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2 – Die Nöcks

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Gnoer hob von der Rah ab und ließ sich ganz dicht bei Arwila und Garl auf dem Dollbord nieder.

„Ja“, sagte er, - „genauso, du bist Arwila, das ist dein Name.“

„Arwila…“, wiederholte sie, den Namen auf den Lippen nachspürend. - „Also nicht mehr die Namenlose? Endlich! Und was mehr? Woher komme ich, wie kam ich in das Land des Vergessens? Willst du mir das nicht beantworten?“

„Ich will schon, ebenso wie Garl es gerne täte“, bedauerte Gnoer. - „Aber ich kann dir nicht viel mehr sagen, als du schon weißt. Wir alle kommen aus dem Reich der sieben Seen und du, Arwila, du zu allererst. Die dunklen Herrscher dort haben uns vertrieben und mit uns, fast all unser Wissen aus dieser Zeit und der Zeit davor. Sie haben einen Schleier des Vergessens über unsere Erinnerungen gelegt. Ein böser Fluch, den wir tilgen müssen. - Jeder von uns hat sein eigenes Schicksal, ich meines, Garl seines, auch seine Krieger und Grol und die Schiffsleute - und eben auch du, Arwila. Wir müssen uns dem Schicksal stellen, jeder auf seine Weise. Wir müssen zurückkehren in das Reich der sieben Seen. Wir müssen die Macht Wiralas und Rakons brechen oder wir sind verloren und mit uns all diejenigen, die ihrer Gewalt unterworfen sind.“ Er hielt inne und sah sie an. Arwila machte einen Schritt auf ihn zu und strich ihm vorsichtig mit dem Finger über die kalte Klaue:

„Gnoer – sag mir“, fragte sie zaghaft, - „wer bist du? Sag, was hat es auf sich, mit deiner Eisenklaue?“

„Ich – ich bin Gnoer, der Adler, was sonst soll ich dazu sagen?“ wehrte er ab und schob seinen Kopf vor, dass sein scharfer, großer Schnabel sie bald im Gesicht berührte. Sein Blick blieb für Arwila undeutbar. Sie ließ aber nicht nach und antwortete:

„Ich weiß es, du bist nicht der, der du scheinst. Du sprichst meine Sprache. Und das mit deiner Klaue…, was sagtest du zu mir am Fenster meiner Hütte? Meinetwegen hättest du deinen Fang verloren?“ Gnoer zog den Kopf zurück und entgegnete:

„Was immer ich scheine oder bin, das musst du selbst erfahren und sehen, ich kann es dir nicht sagen, weil ich selbst meiner nicht sicher bin. Wir alle hier sind das nicht; das ist der dunkle Zauber. Mein Wissen und dein Wissen sind nicht allzu weit auseinander. Es ist wahr, ich war nicht verbannt im Land des Vergessens, so wie du, darum ist dein Wissen verschollener als meines. Aber Klarheit über uns haben wir erst, wenn wir zurückkehren, dorthin zurück, woher wir stammen. Doch dahin getraute selbst ich mich nicht zu fliegen und das, als König der Lüfte. Ich durfte mich nicht trauen, ohne dich, Arwila. Käme ich ins Reich der sieben Seen ohne dich zurück, wäre das mein sicheres Ende, so hat man es mir geweissagt.“ Unsicher flog Arwilas Blick umher, doch da war niemand, an dessen Augen sie sich haften konnte. Entmutigt sanken ihr die Hände herab. Sie wollte sich abwenden, als sie zurückfuhr und es noch einmal versuchte:

„Und dein Fang, was ist damit, was habe ich dir angetan?“

„Arwila, wie kommst du darauf?“ wunderte sich Gnoer. – „Nichts, nichts hast du mir angetan! Nur, dass ich den Fang deinetwegen verlor. Doch dich trifft keine Schuld; das behauptet dein Wolf. Der hatte ihn wiedergefunden, am Goldsö. Und er trug ihn dir zu, dass du ihn finden konntest.“

„Varulv?“ staunte sie und wandte sich dem Wolf zu. Der lag am Boden, den Kopf auf die Planken gedrückt und blinzelte kaum merklich mit den Augen. Sie wusste, er würde jetzt nichts sagen. – „Und nun“, fragte sie verwirrt, - „wie geht es nun weiter?“

„Das ist ganz klar“, antwortete Gnoer, - „wir werden nun zurückkehren. Du bist bei uns und wir bei dir. Das Schiff ist auf dem richtigen Kurs. Und morgen in der Früh, bei Sonnenaufgang, da fahren wir nach Norden. Dann wird Grol den Weg kennen und uns durch den grauen Fjord führen, bis zur Mündung des Toröns, der Fluss, der aus dem Torsö, dem ersten See des Reiches kommt und durch den wir in das Reich der sieben Seen gelangen.“ Gnoer wandte sich dem Schiffsführer zu und fragte: „Ist es so, Grol?“ Der Zwerg trat vor:

„Verdammt, sagte ich es doch, nach Norden geht’s! Doch du hast was Wichtiges vergessen zu nennen, Gnoer.“

„Was - vergessen?“ fragte Gnoer scharf.

„Augenblick, keine Aufregung!“ beschwichtigte Grol. – „Doch über die Zufahrt in den Fjord und durch ihn hindurch, davon muss gesprochen werden. Ich erinnere mich jetzt wieder genau, diese Zufahrt hat im Reich der sieben Seen einen berüchtigten Namen – man nennt sie dort das Tor der Stürme. Und ich sage euch“, dabei blickte er in die Runde, - „es ist wahrlich ein Tor der Stürme! Wir sind hindurchgekommen, meine Männer und ich, ich weiß nicht wie, aber es muss fürchterlich gewesen sein.“

„Ich weiß, ich weiß“, erwiderte Gnoer, - „davon habe ich gehört und Garl weiß es auch. Außerdem haben wir euch ja im Wasser treiben sehen. Allerdings musst du zugeben, ihr seid hindurch gekommen.“ Grol zupfte sich an seinem Bart, dann blinzelte er Arwila an, blickte zu Garl und wandte sich wieder Gnoer zu:

„Nun ja – mag sein, und ich würde auch nichts dagegen sagen, auch wenn die Aussicht wieder so zu enden, wie beim letzten Mal, mein Zwergenherz nicht wirklich höher schlagen lässt. Allerdings gibt es da doch eine besondere Sache, die zu bedenken wäre.“ Gnoer knurrte Unverständliches, dann murmelte er unwillig:

„Ich weiß nicht, warum ihr Zwerge immer den Anschein erweckt, dass man euch nicht trauen kann und ihr verschlagene Burschen seid.“

„Was, was?“ empörte sich Grol und hob die Stimme. – „Muss ich mir das sagen lassen? Alles böse Mythen! Ich bin ein Zwerg! Verdammt, und es ist unter meiner Würde, über meine Ehre und Zuverlässigkeit zu streiten! Glaube, was du willst! Ich kann auch schweigen!“ Er hatte winzig kleine Augen bekommen, und sein seegegerbtes Gesicht war rot angelaufen.

„Grol – bitte! Also so was!“ Ich vertraue dir, alle vertrauen wir dir“, ging Arwila dazwischen, richtete sich an Gnoer und schimpfte:

„Wie kannst du nur so reden, wirklich…!“

„Verdammt, die Herrin hat mehr Verstand, als der da mit seinem Spatzenhirn!“ grollte Grol, brach aber ab, als er Arwilas missbilligenden Blick bemerkte.

„Was seid ihr nur für Narren!“ schimpfte sie. - „Sollen wir uns zerstreiten, da würden sich unsere Feinde aber freuen, oder? Also hören wir, was Grol zu sagen hat.“ Grol knurrte in sich hinein und sah Gnoer verächtlich an. Der schlug mit einer Schwinge:

„Empfindlicher Zwerg! War gar nicht so gemeint.“

„Nicht so gemeint –? Dann halt nächstens deinen Hakenschnabel!“ schnaubte Grol, schnappte nach Luft und knurrte schließlich versöhnlich: „Meinetwegen – ist vergessen!“ Arwila lächelte zufrieden und drängte ungeduldig:

„Bitte, Grol erzähl jetzt, was du über das Tor der Stürme weißt!“

„Nun ja, vielleicht wisst ihr noch, dass es früher keine sonderlichen Stürme im grauen Fjord gab. Nun aber sind sie da! Die sind mit den Dunkelalben gekommen; wenige wissen das, ich aber erinnere mich noch. Es ist ihr Fluch und er reicht bis an die Pforten des Fjordes und vielleicht sogar noch darüber hinaus. Jedenfalls hat eine Zauberformel diesen Fjord verschlossen, so hörte ich. Man kann vielleicht noch hinauskommen, das ist schwierig genug - von den Wachen auf der anderen Seite am Torön will ich erst gar nicht sprechen. Doch dieser Zauber lässt niemanden hinein, heißt es. Ja, so ist das da“, endete Grol und blickte sich fragend um. Schweigen trat ein.

„Eine Formel – ein Spruch, meinst du?“ fragte schließlich Garl nach.

„Genau das…“, antwortete Grol.

„Kennst du die Formel, weißt du, wie sie lautet?“ wollte er dann wissen. Grol sah ihn verwundert an.

„Verdammt, ja, und wie ich sie kenne, Herr!“ stieß er dann mit Schaudern aus. – „Sie raunt und jault einem jeden, der in den Fjord einzudringen wagt mit einer grausigen Stimme entgegen. Sie hallt von allen Seiten, und niemand kann sagen, woher sie wirklich kommt. Habt ihr nie davon gehört?“ Aber die anderen konnten sich an dergleichen nicht erinnern.

„Verdammter Fluch – mag sein, man vergisst alles gleich wieder, vor Furcht vielleicht, oder, weiß der Listenreiche, weil der Fluch es so verlangt. - Ich kann euch nicht sagen, warum ich es weiß.“

„Gut, gut“, wurde Gnoer ungeduldig, - „wie lautet die Formel?“ Grol sah ihn schief an, dann räusperte er sich und sprach mit dunkler Stimme:

„Er lautet:

Wehe, wehe -

bin ein Ort des Todes

der Fjord der Stürme auch

für jedermann der’s wagt

ein Schiff hineinzuführen

ereilt Tod ihn

und seine Mannschaft auch…

Und dann beginnt es von vorn, heißt es, immerzu, bis du verrückt wirst“, berichtete der Zwerg weiter. – „Und wirst du es nicht, dann kommen die Stürme, brausende Stürme, und alles wirbelt durcheinander, und nichts bleibt mehr so, wie es war.“

Nachdenkliches Schweigen herrschte, als er geendet hatte, niemand wusste etwas zu sagen. Nach einer Weile regte sich schließlich Arwila, sie hob die Hände, ließ sie wieder sinken, sah zu Gnoer, dann zu Garl, der im vollen Abendsonnenlicht stand, und sie bemerkte, dass sein rechtes Auge irgendwie verschoben schien. War das nur jetzt so, fragte sie sich für einen Moment oder hatte sie es nur noch nicht entdeckt? Unwichtig, dachte sie, das Tor der Stürme…

„Ich sehe euch ratlos“, sagte sie. – „Doch was gibt es zu überlegen? Haben wir die Wahl unser Glück in der Fremde zu suchen? Oder ist unser Schicksal nicht, ganz gleich was geschieht, in die Heimat zurückzukehren oder wenigstens den Versuch zu wagen?“

„Arwila!“ staunte Gnoer, - „welch Worte! Ich sehe, du bist schon auf dem Weg zurück. Ja, ja - mit jeder Schiffslänge, jedem Riemenschlag näher der Heimat, wirst du ein Stück mehr wieder Arwila werden, scheint mir.“

„Stimmt“, bemerkte Garl. – „Soll sie also sagen, was wir tun.“

„Soll sie“, stimmte Gnoer zu.

„Ein Weib, verdammt, ein Weib wird uns führen, was für Zeiten!“ krächzte Grol halb unwillig, halb belustigt. – „Verdammt, soll sie, ich folge ihr, wohin sie mag!“

„Ach, was redet ihr“, wehrte Arwila verlegen ab, - „ich bin ein Weib und kein Krieger. - Aber gut, es ist beschlossen, wir fahren Heim!“

„Verdammt denn, auf zum Tor der Stürme!“ brüllte Grol und schlug mit der flachen Hand auf das Dollbord, dass es erzitterte und ein jeder mit Staunen sah, welche ungeahnten Kräfte in diesem niedrigen, aber kantigen Wesen steckten.

Bald versank die Sonne im breiten Schlund des Horizonts und ergoss all ihre feurige Glut über das dunkelnde Meer. Gnoer hatte das Schiff nicht mehr verlassen und sich am Bug beim Vorsteven auf das hochgezogene Dollbord gehockt. Er starrte in die erglühte Dämmerung. Es war warm und der Wind milde. Das Schiff lief brav durch die See. Mitschiffs und auf dem Vordeck hörte man Grols Leute rumoren. Von den Schattenkriegern vernahm man so gut wie nichts, sie hielten sich meistens achtern auf. Manchmal hörte man Garl mit einem sprechen, aber es schien, dass unter ihnen große Einigkeit herrschte und Garl ihr unangefochtener Führer war.

Arwilas Kopf war in Aufruhr, so viel hatte sich in der kurzen Zeit ereignet, seit sie das Land des Vergessens verlassen hatte. Und doch gab es noch so viele Fragen, die beantwortet werden wollten. Und immer neue Fragen kamen hinzu. Doch sie bereute ihre Entscheidung, zurück zu wollen, nicht. Und Morgen vielleicht schon würden sie vor dem Tor der Stürme sein. Darüber wollte sie nachdenken - über den Fluch, es musste eine Lösung geben, um seine Kraft zu brechen.

Aber Morgen war Morgen, jetzt drängte es sie, Gnoer zu sprechen. Sie spürte, irgendetwas war zwischen ihnen, etwas seltsam Vertrautes. Auch bei Garl empfand sie so, wenngleich es sich bei ihm noch etwas anders verhielt. Ach, das war alles so verwirrend für sie. - Sie ging an den Ruderkisten entlang, vorbei an den Männern, deren Blicke sie spürte. Sie stellte sich neben Gnoer und blickte mit ihm über die weithin glitzernde See.

„Ein schöner Anblick, der Sonnenuntergang über dem Meer. Das war auch im Land des Vergessens so“, begann sie.

„Wahrscheinlich“, antwortete Gnoer ohne den Blick zu ändern. –„Doch eigentlich kennen wir das weniger, denn wir kommen ja von den Seen.“

„Kommen wir wohl, auch wenn ich es nur fühle und nicht wirklich weiß. Ich frage mich, ob sich das noch ändern wird.“

„Bestimmt, wenn wir erst wieder zurück sind.“

„Und – werden wir es schaffen?“

„Wir müssen es, du weißt es, es ist unser Schicksal.“ Schweigen trat ein. Nach einer Weile sagte Gnoer unvermittelt:

„Nun frag schon, du willst doch was von mir.“ Verblüfft fuhr sie mit dem Kopf herum. Er jedoch bewegte sich nicht.

„Du bist klug“, hub sie an. - „Ja, es stimmt, mich drängen Fragen. Solche Fragen, wie die nach dir. Du weißt, wer du bist, in deinem Adlergewand?“ Sie hielt inne und wartete auf seine Antwort, Gnoer aber schwieg. – „Du willst mir auch jetzt nicht antworten?“ setzte sich nach.

„Ja“, antwortete er schließlich schroff, - „solche Fragen kann ich nicht beantworten, nicht jetzt, nicht hier. Und damit lass es bewenden!“ Arwila schluckte.

„Und später?“

„Später, alles zu seiner Zeit.“

„Aber uns verbindet was, oder?“ versuchte sie es noch einmal.

„Möglich“, versetzte er angestrengt, - „uns alle verbindet was, auch mit Garl.“

„Mit Garl?“

„Ja, auch er gehört dazu, doch nun lass es!“ - Sie seufzte und überlegte: Natürlich gehört Garl dazu, und wie! Er sollte doch wissen, dass sie das bereits wusste.

Sie ging zurück zu ihrem Zelt und ließ Gnoer sitzen. Er wollte auf den Morgen warten, damit er auf keinen Fall den Zeitpunkt des Kurswechsels verpasste. Es war inzwischen dunkel geworden, und am nachtblauen Himmel konnte sie die ersten Sterne erkennen. Vor dem Zelt lag Varulv. Bei ihm fühlte sie sich sicher, er war ihr vertraut, er hatte sie im Land des Vergessens gefunden oder war zu ihr geführt worden. Und so wusste sie, dass offenbar eine gute Macht ihre schützende Hand über sie hielt.

Sie sah sich um, Garl, dachte sie, aber den konnte sie jetzt, da die Sonne versunken war, nicht mehr sehen. Sie bat Varulv, nach Garl zu suchen. Der Wolf stand ohne einen Ton auf, verschwand und kam nach kurzer Zeit zurück. Arwila spürte, dass er Garl mitgebracht hatte. Sie hatte inzwischen auf einer Ruderkiste vor dem Zelt Platz genommen.

„Herrin“, du hast nach mir geschickt?“ fragte er.

„Ja, habe ich, Garl. Ich würde dich gern noch etwas fragen.“

„Frage.“

„Magst du dich nicht zu mir auf die Kiste setzen?“

„Nein, Herrin, verzeih, aber ich stehe lieber.“

„Wie du magst“, bedauerte Arwila. – „Du weißt, was ich wissen möchte?“

„Vielleicht Herrin“, gab Garl ruhig zurück, - „frage, und ich werde antworten, was ich antworten kann.“

„Also gut. Wir waren doch noch nicht fertig, vorhin, als wir meinen Namen fanden. Wir sprachen von deinem ärgsten Feind, du weißt... Und ich hatte ein Bild vor Augen – von dir, Garl - du, niedergeschlagen am Boden in deinem Blut, auf diesem Schiff. Sag mir, was geschah, damals - ich war gefangen, und du? Sag mir, wer bist du? Wir kennen uns doch aus früherer Zeit, oder?“ - Es war still, doch sie hörte seinen Atem; was er dachte, war schwer zu erahnen.

„Das sind viele Fragen gleichzeitig“, begann er mit schwerer Stimme, die noch mehr schnarrte, als sonst. – „Aber gut, jetzt nach den Nebeln, da du deinen Namen wieder kennst und sich die Dinge klären, kann ich auch mehr sagen. Du hast recht gesehen, und deine Augen sehen mehr, scheint mir, als gewöhnliche. Du bist eine Herrin, das ist sicher, und ich weiß, dass wir uns kennen. Ich weiß deinen Namen und spüre, ahne mehr. Was? Ich weiß es noch nicht. - Ich kann nur von der Zeit berichten, als ich schon das Reich der sieben Seen verlassen hatte. Von davor weiß ich nur dunkel. Von den Dunkelalben eben, ihrem Überfall, einige ihrer Namen kenne ich und Wiralas Gesicht, dass wie deines scheint, doch in Wirklichkeit ganz andres ist.“

„Wirklich, bist du sicher, wie kommst du darauf?“ unterbrach Arwila ihn.

„Ich weiß es, das ist alles, ich sehe es, ich spüre es“, erklärte er knapp und fuhr fort, seine Stimme klang düster:

Es war dunkel, der Regen peitschte über die See, Wasser kam über, und die Männer lenzten um ihr Leben. Der Schiffsführer hatte das Segel bergen lassen, und wir ruderten das Schiff nur mit der See, um das Kentern zu vermeiden.

Es waren die Schwarzschergen Urtans und Krieger, die zu ihm übergelaufen waren und noch einige seetüchtige Männer, die an Bord waren. Und du, Arwila. Dich hatte man gefangen, wissen die Götter, warum, ich kann es nicht sagen. Ich aber hatte mich unter die Seeleute gemischt und trug andere Kleidung, dass ich nicht erkannt werden konnte, so hoffte ich. Wohin die Fahrt gehen sollte, war mir nicht bekannt. Ich weiß nur noch, dass ich nicht wollte, dass man dich verschleppt. Was ich vorhatte, wie ich dir helfen wollte und warum ich es wollte, das liegt mir noch im Dunkeln.

Die Nacht verging, und der Sturm legte sich. Bald zwei Tage hatte er gedauert. Doch nun wurde das Segel gesetzt und die erschöpften Männer konnten sich ausruhen. Um Mittag, die Sonne stand hoch, wurden die Männer wieder munter. Ich hielt mich zurück, damit mich keiner erkannte. Plötzlich hörte ich, wie einige Männer über dich sprachen. Sie phantasierten in wüstester Art von dir und riefen Urtan, ob sie nicht erst ein bisschen ihren Spaß mit dir haben könnten, bevor man dich an Land setzen würde. Urtan grinste, und sein schwarz gegerbtes Gesicht wurde breit. Ein Hüne, größer noch als ich und mit Kräften wie ein Ochse, langsam ein wenig, aber sonst… In der Hand hielt er seine Axt, er kämpft vornehmlich mit der Streitaxt.

„Nein“, knurrte er dann, Wirala hat mir aufgetragen, dass ihr nichts geschehen soll.“ Da murrten seine Männer, dass er sie drohend anblinzelte, bis sie verstummten. Nach einer Weile aber meinte einer grinsend in die angespannte Stille hinein:

„Wie denn, großer Urtan, geschieht ihr denn was, wenn wir unseren Spaß haben?“ Urtan stutzte und verzog sein Gesicht, ein gemeines Grinsen verbreitete sich über seine dunkle Fratze.

„Nö, ist doch Spaß, oder?“ gluckste da ein anderer, und alle grölten. Gleich sprang einer auf!“

„Ja, ja – oh ja, jetzt sehe ich es vor meinen Augen!“ stieß Arwila erregt aus. – „Ich war gebunden, so war es! Und einer stürzte auf mich zu - sabbernd, johlend, kam er mit seinen Dreckspfoten, begrabschte mich, rupfte an meinem Gewand, und alle grölten vor Vergnügen. Ein grässlicher Kerl, ungepflegt, die Zähne faul, so kam er mir mit seinem stinkenden Maul nahe und wollte mich…“

„Ja, da packte ich ihn von hinten!“ fuhr nun Garl fort. - „Ich war aus meiner Deckung aufgesprungen, ohne zu denken, die blanke Wut im Nacken - riss ihn, zerrte ihn zurück, packte ihn an seinen Haaren und an seiner Hose und warf ihn mit einer Bewegung über Bord. Da war das Grölen vorbei. Stumm waren sie plötzlich auf dem ganzen Schiff. Ich bebte, ein kurzer Blick zu dir, dann wollte ich mich wieder umdrehen, doch da traf mich ein Schlag von hinten, hart und endgültig! Augenblicklich drehte sich die Welt: Was unten war, kehrte sich nach oben. Einmal noch fing ich deinen Blick auf, dann stürzte ich vornüber, schlug irgendwo mit dem Kopf auf, spürte, wie es warm wurde an meiner Stirn - mein Blut war’s, dann war Nacht.“ - Garl atmete durch, und erklärte: – „Das ist mein Ende, mochte ich wohl gedacht haben, wenn ich denn dazu noch in der Lage war. Du sagst, ich hätte noch deinen Namen gerufen, davon weiß ich nichts, nichts mehr. Aber es wird vielleicht so gewesen sein. Was danach geschah, kann ich nicht mehr sagen. Doch man hielt mich nicht für tot, denn als ich erwachte, hatte man mir meine Hände gebunden. Vielleicht weißt du ja mehr, Herrin.“ Arwila zuckte mit den Achseln:

„Nein, nichts Garl, danach ist nichts mehr gewesen oder nichts, das sich so tief in mein Gedächtnis gegraben hätte, dass ich es jetzt noch wüsste.“

„Haben sie dich also…“, Garl stockte, - „haben sie dich in Ruhe gelassen?“ Arwila schluckte, sah in seine Richtung und zuckte schwach mit den Achseln:

„Weiß nicht, glaub schon…“, antwortete sie leise mit trockener Stimme. – „Aber, wie ging es denn weiter mit dir? Was mit mir geschah, ist ja klar, ich kam ins Land des Vergessens.“

„Mit mir? Nun, irgendwann wurde ich wach, wenn man das so nennen mag oder ich gewahrte nur, dass ich noch lebte, wenngleich doch mehr tot, als lebendig. Ich spürte, dass ich gefesselt war. Mein Nacken glühte, dort hatte er mich getroffen. Wohl nicht mit der Schneide seiner Axt, das wunderte mich, hatte er die stumpfe Seite genommen? Dann merkte ich, dass mein rechtes Auge verschlossen war, geschwollen. - Ich hielt mich ruhig, hätte aber auch nicht mehr ausrichten können. Ich versuchte zu erlauschen, was an Bord vorging. Doch bis auf die gewöhnlichen Geräusche auf einem Schiff, das Rumoren der Männer, ihre schlichten Gespräche, ihre Scherze, ihre Zoten, ihre Pöbeleien, war nichts zu vernehmen. Einmal stieß mich einer an, es muss Urtan gewesen sein, denn ich hörte seine miese Stimme.

„Der ist hin, glaube ich“, hörte ich ihn grunzen. – „Schade, hätte gern gewusst, was der hier überhaupt wollte. – Äh, ist auch egal, bald ist eh Schluss.“ Was er damit meinte, verstand ich nicht. Ob er mich über Bord werfen wollte? Ich wäre machtlos gewesen. Ich blutete noch immer. Vielleicht nicht so schlimm, wie zu Anfang, doch ich war so schwach, wie ein toter Mann.“

„Wo war ich?“ fragte Arwila.

„Du? Ich weiß es nicht. Nein - falsch, ich wusste es nicht, nicht zu der Zeit. Aber dann irgendwann wurde mir klar, dass wir auf dem Heimweg waren und du gar nicht mehr an Bord warst. Wie viel Zeit vergangen war, weiß ich nicht, es müssen aber wohl Tage gewesen sein. Die Männer freuten sich zurückzukommen, sie sprachen von ihren Weibern. Irgendwann rief einer >Land voraus<, und alles schien klar. - Ja, und dann geschah etwas, womit weder ich noch die Männer an Bord gerechnet hatten, nur Urtan, ja Urtan, der sie verriet.

Plötzlich hörte ich lautes Gejohle. Und als ich, so gut ich es vermochte, hochblickte, da sah ich, wie die Männer an Backbord standen und riefen und winkten. Ich konnte nicht sehen, was sie sahen, aber ich verstand, dass sie einem Schiff begegneten. Dann auf einmal hörte ich, dass auch steuerbords ein Schiff nahte. >Unsere Leute!< hörte ich sie rufen. >Was für eine Begrüßung!< riefen welche. Und immer noch winkten sie guter Dinge. Dann jedoch hörte ich die ersten Fragen: >Wieso halten die ihre Waffen bereit? Warum haben sie die Segel gestrichen und rudern? Und so schnell?< Auf einmal - wie ein Schrei:

>Verflucht – Angriff! Die greifen an! Mann, sind die toll?< Die Schiffe waren jetzt ganz dicht bei, ich konnte das Kriegsgeschrei der anderen hören. Einer, das konnte ich gut sehen, es geschah direkt bei mir, zerrte an Urtans Arm und brüllte:

„He, Urtan, siehst du das, was soll das, das sind doch unsere Leute!“ Urtan riss seinen Arm frei, holte mit seiner Axt aus und schlug ihm den Schädel ein, dabei knurrte er:

„Meine Leute, Freundchen, nicht deine!“ - Dann wurden wir geentert. Von beiden Seiten eingekeilt, sprangen die Krieger an Bord und schlugen auf die Mannschaft ein. Waffen klirrten! Urtan brüllte wie ein Stier:

„Macht sie nieder, tötet sie alle, keiner darf überleben!“ Ich verstand und stellte mich tot. >Verräter!< brüllten welche. Und ich hörte, wie schwere Streiche sie trafen, wie sie stöhnten und Blut gurgelten; nein, sie konnten nicht siegen. Einer kleinen Schar gelang es, über Bord zu springen.

„Werft die Speere!“ rief Urtan. Und dann: „Ihr Hunde, könnt ihr nicht treffen!“

„Dann wirf doch selber!“ fluchte einer, doch der hatte das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, da ging sein Kopf über Bord. – Ja, das ist Urtan, Herrin, der Schwarzscherge, schrecklich und grausam. Aber ich werde ihn töten, der Tag wird kommen!

Blut breitete sich in dicken Lachen über die Planken, Männer fielen über mich hinweg. Ein Stöhnen und Sterben um mich herum. Es ging schnell, dann war es vorbei. Die Angreifer waren in der Überzahl und hatten bald alles niedergemacht. - Urtan klatschte den beiden Führern der anderen Schiffe zufrieden gegen die Brust und grunzte:

„Gut gemacht, Leute, Bruder, gut!“

„Ham’ dumm geglotzt, deine Leute!“ antwortete einer und wischte noch das Blut von seiner Klinge.

„Kleine Überraschung“, Bruderherz, versetzte Urtan grienend. – „Waren ja viele von denen Überläufer, und die anderen – Pech! Was machen wir mit denen im Wasser da?“

„Die“, überlegte der Zweite, - „och, die saufen ab. Sind noch gut acht, neun Meilen bis an Land, das schaffen die nie.“ Urtan kratzte sich an seinem breiten Kinn.

„Hast recht, dann lasst uns dieses Schiff versenken. Schlagt ein großes Loch in die Planken, den Rest macht die See.“

„Schade um das schöne Schiff“, bemerkte der Zweite.

„Stimmt, muss aber sein!“

„Klar, also worauf warten wir?“ antwortete der Zweite und der andere knurrte:

„Scheiß, da müssen wir erst noch Platz machen.“

„Schiebt sie rüber oder gleich über Bord“, befahl Urtan, ließ sie stehen und kletterte auf eines der anderen Schiffe.

Ich hatte Glück, dass ich nicht da lag, wo sie das Loch in den Schiffsboden schlagen wollten, sonst hätten sie mich über Bord geworfen. Aber was half das. Ich spürte, wie meine verbliebenen Kräfte schwanden, mir wurde schwarz vor Augen. Ich hörte, wie sie die Planken durchschlugen. Ich hörte, wie einer, >das reicht< krächzte. Und ich hörte noch, wie sie verschwanden, hörte die Kommandos von den beiden Schiffen für die Ruderer. Dann wurde es still. Nur das einströmende Wasser blubberte fast freundlich durch das Leck in das Schiff. Mir war es gleichgültig, ich hatte mit dem Leben abgeschlossen. Einmal noch öffnete ich die Augen und sah in den Himmel, diesen wunderbaren Himmel, der so lebensfroh blau leuchtete. Dann jedoch verschwamm alles. Einen Schatten gewahrte ich noch, direkt über dem Schiff, er kreiste wie ein Vogel darüber hinweg. Dann spürte ich das Wasser kommen, es stieg an mir empor, und dann war nichts mehr.“ Garl hielt inne, und sein Atem ging schwer, als wenn er alles gerade noch einmal durchlebt hätte. Inzwischen hatten sich auch Grol und ein paar seiner Männer hinzugesellt. Für solche Geschichten finden sich auf See immer neugierige Zuhörer.

„Stören wir“, fragte jetzt Grol höflich.

„Nein“, antwortet Garl, das darf ruhig jeder hören.

„Ja, und - und Garl, wie ging es weiter?“ drängte Arwila. Garl seufzte und fuhr dann fort:

„Was dann geschah, ist schwer zu berichten. Von Gnoer weiß ich, was mit dem Schiff geschah. Vielleicht fragen wir ihn selbst.“

„Wie, Gnoer war dabei?“ staunte Arwila.

„Nein, und ja, Arwila“, meldete sich da Gnoer zu Wort, er hatte sich jetzt doch zu ihnen begeben und hockte nahebei auf dem Dollbord.

„Das freut mich, Gnoer, dass du doch noch zu uns kommst. Ja, erzähle uns, was mit dem Schiff, was mit den Männern geschah, erzähl uns alles“, bat ihn Arwila.

„Nicht so hastig, da kann ich nicht viel berichten, aber höre:

Garl hatte richtig gesehen, der Schatten über dem Schiff, das war ich, ich kreiste über dem Schiff. Ich hatte gesehen, was geschehen war und wusste, dass Garl auf dem Schiff war. Dass Arwila nicht mehr an Bord war, wusste ich nicht genau, dachte es mir aber. Doch ich musste, ich wollte Garl, meinen alten Freund retten. Wie das geschehen konnte, wusste ich allerdings nicht. Ich sah, wie das Schiff immer mehr Wasser nahm und immer tiefer sank. Verzweifelt flog ich auf und ab. Und in meiner Not fiel mir nichts Besseres ein, als um Hilfe zu rufen. Und so rief ich die Geister der Meere und Seen an, rief sie und erflehte in Arwilas Namen um Hilfe für dieses Schiff und ihre letzten Mannen. Doch noch während ich rief, versank das Schiff vollends unter meinen Augen im Meer. Nichts war geschehen, keine helfende Hand hatte sich gerührt. Ich ließ mich bis fast auf das Wasser hinuntersinken, als könnte ich noch etwas retten. Aber da war nichts mehr, einen letzten schwachen Schatten sah ich noch, das war alles. - Verflucht, ich war verzweifelt! Was sollte ich tun, was konnte ich noch tun? Nichts mehr offenbar! Einen letzten ohnmächtigen Schrei stieß ich aus, mein ganzes Leid ließ ich raus, und dieser Schrei hallte weit über die See. - Da plötzlich gewahrte ich den grüngoldenen Schimmer eines Wesens oder eines großen Fisches unter der Wasseroberfläche, dann noch einen und immer mehr wurden es, und sie tummelten sich an eben der Stelle, wo das Schiff versunken war. Das ging alles sehr schnell. Und so schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden sie auch wieder. Dann war alles vorbei, das Meer wogte in alter Weise, als wäre nichts geschehen.

Unglücklich flog ich davon, auch wenn sich ein wenig Hoffnung in mir regte, dass doch noch ein Wunder geschehen sein könnte. Ich wollte, ich musste daran glauben. Denn sollte ich ohne jede Hilfe, ganz allein gegen die Macht der Dunkelalben kämpfen? Nein, das wäre allzu hoffnungslos. Also wartete ich und flog jeden Tag über das Meer hinaus, in der Hoffnung, dass die Geister des Meeres mich erhört hätten. Auch sie mussten doch von den Dunkelalben im Reich der sieben Seen gehört haben. – Ich wartete lange Zeit. Doch was in der Zeit geschah, das, Arwila, soll Garl dir selbst berichten.“

„Ja, Garl, es musste sich ja etwas ereignet haben, sonst säßen wir schließlich nicht hier beisammen, oder ist das alles nur Trug?“ fragte Arwila den Schattenkrieger, der irgendwo vor ihr stand.

„Was es ist, weiß ich nicht“, versetzte Garl ruhig. - „Ich weiß nur, dass ich ein Schattenkrieger bin. Ich gehöre nicht zu den Toten und doch auch nicht zu den Lebenden. Und dass, das so ist, verdanke ich und verdanken auch meine Männer dem alten Rigmar.“

„Rigmar?“ wiederholte Arwila und sah sich fragend um, - „Rigmar, wer ist das? Nie gehört oder weiß etwa einer von euch von ihm?“ Alle schüttelten den Kopf.

„Verdammt!“ krächzte Grol und schnäuzte sich, - „wer soll das sein, ein Wassergeist, ein Nöck? Ja, davon gibt’s einige, und die haben viele Namen. Wissen die Götter, ob das immer ein und derselbe ist oder verschiedene. Nein, Rigmar oder alter Rigmar, den kenne ich nicht, und ich bin schon verdammt weit auf dem Meer herumgekommen.“ Garl räusperte sich:

„Grol, ich will nicht stören - wenn du die Geschichte erzählen möchtest…“

„Äh, verzeih, ich bin nur so in Rage von deiner Geschichte. Erzähl, erzähl, ich bin schon ganz still!“ entschuldigte sich der Zwerg hastig.

„Ich weiß nicht, was geschah, als sich für mich die Welt verdunkelte, als das Wasser über mir zusammenschlug und ich auf den Weg zu meinen Ahnen war. Da war nichts, als das gähnende Nichts, und selbst das nahm ich nicht mehr wahr. Ob so der Weg zu den Ahnen führt, kann ich nicht sagen. Und wie das ist, wenn man hinübergegangen ist, auch das weiß ich nicht. Denn irgendwann spürte ich mich wieder und gewahrte Licht um mich herum, auch wenn meine Augen geschlossen waren. Mir schien sogar, dass ich Stimmen vernahm. Eigentümliche Stimmen vom Klang und eigentümlich in der Sprache. Ich verstand nichts. Ich verstand anfangs noch nicht einmal, dass ich es war, der das wahrnahm. Plötzlich spürte ich, dass jemand bei mir war, und ich hatte das Gefühl, dass man über mich sprach.

Ich öffnete die Augen. Ich blinzelte. - Licht war da, und Schemen sah ich. Aber ein Auge, das rechte, war verbunden, das sah und spürte ich jetzt. Aufgeregte Stimmen vernahm ich auf einmal. Dann hörte ich, wie ein Name gerufen wurde: >Rigmar, alter Rigmar!< Und meinen Namen nannten sie auch, nicht den, den sie mir dort gaben, sondern den, mit dem man mich im Reich der sieben Seen kannte. Langsam gewöhnte sich mein Auge an das Licht, und aus den Schemen traten erkennbare Wesen hervor. Noch immer aber war ich nicht sicher, was mit mir geschehen war und wo zwischen allen Welten, ich gelandet war.

Was für eigentümliche Wesen ich sah? Und so viele, die sich um mich versammelt hatten. Waren es Wasserwesen? fragte ich mich. Halb vom Bauch abwärts schienen sie einem Fisch gleich oder auch nicht, denn sie trugen lange, dünne, durchscheinende Gewänder, die zwar den Blick hindurch ließen, ihre Leiber dabei aber doch schemenhaft verbargen. Vielleicht standen sie kunstvoll auf ihrer Schwanzflosse oder sie hatten Füße oder beides, ich sah es nicht. Doch vom Bauch aufwärts waren sie Menschen gleich, mit wunderschönen, langen Haaren. Weibliche, wie männliche Wesen sah ich. Das sind Nixen und Nöcks, war ich mir schließlich sicher. Und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, ob das gut für mich war oder schlecht. Denn wie viele von uns, hatte ich über Nixen und Nöcks schon mancherlei gehört. Und so wusste ich, dass sie den Menschen oftmals Unglück und Unheil gebracht hatten.

Nahe bei mir, direkt an meinem Lager, denn ich war auf ein weiches Lager, aus blaugrünen Gräsern gebettet, standen drei alte Nixen mit silbrig glitzernden Haaren. Dann richtete ich mein Auge nach oben und fragte mich, wo ich denn war. Über mir hob sich ein Gewölbe, es schimmerte eigentümlich kostbar, die Farben schwankten fließend zwischen blau, grün, gelb, rosa, silbrig und golden glitzernd. Ich kannte ein solches Farbenspiel nur von Muscheln. Mir kam es vor, als befände ich mich in einer riesigen muschelähnlichen Grotte.

Plötzlich kam Bewegung unter den Wasserwesen auf. Wieder hörte ich Stimmen >der alte Rigmar< rufen und andere aufgeregte Worte, die ich aber nicht verstand. Ich sah, wie die Wesen vor mir beiseite traten und einen Gang bildeten. Dann sah ich IHN kommen.“

„Rigmar…“, platzte Grol dazwischen. Arwila sah ihn tadelnd an und er duckte sich.

„Ja, es war der alte Rigmar“, fuhr Garl ruhig fort, - „das wusste ich zwar in diesem Augenblick noch nicht, aber ich dachte es mir. Wahrlich, ein großer Wassergeist, größer als alle anderen dort und uralt auch, so sah ich es. Er kam auf mich zu, in wallenden, vielfarbigen Gewändern und mit langen, golden Haaren, fein gepflegt, die bis auf den Boden reichten und um den ganzen Körper gelegt. Dazu hatte er einen beinahe ebenso langen Bart. Das Wenige, was ich über sein Gesicht sagen kann, waren seine grünen Augen, seine Knollennase und seine blassrötliche zerknitterte Haut, wie ein altes Tuch.

Er stellt sich an mein Lager, warf mir einen prüfenden Blick zu, lächelte und sprach irgendetwas zu den drei alten Nixen. Es sah aus, als dankte er ihnen. Dann wandte er sich wieder mir zu und sprach mich an. Er nannte meinen Namen, das konnte ich verstehen und dann kamen Laute, die mir, wie schon zuvor, fremd waren. Ich sah ihn fragend an, wollte mich aufrichten, aber da ging die Hand einer der alten Nixen gegen meine Brust, dass ich liegen blieb. Der Alte grinste und sprach dann:

„Wie dumm von mir, ihr Menschen versteht ja die Sprachen der Wasserwesen nicht.“ Er wandte sich an die anderen und befahl im gütigen Ton: „Lasst uns bitte in der Sprache unseres Gastes sprechen.“ Ich vernahm das Wort Gast und fasste Mut, vielleicht hatte ich ja Glück, und diese Wasserwesen waren mir wohlgesonnen.

„Wo bin ich?“ fragte ich zaghaft und erschrak gleich, als ich meine eigene Stimme hörte, denn sie klang mir so fremd, so erschreckend, eben wie ihr sie jetzt kennt. Für mich aber war sie da neu und machte mir Angst. Ich räusperte mich, hustete, um die Stimme wieder richtig klingen zu lassen, doch es gelang nicht. Das bemerkte der Wassergeist, und er legte seine Hand auf meine Schulter und sagte mit tiefer, dunkler, wohlklingender Stimme:

„Lass deine Stimme sein, wie sie ist, du änderst sie nicht. Du bist hier unter Freunden, und wenn du erlaubst, stelle ich mich vor: Man nennt mich Rigmar; alter Rigmar sagen auch viele, und alt bin ich wahrlich. Ich bin der Herr der Nixen und Nöcks hier an diesem Ort und den Seen rundherum.“

„Und ich…“, versuchte ich zu antworten, aber da legte er mir seine kalten Finger auf die Lippen:

„Ich weiß wer du bist und wer du warst“, sagte er dann. Wer ich war…? Ich erschrak und fuhr hoch. Ich sah, wie sie mich alle anstarrten. Ich sage euch, diese Blicke, was wollten die mir sagen - ich verstand nichts. Wieder wurde ich von einer der alten Nixen auf mein Lager zurückgedrückt:

„Herr“, sprach sie mich mit freundlicher Stimme an, - „du musst dich schonen, deine Verletzungen…“ Meine Verletzungen? ging es mir durch den Kopf. War ich nicht eigentlich schon tot, jenseits des Lebens und bei meinen Ahnen?

„So ist es“, gab mir nun der alte Rigmar die Antwort, ohne dass ich meine Frage ausgesprochen hätte. - „Oder sagen wir lieber, du standst in der Pforte zu deinen Ahnen“, fuhr Rigmar fort. - „Und bei Njörd, sie riefen, lockten dich bereits, als wir dich zurückholten.“

„Und es gelang wirklich?“

„Ja, so wie bei einigen deinen Kriegern, die wir retteten. - Ich stutzte:

„Meine Krieger?“ stieß ich aus.

„Nun ja doch, zwanzig Männer sind’s, die wir fanden. Überall im Meer verstreut schwebten sie schon ihren Ahnen entgegen, als wir sie aufhielten, durch die Pforte zu gehen.“

„Ich habe keine Krieger!“ entgegnete ich scharf, - „das sind alles Verräter und Schwarzschergen.“

„Keine Schwarzschergen, denen halfen wir nicht!“ widersprach Rigmar. – „Und die anderen, die Verräter - nun ja, Garl, das war so, als du noch Jurgarl genannt wurdest, als du noch oben auf dem Schiff warst. Nun aber haben sich die Dinge geändert.“

„Geändert, also bin ich doch im Jenseits? Und wieso Garl?“ wollte ich wissen.

„Nicht im Jenseits, bestimmt nicht, so wahr ich der alte Rigmar bin. Aber lass uns darüber sprechen, wenn es dir wieder besser geht. Es braucht noch eine gewisse Zeit, bis meine drei Heilerinnen ihr Werk bei dir und deinen Kriegern vollendet haben.“ Dann zeigte er auf eine der Heilerinnen, eben jene ältere Nixe, die mich so fürsorglich auf das Lager zurückgedrückt hatte. – „Das ist Nidar, sie ist mein Weib, und die anderen beiden sind ihre Schwestern. Sie verstehen es sogar Tote wieder lebendig zu machen“, dabei zwinkerte er mir schelmisch zu. - „Vertraue ihnen und lass dir ihre Pflege angenehm sein. Wir werden uns dann wieder sprechen, wenn es dir besser geht.“ Schließlich richtete er sich an die vielen anderen Wassergeister, die um ihn herumstanden:

„So, und ihr verlasst nun die Grotte!“ Da vernahm ich ein leises Raunen und Murmeln: „Doch, meine Lieben, es sind schließlich unsere Gäste, und sie bedürfen noch der Pflege.“ Da gehorchten sie.

„Was ist mit den Kriegern, wo sind sie?“ fragte ich immer noch beunruhigt, ich war mir unsicher, was geschehen würde, wenn sie mich sähen, schließlich war ich ohne Waffen und noch zu schwach. Rigmar wandte sich im Gehen zurück und antwortete:

„Sei ohne Sorge, es sind jetzt deine Männer, gute Männer, gute Krieger, bessere wirst du nicht finden. Und du wirst der Beste von allen sein, du wirst es erleben“, verkündete er. Dann ging er, und ich blieb mit Nidar und ihren beiden Schwestern zurück. Ich blickte sie an und sie lächelte zurück:

„Wo sind sie, die Männer?“ versuchte ich es bei ihr. Sie musterte mich, tauschte Blicke mit ihren Schwestern und antwortete:

„Sie sind nebenan, dort in einer großen Halle“, und sie wies in die entsprechende Richtung. Dann träufelte sie mir etwas über die Stirn, und mir fiel das Auge zu.

Wie viel Zeit verstrich, weiß ich nicht, in der Grotte gab es keine Zeit. Es war ein Leben zwischen Wachen und Schlafen. Die Nixen kümmerten sich um mich, wechselten Tücher an meinem Nacken und über dem Auge und der Stirn. Irgendwann aber hatte ich das Verlangen, mich von meinem Lager zu erheben. Und ich spürte, dass ich wieder zu Kräften gekommen war. Auch die drei Schwestern waren zufrieden mit meiner Genesung und sagten mir, dass wir, meine Männer und ich, bald in die große Grotte des alten Rigmars gerufen würden. Das hörte ich gern, denn langsam war ich des Müßigganges überdrüssig. Ich verlangte die Krieger zu sehen, doch das wurde mir verwehrt. Der alte Rigmar hatte das so gewollt, und ich fügte mich.

Schließlich, kurze Zeit danach, kam Nidar zu mir und verband mir die Augen. Dann wurde ich lange Wege um viele Windungen und Ecken geführt. Schließlich gelangte ich in einen Raum, in dem es laut hallte, er musste riesig sein. Als man mir meine Augenbinde löste, konnte ich nicht glauben, was ich erblickte. Eine solche Pracht hatte ich in meinem ganzen Leben zuvor noch nicht gesehen. Da war ein Licht, ein lichtes Blau, ich weiß nicht, welche Götter das spendeten. Von überall glitzerte es wie Perlmutt, wie Edelsteine, als wäre ich in der Schatzkammer aller Könige der Welt gelandet.

„Alles nur Schein“, sprach mich schließlich der alte Rigmar an, weil ich vor Staunen den Mund nicht zu bekam. – „Solche Reichtümer sind nur Schein - schöner Schein, das sei zugegeben. Doch Reichtum ist nicht die Quelle des Lebens und des Glücks.“ Rigmar saß in einem großen Stuhl, der mit lauter Muscheln geschmückt war. Um ihn herum standen einige junge Nixen und Nöcks, bereit, ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Dann war in der großen Halle noch eine lange Tafel aufgebaut, mit schweren Stühlen davor. Auf der Tafel standen Gefäße, Becher und große Schalen, wie für ein üppiges Mahl. Neugierig sah ich mir alles an. Die Becher waren nach feinster Art aus Glas, durchscheinend, wie Eis im Winter. Dann aber bemerkte ich ein besonderes Blitzen und Glitzern an einer Wand, nicht weit von der Tafel entfernt. Ich hatte beobachtet, dass sich dort etwas bewegte, das machte mich neugierig. Der alte Rigmar sagte nichts und ließ mich interessiert gewähren, ja, es hatte beinahe den Anschein, dass alle auf diesen Augenblick warteten. Ich ging geradewegs auf diese mannshohe Stelle zu. Eigenartig war das, als ich mich näherte. Ich stutzte, und mit jedem Schritt darauf zu, wurde ich langsamer. Denn ich entdeckte eine große Gestalt, die auf mich zukam, ganz blass und grau war sie. Und für einen Moment fragte ich mich, wer das sein mochte? Und doch beschlich mich ein bedrückender Verdacht. Die Gestalt dort gegenüber ähnelte fatal meiner eigenen. Schließlich stand ich vor der Wand, und es war kein Tor, wie ich erst vermutet hatte, es war eine sehr seltsame, glatte, spiegelnde Wand. Sie spiegelte, wie es Seen tun, nur viel besser und deutlicher, als jeder klare See es vermag, etwa so und noch besser, als polierte Silberbecher oder die kleinen Silberspiegel, die wir kennen. Ich fasste mit den Fingern hin, und mein Spiegelbild folgte der Bewegung. Ich stellte mich ganz dicht davor: Nie zuvor hatte ich so etwas gesehen, nie zuvor konnte ich mich so in voller Größe sehen. Und jetzt war es klar - das da, diese seltsam graue, durchscheinende Gestalt, das war ich. - Ich war erschüttert! Ich wollte es nicht glauben, das konnte doch nur ein Trugbild sein! Auch wenn ich mich in einem See nie so farbig gesehen habe, wie man die Menschen sonst sieht, so war dieser Anblick hier so erschreckend anders, als ich es sonst gewohnt war, dass ich wusste, dass nichts mehr an mir so war wie einst. Nicht einen Hauch Lebensfarbe konnte ich an mir entdecken. Alles war einfach nur blass, und wie es schien, sogar durchscheinend. Selbst meine sonst so leuchtenden blonden Haare sahen fahl und tot aus, nur meine Augen, die schimmerten ein wenig wie einst.

„Was ist mit mir?“ flüsterte ich, kaum einen Laut hervorbringend. - „Was ist mit meiner Gestalt und meinem Gesicht, und“, jetzt gewahrte ich auch wieder meine Stimme, - „was ist mit meiner Stimme?“ Der Alte sah mich unverwandt an und antwortete ruhig, als wäre es der Aufregung nicht wert:

„Das sind die Spuren deiner Verletzungen. Du hast nun die Gestalt eines Schattenkriegers. Es fehlen dir zwar noch Rüstung und Helm, aber die sollst du noch bekommen.“

„Schattenkrieger…? Was? Alter Rigmar, verzeih, du sagst das so, als müsste ich wissen, was das ist. Was ist das, ein Schattenkrieger?“ Der alte Rigmar murmelte etwas seiner Umgebung zu. Schon eilten zwei Nöcks davon, um einen schweren, großen Stuhl aus einer Ecke der Halle herbeizutragen und ihn direkt vor ihn hinzustellen. Dann sprach der alte Nöck:

„Garl, willst du mir nicht die Ehre erweisen, dich zu mir zu setzen? Ich glaube, wir haben einiges zu bereden.“ Ich sah ihn unsicher an, und überlegte einen Augenblick, ob diese Wasserwesen nicht doch mein Verhängnis planten. Allein, mein Herz hielt dagegen, und so kam ich seiner Bitte nach und setzte mich zu ihm auf den bereitgestellten Stuhl. Wir saßen uns Auge in Auge.

„Das Schicksal hat dir übel mitgespielt, guter Garl. Verzeih, wenn ich deinen alten Namen nicht nenne, doch der Jurgarl von einst, bist du nun nicht mehr. Und dennoch ist nicht alles verloren, es besteht die kleine Hoffnung, dass du und auch deine Männer, denen es ebenso ergeht wie dir, dass ihr wieder aus den Schatten heraustreten werdet.“

„Was heißt das für mich, Schattenkrieger?“ wollte ich genau wissen. Der alte Rigmar schnaufte ein wenig und erklärte:

„Nun ja, eure Leben waren so weit entwichen, als wir euch fanden, dass wir euch trotz all unserer Künste nicht ganz zurückholen konnten. Und so kommt es, dass ihr jetzt Wesen zwar wie Menschen seid und doch auch nur ihre Schatten. Mehr konnten wir nicht schaffen. Ihr seid sterblich, wie bisher. Und doch hat das Schattendasein auch einen Vorteil für euch, denn ihr seid für die Menschen nur im Sonnenlicht erkennbar. Das wird euch für eure Aufgabe von Nutzen sein.“

„Welche Aufgabe?“

„Nun, habt ihr denn keine? Hast du, Garl, keine Aufgabe, die dich drängt?“ - Ich sah ihn fragend an. – „Kommst du nicht aus dem Reich der sieben Seen?“ fragte er weiter. – „Und haben dort nicht die Dunkelalben das Licht des goldenen Sees verdunkelt?“ Rigmar sah mich streng und gütig zugleich an, seine Hand ging zu meiner Schulter. - „Du lebst Garl, du kannst noch etwas ausrichten, du kannst helfen die Dunkelalben zu vertreiben. - Nun ja, es wird eine Weile dauern, bis du zurückkehren kannst, der Fluch der Sieben liegt über allem. Aber danach… Und gelingt es dir zurückzukehren, dann wirst du wieder, wenn du magst, der sein, wer du warst und was du warst. Denn im Reich der sieben Seen werden dann nach und nach die Schatten wieder Schatten und die Menschen wieder Menschen, – zuletzt, ganz bestimmt im Licht des goldenen Sees, wenn ihr ihn erreicht. Bis dahin aber bist du Garl, der Schattenkrieger und Anführer deiner Schattenkrieger. Treu werden diese Mannen auf dich eingeschworen sein, ihr Leben lang - darauf mein Wort.“

Mir schwirrte der Kopf. Da war so viel auf einmal zu bedenken, aber ich verstand allmählich. Und doch schien mir Rigmars Gedanke unmöglich:

„Zwanzig Krieger, alter Rigmar“, entgegnete ich schließlich, - „du kennst die Mächte dort nicht, das wird nicht reichen.“ Rigmar hob eine Augenbraue:

„Kenn sie nicht…? Du irrst, mein Guter. Wir Wasserwesen sind von dem dämonischen Zauberfluch im Reich der sieben Seen auch betroffen, schließen gehören die Seen zu meinem Unterwasserreich. Oh doch, ich kenne die Macht der Dunkelalben. Wir aber sind Wasserwesen und kämpfen im Wasser und nicht an Land. Ja, ich stimme dir zu, allein mit deinen Männern wirst du wenig ausrichten. Doch ich weiß, dass ihr nicht alleine kämpfen müsst. Hat nicht ein Adler um Hilfe gerufen, als das Schiff mit dir versank? Auch er ist ein Vertriebener aus dem Reich der sieben Seen, und er wird kommen und helfen. Und war es nicht Arwila, die du retten wolltest, auf dem Schiff und die man in das Reich des Vergessens verschleppt hat? Holt sie zurück, wenn die Zeit gekommen ist, auch das wird helfen. Ich kenne ihren Großvater, den alten Murdahl, er war ein großer Zauberer einst, dem das Schicksal schlimm mitgespielt hat und der sich von der Welt zurückgezogen hat. Ihm zuliebe vor allem, retteten wir euch. Ihn solltet ihr für euch gewinnen. Doch das kann Arwila nur, deren Namen er gerade noch weiß. Es darf nicht sein, dass er sein eigen Fleisch und Blut vergisst. - Oh ja, ich könnte noch andere und Anderes nennen. Doch welchen Sinn macht das, wenn du zweifelst, wenn du den Willen nicht hast, zurückzukehren, um den Dunkelalben entgegenzutreten - du nicht, oder Gnoer der Adler nicht und Arwila nicht, wer soll euch dann helfen?“ Ich zuckte unbehaglich und entgegnete stolz:

„Alter Rigmar, bei aller Dankbarkeit für deine Hilfe, ich bin ein Krieger, und es fehlt mir, bei den Göttern, nicht an Mut, falls deine letzten Worte das sagen wollten. Doch ich bin kein Draufschläger ohne Verstand! Auch das Kriegshandwerk muss wohl bedacht sein, und jeder vergossene Blutstropfen einer Dummheit wegen, ist ein zu teures Opfer.“

„Bei Njörd, das ist wohl gesprochen, eines Anführers würdig! Oh nein, Garl, du irrst, wenn du meinst, ich hielte dich nicht für mutig oder tapfer. Hätte ich mir sonst all die Mühe gemacht? Nein, was reden wir - alles ist gut so. Und ich sehe, du hast dein Schicksal angenommen. Du bist Garl nun, der Anführer der Schattenkrieger, und du wirst deine Aufgabe meistern. - Damit du aber nicht glaubst, dass mir das weitere Geschehen nicht am Herzen liegt, gebe ich dir hier jetzt ein Versprechen.“ Er blickte sich um, hielt seine Hand in den Raum und bat seine umstehenden Wasserwesen: „Bitte, die Marla!“ Sofort wurde ihm ein bereitgehaltenes Horn, eine große Hornmuschel gereicht. Er nahm sie und reichte sie mir:

„Hier, nimm sie, so etwas findest du an keinem Strand der Erde, und diese hier schon gar nicht“, erklärte er mir nicht ohne Vergnügen, als ich sie nahm und rundherum betrachtete. – „Es ist eine Marla, ein Alarmhorn. Bläst du hinein und steckst den Trichter in den See oder ins Meer, dann werde ich es hören und wissen, wo du bist. Hüte sie also gut, denn sie ist für dich und nur für dich. Rufst du mich mit der Marla, dann werde ich meine Harpunisten entsenden, und sie werden helfen, was immer auch sei. Doch handle überlegt, nur einmal kannst du die Marla verwenden, nur einmal kannst du mich und meine Wasserwesen um Hilfe bitten. Wähle also den Zeitpunkt klug, denn hast du die Marla einmal geblasen, hol ich sie mir zurück oder sie zerfällt, wie alles im Meer, zu Kalk und Sand.“ Er hielt inne, betrachtete mich aufmerksam und fügte an: „Der Marla wegen wäre es also klug, den Feind auf dem Wasser zu schlagen. Nur dort können wir Wasserwesen kämpfen.“ - Ich war betroffen, das war viel, und es war offensichtlich ehrlich gemeint. Ein wenig schämte ich mich jetzt meiner Vorbehalte wegen. Wortlos sah ich den Alten an - was sollte ich sagen? Unsicher bewegte ich das Horn in meinen Händen. Der Alte schmunzelte und murmelte vergnügt:

„Nun ja, wir Wasserwesen – ich weiß, ihr Menschen wisst nicht so recht was mit uns anzufangen, wir leben ja unter Wasser und da wartet bei euch schon der Tod. Aber ich sehe, du hast jetzt verstanden, dein Dank und deine Rührung stehen dir ins Gesicht geschrieben.“

„Alter Rigmar, ich bin ohne Worte. Aber ich verspreche, ich werde deine Gutmütigkeit und dein Vertrauen nicht enttäuschen.“ Der Alte winkte ab:

„Ich weiß es, Garl, lassen wir das.“ Er wies auf die Tafel: „Mir ist nach Speisen, daher sollten wir uns jetzt sputen.“ Er gab ein Zeichen. Drei Nöcks kamen herbei, die eine vollständige Rüstung bereithielten. – „Für dich, Garl.“ sagte er.

„Für mich...?“ staunte ich aufs Neue.

„Nun ja, Garl“, erklärte er ruhig, - „ein Krieger braucht eine Rüstung und Waffen! Ich habe mir erlaubt“, er wies auf die Ausrüstung, - „von unseren besten Schmieden. Sieh dir alles an, etwas Besseres bekommst du nirgends - na ja, vielleicht von den Zwergen. Das Kettenhemd ist von ganz besonderer Güte. Kein Pfeil, kein gewöhnlicher Schwerthieb durchdringt sie, es sei denn, sie träfen dieselbe Stelle dreimal. Einen besonderen Umhang noch, den trägst du über dem Kettenhemd. Er ist aus Seegarn gewoben, darin verlieren sich schon die meisten Angriffe. Die Klinge deines Schwertes aber ist sicherlich das Beste, was ich dir bieten kann. Es gibt nur ganz wenige dieser Güte. Sie ist so hart, dass ihr kaum eine Zweite standhalten wird, und sie durchdringt sogar dein Kettenhemd. Dann habe ich noch ein Schild für dich, der besser als jeder andere der Streitaxt und auch dem Schwert widersteht. Und zuletzt noch der Helm, der dein Haupt vor jedem Schlag schützen wird.“ Wieder war ich ohne Worte, als ich all das sah und hörte. Schweigend betrachtete ich die Ausrüstung und schon ein erster Blick genügte mir, um zu sehen, dass es wahrlich ein ganz besonderes Rüstzeug war. Schließlich wandte ich mich an meinen Gönner:

„Was für eine Rüstung, was für ein Schwert, Rigmar! Wie soll ich dir das je danken?“ Ich nahm das Schwert in die Hand, zog es aus der Scheide und ließ es geschmeidig durch die Luft sausen, dass es surrte und pfiff. Wie gut, wie leicht - und doch lag es schwer genug in meiner Hand - ein Prachtstück, wer vermochte nur so zu schmieden? Strahlend wandte ich mich an Rigmar: „Wahrlich, ein Schwert! Das soll deinen Namen tragen.“ Rigmar lachte zufrieden, entgegnete aber:

„Oh nein, das nicht, lass es lieber den Namen des Schmiedes tragen, er wäre stolz darauf.“

„Des Schmiedes?“ staunte ich, - „Gern, wie heißt er, ist er hier?“

„Nein, er ist nicht hier. Er ist ein alter Schmied und lebt bei den Unterwasserfeuern auf den tiefen Gründen der Meere. Dort schmiedet er sein hartes Eisen. Vidug ist sein Name. Er hat seine Kunst von seinem Vater, dem großen, weiß Njörd wie alten, Tiron gelernt. Tiron ist so alt, dass er heute nicht mehr schmiedet, aber er steht noch jeden Tag bei seinem Sohn am Feuer und am Amboss und gibt ihm Ratschläge. Selbst Vidugs Sohn, Rotan ist schon ein Schmied mit gutem Ruf, er hat deinen Helm geschmiedet.“

„Tiron…?“ überlegte ich. - „Von dem habe ich schon gehört.“ Und mir schoss eine dunkle Erinnerung durch den Kopf: „Hat er nicht auch für die Dunkelalben geschmiedet?“ platzte ich heraus und erschrak sogleich darüber. Rigmar hob eine Augenbraue und sah sich erschrocken um, dann entgegnete er in seiner immer gleich bleibend ruhigen Weise:

„Da hast du Halbwahres gehört. Es ist wahr, er hat zwei außergewöhnliche Schwerter geschmiedet, und die sind durch eine böse List an Dunkelalben gelangt. Es sind die Schwerter Esnes und Resnes. Niemand weiß, wer sie hat, auch wenn viel gemunkelt wird. Nein, niemals würden unsere Schmiede für die Dunkelalben arbeiten. – Doch nun zu deinem Schwert, wie soll es heißen?“

„Mein Schwert, nun, das soll den Namen seines Schmiedes tragen und Vidug heißen. Ich finde, das ist ein schöner Name für ein Schwert“, beschloss ich, hielt das Schwert hoch und rief feierlich: „Mein Schwert hier, Vidug sei es genannt!“ Und zu meiner Verblüffung riefen alle in der Halle, >Vidug sei es genannt!< Das war wie ein Schwur, das wusste ich.

„Wunderbar, Garl“, beglückwünschte mich Rigmar. Nun aber eile, leg die Rüstung an, deine Männer werden gleich zum Tafeln kommen, auch sie haben ihre Rüstungen erhalten, nicht ganz in der Güte, wie es dir zukommt, aber immer noch bessere, als alles, was sie bisher kannten.“

Ich legte die Rüstung an, die Nöcks halfen mir. Zuletzt setzte ich den Helm auf. Ich rückte mich zurecht, griff zum Schwert, das ging sehr gut, alles fühlte sich geschmeidig an. Ich drehte mich um, sah die spiegelnde Wand und stellte mich davor. Einige Augenblicke verharrte ich still und musterte mich. Ich war mir fremd, dennoch gefiel mir, was ich sah. Nur – nun ja…; ich drehte mich um und ging zurück zu Rigmar. Ich kratzte mir verlegen das Kinn.

„Du hast noch etwas auf dem Herzen?“ fragte er, als er mich so sah. Ich kräuselte die Stirn und zuckte unsicher mit den Achseln. – „Nun, heraus damit!“ drängte der Alte.

„Verzeih, alter Rigmar, wenn ich frage“, sagte ich verlegen - „aber zum Helm - gibt es da auch eine Maske?“ Rigmar sah mich schief an und lächelte schließlich.

„Garl“, antwortete er freundlich, - „wenn du meinst, dass du sie brauchst - daran soll es nicht mangeln. Ich dachte, sie sei umständlich, aber wir haben sie. - Gebt Garl die Maske“, bat er seine Nöcks. Nach kurzer Zeit reichte man mir eine Maske. Ich legte sie an, befestigte sie am Helm, betrachtete mich abermals und war zufrieden.

„Du magst es vielleicht nicht verstehen, alter Rigmar“, erklärte ich, - „mir aber ist es wichtig, so ist es gut und so soll es bleiben.“

„So soll es sein“, versetzte Rigmar zufrieden, dann klatschte er in die Hände: „Die Krieger jetzt - wir wollen speisen!“ rief er. Da wurde es unruhig und schließlich betraten meine Krieger die Halle, alle auch in voller Rüstung. Sie stellten sich vor Rigmar und mir auf und verneigten sich höflich. Dann bedankten sie sich bei Rigmar und wandten sich schließlich mir zu, einer von ihnen, Ketil, sprach für alle:

„Herr“, wir stehen zu deinen Diensten.“

„Zu meinen Diensten…?“

„Ja, Herr. Wie soll ich es sagen?“ erklärte er dann zaghaft, - „also, es war dumm von uns, dass wir Urtan folgten. Wir dachten, es wäre unser Glück; wir sind ja Unfreie. Doch er hat uns verraten. Jetzt sehen wir klar und wissen, was zu tun ist.“

„Was zu tun ist?“ fragte ich immer noch zweifelnd.

„Herr, es ist ohne Zweifel klar: Wir werden kämpfen. Wir werden kämpfen - für das Reich der sieben Seen! Und du sollst unser Anführer sein!“ schwor Ketil und fügte an: „Und ich bin dein erster Krieger!“ Ich blickte ihn und die anderen prüfend an. Rigmar hatte gesagt, dass sich alles geändert hätte, dass auch sie sich geändert hätten. Ich wollte es glauben, ich musste es glauben.

„Und ihr werdet wirklich kämpfen…?“

„Ja, Herr, das werden wir, denn wir sind deine Krieger jetzt - gute Krieger, Schattenkrieger, dank Rigmar“, versicherte Ketil.

„Und wenn wir gegen Urtan stehen und gegen die Dunkelalben ziehen, wenn unser Schicksal, wir von allen Göttern verlassen, der Untergang ist, steht ihr dann noch immer an meiner Seite und kämpft?“

„Ja, Herr, so wird es sein?“

„Denkt ihr alle so?“

„Ja, Herr!“ riefen da alle, wie aus einer Kehle. Ich nickte nachdenklich und blickte zu Rigmar. Der hob sein altes Haupt und richtet sich an die Krieger:

„Gut also, dann schwört auf Garl, euren Anführer!“ verlangte er.

„Garl…?“ merkte ich ungewollt fragend auf, doch der alte Rigmar warf mir einen missbilligenden Blick zu. – „So sei es, dann schwört, dass wir endlich speisen können!“ befahl ich. Und so schworen mir die Schattenkrieger Treue bis an das Ende aller Tage.“

Garl schwieg, und alle anderen schwiegen auch. Nach einer Weile fragte Arwila ungeduldig:

„Wie ging es weiter, Garl? Was geschah danach, wie kamt ihr an das Schiff, das meinen Namen trägt?“

„Ja, ja, wie ging’s weiter“, krächzte auch Grol. Man vernahm, wie Garl sich reckte, dann antwortete er:

„Da gibt es so viel nicht mehr zu berichten. – Wir nahmen unser Mahl und es war ein fröhlicher Schmaus. Wir, meine Männer und ich waren froh, dass wir genesen waren und dass eine neue Aufgabe vor uns lag. - Schließlich hatten wir die letzten Speisen vertilgt, die besten Weine und auch das beste Bier getrunken. Da ergriff Rigmar das Wort. Es dauerte einen Augenblick, bis alle still waren und zuhörten. Aber Rigmar ist wirklich ein Nöck, mit einem sehr feinen Wesen, und seine Höflichkeit und seine Geduld kann ich gar nicht genug preisen. Endlich begann er:

„Nun ja, es ist mir eine Freude, meine lieben Gäste aus dem Reich der sieben Seen, euch hier so fröhlich und aufgeräumt zu erleben. Meine Speisen und meine Getränke haben euch wohl gemundet, konnte ich sehen, das freut den Gastgeber sehr. Nun aber wird es Zeit Abschied zu nehmen. Eure Zeit bei uns Wasserwesen ist vorbei. Gerne haben wir euch bei uns aufgenommen, und gerne haben wir für eure Genesung gesorgt. Jetzt aber müsst ihr wieder aufs Meer hinaus, dem Fluch der sieben Jahre folgen, bis ihr Arwila gefunden habt und anderes noch, wovon ich jedoch nichts weiß. Sieben Jahre Suche auf dem Meer, soweit reicht der Fluch der Dunkelalben. Was danach geschieht, wird neu geschrieben und kann nicht vorhergesagt werden. Nutzt diese Zeit, um eure Kampffertigkeiten noch zu bessern, dann werdet ihr die besten Krieger sein, die es je gegeben hat.“ Rigmar wandte sich seinem Weibe Nidar zu und fragte:

„Sag, Nidar, ist nicht gerade Sonnenaufgang?“

„So ist es, mein Lieber, die beste Zeit für den Aufbruch.“

„Ihr habt mein Weib gehört, lasst uns also aufbrechen, wir begleiten euch zu eurem Schiff.“

„Zu unserem Schiff?“ staunte ich.

„Nun ja, genau gesagt - ist es Arwilas Schiff, ich ließ daher vorn am Bug auch ihren Namen schreiben. Aber gedulde dich, du wirst es ja gleich sehen.“

Man verband uns wieder die Augen, und ein jeder von uns wurde geführt. Ich merkte, dass es viele Wege waren, die wir gingen, verschlungene Wege, und immerzu steil aufwärts ging es, an vielen Stellen, über unzählige Stufen. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich spürte, dass wir ins Freie kamen, dass wir am Meer waren; die Luft schmeckte anders, frischer, heimeliger. Dann hörte ich das Meer, die Wellen, die Brandung, und ein wunderbares Gefühl des Glücks befiel mich. Die ganze Zeit zuvor hatte ich das nicht vermisst, jetzt aber entbrannte in mir eine unbändige Sehnsucht, dass ich endlich den Himmel wiedersehen wollte. Nur mit Mühe konnte ich es erwarten, dass man mir meine Augenbinde abnahm. Dann endlich wurde ich davon befreit. Ich musste blinzeln, auch wenn es noch sehr früh war. Doch die Sonne lag schon golden über dem rollenden Wasser. Es würde ein schöner Tag werden.

Wir standen in einer kleinen Bucht. Vor uns lag das Meer, und hinter uns ging der kieselige Strand über in dunkelgrüne, hügelige Wiesen. Das war alles schön und beruhigend anzusehen. Und doch galt unser andächtiger Blick dem Schiff, das direkt vor uns auf dem Strand lag. Stolz hob sich der Vorsteven in die Höhe, und in der Spirale oben drauf verfing sich das warme Licht der Morgensonne. Am Mast war die Rah mit dem eingeholten Segel angeschlagen; sie lag noch auf den Ständern. Es war ein neues Segel, rostrot wohl, das konnte man sehen. Arwila, stand vorne am Bug steuerbords geschrieben, das war neu, denn ich kannte dieses stolze Schiff.

„Habt ihr es auch retten können?“ fragte ich ungläubig, - „Dieses schwere Schiff, es war doch dem Untergang geweiht. Der alte Rigmar, der neben mir stand und der sichtlich mein Staunen genoss, legte mir seine kühle Hand auf die Schulter und meinte trocken:

„Nun ja, so sind wir eben, wir Wasserwesen. Wenn wir was machen, dann machen wir es auch richtig. Außerdem, es gibt ja genug von uns, da war es nicht schwer, das sinkende Schiff aufzufangen. Wir haben es hierhin gebracht und repariert. Nun, wir sind keine Schiffsbauer, wir brauchen ja Schiffe eigentlich nicht, daher ist es sicher nicht so gut gemacht worden, wie eure Schiffsbauer es vermögen. Aber dennoch, es schwimmt und hält dicht.“

„Und jetzt sollen wir damit aufs Meer?“ fragte ich ein bisschen unsicher.

„So ist es, Garl, es wird keine leichte Zeit werden, aber ich hoffe auf euer Glück. Fahrt immer mit dem Wind, bis ihr einen Grund findet, es anders zu halten.“ Er blickte mich an, und ich wusste, dass nun der Zeitpunkt des Abschieds gekommen war:

„Garl, denk an die Marla und an meine Worte dazu“, dabei griff er an die Hornmuschel, die ich gut an meinem Gürtel gebunden hatte. Ich nickte und dankte ihm. Dann sagte er: „Sag deinen Männern, dass sie nun ins Schiff steigen sollen. Wir haben euch noch zusätzlich eine große Anzahl Waffen und Rüstzeug ins Schiff gelegt, falls ihr noch weitere Männer für eure Sache findet. Außerdem fanden wir einen wundervollen Bogen auf dem Schiff. Er wird vielleicht Arwila gehören, nimm ihn in deine Obhut, leg ihn zu ihren Sachen, denn auch für sie habe ich gesorgt. Und noch eins: Ich weiß, einer wird noch kommen, ein großer Krieger, für ihn haben wir noch eine Rüstung bereitgelegt, sie ist von der gleichen Güte wie die deine. Du findest sie neben Arwilas Bogen. Du wirst wissen, wer der Eine ist, gib sie ihm, wenn die Zeit gekommen ist. Sag ihm, das Schwert trägt den Namen Tiron, da du dich für Vidug entschieden hast.“ - Wieder wusste ich nicht, was ich sagen sollte, Rigmar hatte an alles gedacht. Er ließ uns in das Schiff steigen, dann schoben uns seine Nöcks in die See.

„Und bestell Arwila, sie möge den alten Murdahl aufsuchen, seine Einsamkeit lässt ihn sterben!“ rief mir der Alte noch zu, als ich ihm vom Vordeck aus zuwinkte.

Wir ruderten ein Stück hinaus, dann setzten wir das Segel, und unsere lange Fahrt begann.

Arwila

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