Читать книгу Aufzeichnungen 13/246 - C. J. Roth - Страница 10
ОглавлениеNotizen Dr. B. J. Kohler
Susanna hat sich in den letzten Tagen gut bewährt. Während ihrer Zeit im Krankenhaus hatte ich schon vermutet, dass sie gar nicht mehr zu sprechen beginnen würde und jetzt habe ich das Glück, eine intelligente, junge Frau zu erleben, die sich nach und nach öffnet. Wie nicht anders zu erwarten war, ist ihre Psychose durch den Tod ihres Vaters hervorgerufen worden und ist noch immer nicht verarbeitet. Heute hat sie den ersten Schritt darauf zu getan. Sie ist Gottesfürchtig, jedoch nicht verblendet und sieht die Welt mit offenen Augen.
Während ich bei unserem ersten Gespräch noch vermutet hatte, dass Susanna ein Problem mit einem Arzt oder Pfleger zu haben scheint, hat sich dies noch nicht bestätigt. Dem Personal gegenüber verhält sie sich weder respektlos noch zurückhaltend. Auch nach Rücksprache mit meinen Kollegen und dem Pflegepersonal, konnte ich nichts herausfinden, was diese These unterstützen würde, jedoch werde ich diesen Punkt weiterhin untersuchen.
Heute hat Susanna über ihr Zuhause gesprochen und auch über ihre Geschwister. Ihr Bruder kam bei dem Gespräch nicht gut weg, ob dies an ihren verletzten Gefühlen oder einer Verstrickung mit dem Tod ihres Vaters liegt, gilt es herauszufinden. Ich werde sie hierzu noch einmal ansprechen müssen.
In den nächsten Tagen werden wir noch ein paar Gespräche über die Familie führen, um genaueren Einblick zu erhalten und eventuell zum Tatgeschehen vordringen zu können. Der psychotische Anfall, ausgelöst durch das Gespräch über den Tod ihres Vaters, hat sich nicht noch einmal wiederholt. Auch die Erwähnung ihres Vaters in einem oberflächlichen Gespräch bringt sie nicht aus der Fassung, sie verhält sich wie jede andere trauernde Person.
Obwohl das Besuchsverbot nun aufgehoben ist, wurde Susanna von keinem ihrer Verwandten aufgesucht. Sie selbst scheint diesen Umstand nicht sonderlich tragisch zu nehmen. Ihre Mutter hat vor einer Woche einen Brief gesendet, in dem sie sich nach dem Zustand ihrer Tochter erkundigt. Ich vermute, dass Susanna nur ihren Vater als emotionale Bezugsperson hatte, da das Verhalten der Mutter als „Gleichgültig" beschrieben werden kann.
In meiner Antwort ersuchte ich Frau Schweiger um ein persönliches Gespräch, welches gestern Abend hätte stattfinden sollen. Frau Schweiger ist nicht erschienen.