Читать книгу Aufzeichnungen 13/246 - C. J. Roth - Страница 11
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Den Gang runter gab es wohl ein Leck, denn ich konnte das stetige Tropfen hören, beinahe so zuverlässig wie den Sekundenzeiger meiner Armbanduhr. Ich streckte mich auf dem Holzstuhl, auf dem ich die letzten Stunden verbracht, die Tonbänder gehört und die Berichte studiert hatte. Mit all den Dingen, die ich bisher gehört und gelesen hatte, war die Zeit wie im Flug vergangen. In der Ferne konnte ich einen Glockenturm hören, dessen metallenes Spiel die 22 Uhr ankündigte. Beinahe acht Stunden war ich in diesem Kellerloch gesessen, hatte mir die Augen bei schlechtem Licht verdorben und meinen Notizblock gefüllt.
Aus der Richtung des Treppenhauses konnte ich wiederholt Geräusche wahrnehmen, doch jedes Mal wenn ich mich aufgemacht hatte, um dem Ganzen nachzugehen, war niemand zu sehen gewesen. Es waren nur Schatten, die von der Dunkelheit heraufbeschworen worden waren. Die Angst, die Susanna verspürt haben musste, schlich sich nun durch meine Glieder und lähmte mich so manches Mal, bis ich mich selbst wieder überzeugt hatte, dass es nur am alten Gemäuer lag, doch es wurde schwerer und schwerer die Furcht abzuschütteln.
Ich griff nach meinen Notizen, schließlich war es schon unheimlich genug zu dieser Stunde vom Gelände zu verschwinden, ganz davon abgesehen, wie es sich proportional mit der heranrückenden Nacht steigern würde. Bevor ich mit der Sichtung der Unterlagen begonnen hatte, hatte ich ein Datenverzeichnis geschrieben, in dem jede Kassette, jedes Schriftstück und jeder persönliche Gegenstand notiert war, um einen eventuellen Verlust von Daten sofort festhalten zu können. Ich hatte in meiner Anfangsphase als Autor teures Lehrgeld bezahlen müssen und würde diesen Fehler nicht noch einmal begehen. Die Papiere wogen nun schwer in meiner Hand.
Als ich aus dem Gebäude trat empfing mich ein kalter Nieselregen und ich vermisste meinen wetterfesten Mantel. Den Notizblock presste ich mir an meinen Körper, um die Niederschriften zu schützen und eilte zum Wagen. Auf dem Weg nickte ich dem Pförtner zu, der in seinem warmen Häuschen saß, mir nach sah, sich jedoch keinen Millimeter bewegte. Nur seine Augen folgten mir, während der Rest erstarrt zu sein schien. Ein komischer junger Mann, der mit dieser mysteriösen Attitude versuchte Leute abzuschrecken. Hätte ich nicht so viel Erfahrung gehabt, dann hätte er mich sicher auch einschüchtern können, doch ich kannte Männer wie ihn. Sie sahen gefährlich aus, doch mit ihnen verhielt es sich, wie mit dem Sprichwort: "Bellende Hunde beißen nicht."
Ein paar Meter weiter war ich auch schon wieder aus seinem Blickfeld verschwunden, sodass er getrost den Dingen nachgehen konnte, die während seiner Schicht sicher verboten waren. Den Mini-Fernseher hatte ich gesehen, egal wie gut er dachte ihn versteckt zu haben. Als ich mein Auto erreichte, hörte ich hinter mir einen Ast knacken. In einer schnellen Bewegung drehte ich mich zur Geräuschquelle und sah eine dunkle Gestalt zwischen den Büschen. Meine Lesebrille war mit Tropfen übersäht, was es mir erschwerte jemanden zu erkennen, doch ich sah genug, um zu wissen, dass mich von dort aus jemand beobachtete.
„Kann ich Ihnen helfen?", rief ich in die Dunkelheit und für ein paar Sekunden hatte ich die Hoffnung, die Gestalt würde antworten, doch sie blieb stumm. Ich warf meine Notizen auf den Rücksitz, um der Person entgegentreten zu können, doch als ich mich wieder in die Richtung meines stillen Beobachters wandte, war da Niemand mehr. Ein paar Äste schwangen noch hin und her, doch das hätte auch der Wind sein können, der mir jetzt ein paar Strähnen meiner nassen Haare ins Gesicht trieb. Mit angespannten Muskeln machte ich mich nochmal lang und sah in alle Richtungen – vergeblich. Der Nachtwächter hatte mit Sicherheit niemanden gesehen. Ich war wieder allein - zumindest wog ich mich selbst in dieser trügerischen Sicherheit.