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So ähnlich wie in der Savanne

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In der offenen Flur ist das nun alles völlig anders: Täler und Höhen, Ebenen, Mulden und Hügelketten breiten sich angenehm rhythmisiert wie Mosaiksteine vor uns aus und lassen so auch größere Landschaftsbestandteile im direkten Zusammenhang erleben. Felder und Gebüsche, eben auch Wiesen oder Weiden, dazu Bäche, Tümpel oder Weiher, eingestreute Einzelhöfe oder verdichtete Dörfer – kurz, alles, was wir aus moderner Perspektive eine sympathische Kulturlandschaft nennen, gilt nach übereinstimmender Einschätzung der vielen in regionalen Wandervereinen zusammengeschlossenen Aktiven als besonders beliebte und erlebniswerte Landschaft. Nach Einschätzung etlicher ernst zu nehmender Evolutionsforscher und Kulturanthropologen rührt diese besondere Empfindung aus der Tatsache her, dass wir unsere auf eine Zeit vor etwa 5 Mio. Jahren zurückreichenden evolutiven Wurzeln eben in einer von ihrem Erscheinungsbild her sehr ähnlich beschaffenen Offenland-Landschaft des zentralen Afrikas zu suchen haben. Somit wirkt in unserer Wahrnehmung einer besonders erlebniswerten Landschaft immer noch das offenbar geradezu engrammatisch festgelegte Erfahrungsgut der frühesten Vorfahrenlinien unserer eigenen Spezies nach.

Über Wald und Wasser oder Heide und Moor gibt es in der literarischen Szene jede Menge Gedichte, Geschichten und Erzählungen. Das offene Kulturland mit seinen Wiesen und Weidegründen ist in dieser Dichtung aber offenbar total übersehen oder jedenfalls als nicht besonders erwähnenswert empfunden worden. Vermutlich ist es in seinen spezifischen Werten erst allzu spät entdeckt worden – und damit zu einem Zeitpunkt, als die ursprünglich einmal so sympathisch kleinteilige Kulturlandschaft bereits längst und weithin zur flächendeckenden agrarischen Industrielandschaft verkommen war.

Hingegen: Was kann man im Wiesenland nicht alles erleben und erfahren? Immerhin ist eine funktionierende Wiese wesentlich mehr als nur eine Ansammlung schnurgerader, relativ biegefester und vermeintlich ziemlich langweilig aussehender Grashalme. Wiesen, egal ob etwas feuchter oder deutlich |11|trockener, sind tatsächlich überraschend artenreiche ökologische Vereine aus Pflanzen, Tieren und sonstigen Lebewesen. Zum jahreszeitlich wechselnden Erscheinungsbild einer beliebigen Wiese gehört ganz einfach auch die enorm bunte Vielfalt der wiesentypischen Falter, das Gewimmel verschiedener Käfer, pelziger Hummeln, emsiger Wollschweber und anderer Schwebfliegen sowie das unermüdliche Heer der Honigbienen auf dem überreichen Blütenangebot. Eine Wiese ist zudem Brutraum für besonders spezialisierte Wiesenvögel, dazu auch Futterreserve für mancherlei Säugetiere aus den angrenzenden Flurstücken bzw. Gehölzen sowie tagsüber Jagdrevier von Mäusebussard, Turmfalke und nächtens von verschiedenen Eulen. Eine Wiese kann man übrigens mit vielen, wenn nicht sogar mit allen Sinnen erfahren – als kunterbunte Farbpalette sehen, süßen Honig- bzw. Heuduft über die Nase einatmen und dem eifrigen Wettgesang von Grillen, Gras- und Heuhüpfern lauschen. Wenn man das alles recht bedenkt, kommt eine bunte Wiese der Vorstellung vom Paradies (obwohl diese eher gartengeprägt ist) doch schon recht nahe.


1.4 Nur blumiges Grünland ist ein echter Lebensraum.

Indessen: Die Wirklichkeit sieht häufig ganz anders aus. Grünland ist aus heutiger Sicht ein landwirtschaftlicher, auf Ertrag getrimmter Produktionsraum, in dem die aus mancherlei nachvollziehbaren Gründen auf Ertrag erpichten Landwirte mit Gift und Gülle Überschüsse erwirtschaften – wobei diese paradoxerweise meist gar nicht benötigt werden. Zudem hat in landwirtschaftlich intensiv bewirtschafteten Regionen auch die Landschaftsästhetik mit ihrem sympathischen Flächenmosaik überhaupt keinen besonderen Stellenwert mehr. Entsprechend eintönig und einförmig sehen die Fluren gebietsweise aus – eben genauso bürokratisch und seelenlos abgezirkelt, |12|wie es die amtlich durchgeführten Flurbereinigungen vorgegeben haben. Von Erholungsraum, Sozialfunktion, Regenerationsgebiet für Trinkwasserreserven oder Biotopgefüge mit umfangreicher Artenliste kann hier keine Rede mehr sein. Große Teile nicht nur der mitteleuropäischen Agrarlandschaft sind nach knallharten industriellen Maßstäben bewirtschaftete Flächen fernab jeglicher Ökologie.


1.5 Oftmals bietet das intensiv genutzte Grünland nur Monotonie.

Aber glücklicherweise gibt es sie ja noch – die ausgedehnten Feuchtwiesen im nordwesteuropäischen Tiefland, die Trockenrasen im nicht ackerfähigen, weil zu steilhängigen Mittelgebirgsgürtel oder die enorm blumigen Futterwiesen der traditionellen alpinen Grünlandwirtschaft. Wir sollten diese faszinierenden Versatzstücke unserer herkömmlichen Kulturlandschaft umfassend genießen, solange es diese überreichen Lebensräume noch gibt, und im Verbund mit den großen Naturschutzorganisationen Sorge dafür tragen, dass sie in der sonst schon allzu stark verarmten Durchschnittsagrarlandschaft nicht noch weiter auf Außenseiterpositionen verdängt werden oder gar vollends untergehen.

Es erscheint zweifellos angebracht, bereits an dieser Stelle eine weit verbreitete Fehleinschätzung gerade zu rücken: Obwohl ausnahmslos alle Naturliebhaber beim Anblick einer enorm blumigen Weide oder Wiese geradezu in Verzückung geraten, verkünden die Landschaftsökologen und Vegetationskundler übereinstimmend und möglicherweise etwas ernüchternd, dass diese überaus sympathischen Lebensräume in unseren Landschaften tatsächlich ausnahmslos eine Erfindung des Menschen sind. Ihre Entstehung sei eng an den kulturellen Aufstieg der Menschheit seit der Steinzeit gebunden, betonen sie. Sie seien somit im weitesten Sinne historisch bedingt und daher sogar vergleichsweise junge Landschaftselemente. Diese aus fachlicher Sicht durchaus zutreffende Einschätzung bedarf nun zugegebenermaßen der genaueren Erläuterung und Inspektion – wir werden sie weiter unten liefern. Aber: Das schmälert nun keineswegs die besonderen Erlebnisqualitäten, denn der Lebensraum Wiese ist bemerkenswert facettenreich und bietet zu allen Jahreszeiten vielerlei für Auge und Ohr sowie für Herz und Hirn. Eine Wiese erschließt sich aber in ihren ökologischen Qualitäten und tatsächlichen Erlebniswerten möglicherweise nicht auf den ersten Blick. Daher lädt Sie dieses Buch zu jahreszeitlich mit besonderen Schwerpunkten ausgestatteten Wiesen-Inspektionen ein, die jeweils ein besonderes Thema aus der Ökologie unserer Wiesen oder Weiden aufgreifen. Dabei stehen Beobachten, Sehen, Erleben und Verstehen klar im Vordergrund.

Duftendes Wiesenheu


Erntefrisches Heu, und sogar das tütenweise für Heimtiere in Zoohandlungen erhältliche, verströmt einen angenehm süßlichen, aromatischen Duft, der neben anderen flüchtigen Komponenten vor allem auf die Verbindung Cumarin zurückgeht. Diesen charakteristischen Aromastoff kennt man üblicherweise von der mit Waldmeister angesetzten Maibowle oder aus dem grünen Sirup für die Berliner Weiße. Waldmeister kommt aber auf Wiesen gar nicht vor. Cumarin-Lieferanten sind hier zwei Gräser, einerseits das auf Futterwiesen sehr häufige Ruchgras und andererseits das eher in Feuchtwiesen vorkommende Mariengras. An den frisch gepflückten Gräsern ist der angenehme Duft kaum wahrzunehmen. Wenn man aber einen Halm zwischen den Fingernägeln zerquetscht, stellt sich nach kurzer Zeit unverkennbar das intensive Aroma ein. In den Pflanzen liegt der Duftstoff als duftloses Glucosid Melilotosid vor. Wenn man das grüne Gewebe zerstört, setzt darin augenblicklich eine enzymatische Reaktion ein und spaltet ein Molekül Traubenzucker (Glucose) ab. Das Restmolekül, eine Phenylpropan-Verbindung bildet, spontan durch Lactonbildung einen zweiten Ring aus, und dieser ist das duftintensive Cumarin. In kleinen Mengen ist Cumarin unbedenklich. Bei höherer Dosierung können Kopfschmerz und Benommenheit auftreten.

Die erwähnte Maibowle könnte man tatsächlich alternativ zum Waldmeister mit ein paar zerstückelten Halmen von Ruch- oder Mariengras ansetzen (Heubowle …) – für die so beglückten Gäste der Frühsommerparty vermutlich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Mit ein paar Sprossabschnitten der heimischen Steinklee-Arten ginge es übrigens auch, denn diese führen ebenfalls die Ausgangssubstanz Melilotosid. Sie ist sogar nach dieser Gattung (Melilotus spp.) benannt.

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1.6 Steppenartig, aber überwiegend anthropogen: Weidelandschaft in Neuseeland

Entdecken Sie also im Ablauf der Jahreszeiten, was es vom Frühjahr bis in den Winter auf Wiesen oder Weiden an aktuellen oder übergreifenden Entwicklungen bzw. Geschehnissen zu beachten gilt.

Die Wiese

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