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Warum nichts blieb, wie es war

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Maggie zupfte fordernd am Hemd ihres Vaters, bis dieser schließlich stehen blieb und das kleine Wunderding erneut aus seiner Hosentasche zog. Mehr als eine halbe Stunde waren sie bereits unterwegs, für einen Fußmarsch, der unter normalen Umständen keine zehn Minuten gedauert hätte. Doch nun bewies ihr Vater abermals eine Engelsgeduld, indem er ihren Heimweg unterbrach und das bunt glitzernde Jo-Jo gekonnt auf- und abschnellen ließ. Die unmittelbare Belohnung erfolgte in Form eines vergnügten Kreischens seitens Maggie. Dabei strahlten ihre großen blauen Augen ihren Vater schwärmerisch an.

„Papa, Papa, darf ich es jetzt auch mal versuchen?“

Statt eine Antwort abzuwarten, versuchten Maggies kleine Hände vergeblich das glitzernde Spielzeug aus der Luft zu greifen. Aus Angst, seine Tochter womöglich zu treffen, unterbrach er sein Spiel, indem er das Jo-Jo, am höchsten Punkt angelangt, fest mit der Rechten umschloss.

„Ich befürchte, das ist noch ein bisschen schwierig und das Band wird für dich zu lang sein“, äußerte der Vater seine Bedenken, in der Absicht, seiner Tochter einen vorprogrammierten Misserfolg ersparen zu wollen.

Entrüstet stemmte sie ihre kindlichen Ärmchen in die Seite und stampfte wütend auf, wie sie es sich bei den Großen abgeschaut hatte.

„Du kannst es mich ja wenigstens mal versuchen lassen, vielleicht schaffe ich es ja doch!“, forderte Maggie trotzig.

Dabei war der eben noch bewundernde Blick einem bösen Funkeln gewichen.

Er verspürte beim Betrachten dieses willensstarken, kleinen Persönchens, seiner Tochter, unendliche Liebe und Stolz. Um nicht den Eindruck zu vermitteln, sie nicht ernst zu nehmen, verkniff er sich sein Lächeln und reichte seiner Tochter ergeben das Jo-Jo. Gerade wollte er zu einigen grundlegenden Erklärungen ansetzen, als sie sich das Spielzeug auch schon geschnappt hatte.

Mit den Worten: „Papa, ich kann das schon!“ und ausgestrecktem Arm, hielt Maggie ihren Vater auf Distanz.

Sie wandte sich ein wenig von ihm ab, um alleine und in Ruhe die notwendigen Vorkehrungen für einen Versuch zu treffen. Geschickt meisterte sie die erste Herausforderung, indem sie mit dem Mittelfinger der rechten Hand durch die kleine Schlaufe am Ende der Schnur schlüpfte, während die linke Hand das Jo-Jo hielt. Bei der Übergabe von der einen Hand in die andere, bereitete es Maggie einige Mühen den Mittelfinger gleichzeitig gestreckt zu halten und mit den restlichen Fingern das Jo-Jo zu umschließen. Nachdem sie mehrere Male die Schlaufe verloren hatte, weil der eine Finger einfach nicht gerade bleiben wollte, wenn sich alle anderen beugten, schaffte sie es schließlich doch. Erwartungsfroh streckte sie ihren Arm, wie sie es vorher dutzende Male bei ihrem Vater beobachtet hatte. Unmittelbar mit dem Öffnen der Hand, wickelte sich die lange Schnur rasant vom Mittelsteg, der die beiden glitzernden Scheiben miteinander verband. Kurz vor der Berührung mit dem Gehsteig riss Maggie ihren Arm in die Höhe, um damit den Richtungswechsel des Jo-Jos zu veranlassen. Doch anders als erwartet, kam es nicht zu ihr zurück, sondern prallte mit voller Wucht auf der Gehwegplatte auf. Entsetzt registrierte Maggie, wie sich das Jo-Jo immer weiter von ihr entfernte und schließlich von der Bordsteinkante auf die Straße kullerte. Im gleichen Moment verlor sie auch noch die letzte Einflussmöglichkeit, da ihr die Schlaufe vom Finger gerutscht war. Enttäuscht, ob des missglückten Versuchs, sprintete sie hinter ihrem

Jo-Jo her, mit dem festen Vorsatz, es direkt ein zweites Mal zu versuchen und doch noch zu schaffen.

Maggie hörte ein lautes Quietschen, das von einem schrillen, durch Mark und Bein gehenden Schrei ihres Vaters begleitet wurde. Aus dem Augenwinkel sah sie ein rotes Auto auf sich zukommen. Bereits im nächsten Moment wurde sie durch den kräftigen Stoß ihres Vaters hart auf den rauen Asphalt der Straße geschleudert. Es folgte ein lauter, dumpfer Knall.

***

Bei einem überaus tragischen Verkehrsunfall kam gestern ein 33-jähriger Familienvater ums Leben. An einer wenig befahrenen Nebenstraße sprang dieser, in einer schlecht einsehbaren Kurve, direkt vor ein herannahendes Auto. Er stieß seine vierjährige Tochter, die sich zu dem Zeitpunkt aus noch ungeklärter Ursache auf der Fahrbahn befand, an die Seite und rettete ihr damit vermutlich das Leben.

Der Autofahrer hatte keine Chance auszuweichen und steht seither unter Schock. Während der bereits kurz nach dem Unfall eingetroffene Notarzt bei dem Familienvater nur noch den Tod feststellen konnte, erlitt seine Tochter lediglich leichte Abschürfungen sowie eine Platzwunde am Kopf. Das Mädchen steht ebenfalls unter Schock.

Sommer, Sonne, Strand und Er

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