Читать книгу Fuck you, morbus bechterew, CFS, Krebs, KPU, burnout, PMS, SMA, Arthrose, Tourette, MS, CORONA & Co.! - Carl-Maria von Görlitz - Страница 14
ОглавлениеDas Märchen von den vielen guten Ratschlägen…
Krank sein ist doof. Noch mehr doof ist, wenn dir dein Arzt nicht helfen kann, obwohl er wohl alles versucht. Einer Odyssee gleich reist du dann von Arzt zu Arzt, versuchst natürlich deinen Gesundheitszustand wieder hinzubekommen. Warum auch nicht? Schließlich willst du in der Familie und im Beruf leisten können. Krank und geschwächt zu sein, kannst du dir schlichtweg nicht leisten. Nicht leisten, um nicht deinen Posten räumen zu müssen, um nicht deine Partnerschaft aufs Spiel zu setzen, um nicht deine Kinder zu beunruhigen. Jeder versucht, dir zu helfen. Du vertraust, weil dein Gegenüber ja auch erst einmal etwas hat studieren müssen, bevor er sich als Arzt – vielleicht sogar als Facharzt – hat niederlassen dürfen.
Wie groß ist dann aber die Enttäuschung, wenn du merkst, dass es dir nicht besser gehen möchte? Wenn du merkst, dass dir die „Hilfe“ für Problem A ein Problem B beschert hat? Wenn du merkst, wie es langsam trotz der verschriebenen Medikamente immer mehr bergab mit dir geht? Eines hat diese besondere Art von „Hilfe“ immer gemeinsam: Es wird an Symptomen herumgedoktert – nicht an der Ursache. Deshalb wenden wir uns hier in diesem Buch lieber den Ursachen zu und erklären Krankheit und Leistungsverlust nicht lapidar mit „alt werden“ und „genetisch bedingt“. Beides spielt zweifelsfrei – auch – eine Rolle. Beides wird aber zu häufig missbraucht, wenn es an Erklärungen zu mangeln scheint, die eigentlich auf der Hand liegen könnten, wenn man nur bereit wäre, sich zu öffnen. Bereit dazu, die Natur des menschlichen Körpers verstehen zu lernen und zu akzeptieren und seinen eigenen, aufgezwungenen Mikrokosmos zu durchbrechen und diesen nicht noch zu verteidigen.
Erst dann werden sich bei logischem Denken Zusammenhänge offenbaren, die die alternative Schulmedizin nie herstellen kann, obwohl die Forschung dafür gute Grundlagen liefert… Schade eigentlich, dass eben gerade in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens solche „Gesundheits“-Sendungen einen Platz beanspruchen, die an alten Zöpfen festhalten und teilweise sogar noch schlecht recherchiert dem Zuschauer ja offensichtlich sogar Angst machen sollen, neue Wege zu gehen. Ganz ohne Zweifel: Auch diese – neuen – Wege sind nicht unbedingt frei von Wegelagerern, deren vorrangige Interessen nicht unbedingt auf die Heilung des Patienten abzielen. Wissensmangel unter Umständen auf beiden Seiten und todesnahe Ausweglosigkeit – sicher zwei entscheidende Gründe, sich auch auf den einen oder anderen Scharlatan einzulassen und viel Geld unnötig in anderer Leute Taschen zu stecken. Wer glaubt, sich bei schweren Krankheiten einzig und allein mit ein paar „Wunderpillen“ – „schnips“ - wieder heilen zu können, der liegt ohnehin schief.
Wie man dann diese Fehleinschätzungen auch noch im Fernsehen aufgreifen kann und mit nahezu fast zwei Metern Argumenten im Bauchumfang mitleiderregend bei einer Krebserlegenen darstellen möchte, erschließt sich mir nicht. Auch nicht im Falle eines Herrn, der seinen Namen mit einem „Prof.“ verlängert und in Köln Sport unterrichtet. Zumindest dann nicht, wenn seine eigene Körperhaltung stark nach vorn gebeugt ist und er trotz alledem seinem Patienten öffentlich zum Mountainbikefahren rät. Die Ernährungstipps, die sonst noch so viel zu häufig zu sehen sind bei ARD, MDR, RRB und Co., sind wahrscheinlich deshalb nur für den Moment wirksam, weil diese neue – wenig gute – Ernährung immerhin noch besser ist, als die, die Mann oder Frau vorher so in sich hineingedrängelt haben. Auch du vermagst nicht, nachdem du dieses Buch gelesen hast, mit nur einer kleinen Umstellung in deinem Leben, mit nur einer besonderen Pille, mit nur einer Bewegung oder was auch immer wieder fit zu werden oder fit zu bleiben. Aber kommen wir erst mal wieder zurück zu unserer Geschichte…
Ein Märchen hatten wir ja schon. Die Einlagen. Das zweite Märchen folgte bereits: die MBT – Schuhe. Beides hat über die Jahre dazu geführt, dass meine Fußmuskulatur diesen Namen nicht mehr verdient hat. Totenstille da ganz unten. Dumm nur, dass wohl nahezu jeder Muskel des Körpers – vor allem die Bauchmuskulatur - irgendwie über so genannte Muskelketten verbunden im Fuß anfängt oder endet – je nachdem, aus welcher Perspektive du das betrachtest. Dass dann eine Stilllegung nicht ohne Folgen für den Rest des Körpers bleiben kann, versteht sich ja von selbst. Zumindest aus heutiger Sicht. Diese Erkenntnis habe ich gewonnen. Nein. Nicht, weil ich so besonders schlau bin. Wäre das der Fall, hätte ich mich auf Einlagen, MBT & Co. ja gar nicht erst eingelassen. Das hat mir Anke erklärt. „Wie beim Schälen einer Zwiebel gleich können jetzt Ihre Schmerzen wiederkommen, die Sie mit irgendetwas erst einmal verdeckt hatten. Das ist aber ganz normal!“
Und dann ging´s los, auf ihre eben ganz spezielle Art und Weise. Wie wohl? Natürlich sehr einprägsam mit schmerzhaften Ansetzen ihrer kleinen Finger am Fuß. Mit gekonntem Drücken, Biegen und Ziehen hauchte sie am ersten Behandlungstag wieder erstes Leben in den untersten Teil meines schmerzenden Körpers ein: vor allem die Füße. Und was richtig gut kam: sie zeigte mir Übungen, die ich selber machen konnte, um meine Muskulatur an den Stellen, wo es bitter nötig war, in Form zu bringen.
Muskeln trainieren war ja schon immer mein Fall. Auch früher, als ich noch zur Schule ging. „Du bist so lang. Du musst ´was machen!“ Klar. Ich musste „´was machen“. Aber was? „Rennen gehen und Liegestütze!“ Schön, machen wir mal Liegestütze. Im vorpubertierenden Alter habe ich dazu sogar Buch geführt. Die ersten Tage waren ernüchternd: an guten Tagen stand da eine 5. Ja, jetzt könntest du sagen: „Setzen!“. Ich denke, diese „5“ hätte auch der identischen Benotung im Sportunterricht zu dieser Leistung entsprochen. Jeden Abend von neuem. Immer wieder gequält. Irgendwann, nach einem überschaubaren Zeitraum, wies mein Heftchen so seltsam anmutende Zahlen wie „100“ auf. Ja, und ich habe mich wohl gefühlt. Damals taten mir dabei auch nur ein bisschen die Handgelenke weh… Du merkst gerade am wehleidigen Formulieren: ich bin gerade wieder einmal männlich. Trotz aller kurzzeitigen, positiven Effekte – es war nicht das Gescheiteste, was ich meinem Körper mit dieser Art der Kräftigung angetan habe. Ich schwöre: Heute würde ich das anders machen!
Nächstes Beispiel: Wenn ich neben Geräteturnen etwas im Sportunterricht überhaupt nicht mochte, dann war das das Laufen. Im Halbmarathon bin ich regelmäßig an meine Grenzen gestoßen. Also ich meine jetzt die Strecken, die unendliche 100 m lang waren. Wieder meiner Gesundheit geschuldet hat sich meine Lunge regelmäßig nach ersten, schnellen Beinbewegungen verabschiedet. Pfeifen anstelle normaler Atmung, Schweißausbruch anstelle einiger Wassertröpfchen auf der Stirn. Mehrere Asthmaanfälle gerade nach körperlicher Anstrengung haben mir schnell die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit bei dieser Sportart aufgezeigt. So schlimm, dass ich als Kind auf halber Treppe im Hausflur nach einem Fußballspiel öfter nach meiner Mutter rufen musste. So laut rufen, dass der Arzt meinte, ich simuliere nur. Erst als eines Tages der Notarzt festgestellt hatte, dass ich von Asthmaanfällen geplagt werde, wurde mir „geholfen“.
Aber auch hier wollte ich etwas ändern. Abgelegen, hinter einer Gartenkolonie gab es einen schmalen Pfad, der oft durchweicht von Regenwasser war und kaum einsehbar aus dem Dorf führte. So geheim, dass ich gute Chancen hatte, bei meinen mitleiderregenden Laufanstrengungen nicht gesehen zu werden. Die perfekte Strecke also, um niemanden zu begegnen. Knapp 1.500 Meter lang. Ideal, um zu üben. Was denn nun aber eigentlich: Laufen oder Gehen? Naja, genau das schien am Anfang nicht ganz so klar rüber zu kommen. Mehr als 15 Minuten für einen Teil einer Strecke, die eigentlich im Ganzen auch in sagen wir mal so etwa 4-5 Minuten hätte geschafft werden können. Wieder einmal half mir mein Heft, in dem ich jeden Fortschritt und Rückschritt dokumentierte. Letztendlich standen nach einer gewissen (Aus-)Dauer etwas mehr als 6 Minuten auf der Habenseite. Ganz sicher immer noch keine Zeit, mit der ich mich für Olympia hätte qualifizieren können. Ganz sicher hätte im selben Trainingszeitraum ein anderer Läufer in meinem Alter wesentlich bessere Werte abgeliefert. Aber ich war zurecht stolz auf mich und mein Durchhaltevermögen. Hatte ich doch wieder einmal etwas geschafft: ich habe erneut mit eisernem Willen ein körperliches Handicap überwunden. Ich fühlte mich besser. Besser, als je zuvor. Mein Asthma schien sich ebenfalls zumindest für den Moment in Wohlgefallen aufgelöst zu haben. Trotz aller kurzzeitigen, positiven Effekte – es war nicht das Gescheiteste, was ich meinem Körper mit dieser Art der Kräftigung angetan habe. Ich schwöre: Heute würde ich das anders machen!
Und noch ein Beispiel: Wenigstens einmal im Jahr war ein großer Moment für mich. Dieser kam zur Leistungskontrolle Klimmzüge. Am liebsten wäre ich an diesen Tagen zum Schulschwänzer geworden. Ne, ne, keine Chance - damals waren selbst die Freitage noch in der Schule zu verbringen. Damals wusste man auch noch als normal gebildeter Schüler, dass in der Atmosphäre etwa 20 Prozent Sauerstoff und nicht CO2 waren. Wir konnten sogar logisch denken – also am Freitag: Wir wussten, dass die Mammuts, die man jetzt in Sibirien im Permafrost Gebiet in der Erde findet, bestimmt nicht dorthin geraten sind, weil der Boden schon damals steinhart gefroren war. Haben wir gelernt. Immer freitags. Wie also schwänzen?
Rate mal, wie ich Klimmzüge mochte. Keinen oder nur an wirklich guten Tagen einen einzigen auf die Reihe zu bekommen und dafür eine „5“ zu kassieren, wäre nicht so das Thema gewesen, wenn – ja wenn da nicht die ganze Klasse (eben auch die Mädels) zugesehen hätten. Wie ein „nasser Sack“ hing ich an der Stange, um letztendlich eben doch wieder mal nahezu nichts zu bewegen. Zumindest nicht soweit, dass es hätte mein Kinn über die Stange gebracht. So beschrieb mein momentanes äußeres Erscheinungsbild sehr treffend mein damaliger Sportlehrer Herr Niedrig und Vater meines langjährigen Freundes Jens. „Bohnenstange“ war auch noch eine weitere, von ihm gebrauchte, treffende Formulierung. Kraftlos genug, um begründet auch alle anderen Übungen zum Thema Geräteturnen inbrünstig hassen zu können. Wie willst du einen Hand- oder Kopfstand machen, wenn du dich nicht halten kannst? Wie willst du um die Reckstange wirbeln oder eine Kletterstange hochhasten, wenn du einfach nur Angst hast, im Eifer des Gefechts die Hände zu lösen. Weil du eben keine Kraft hast. Warum ich? Was habe ich wem getan, dass ich mit so einem kraftlosen Körper bestraft wurde? Was haben meine Mitschüler getan, um am gleichen Tag 8-10 Klimmzüge zu schaffen? Nichts! Nicht einmal trainiert haben sie. Und trotzdem: an dem Tag war ich der Looser! Nicht sie. Jens, nur ein Jahr älter, war das ganze Gegenteil von mir. Muskulös und Sportler durch und durch. Neidisch? Nein. Wir waren und sind bis heute gute Freunde. Wie glücklich bin ich doch heute, auch dieses Rätsel gelöst zu haben. Es zu verstehen, warum mein Körper anders war, wie der Gleichaltriger, ist wie ein warmer Regen der positiven Gefühle auf meine Seele… Dank Dr. Kuklinski und seinem Buch „Mitochondrien“ konnte ich viel über mich selbst erfahren…
Tja, und dann kam die Lehre. Eine Zeit, in der ich gefühlstechnisch und sportlich immer noch auf dem Trockenen saß. Genau in der Phase der Festlegung der Rangordnung – wie man das Pubertieren bei jungen Männern auch bezeichnen könnte - gab es natürlich auch wieder Leistungskontrollen. Selbstverständlich eben auch Leistungskontrollen zu Klimmzügen. Stell dir vor, wie hocherfreut ich war, auch hier meine volle Leistungs - un - fähigkeit offenbaren zu können… Mit Müh und Not gerade einmal einen einzigen geschafft. Klar, da gab es auch noch andere mit ähnlichen Problemen. Es ist nur so verdammt unpassend, wenn gerade jemand, der sonst bei geistigen Leistungsvergleichen kaum Schwächen präsentiert, vor Denjenigen, die dringend nach Angriffspunkten suchen, um dich in eben dieser Rangordnung eine gehörige Etage nach unten zu befördern, schlichtweg versagt. Was tun also?
Aber warte mal - da war doch ´was! Damals hat es mit den Liegestützen und dem Laufen doch auch funktioniert, warum jetzt nicht mit den Klimmzügen? Aber wie? Liegestütze kannst Du überall machen. Aber Klimmzüge? Auf meinem Streifzug durch die Natur wollte ich fündig werden. Irgendetwas, an dem ich mich festhalten konnte. Und ja, ich habe es gefunden: eine alte, ausrangierte Schaukel zwischen alten Schuppen, schön versteckt vor den neugierigen Blicken meiner Nachbarn. Um ganz sicher zu gehen, wagte ich den ersten Versuch erst nach Anbruch der Dämmerung. Niemand sollte mich sehen. Niemand sollte über mich und meine lächerlichen Versuche, mit meinem Kinn die Querstange zu überbieten, lachen. Die Stange der Schaukelkonstruktion war rau vom Rost und viel stärker als eine Reckstange. Nicht die einzigen Gründe, warum meine Hände schmerzten: sie wurden von über 80 Kilogramm schamlos nach unten gezogen. Ohje. Nicht ein einziges Mal konnten meine Augen am ersten Abend über die Stange sehen. Warum auch, war ja sowieso dunkel.
Warte mal. Wie war das damals mit den Liegestützen? Eigentlich doch genau so, wie jetzt mit den Klimmzügen. Also nicht jammern, sondern weiter machen! Kurzum: ich hängte mich jeden Abend auch mehrfach an die Stange, um zu kämpfen. Das erste komplette Hochziehen kam erst später. Viel später. Erst einmal, dann nach einer Weile manchmal auch zweimal und dann immer mehr…
Wohl nie in meinem Leben werde ich vergessen, wie die nächste Leistungskontrolle im Klimmziehen in der Berufsschulturnhalle ausging. Ich war wohl einer der letzten, die an der Reihe sein wollten. Es sollten irgendwie 12 geschafft werden, um zu beweisen, dass man ein echter Mann ist (momentan bin ich gerade wieder ein Mann – aber das hast du bestimmt schon gemerkt). Ich spürte sehr genau die Blicke meiner Zuschauer, die ganz klar eins verrieten: Hey, da kommt wieder der Looser. Alles fertig machen zum Lachen!!! Ha, Ha, Ha… Nein, soweit sollte es heute nicht kommen. Warum sollte ich mich so lange geschunden haben? Um jetzt wieder einmal mehr ausgelacht zu werden?
„Schnips“ – der Sprung an die Stange und jetzt? Was jetzt kam, stellte meine kühnsten Vorstellungen und Wünsche in den Schatten der Unvorstellbarkeit. Wie von einem Gummiseil unter meinen Füßen in die Höhe getrieben schnellte mein Körper an der Reckstange nach oben und schoss das Kinn über das runde Eisen. Warum auch immer ich das (also nachfolgend beschriebenen Blödsinn) getan habe, fragte ich den neben mir stehenden, vor Verwunderung erstarrten Sportlehrer nach 20 Wiederholungen, ob das wohl reichen würde, obwohl ich nicht die Spur einer Ermüdungserscheinung wahrnahm und mich noch gut und gerne für die nächsten 20 Klimmzüge hätte begeistern lassen können. Warum ich nicht weiter gemacht habe? Ich weiß nicht. Ich habe mich nach 20 Klimmzügen so locker und kraftvoll gefühlt, als hätte ich eben gerademal erst einen gemacht oder nie zuvor damit Schwierigkeiten gehabt, auch nur einen einzigen Klimmzug auf die Reihe zu bekommen. Ja, und dieser Tag bescherte mir auch eine Veränderung in der Rangordnung. Obwohl mir eigentlich nur wichtig war, nicht Opfer von Spot und Anfeindung zu sein. Hochmotiviert und getrieben von diesem grandiosen Erfolg versuchte ich in dieser Zeit noch mehr zu trainieren. 120 kg im Bankdrücken war einer dieser Trainingserfolge. Trotz aller kurzzeitigen, positiven Effekte – es war nicht das Gescheiteste, was ich meinem Körper mit dieser Art der Kräftigung angetan habe. Ich schwöre: Heute würde ich das anders machen!
Körperlich so gut vorbereitet traf ich dann damals etwas später auf den bereits beschriebenen Thomas als Kampfsportler. Schnell stellte sich heraus, dass die von mir trainierten Muskeln zwar eine gute Grundlage darstellten, für den Kampfsport aber nicht unbedingt ausreichend geeignet waren. Wieder mussten Muskeln trainiert werden. Andere dieses Mal und auch anders. Wieder ein kleines Geheimnis an dieser Stelle vorweg: Vor allem die Muskulatur rund um die Halswirbelsäule wurde gut trainiert und brachte einen unschätzbaren Fortschritt im Genesungsprozess. Alles in allem führte dazu, dass es mir zu diesem Zeitpunkt eben gesundheitlich so gut ging, wie nie zuvor und leider eben auch, wie lange Zeit danach…
Nur wollte Anke von mir nicht, dass ich wieder anfing, Liegestütze und Klimmzüge zu machen. „Der Muskel muss so trainiert werden, dass er nicht verkürzt! Davon kommen auch die Schmerzen!“ OK. Also gut zureden: Lieber Muskel, sei doch bitte beim nächsten Mal so nett und verkürze dich nicht, wenn ich mich deiner im Rahmen eines Trainings erinnere! Häh? Wie soll das gehen, bitteschön?
Muskeln können im Prinzip auf zwei grundsätzliche Arten trainiert werden. Ein Arzt aus der Gegend um Freiburg – Walter Packi – hat sich wohl mehrere Nächte um die Ohren geschlagen, um hinter das Geheimnis „Schmerz“ zu kommen. Ein verkürzter Muskel kann sich nach seiner Sichtweise nicht mehr gut lang machen. Hört sich logisch an. Wenn er sich aber nicht mehr lang machen kann, dann kannst du dich nicht mehr normal bewegen. Der Antagonist – also der Gegenspieler - dieses verkürzten Muskels wird versuchen, den verkürzten Muskel bei Bewegung vor der Zerstörung zu schützen. Jedes noch so kleine Stück Bewegung in Richtung Länge könnte nämlich für den kaputten, verkürzt trainierten oder verkürzt verkümmerten, unterernährten Muskel dessen Todesurteil sein. Um jedwede, weitere Bewegung sofort zu unterbrechen, lässt der gesunde Muskel – eben der Antagonist – ein Schmerzsignal zum Kopf senden, welches dir jeden Spaß auf weitere Bewegung sofort ausredet. Der Antagonist blockiert. Der kranke Muskel wird vorerst geschützt.
Es muss also darum gehen, dass die vielen kleinen Muskelfasern, die in ihrer Gesamtheit den Muskel ausmachen, nicht parallel wachsen, sondern sich schön der Reihe nach hintereinander neu bilden. Und: Verkürzungen, die sich gebildet haben, müssen wieder verschwinden. Der kranke und der eigentlich gesunde Muskel müssen wieder entspannen können, weil der kranke nicht mehr aufgrund der Verkürzung gefährdet ist.
Zugegeben, das war jetzt schon ein bisschen kompliziert. Genau für diesen Job passend sind Ankes kleine Finger. Mal ehrlich: wie war es bei deinem letzten Besuch beim Physiotherapeuten? „Wo tut´s weh? Am Rücken? Na dann legen Sie sich mal auf den Bauch!“ Stell dir vor, du treibst einen Esel mit Sack und Pack vor dir her, bis, ja bis dieses sture Vieh nicht mehr weiter will. Und fängst nun an, wie wild auf den Sack, den das Tier für dich trägt, zu schlagen. Den schmerzenden Muskel zu traktieren ist nach Walter Packi so, als würdest du nicht das Tier selbst, sondern eben nur diesen Sack schlagen. Wenig hilfreich. Zumindest darf ich dir aus Erfahrung sagen: nicht lange hilfreich. Wenn überhaupt – dann nur für den Moment. So lange nämlich, wie zum Beispiel die vertikale Muskulatur unseres Körpers mal eben so ein bisschen durch die Muskelmassage besser durchblutet wurde. Damit kann sie sich auch wieder ein bisschen entspannen.
Bei der Massage und durch das Entspannen gelangt wieder ein bisschen mehr Nahrung aus dem Blut zur Zelle, welches nun für einige Momente wieder zur Muskelzelle des – entspannten – Muskels fließen kann und damit zu einer weiteren Entspannung sorgen kann. Vor allem zu den Mitochondrien. Den Energiekraftwerken der Zelle. Die stellen das sogenannte ATP her. Pure Energie für die Zelle. Pure Energie auch für die Muskelzelle, die es benötigt, um geladene Kalzium-Ionen aus den teleskopähnlich aufgebauten Räumen der Muskelfaser (bezeichnet als Myosin und Actin) zu verdrängen, wenn sie sich entspannen möchte. So paradox es sich auch anhören möchte: Fehlt es an Energie in der Muskelzelle, bleibt sie permanent angespannt und schmerzt.
Da wir aber gelernt haben, unsere vertikale Muskulatur, die wir eigentlich natürlich betrachtet nur zur Stabilisierung im Stand und nicht zur Bewegung nutzen sollten, im Alltag zweckentfremdet zu missbrauchen, wird dieser angenehme Effekt der Rückenmassage nur von kurzer Dauer sein. Die Lösung für dieses Problem präsentiere ich dir später im Text. Stichwort: Dr. Smisek und Spiralmuskulatur sowie Dr. Bodo Kuklinski und sein Buch „Mitochondrien“ …
Wie aber kann ich dann vorerst wenigstens Abhilfe schaffen? Wie wachsen denn nun Muskelfasern hintereinander? Ganz einfach: Der Muskel wird in der Länge gereizt. Dabei reicht wohl schon ein kurzes, aber erkennbares Signal an den Muskel. Es muss gar kein mehrmaliges Trainieren bis zum wiederholten Erschöpfungszustand an einem Tag sein. Nein, es reicht, den Muskel einmalig bis zur Erschöpfung zu treiben, um ihm dann einen Tag Zeit zum Wachsen zu geben. Dazu ist es wichtig, dass der Muskel im komplett ausgestreckten Zustand in Gegenrichtung belastet wird. So, dass er in „Endstellung“ den Befehl bekommt, sich jetzt zusammenziehen zu müssen. Entfällt die Belastung – also das Anspannen – ist es „nur“ eine passive Dehnung. Brutaler kannst du zu deinen Muskeln wohl nicht sein, wenn du diesen Blödsinn machst.
Passives Dehnen wäre Gift für die Muskulatur und die beste Voraussetzung für Verletzungen und somit für noch mehr Schmerzen. Mal abgesehen davon, dass der liebe Muskel dank seiner Rezeptoren, die dieses Trauerspiel beobachten und in Zukunft mit Begrenzung regieren werden, bei einer solchen Tortur die Lust verliert, sich bei nächsten Übungen überhaupt mit zielführend bewegend einzubringen. Bist du etwa Sportlehrer? So mancher dieser Gattung wird wohl jetzt an dieser Stelle vom schlechten Gewissen erinnert, was er seinen Schülern da über Jahre angetan hat. Wieder ein Märchen: das Märchen vom Dehnen. Ja, vor dem Sport „warm machen“. Hm. Lieber Tiger, bitte spring jetzt mal noch nicht auf mich. Ich bin gerade noch nicht warm. Ich muss erst noch ein bisschen Stretchen, dann hau ich ab und du kannst mich nicht fressen! Dreimal mit meinem Hintern gewackelt, Arme hin und her geschwenkt. So, jetzt kann´s losgehen: Auf die Plätze…
Wir hätten wohl evolutionstechnisch keine Chance gehabt, wenn wir uns erst hätten dehnen müssen! Dass wir uns nicht falsch verstehen: in dem Zustand, in dem du jetzt beim Lesen dieser Zeilen (wahrscheinlich noch) bist, ist es natürlich auch Quark, sofort – also „aus der Kalten“ heraus - volle Kanne loszurennen. Aber selbst zum jetzigen Zeitpunkt heißt „warm machen“ – wenn du noch nicht 37° C warm bist - eben nicht „dehnen“, sondern zum Beispiel so viele Muskeln wie möglich vorab leicht bewegen beziehungsweise nach obigem Muster zu aktivieren. Zumindest für den Zeitraum, bis du wieder völlig OK, also beweglich, gestärkt und nicht mehr mangelernährt bist. Später – also dann, wenn du meinen Vorschlägen gefolgt bist - gehst Du ohne Vorabzeremonie in die Bewegungsphase, ohne dich dabei zu verletzen.
Vielleicht noch eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle, die ich besser über die ganze Seitenbreite schreibe: Erwarte mit dieser Methode keinen Muskelaufbau, der dich zu Mister oder Miss Universum gestaltet oder zum Olympiasieger mutieren lassen. Wir motivieren mit der beschriebenen Methode die Muskelzellen, hintereinander (also zum Aufbau eines längeren Muskels) zu wachsen – und nicht parallel zum Aufbau eines „dickeren“ Muskels. Letzteres wäre für die meisten Muskel am Körper zumindest aus gesundheitlicher Sicht überhaupt nicht notwendig. Vor allem eben für die vertikalen nicht.
Ziel soll lediglich sein, dass Muskeln, die unter anderem in deinem Körper ganze Ketten – so genannte Spiralmuskelketten – bilden, „nur“ wieder in der Lage sind, gut „geschmiert“ schmerzfrei bis zum natürlich vorgesehenen Anschlag am Gelenk ohne Einschränkungen und vollkommen tiefenentspannt ihren eigentlichen Dienst zu verrichten.
Diese „Bewegungsmuskeln“ entlasten - wie du jetzt schon weißt – die vertikalen Muskeln, die eben gern verkrampfen und schmerzen, wenn sie die Arbeit der Spiralmuskulatur aufgebrummt bekommen. Wenn du Leistungssportler bist oder für dein Ego überdurchschnittlich viel Muskelmasse aufbauen möchtest: deine Entscheidung. Dann aber bitte nur über die Methode von Dr. Smisek und seinen später noch zu beschreibenden Gummistrapsen zum Aufbau einer leistungsfähigen Spiralmuskulatur. Mehr Muskelaufbau in die Breite (und nicht in die Länge) ist aber eben grundsätzlich ab einem gewissen Punkt immer eine Entscheidung gegen deine Gesundheit und – egal, in welche Richtung auch immer - für ein vorzeitiges Altern! So zumindest behauptet es Dr. Gundry zum Beispiel in seinem Buch „Böses Gemüse“ und begründet es anhand des IGF-1-Wertes.
Nun haben wir schon einmal festgestellt, dass sich ein Muskel verkürzen kann. Durch falsches Training oder durch passives Dehnen beispielsweise. (Und da gibt es noch etwas. Etwas, was das Schreiben dieses Buches wohl hat auch so lang dauern lassen. Dazu aber mehr später). Es wäre wohl bestimmt auch zu einfach, wenn das schon alles wäre… Jetzt ging es gerade um den Sport. Die Bewegung. Deshalb belassen wir das auch an der Stelle mit unserer Analyse. Und es ging auch um Ärzte, die mir helfen konnten. Helfen, mit dem, was sie in ihren Büchern geschrieben haben und was zum Beispiel Herr Packi als Buchautor von „Biokinematik“ und „Ausbilder“ von Anke an sie weitergegeben hat.
Tja und wenn dir DEIN Doc sagt, du solltest aufgrund deiner gesundheitlichen Defizite wieder einmal mehr Sport machen, Liegestütze, Radfahren und so, dann glaubst du das. Das sag ich dir! Zumindest, wenn dir Anke oder dieses Buch noch nicht über den Weg gelaufen sind. Immerhin hatte mir eben dieser Sport einmal in meiner Jugend dazu verholfen, mich kurzzeitig rundum wohl zu fühlen. Keine Krankheiten, keine Wehwehchen. Dumm nur, wenn du damit – wieder neu – anfängst, ohne zu wissen, was du dir dabei eigentlich antust. „ Machen Sie mal ein paar Liegestütze. Das wird helfen!“ oder: „Fahren Sie Rad. Das ist gut für die Muskeln, ohne die Gelenke zu belasten.“ Nix da, von wegen Liegestütze und Radfahren. Und damit kommen wir zum nächsten Märchen.