnehmern eines Gastmahls.10

Die einzigen Hilfsmittel beim Essen waren Löffel. Löffel mit größerer Laffe dienten zum Essen von Suppe, Saucen oder Desserts und kleinere Löffel mit runder Laffe und zugespitztem Stiel wurden zum Aufspießen von Schnecken und Muscheln verwendet. Die Gabel gab es in Mitteleuropa erst ab dem 16. Jh. Messer galten als Waffen und hatten im Esszimmer nichts verloren. Einzig der Sklave, der einen Braten kunstgerecht vor den versammelten Gästen tranchierte, benutzte ein Messer.

Auch wenn man die Technik des Essens mit der Hand perfekt beherrschte, war es notwendig, sich zwischendurch mehrmals die Hände zu waschen. Zu diesem Zweck wurde ein Handwaschservice, bestehend aus einer Kanne, einer Schüssel und einem Handtuch, herumgereicht. Auch die Verwendung einer Serviette war absolut erforderlich. Servietten wurden in der Regel von den Gästen selbst mitgebracht, vor allem auch deshalb, weil es durchaus üblich war, besondere Leckerbissen in die Serviette einzuwickeln und mit nach Hause zu nehmen. Natürlich war hier Mäßigung geboten, es gehörte sich nicht, die Serviette mit allen möglichen Resten vollzustopfen:

„Wenn aber die Serviette schon von tausend Diebstählen zum Platzen voll ist,

dann verbirgt er noch im warmen Gewandbausch angenagte Muscheln

und den Rest einer Taube, deren Kopf er zuvor hinuntergeschlungen hat.

Und er hält es auch nicht für anstößig, mit langem Arm all das einzusammeln,

was der die Reste auflesende Sklave und die Hunde übrigließen.“11

Unangenehm fielen auch Gäste auf, die keine eigene Serviette mitbrachten und ungeniert die des Gastgebers stahlen.12

Speisereste wie Knochen und Muschelschalen wurden während des Mahles auf den Boden geworfen. Diese Sitte inspirierte den Künstler Sosus, „der zu Pergamon den ‚ungefegten Raum’ auslegte, den man so nennt, weil er die Essensabfälle auf den Estrichen, und was man sonst wegzukehren pflegt, aus kleinen und verschiedenfarbigen Mosaiksteinchen so nachgebildet hat, als ob man sie liegengelassen hätte.“13 In den Vatikanischen Museen in Rom kann ein solches sehr reizvolles Mosaik eines „ungefegten Esszimmers“ noch heute bewundert werden.

Im Übrigen entsprachen die Tischsitten der Römer weitgehend den heutigen. Die aus Hollywoodfilmen bekannten römischen Orgien, bei denen so ziemlich alles erlaubt ist, gehören dem Reich der Phantasie an. Natürlich gab es auch in römischer Zeit Rüpel, die bei Tisch ein unglaublich schlechtes Benehmen an den Tag legten. Zum Urinieren verließ man den Speisesaal, auf dem Sofa liegen zu bleiben und sich von einem Sklaven ein Gefäß bringen zu lassen, der, „wohlbedacht auf den feinen Urin, den besoffenen Schwanz seines zechenden Herrn lenkt“,14 verstieß gegen alle Regeln des guten Benehmens. Ebenso wenig gehörte es sich, bei Tisch laut zu rülpsen und zu furzen. Und die oft gehörte Geschichte, dass es in der gehobenen Gesellschaft üblich war, während des Mahles ein Brechmittel zu nehmen oder sich eine Pfauenfeder in den Rachen zu schieben, um anschließend fröhlich weiter völlern zu können, entspricht keinesfalls der Wahrheit. Natürlich gab es Personen, die zu derart radikalen Mitteln griffen, um endlose Fress- und Trinkgelage durchhalten zu können, wie der für seine ungezügelte Schlemmerei berüchtigte Kaiser Vitellius,15 oder Claudius, der „nie die Tafel verließ, bevor er sich nicht bis oben vollgestopft hatte, und so hat man ihm, wenn er auf dem Rücken lag und mit offenem Mund schlief, eine Feder in den Rachen geführt, damit er seinen Magen entlasten konnte.“16 Die Art, wie in den Quellen über solches Verhalten berichtet wird, zeigt allerdings deutlich den Abscheu, den man angesichts derartiger Gebräuche empfand. Maßvoller Genuss der kulinarischen Köstlichkeiten, die die römische Küche zu bieten hat, war die goldene Regel guten Benehmens beim Mahle.


Als Mosaik verewigte Überreste eines Gelages: Knochen, Scheren von Krustentieren, Schneckengehäuse, Obstkerne und eine Maus. Rom, Vatikanische Museen.

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