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Als Ransom wieder zu sich kam, schien er in einem dunklen Raum im Bett zu liegen. Er hatte ziemlich starke Kopfschmerzen und verspürte ein allgemeines Schwächegefühl, sodass er sich zunächst nicht dazu aufraffen konnte, aufzustehen und seine Umgebung zu untersuchen. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und merkte, dass er stark schwitzte. Das machte ihm bewusst, dass in dem Raum (wenn es einer war) eine ungewöhnlich hohe Temperatur herrschte. Als er die Arme bewegte, um die Bettdecke abzuwerfen, berührte er die Wand rechts vom Bett; sie war nicht nur warm, sondern heiß. Auf der linken Seite tastete er mit der Hand

ins Leere und stellte fest, dass die Luft dort kühler war; die Hitze schien also von der Wand auszugehen. Er befühlte sein Gesicht und fand eine aufgeschürfte Schwellung über dem linken Auge. Dies erinnerte ihn an den Kampf mit Weston und Devine, und er schloss daraus, dass sie ihn in eines der Nebengebäude hinter ihrem Schmelzofen gesperrt hatten. Im selben Moment blickte er auf und entdeckte die Quelle des trüben Lichts, in dem er, ohne sich dessen bewusst zu sein, die ganze Zeit über die Bewegungen seiner Hände hatte sehen können. Unmittelbar über seinem Kopf befand sich eine Luke – ein viereckiger Ausschnitt des sternenübersäten Nachthimmels. Ransom kam es vor, als habe er noch nie in eine so eisige Nacht hinausgeblickt. Die Sterne schienen in ihrem Glanz wie in unerträglicher Qual oder Lust zu pulsieren, drängten sich dicht und zahllos in ungeordneter Fülle, waren traumhaft klar und strahlend auf dem tiefschwarzen Hintergrund. Sie zogen all seine Aufmerksamkeit auf sich, beunruhigten und erreg-

ten ihn so, dass er sich aufsetzte. Das schmerzhafte Pochen in seinem Kopf wurde stärker und erinnerte ihn daran, dass er niedergeschlagen und betäubt worden war. Während er überlegte, ob das Mittel irgendeine Wirkung auf seine Pupillen gehabt haben mochte und so die unnatürliche Pracht und Fülle des Himmels erklärte, lenkte eine silbrige Lichterscheinung, eine Art blasser und verkleinerter Sonnenaufgang, seinen Blick von Neuem nach oben. Kurze Zeit später schob sich die Scheibe des Vollmonds in sein Gesichtsfeld. Ransom saß still und schaute. Er hatte noch nie einen solchen Mond gesehen – so weiß, so blendend und so groß. Wie ein großer Fußball direkt vor dem Fenster, dachte er, und gleich darauf: nein – noch größer. Er war mittlerweile überzeugt, dass mit seinen Augen etwas nicht stimmte; kein Mond konnte so groß sein wie das Ding, das er dort sah.

Das Licht des riesigen Mondes – wenn es denn ein Mond war – erleuchtete seine Umgebung jetzt beinahe so hell, als ob es Tag wäre. Er befand sich in einem sehr merkwürdigen Raum. Der Boden war so klein, dass das Bett und ein Tisch daneben die gesamte Breite einnahmen. Die Decke schien etwa doppelt so groß zu sein und die Wände wölbten sich nach außen, sodass Ransom das Gefühl hatte, am Boden einer tiefen, engen Schubkarre zu liegen. Das bestärkte ihn in der Annahme, sein Sehvermögen sei entweder vorübergehend oder dauernd geschädigt. Im Übrigen erholte er sich jedoch rasch und verspürte sogar eine unnatürliche Leichtigkeit und eine angenehme Erregung. Die Hitze war noch immer drückend und bevor er aufstand, um den Raum genauer zu untersuchen, streifte er alle Kleider bis auf Hemd und Hose ab. Das Aufstehen hatte verheerende Folgen und er befürchtete, die Nachwirkungen des Betäubungsmittels seien noch stärker als zunächst gedacht. Obgleich er sich keiner ungewöhnlichen Muskelanstrengung bewusst war, sprang er mit solcher Kraft vom Bett auf, dass er mit dem Kopf hart gegen die Luke schlug und von dort jäh zu Boden prallte. Er lag jetzt an der anderen Wand – der Wand, die sich seinem ersten Eindruck zufolge wie die Wandung einer Schubkarre nach außen hätte wölben müssen. Doch das traf nicht zu. Er befühlte und betrachtete sie: Sie stand unverkennbar senkrecht, im rechten Winkel zum Boden. Wieder stand er auf, diesmal vorsichtiger. Er verspürte eine außerordentliche Schwerelosigkeit. Es bereitete ihm sogar Mühe, mit den Füßen am Boden zu bleiben. Zum ersten Mal kam ihm der Verdacht, dass er tot und bereits bei den Engeln sein könnte. Er zitterte, aber seine geistige Disziplin verbot ihm, diese Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen. Stattdessen erforschte er sein Gefängnis. Das Ergebnis war eindeutig: Alle Wände sahen aus, als wölbten sie sich nach außen, sodass der Raum an der Decke breiter war als am Boden; trat man jedoch an eine der Wände, so erwies sie sich als völlig senkrecht – nicht nur beim Anblick, sondern auch bei der Berührung, wenn man sich bückte und mit den Fingern den Winkel zwischen Wand und Boden abtastete. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er noch zwei weitere seltsame Tatsachen. Wände und Boden des Raums waren mit Metall ausgekleidet und befanden sich in einem Zustand ständiger, leichter Vibration – einer lautlosen Vibration, die etwas sonderbar Lebendiges und nicht Mechanisches hatte. Doch wenn die Vibration auch lautlos war, so gab es genug andere Geräusche – eine Reihe musikalischer Klopftöne oder Schläge, die in unregelmäßigen Abständen von der Decke zu kommen schienen. Es war, als ob die Metallkammer, in der er steckte, von winzigen, klirrenden Geschossen getroffen würde. Ransom war inzwischen zutiefst verängstigt, doch nicht die prosaische Furcht, die man im Krieg empfindet, erfüllte ihn, sondern eine ungestüme Angst, die sein Herz klopfen ließ und kaum von seiner allgemeinen Erregung zu trennen war: Er befand sich in der Schwebe, auf einer Art Wasserscheide des Gefühls; ihm war, als könne er jeden Augenblick entweder in ekstatische Freude oder in panisches Entsetzen abgleiten. Er wusste jetzt, dass er nicht in einem Haus war, sondern in einer Art Schiff, das sich fortbewegte. Es war offensichtlich kein Unterseeboot und die kaum spürbaren Vibrationen des Metalls schlossen ein Fahrzeug auf Rädern aus. Ein Schiff also, sagte er sich, oder eine Art Luftschiff … Doch alle seine Wahrnehmungen und Empfindungen waren so seltsam, dass sie zu keiner der beiden Annahmen passten. Verwirrt setzte er sich wieder aufs Bett und starrte den ungeheuren Mond an.

Ein Luftschiff, eine Art Flugmaschine … Aber warum sah der Mond so groß aus? Er war noch größer, als Ransom zunächst gedacht hatte. Kein Mond konnte so groß sein; und Ransom begriff jetzt, dass er dies von Anfang an gewusst, das Wissen aber voller Entsetzen unterdrückt hatte. Im selben

Augenblick schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, der seinen Atem stocken ließ: In dieser Nacht konnte kein Vollmond sein. Er erinnerte sich deutlich, dass er in einer mondlosen Nacht von Nadderby aufgebrochen war. Selbst wenn die dünne Sichel eines Neumonds seiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, konnte sie in ein paar Stunden nicht zu dem angewachsen sein, was er hier sah. Dies hier war eine größenwahnsinnige Scheibe, bei weitem größer als der Fußball, mit dem er sie anfangs verglichen hatte, eine Scheibe, die beinahe die Hälfte des Himmels einnahm. Und wo war der alte ›Mann im Mond‹ – das vertraute Gesicht, das auf alle Menschengenerationen herabgeblickt hatte? Das Ding war überhaupt nicht der Mond; und Ransom fühlte, wie seine Haare sich sträubten.

In diesem Moment hörte er eine Tür und wandte den Kopf. Er sah ein blendendes Lichtrechteck, das sofort wieder verschwand, als die Tür geschlossen wurde. Im Raum stand die massige Gestalt eines nackten Mannes, in der Ransom schließlich Weston erkannte. Kein Vorwurf, keine Bitte um eine Erklärung kam Ransom über die Lippen oder auch nur in den Sinn; nicht mit dieser monströsen Scheibe über ihren Köpfen. Die bloße Gegenwart eines menschlichen Wesens, das zumindest ein wenig Gesellschaft zu bieten versprach, löste die nervöse Spannung, in der seine Nerven bislang einer bodenlosen Verzweiflung widerstanden hatten. Als er sprach, merkte er, dass er schluchzte.

»Weston! Weston!«, stieß er hervor. »Was ist das? Das ist nicht der Mond – der ist nicht so groß. Er kann es nicht sein, oder?«

»Nein«, erwiderte Weston, »es ist die Erde.«

Jenseits des schweigenden Sterns

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