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Die Rede

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Was Tat betrifft, haben diese zwar, was ihnen gebührt, und gehen, nachdem es vollbracht ist, ihren bestimmten Weg, geleitet alle gemeinsam von der Stadt und jeglicher insbesondere von den Seinigen. Durch Rede aber gebietet das Gesetz den Männern die noch fehlende Ehre zu erzeigen, und das gebührt sich. Denn nach wohlverrichteten Taten erwirbt wohlgesprochene Rede den Tätern Gedächtnis und Ehre bei den Hörern. Es bedarf also eines solchen Vortrages, welcher den Verstorbenen selbst rühmlich nachrede, den Lebenden aber gelinde zurede, Kinder nämlich und Brüder, es jenen in der Tugend nachzutun ermahnend, Väter aber und Mütter, oder wenn ihnen noch höhere Vorfahren zurückgeblieben sind, diese beruhigend. Welches wäre uns nun wohl ein solcher Vortrag, oder womit könnten wir am besten anfangen wackere Männer zu loben, welche im Leben den Ihrigen zur Freude gereichten durch ihre Tugend, und nun für das Heil der Lebenden den Tod überkommen haben? Mich dünkt nun, man müsse der Natur nach, wie sie gut gewesen sind, so auch sie loben. Gut aber sind sie geworden wegen ihrer Abkunft von Guten. Ihre Wohlgeborenheit also lasst uns zuerst verherrlichen; zum zweiten dann ihre Auferziehung und Unterweisung, und nach diesem ihrer Taten Verrichtung darstellen, wie herrlich und des allen würdig sich diese bewährt. Zu ihrer Wohlgeborenheit nun gehörte zuerst die Herkunft ihrer Vorfahren, welche nicht eine auswärtige ist, noch diese ihre Nachkommen ausweiset als Hintersassen in diesem Lande, weil jene anderwärts hergekommen, sondern als wahrhaft Eingeborne und die in der Tat in ihrem Vaterlande wohnen und leben, nicht von einer Stiefmutter auferzogene wie Andere, sondern als von einer Mutter von dem Lande, in welchem sie wohnten, und die jetzt nach ihrem Ende in dem verwandten Schoß ihrer Gebärerin und Ernährerin wieder aufgenommen liegen. Darum ist es am billigsten, zuerst die Mutter selbst zu preisen, denn so findet sich von selbst auch Jener Wohlgeborenheit gepriesen.

Wert aber ist dieses Land wohl, von allen Menschen gepriesen zu werden, nicht allein von uns, auch auf vielerlei andere Weise, zuerst aber und um des Größten willen, weil es von den Göttern geliebt ist; und dieser Rede gibt Zeugnis der über sie entzweiten Gottheiten Streit und Vergleich. Welches also die Götter gerühmt haben, wie sollte das nicht billig von allen Menschen insgesamt gerühmt werden? Und der zweite Ruhm desselben wäre mit Recht dieser, dass in jener Zeit, in welcher jegliches Land hervorbrachte und erzeugte allerlei Lebendiges, fleischfressende Tiere und grasfressende, in dieser das unsrige wilde Tiere nicht erzeugte und sich rein von ihnen erhielt, von allen Lebendigen aber sich auswählte und erzeugte den Menschen, als dasjenige, welches an Verstand alle Übrigen übertrifft und Recht und Götter allein annimmt. Für diese Rede aber, dass dieses Land hier ihre und unsere Vorfahren erzeugt hat, ist dieses ein großer Beweis. Jedes Gebärende nämlich hat angemessene Nahrung für das Geborene; woran auch jede Frau zu unterscheiden ist, ob sie in der Tat geboren hat oder nicht, sondern das Kind sich nur unterschiebt, wenn sie nicht Quellen der Nahrung hat für das erzeugte. Und eben hiedurch legt unser Mutterland einen deutlichen Beweis ab, dass es Menschen gezeugt hat. Denn dies allein brachte schon damals und zuerst menschliche Nahrung hervor, die Frucht des Weizens und der Gerste, wovon sich das menschliche Geschlecht am schönsten und besten nährt; so dass gewiss dieses Geschlecht der Lebendigen von ihm selbst erzeugt ist. Und mehr noch von der Erde als von einer Frau muss man solche Beweise annehmen, denn die Erde hat nicht den Frauen nachgeahmt Schwangerschaft und Geburt, sondern diese ihr. Diese Frucht aber hat es nicht vorenthalten, sondern sie auch den Übrigen mitgeteilt. Nächst dem hat es auch die Erzeugung des Öls, dieses Balsams für Mühen, seinen Sprösslingen hinterlassen. Und nachdem es sie so ernährt und aufgezogen zur Mannbarkeit, hat es ihnen zu Herrschern und Lehrern Götter herbeigeführt, deren Namen uns hier ziemt zu übergehen. Denn wir wissen, welche von ihnen unser Leben angeordnet haben sowohl für das tägliche Bedürfnis durch die erste Anweisung in Künsten als auch für die Beschützung des Landes durch Unterricht in Verfertigung und Gebrauch der Waffen.

Also nun erzeugt und unterrichtet haben diese Vorfahren eine Staatsverfassung angeordnet und befolgt, deren billig ist, hier mit Wenigem zu erwähnen. Denn die Staatsverfassung ist die Erziehung der Menschen, die gute trefflicher, die entgegengesetzte schlechter. Wie nun in einer trefflichen Verfassung unsere Vorfahren aufgezogen worden, ist notwendig zu zeigen, vermöge deren sowohl jene gut wurden als auch die heutigen es sind, zu denen auch diese Verstorbenen gehören. Denn die Verfassung war dieselbe, damals wie jetzt aristokratisch, auf welche Weise wir uns jetzt regieren und auch die ganze Zeit von damals an größtenteils; es nennt sie aber der eine eine Volksherrschaft, der andere anders, wie es jedem beliebt, in Wahrheit aber ist sie eine Herrschaft der Besseren mit dem guten Willen des Volks. Denn Könige haben wir ja immer nur bald erbliche bald gewählte, das Meiste hängt aber ab in der Stadt von dem Volke, welches Ämter und Gewalt denen gibt, die ihm jedes Mal dünken die Besten zu sein, und weder durch Schwächlichkeit noch durch Armut noch durch der Väter Unberühmtheit ist irgendeiner ausgeschlossen noch auch begünstigt durch das Gegenteil wie in anderen Staaten, sondern nur die eine Bestimmung gibt es, wer im Rufe steht weise und tüchtig zu sein, der hat den Vorzug und regiert. Ihren Grund aber hat bei uns diese Verfassung in der Gleichheit der Geburt. Denn andere Staaten sind aus vielerlei und ungleichen Menschen gebildet, daher auch ihre Verfassungen die Ungleichheit darstellen in willkürlicher Herrschaft eines Einzelnen oder Weniger. Sie sind daher so eingerichtet, dass Einige die Andern für Knechte und diese jene für Herren halten. Wir aber und die Unsrigen, von Einer Mutter alle als Brüder entsprossen, begehren nicht Knechte oder Herren einer des andern zu sein; sondern die natürliche Gleichbürtigkeit nötigt uns auch Rechtsgleichheit gesetzlich zu suchen, und um nichts anderen willen uns einander unterzuordnen als wegen des Rufes der Tugend und Einsicht.

Daher denn unsere und dieser Verstorbenen Väter so wie diese selbst in aller Freiheit auferzogen und edel schon geboren viele und schöne Taten ausgeübt haben vor allen Menschen, sowohl jeder für sich als im öffentlichen Leben, indem sie sich immer verpflichtet hielten, um der Freiheit willen sowohl mit Hellenen für Hellenen zu streiten als auch mit Barbaren für alle Hellenen insgesamt …

[Hier folgt eine ausführliche Auflistung und Würdigung verschiedener Kriegszüge]

Solches nun sind die Taten der hier liegenden Männer und der übrigen, welche für den Staat gestorben sind, viele schon und schöne die angeführten, noch mehrere aber und schönere die übergangenen. Denn viele Tage und Nächte würden dem nicht hinreichen, der alles erzählen wollte. Dieser nun gedenkend muss ihre Nachkommen jedermann ermahnen wie im Kriege, die Ordnung der Vorfahren nämlich nicht zu verlassen noch rückwärts zu weichen aus Feigheit. Also auch ich, ihr Söhne wackerer Männer, ermahne euch jetzt, und werde auch künftig, wo ich einen von euch antreffe, ihn erinnern und antreiben, dass er strebe sich aufs Beste zu halten. Jetzt aber ist noch meine Schuldigkeit zu sagen, was die Väter uns, falls ihnen selbst etwas begegnen würde, den Hinterbliebenen zu bestellen aufgetragen haben, als sie der Gefahr entgegen gingen. Ich will euch also sagen, was ich von ihnen selbst gehört, und wie sie euch gewiss jetzt gern anreden möchten, wenn es ihnen vergönnt würde, wie ich aus dem, was sie damals sagten, schließen kann. Ihr müsst also glauben von jenen selbst zu hören, was ich jetzt vortrage. Sie sprachen aber so.

O Söhne, dass ihr von wackeren Vätern seid, zeigt schon dieser jetzige Erfolg. Denn da wir leben konnten, nur nicht ehrenvoll, haben wir vorgezogen, ehrenvoll zu sterben eher als euch und den Späteren Schmach zu bereiten, und eher als unsern Vätern und dem ganzen früheren Geschlechte Schande zu bringen, überzeugt, dass dem, der den Seinigen Schande macht, nicht lohnt zu leben, und dass ihm kein Mensch Freund ist und kein Gott weder auf der Erde noch unter der Erde, wenn er gestorben ist. So gebührt nun euch, unserer Reden eingedenk, was ihr auch immer treiben möget, wacker zu treiben, wissend, dass ohne dieses alle Besitzungen und alle Bestrebungen nur schlecht sind und verächtlich. Denn auch der Reichtum gereicht dem nicht zur Zierde, der ihn als ein Feiger besitzt, denn nur für einen andern ist ein solcher reich, nicht für sich; noch auch erscheint Schönheit und Stärke des Leibes in dem Feigen und Schlechten wohnend als etwas günstiges, sondern ungünstig sind sie, weil sie den Besitzer in helleres Licht stellen und seine Feigheit offenbaren. Und jede Erkenntnis, wenn sie von Gerechtigkeit und den übrigen Tugenden getrennt ist, zeigt sich nur als Verschlagenheit, nicht als Weisheit. Dieserhalb nun versucht zuerst und zuletzt überall und auf alle Weise alle Mühe anzuwenden, damit ihr ja uns und die Früheren übertreffet durch euern Ruhm; wo nicht, so wisst, dass uns, wenn wir euch an Tugend besiegen, der Sieg Schande bringt, der Verlust aber, wenn wir gegen euch verlieren, Glück und Heil. Am meisten aber würden wir besiegt werden und ihr siegen, wenn ihr euch darauf rüsten wolltet, der Vorfahren Ruhm weder zu missbrauchen noch zu verbrauchen, wohl wissend, dass es für einen Mann, der etwas zu sein glaubt, nichts Unwürdigeres gibt als sich ehren zu lassen, aber nicht seiner selbst wegen, sondern wegen des Ruhmes der Vorfahren. Denn Ehre zu haben von den Vorfahren her ist für die Nachkommen ein schöner und köstlicher Schatz. Einen Schatz aber von Geld oder Ehre verbrauchen und nicht wieder den Nachkommen hinterlassen, das ist unwürdig und unmännlich wegen Mangels selbsteigner Besitztümer und Preiswürdigkeiten. Und strebet ihr nun hiernach, so werdet ihr als Freunde zu Freunden zu uns kommen, wenn auch euch euer bestimmtes Geschick herbringt; seid ihr aber sorglos gewesen und verweichlicht, so wird euch niemand freundlich aufnehmen. Dieses nun sei den Kindern gesagt. Unsern Vätern aber, wer noch einen hat, und Müttern muss man immer tröstlich zusprechen, recht leicht diesen Unfall zu tragen, wenn er ihnen begegnet, nicht aber mit ihnen wehklagen; denn sie können nicht noch Eines bedürfen, der die Trauer vermehre, weil dieses schon der ihnen zugestoßene Unfall selbst hinlänglich zu Wege bringt; sondern um sie auszuheilen und zu sänftigen, muss man sie erinnern, dass von dem, was sie gefleht, die Götter das Größte ihnen erhört haben. Denn nicht unsterbliche Kinder, baten sie, möchten ihnen geboren werden, sondern wackere und wohlberühmte, welche sie auch erlangt haben als eines der größten Güter. Denn Alles kann nicht leicht einem sterblichen Menschen nach seinem Sinne ausschlagen in seinem Leben. Tragen sie nun das Unglück tapfer, so wird man sehen, dass sie in der Tat tapferer Söhne Väter sind und selbst solche; unterliegen sie aber, so werden sie den Verdacht erregen, dass sie entweder nicht die Unsrigen sind, oder dass diejenigen, die uns gelobt, nicht nach der Wahrheit geredet haben. Keines von beiden aber darf sein, sondern sie selbst müssen mehr als Alle unsere Lobredner sein durch die Tat, in dem sie selbst sich zeigen als Männer und Väter von Männern. Denn schon lange hält man das Nichtzuviel für richtig gesagt, und es ist auch wirklich gut gesagt. Denn welchem Menschen alles oder doch das meiste von ihm selbst abhängt, was zu seiner Glückseligkeit führt, und nicht an andern Menschen haftet, so dass je nachdem diese sich wohl oder übel befinden auch seine Angelegenheiten notwendig schwanken, dieser ist aufs Beste ausgestattet zum Leben, dieser ist der Besonnene, dieser der Tapfere und Verständige; und dieser, mag er Besitzungen und Kinder haben oder verlieren, wird am meisten jenem Spruche folgen. Denn weder erfreut noch betrübt wird er zu sehr erscheinen, weil er sich selbst vertraut. Solche aber mögen wir, dass auch die Unsrigen seien, und wollen und behaupten es, als auch uns selbst zeigen wir jetzt als solche, indem wir weder unwillig sind noch uns sehr fürchten, wenn wir etwa gegenwärtig sterben müssen. Daher bitten wir auch Väter und Mütter in demselben Sinn ihr übriges Leben zu verbringen, und zu wissen, dass nicht durch Jammern und Wehklagen sie uns am meisten zu Gefallen leben; sondern wenn die Gestorbenen irgendetwas wissen um die Lebenden, werden sie uns so am meisten zuwider sein, wenn sie sich selbst Übles zufügen und schwer die Unfälle ertragen, wenn aber leicht und gemäßigt, dann werden sie uns Freude machen. Denn wir werden nun ein solches Ende nehmen, welches für die Menschen das schönste ist, so dass sie uns mehr verherrlichen sollten als bejammern. Sorgen sie aber für unsere Weiber und Kinder, und erziehn die und wenden darauf ihren Sinn: So werden sie am leichtesten das Geschick vergessen und schöner und richtiger leben, und auch uns mehr zur Freude. Dieses nun ist genug den Unsrigen von uns zu melden. Der Stadt aber möchten wir auftragen, dass sie sowohl für unsere Väter als für unsere Kinder sorge, diese sittig erziehend, jene würdig pflegend im Alter; nun aber wissen wir, dass, wenn wir es ihr auch nicht auftragen, sie doch dafür gehörig sorgen wird.

Dieses also ihr Väter und Kinder der Gebliebenen haben jene uns aufgegeben euch zu vermelden, und ich, so treu ich kann, vermelde es euch, und bitte selbst noch in jener Namen, die Einen dass sie die Ihrigen nachahmen, die Andern, dass sie unbesorgt seien für sich, weil wir schon jeder für sich und von Staatswegen euer Alter pflegen und versorgen werden, wo nur jeder irgendeinen antreffen möge, der jenen angehört. Die Vorsorge des Staates aber kennt ihr ja selbst, wie er Gesetze gegeben hat wegen der Kinder und Erzeuger der im Kriege Gebliebenen und sich ihrer annimmt, und wie vor allen übrigen Bürgern eine Obrigkeit, welche die höchste ist, den Auftrag hat zu verhüten, dass den Vätern und Müttern von diesen nichts Unrechtes widerfahre, die Kinder aber selbst hilft er erziehn, und sorget, dass ihnen ihr Waisentum mindest möglich fühlbar werde, indem er sich selbst an Vaters Stelle setzt, solange sie noch Kinder sind, und er sie in ihr Eigentum entlässt, ihnen dann eine vollständige Rüstung verehrt, um sie hinzuweisen und zu erinnern an des Vaters Bestrebungen, indem er auch ihnen die Werkzeuge der väterlichen Tugend darreicht, und zugleich der guten Vorbedeutung wegen sie anfangen lässt den väterlichen Herd kräftig zu beherrschen mit Waffen geschmückt. Die Gebliebenen selbst aber hört er nie auf zu ehren, indem er jegliches Jahr für sie alle gemeinsam das Gebräuchliche vollzieht, was auch jeder Einzelne besonders für sich erlangt, und überdies Kampfspiele einsetzt in der körperlichen Stärke und der Reitkunst und der gesamten Musik, und sich ordentlich den Gebliebenen selbst an Erben und Kindesstatt darstellt, den Söhnen aber an Vaters Stelle und den Eltern und dergleichen als Versorger, allen allezeit alle Sorgfalt erweisend. Dieses bedenkend müsst ihr das Schicksal milder ertragen; denn den Toten und den Lebenden werdet ihr so am liebsten sein, und werdet am leichtesten pflegen sowohl als gepflegt werden. Nun aber ihr sowohl als die Übrigen insgesamt, nachdem ihr gemeinsam dem Gesetz gemäß die Gebliebenen betrauert habt, tretet ab.

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